Das relative/ absolute Gehör

Hey Klimperer,
nur zur Erklärung: ich bin auch Absoluthörerin und für mich klingt zum Beispiel 435 einfach einen Halbton zu tief (und meinen absoluthörenden Freunden geht das nicht anders).

Ich vermute, du meinst 415, nicht 435. Denn 435 ist noch lange kein Halbton.

Davon mal abgesehen: was heißt denn "zu tief"? Du scheinst vorauszusetzen, dass es sich um ein A handelt. Aber was ist, wenn ein As gespielt wurde? Dann ist 415 doch goldrichtig!

Und darauf kam es mir an: wenn ich WEISS, dass eine A-Taste gedrückt wurde, dann ist doch jedem Absoluthörer völlig klar, dass der Ton einen Halbton zu tief ist!

Aber ich sprach weiter oben doch extra vom Beispiel, dass ich die Tastatur nicht sehe!

Ich will den Absoluthörer noch kennenlernen, der (wiegesagt blind!) zwischen einem As und einem Halbton zu tiefen A unterscheiden kann. Ich wette, das kannst weder du noch deine AH-Freunde.

Ich meine einfach, dass die Tonhöhen nicht austauschbar sind und sehr wohl eigene Charakteristika haben - oder ist es dir egal, wenn du ein Stück, dass du gut kennst, blützlich eine Quint höher erklingt? Also mir nicht.

Schon wieder bringst du es durcheinander! Du schreibst hier von Stücken, die man kennt! Das ist doch was völlig anderes. Freilich stört es mich, wenn die Tonhöhe nicht stimmt.

Aber was ist nun, wenn ich das Stück gar nicht kenne? Ich höre eine Musik, die ich weder kenne, noch ihren Notentext vor mir habe.

Gesetzt, da improvisiert jemand an einem Klavier im Nebenraum. Das Klavier ist einen Halbton zu tief gestimmt, aber das ist dir nicht bewusst. Auf der Klaviatur spielt er in A-Dur.

Und du hörst was? Na? Ein zu tiefes A-Dur? Nein. Ich gehe jede Wette ein, du hörst As-Dur. Warum? Weil die Frequenzen, die aus dem Klavier kommen, eben nichts anderes als die Frequenzen von As-Dur sind!

Vielen dreht sich schon der Magen um, wenn es sich nur um eine Transposition um einen Halbton handelt.

Doch nur, weil sie entweder
a) Das Stück kennen, oder
b) Den Notentext vor sich haben!

Aber genau darum ging es mir ja: wenn das Stück unbekannt ist, und du auch keinen Notentext vor dir hast, warum sollte sich dir der Magen umdrehen?

Durch eine gleichstufig temperierte Stimmung ist einfach noch lange keine Austauschbarkeit gegeben, das will ich damit sagen.

Doch, sie ist gegeben. Das habe ich oben mit dem Klavierbeispiel gezeigt. Wenn du nicht weißt, dass die unbekannte Improvisation in A-Dur ist, aber das Klavier einen Halbton zu tief gestimmt ist, dann hörst du schlicht As-Dur. Jede Wette!

Wenn einer von euch ein Midi-Keyboard in gleichstufiger Stimmung hat, spiel doch mal einen Akkord, aber verstelle vorher den "Offset" bzw. "Pitch bend". Und frag mal deine AH-Freunde, ob sie zwischen einem F-Dur mit 0 Cent Offset und einem Fis-Dur mit -100 Cent Offset unterscheiden können. Ich behaupte: nein. Weil es gar keinen Unterschied gibt.
 
Aber genau diese unterschiedlichen Frequenzen höre ich sogar als Relativhörer,

Wenn du das wirklich kannst, bist du kein Relativhörer, sondern Absoluthörer. Denn das ist die Definition vom a.G.

genauso, wie es auch mich irritiert, wenn ein mir bekanntes Werk plötzlich transponiert erklingt.

Schon wieder! Klar irritiert das. Aber was ist mit einem unbekannten Werk?

