Einladung

Auch die hat schon ihren Vorläufer: "Angelika, Du schöne Schäferin,
wollt Gott ich wär bei Dir" -> "Jerusalem, Du hochgebaute Stadt..."

Das wußte ich gar nicht - vielen Dank für den schönen Hinweis!

Kontrafaktur!

Eine der Lösungen, um das Problem der fehlenden Kirchenlieder nach der Reform
(die alten gregorianischen Choräle kamen nicht in Frage) zu lösen.

Ich widerspreche Dir nicht - möchte aber doch ergänzen:

Das Gemeindelied ist älter als die Reformation. Seine Ursprünge hat es
im vorreformatorischen muttersprachlichen Prädikantengottesdienst.
Es war manchmal bilingual, z.B. lateinisch-deutsch. Eines der ältesten Zeugnisse
ist immer noch gesangbuchtauglich und jetzt in der (Vor-)Weihnachtszeit
hoch im Kurs: "In dulci jubilo". Der Melodiecharakter hat oft Ähnlichkeit
mit weltlichen, oft nur langsamer gesungenen Tanzweisen.

Aber die ältesten reformatorischen Gemeindelied-Komponisten wie Martin Luther,
Nikolaus Decius u.v.a. - katholisch geprägt, wie sie waren - haben gerne
auf den gregorianischen Choral zurückgegriffen, textlich wie auch musikalisch.

Die Behutsamkeit, mit der sie dabei vorgegangen sind, zeugt von ihrem wachen
philologischen wie musikalischen Einfühlungsvermögen. Lateinisch und Deutsch
haben eine grundverschiedene Sprachmelodik. Eine 1:1-Anpassung gregorianischer Melodien
an deutschsprachige Knittelverse war also undenkbar. Musikalisch ging es darum,
freie melismatische Textvertonung in eine streng syllabische umzuwandeln.
Ein Unding! Die Kunst bestand darin, aus rhythmisch ganz freien, weitgeschwungenen
Melismen eine rhythmisch einfache, einprägsame und dabei schöne Liedmelodie herauszufiltern.
Das setzte ein geradezu analytisches Verstehen der gregorianischen Melodien voraus,
ein Gespür für die den Melodieverlauf prägenden Haupttöne. Die Hauptarbeit bestand
im Skelettieren der Melodie. Auch bei syllabischer Textvertonung in altkirchlichen Chorälen
war die Umgestaltung eine Heidenarbeit - wie schon gesagt, wegen des unterschiedlichen Charakters
der beiden Sprachen. Man vergleiche den Choral "Veni, redemptor gentium"
mit dem Adventslied "Nun kommm, der Heiden Heiland", das Luther daraus geformt hat.

Das Original:

http://icking-music-archive.org/scores/ambrosian_chant/colletion-1/Veni-redemptor1.pdf

Die Transformation (das nachfolgende Beispiel bezieht sich aufs Bachs Choralbearbeitungen -
interessant ist es hier wegen der anschaulich dokumentierten Vorgeschichte,
nämlich Luthers Transformationsarbeit):

http://www.bach-cantatas.com/CM/Nun-komm.htm

Herzliche Grüße!

Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Grigory,

Improvisierst du auch? Die Stücke auf YouTube hören sich alle an wie kleine Miniaturen, die aus einer Improvisation heraus entstanden sind.
Manchmal könntest du doch mit dem Material noch etwas weiter gehen - die Polka finde ich z.B. sehr schön. Mit dem Motiv lässt sich das sicher noch etwas ausweiten ;)

Aber - schöne Ideen!

Ich improvisiere auf dem Niveau eines angeheiterten Unterhaltungsmusikers. Beim komponieren lege ich mich bei jedem Detail richtig ins Zeug, bis zu den Fingersätzen.
Deine ein wenig kritisch angedeutete Frage über das Material ist für mich die beste Belobigung, weil „À la carte“- vieles in kleinen Mengen – Lust auf Mehr anregen sollte.
 

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