Das betrifft natürlich nicht die Unterscheidung zwischen Ges-Dur und Fis-Dur, aber C-Dur z.B. klingt komplett anders als Es-Dur, obwohl die Intervalle identisch sind.

Das sagen mir viele Relativhörer. Aber immer, wenn ich gegenfrage, WIE C-Dur sich denn anders anhört als Es-Dur, können sie mir keine Antwort geben.

Mal ehrlich, Klimpi: wenn C-Dur sich so ganz anders anhört als Es-Dur, so "charakteristisch", warum kannst du es dann nicht eindeutig als C-Dur erkennen?

Als Relativhörer höre ich die Unterschiede deutlich, kann nur die Frequenzen nicht absolut benennen.

Das ist gemogelt.:p Wenn du die Unterschiede "deutlich" hörst, musst du die Tonarten ja unterscheiden (und somit auch identifizieren!) können. Dann bist du aber Absoluthörer. Wenn du die Tonarten aber nicht unterscheiden kannst, wie kannst du dann behaupten, "deutliche" Unterschiede zu hören?

Mit Verlaub, und nimm's mir nicht übel, aber ich glaube, du machst dir da was vor.
 
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Ist es nicht so, dass verschieden Tonarten auch verschieden wahrgenommen werden? Damit meine ich keine messbare Wahrnehmung, eher gefühlsmäßige Wahrnehmung. Einige Tonarten klingen traurig und getragen, andere lebhaft und aggressiv. (Das hängt mit den Frequenzen der Tonarten zusammen, und gilt nur, wenn man die Tonarten in den entsprechenden Frequenzen stimmt.).

Da kann es seltsam klingen, wenn man ein getragenes Stück, welches in einer getragenen Tonart geschrieben wurde, plötzlich in einer lebhaften Tonart hört.

Und das hören sogar Menschen, die keine musikalische Vorbildung haben (zum Beispiel Kinder).

nispi
 
Ist es nicht so, dass verschieden Tonarten auch verschieden wahrgenommen werden?

Wenn das tatsächlich so wäre, dann müsste man anhand dieser Unterschiede auch die Tonarten benennen können. Wo ist denn sonst der "Unterschied"?

Damit meine ich keine messbare Wahrnehmung, eher gefühlsmäßige Wahrnehmung. Einige Tonarten klingen traurig und getragen, andere lebhaft und aggressiv. (Das hängt mit den Frequenzen der Tonarten zusammen, und gilt nur, wenn man die Tonarten in den entsprechenden Frequenzen stimmt.).

Das halte ich für ein Urban Legend unter Musikern. Ja klar, Es-Dur ist die "heroische" - aber warum ist sie das? Doch nur, weil soviel heroische Musik in ihr komponiert wurde.

Da kann es seltsam klingen, wenn man ein getragenes Stück, welches in einer getragenen Tonart geschrieben wurde, plötzlich in einer lebhaften Tonart hört.

Und nochmal: wenn das wirklich so wäre, müsste man den Fehler (und somit die "falsche" Tonart) benennen können. Gibt es denn irgendwo ein Verzeichnis?
C-Dur = fröhlich-banal
Cis/Des-Dur = romantisch
D-Dur = ...

Nein? Warum nicht?

Wer mir sagt, er höre einen Unterschied, aber den Unterschied nicht benennen kann, dem glaube ich schlicht nicht, dass er einen Unterschied hört.

Und das Ganze wird dann auch noch auf die Gefühlsebene verlagert, was es nur noch nebulöser macht...

Wenn h-moll tatsächlich so traurig macht, müsste man es sofort wissen, dass h-moll erklingt. Und damit wäre man Absoluthörer.

Und das hören sogar Menschen, die keine musikalische Vorbildung haben (zum Beispiel Kinder).

Diese Aussage würde ich sehr gerne mit einer Quelle belegt sehen. (Wobei immer noch fraglich ist, ob Kleinkinder nicht ohnehin das a.G. haben, aber es bei mangelnder Schulung/Nutzung verlernen.)
 
Und was ist mit fröhlicher, trauriger, getragener und ausgelassener Musik, die in ein- und derselben Tonart geschrieben wurde? Ohne dass sich irgendwas "falsch" anhört? Beispiele gibt es zuhauf.
 
Klimperer, meinst du dan im Umkehrschluss, dass bei einer nicht-gleichstufig temperierten Stimmung alle Stücke einer bestimmten Tonart in dieser bestimmten Stimmung den gleichen Charakter haben müssen? So hab ich das noch nie gesehen. Werde mal drüber Grübeln :P

Für mich besteht immer noch ein Unterschied zwischen den Tonarten, auch innerhalb der gleichstufig temperierten Stimmung. Und natürlich höre ich sie so, wie ich aufgewachsen bin, auch wenn es eine gewissen Toleranz gibt (-> wegen der Centbeträge sich eben nicht unbedingt auf die Tonhöheneinordnung auswirken....)
Wenn es dir tatsächlich egal ist, in welcher Tonart ein Stück gespielt wird ^^, dann brauchen wir freilich nicht weiterzudiskutieren. Ich kanns einfach nicht nachempfinden, und das wird sich vermutlich auch im Laufe einer längeren Argumentation nicht ändern.
Mir ist es NICHT egal, ob ein Stück in A oder in As gespielt wird. Es ändert sich in meiner Wahrnehmung einfach maßgeblich. Es wird ganz anders.

Viel Spaß beim Transponieren
wünscht Rebecca
 
Bei gleichstufiger Stimmung besteht kein Unterschied zwischen Ges-Dur und Fis-Dur. Sonst müsste dir ein Absoluthörer den Unterschied benennen können. Kann er aber nicht.

Mark, ich stimme in allem zu, was du geschrieben hattest, hierzu aber nur die Anmerkung, dass selbst bei ungleichstufiger Stimmung des Klavieres doch kein Unterschied zwischen Ges- und Fis-Dur da ist; man drückt ja diesselben Tasten, wo sollen da Unterschiede herkommen. Es sei denn, das Klavier würde jedesmal umgestimmt werden dafür.

Die "heroischen" b-Tonarten kommen sicherlich auch daher, weil speziell für Bläser viel in diesen Tonarten komponiert wurde, da die Bläser offenbar besser mit diesen Tonarten zurechtkommen als mit den #-Tonarten.

Also für mich als simpler Relativhörer ändert sich natürlich auch was, wenn ich mein GEWOHNTES Stück in einer anderen Tonart spiele, oder bei meinem Digi-Piano mal den Transponierschalter umlege. Ich kam z.B. sehr durcheinander, als ich auf dem Flügel von unserem Chorprobenraum einen Chopin-Walzer in der Pause spielen wollte, und nicht dran dachte, dass der Chorleiter den Flügel knallhart auf 415Hz stimmen ließ, weil da gerade für die Matthäuspassion in alter Stimmlage geprobt wurde.

Ich habe Klimperer so verstanden, dass die Charakteristik durch die Hörgewohnheit des Stücks kommt, aber nicht durch die spezielle Klangfarbe der Tonart bei gleichschwebender Stimmung? Oder ist das beim Absoluthörer anders?
 
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Das ist mein Punkt.
Nicht-absolut-Hörer hören nur nebulöse Gefühle bei bestimmten Tonarten. Das ist für Nicht-absolut-Hörer einfach nicht messbar oder benennbar.

Volle Zustimmung, so geht es mir auch!

Reines C-Dur erkenne ich sofort, weil sich für mich schwarze Tasten anders anhören als weiße und Dur anders als Moll. Wenn ich mich konzentriere, kann ich auch oft sagen, wieviele Vorzeichen ein bestimmtes musikalisches Motiv hat und kann daraus auf die Tonart schließen. Um beim C-Dur zu bleiben: Es klingt für mich hell, simpel, klar und manchmal langweilig. WARUM ich diese Unterschiede höre, kann ich nicht erklären.

Ich weiß, rein von der physikalischen Seite betrachtet, dürfte das nicht möglich sein, ist es aber. Die Hintergründe für diese Ungereimtheit zu erforschen, wäre doch mal ein nettes Thema für eine Dissertation eines Hirnforschung, Psychologie und Musik studierenden Physikers...

@ Klimperer
Ich kann zwar unterschiedliche Frequenzen wahrnehmen, aber nicht benennen und fühle mich daher nicht als Absoluthörer (Meine Mutter war Absoluthörerin und zusätzlich von klein auf musikalisch ausgebildet und sie hat Musik sowie alle anderen Geräusche deutlich differenzierter wahrgenommen als ich). Wenn ein mir bekanntes Werk transponiert wird reagiere ich allerdings ähnlich wie ein Absoluthörer, denn das bekannte Stück habe ich als Gesamtwerk im Klanggedächtnis abgespeichert. Dies ist bekanntlich bei einem unbekannten Stück nicht der Fall, weshalb es mir dann auch vollkommen egal ist, auf welcher Tonhöhe es erklingt.
 
Klimperer, meinst du dan im Umkehrschluss, dass bei einer nicht-gleichstufig temperierten Stimmung alle Stücke einer bestimmten Tonart in dieser bestimmten Stimmung den gleichen Charakter haben müssen?

Nein. Denn ich bringe Tonart überhaupt nicht mit Charakter in Verbindung - ob nun gleichstufig oder sonstwie gestimmt. Ich lasse das Stück auf mich wirken - als Stück, nicht als Vertreter einer Tonart.

Bei einer ungleichstufigen Stimmung wirken Modulationen anders, und die Frage ist dann für mich, wie geschickt das besagte Stück diesen Effekt ausnutzt. Deshalb kann das Stück aber trotzdem noch traurig, fröhlich, getragen, gelassen etc. sein. Das schreibt die Tonart nicht vor.

Für mich besteht immer noch ein Unterschied zwischen den Tonarten, auch innerhalb der gleichstufig temperierten Stimmung. Und natürlich höre ich sie so, wie ich aufgewachsen bin, auch wenn es eine gewissen Toleranz gibt (-> wegen der Centbeträge sich eben nicht unbedingt auf die Tonhöheneinordnung auswirken....)
Wenn es dir tatsächlich egal ist, in welcher Tonart ein Stück gespielt wird ^^, dann brauchen wir freilich nicht weiterzudiskutieren. Ich kanns einfach nicht nachempfinden, und das wird sich vermutlich auch im Laufe einer längeren Argumentation nicht ändern.
Mir ist es NICHT egal, ob ein Stück in A oder in As gespielt wird. Es ändert sich in meiner Wahrnehmung einfach maßgeblich. Es wird ganz anders.

Wenn ich das Stück kenne, und weiß, dass es in A notiert ist, stört es mich, wenn es in As erklingt. Aber nicht etwa, weil As einen anderen "Charakter" als A hat, sondern lediglich, weil ich das Stück in der Tonhöhe A gewohnt bin.

Aber wenn ich das Stück nicht kenne, nehme ich es einfach wahr, dass es in As erklingt. Da stört mich nix - warum sollte es auch? Wenn ich den Notentext gar nicht kenne, dann kann ich auch gar nicht wissen, dass da etwas nicht "stimmt".


Warum sollte ich irgendwo transponieren? *nichtversteh*

Gruß,
Mark
 
Ich habe Klimperer so verstanden, dass die Charakteristik durch die Hörgewohnheit des Stücks kommt, aber nicht durch die spezielle Klangfarbe der Tonart bei gleichschwebender Stimmung?

Du hast Klimperer 100% korrekt verstanden. Genau das wollte er sagen.:)


Zumindest bei diesem Absoluthörer: nein. Für andere kann ich nicht sprechen.
 

Hi,

stimme Klimperer auch voll zu.

Mir ist es NICHT egal, ob ein Stück in A oder in As gespielt wird. Es ändert sich in meiner Wahrnehmung einfach maßgeblich. Es wird ganz anders.

Klar, es wird ja in der falschen (anderen) Tonart gespielt. ;-)

Hier, ich löse ein bischen das Rätsel:

Jeder Mensch ist bis zu einem gewissen Grad Absoluthörer. Jeder Mensch kann auch ohne Referenz einen hohen von einem tiefen Ton unterscheiden.

Bei der musikalischen Fertigkeit des Absoluthörens geht es aber darum, dass diese Fertigkeit so verfeinert ist, dass die Tonhöhe innerhalb den Grenzen unserer chromatischen Tonleiter absolut bestimmt werden kann.
Ein Relativhörer kann aber je nach seiner Empfindlichkeit auf die Tonhöhe sehr wohl sagen, dass bei einer Transposition was nicht stimmt, aber er kann das nicht absolut quantifizieren.

Eine Tonart/Tonleiter wird durch die Frequenzverhältnisse zw. dem Grundton und den Leitertönen definiert/bestimmt. Diese Frequenzverhältnisse bleiben bei gleichtemperierter Stimmung per Definition immer gleich (das ist ja das Ziel), daher ist die gleiche Tonart (Dur, Moll) für unterschiedliche Grundtöne für einen Relativhörer anhand der Frequenzverhältnisse, und nur die erkennt er eigentlich, nicht unterscheidbar.

Das Eigentlich deswegen, weil der Relativhörer immer auch ein schwacher Absoluthörer ist (s. o.) und damit ab einer gewissen grösseren Transposition (z.B. C nach G oder auch schon C nach Es) ihm das eben auch auffällt, er das aber nicht absolut quantifizieren kann.

Gruß
 
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Ich habe eine Frage an diejenigen, die als Absolut- oder Relativhörer spezielle Charaktereigenschaften von Tonarten hören.

Angenommen, ein euch bekanntes Stück wird exakt ein Oktave tiefer/höher gespielt.

Frage: behält es dann seinen spezifischen Tonartcharakter bei und klingt halt nur insgesamt tiefer?


Meine Thesen, die erklären können, warum Menschen Tonarten als "charakteristisch" erkennen können.

- Schwarze Tasten klingen anders, weil sie kürzer sind und anders dosiert gespielt werden.
Daher haben "schwarze Tonarten" am Klavier (möglicherweise) einen spezifischen Charakter.
Auch zwingen schwarze Tonarten dazu selbst die weißen Tasten anders zu spielen.
Daher klingt C-Dur/a-moll für sensible Hörer glatt.

- Jeder Mensch hat einen vokalen Resonanzton, (der Ton, den man ganz entspannt singt, ohne sich anzustrengen) auf den er alle Töne intuitiv bezieht.
Mit diesem Ton lebt man, auch ohne sich darüber im klaren zu sein. (Bei mir ist es ein E)
Der Grundton einer Tonart und der eigene vokale Resonanzton stehen mal mehr, mal weniger harmonisch in Beziehung.
Daher werden Tonarten individuell anders wahrgenommen.

... einfach mal so dahin geplappert.:p:p

Lieber Gruß, NewOldie
 
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- Jeder Mensch hat einen vokalen Resonanzton, (der Ton, den man ganz entspannt singt, ohne sich anzustrengen) auf den er alle Töne intuitiv bezieht.

Das mag für 5,999 Milliarden Menschen gelten - für mich nicht. Bei mir kommt das auf die jeweilige Form der Stimmbänder an, und diese wiederum auf die Tageszeit, Anspannung, körperliche Aktivität, Schlafhaushalt und nicht zuletzt den Alkoholkonsum des vorigen Abends. :D
 
Wie absolut ist absolut?

Das mag für 5,999 Milliarden Menschen gelten - für mich nicht. Bei mir kommt das auf die jeweilige Form der Stimmbänder an, und diese wiederum auf die Tageszeit, Anspannung, körperliche Aktivität, Schlafhaushalt und nicht zuletzt den Alkoholkonsum des vorigen Abends. :D

Mich würde interessieren, ob du mal Tests gemacht hast, inwiefern solche Einflüsse Tageszeit, Anspannung etc. auch Auswirkungen haben auf die Präzision deiner absoluten "internen Referenz".
Entschuldige, wenn aus mir der Ingenieur spricht, aber es lässt sich ja leicht experimentell ermitteln: Du nimmst eine verstimmte Gitarre und drehst solange an der A-Saite, bis du meinst, den Kammerton getroffen zu haben.

Per Stimmgerät misst du, wieviel Cent du daneben liegst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das VÖLLIG unabhängig ist bei einem Absoluthörer, z.B bei dir, Mark? Oder triffst du wirklich auf einen Cent, also 1/100 eines Halbtones genau das A, immer und überall? Das würde mich wirklich SEHR interessieren.

Es ist eigentlich die Frage nach: wie absolut ist absolut!
 
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Ich verstehe es so:

Absoluthörer hören eine Frequenz und können diese Frequenz mit einem Namen benennen. Bsp: 440hz = a

Nicht-Absoluthörer hören eine Frequenz und ordnen ihr (manchmal! und nicht unbedingt immer) eine Gefühlsregung oder einen Eindruck zu. Überraschenderweise sind diese Eindrücke bei bestimmten Frequenzen immer die gleichen. Nimmt man dann Akkorde hat man viele gemischte Frequenzen und der "Eindruck" oder die Gefühlsregung wird verstärkt.
(Nicht unbedingt immer und bei jedem Akkord/Ton).

Wenn man einem Kind oder auch einem musikalisch nicht gebildeten Menschen einen C-Dur Akkord vorspielt und einen F-Dur Akkord vorspielt, dann können die meisten Menschen die unterschiedliche Wirkung spüren. Manche haben einen "Lieblingsakkord".
Ich hab weder ein absolutes noch ein relatives Gehör und trotzdem kann ich im Vergleich sagen, in welcher Tonart ein unbekanntes Stück schöner klingt.

[Jetzt lehne ich mich mal aus dem Fenster, weil ich es nicht belegen kann]
Ich denke dass liegt daran, wie unser Gehirn bestimmte Frequenzen verarbeitet und welche Gehirnbereiche bei gewissen Frequenzen angesprochen werden. Deshalb sind manche Tonarten traurig und manche fröhlich.
 
Per Stimmgerät misst du, wieviel Cent du daneben liegst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das VÖLLIG unabhängig ist bei einem Absoluthörer, z.B bei dir, Mark? Oder triffst du wirklich auf einen Cent, also 1/100 eines Halbtones genau das A, immer und überall? Das würde mich wirklich SEHR interessieren.

Es ist eigentlich die Frage nach: wie absolut ist absolut!

Also ich hab damit schon experimentiert. Ich stelle folgende Einflüsse fest: Wenn ich einen Ton singen soll und angespannt bin, ist er tendentiell höher, als wenn ich enstpannt oder müde bin.
Dann werde ich stark davon beeinflusst, mit was für einer Stimmung (also auf welcher Höhe) ich gerade selbst musiziert oder etwas angehört habe.
Ich kann diese Differenz aber meistens ausloten, indem ich mir mein eigenes Instrument vorstelle bzw. mir vorstelle, den besagten Ton darauf zu spielen - meistens habe ich eine sehr genaue Vorstellung davon.

Was mir auch aufgefallen ist: Im Chor, wenn selbiger sinkt, merke ich es nicht unbedingt sofort, wenn wir einen Halbton tiefer sind. Meistens geht das kurz gut und dann kommt plötzlich so ein "hoppla, wir sind ja nen Halbton zu tief", und ab dem Zeitpunkt muss ich dann transponieren ;) Die Toleranzgrenze scheint sich also behutsam ausweiten zu lassen - wenn auch nur temporär.

Bin gespannt, zu hören, wie es da anderen geht
 
Ich habe eine Frage an diejenigen, die als Absolut- oder Relativhörer spezielle Charaktereigenschaften von Tonarten hören.

Angenommen, ein euch bekanntes Stück wird exakt ein Oktave tiefer/höher gespielt.

Frage: behält es dann seinen spezifischen Tonartcharakter bei und klingt halt nur insgesamt tiefer?

Es behält den Charakter weitgehend aber nicht komplett, denn die Klangfarbe ändert sich in meinen Empfinden durchaus, wohl weil die Schwingungen und Obertöne sich ebenfalls verändern.

Beim reinen Anhören stört es mich dabei weniger als im Chor, wenn ich aus irgendeinem Grund ein Stück höher oder tiefer singen soll als notiert. Bei bekannten Stücken irritiert es mich, weil ich das Stück anders im Gedächtnis habe, bei unbekannten Stücken ist es aber ebenfalls lästig, weil ich persönlich aufgrund langjähriger Erfahrung im Chor durchaus einzelne Referenztöne habe, an denen ich mich orientiere. Das mag aber auch nur mein ganz persönliches Hörerlebnis sein, quasi eine Mischung aus absolutem Gehör (oder besser: durch Erfahrung quasi auswendig gelernten einzelnen Tonhöhen) und relativem Gehör.
 
Mich würde interessieren, ob du mal Tests gemacht hast, inwiefern solche Einflüsse Tageszeit, Anspannung etc. auch Auswirkungen haben auf die Präzision deiner absoluten "internen Referenz".

Ja, das habe ich.

Im Physikstudium, in der Wellenlehre, habe ich einen Tongenerator mit angeschlossenem Oszilloskop bzw. Frequenzmesser verwendet. Die Frequenz konnte nur mein Kumpel sehen, ich nicht. Dann habe ich ihn den Sinuston hochdrehen lassen, und versucht, ihn genau auf 440 Hz zu stoppen. Es kam heraus: 438. (Leider nicht wiederholt, das Experiment.) 8 Cent, das reicht mir an Genauigkeit.:p

Als ich jahrelang im Orchester spielte, war ich recht geübt - konnte meine Bratsche zuhause stimmen und musste meist nicht in der Probe nachstimmen. (Jaja, ich weiß, genauer als nen Halbton hört der Bratschist eh nicht... :D ) Wenn, dann lag ich stets etwas zu tief. (Ob das Klavier meiner Eltern in meinen Kleinkindjahren etwas zu tief war?)

Aber dann kamen mehrere Jahre, 2002-2009, ohne aktives regelmäßiges Musizieren, nur gelegentliches Orgeln, und zu allem Übel habe ich von April 2010 bis vor kurzem auf einem Klavier gespielt, das 80 Cent zu tief war. Das war fatal für's "absolute" Gehör! Teilweise liege ich letzthin mit meinen Testversuchen volle 30 Cent zu tief...:?

Die Tageszeit macht hier übrigens keinen großen Unterschied. Aber sehr wohl die Gemütsverfassung und Tagesform. Als ich an Depressionen litt, war das a.G. nicht zuverlässig, und meist zu tief. Wenn ich dahingegen einen vollen, aktiven, aber nicht zu allzu stressigen Tag habe, also wenn mein Hirn "gut im Einsatz" ist, liegt das a.G. meist recht genau (für meine Verhältnisse), teilweise sogar etwas zu hoch. (Vielleicht 10-15 Cent?)

Das Andere, was ich noch nie begriffen habe: ich habe ein "internes, unterbewusstes" Tongedächtnis, was fast einen halben Ton zu tief liegt. Wenn ich ein Stück im Kopf anhöre, oder mit einem Ohrwurm wach werde, ist das sehr oft fast einen Halbton zu tief. Aber erst sobald ich die Musik hörbar mache, durch Singen, Pfeifen, etc., und bewusst hinhöre, merke ich, dass ich im Kopf zu tief lag.

Wenn ich also einen Ton, z.B. ein D, produzieren soll, muss ich mich immer erst eine kurze Sekunde lang konzentrieren, sonst kommt er manchmal um fast einen Halbton zu tief raus.

Das gilt wiegesagt nur für den inneren Ton. Wenn ich z.B. eine Aufnahme von Barockmusik anhöre, mit historischem Kammerton 415 Hz, werde ich ganz fusselig im Kopp, obwohl das eigentlich meinem inneren Ton entspricht.

Frag mich nicht, was da abgeht - ist halt so.

Schlussbemerkung: wenn ich selber musiziere, ist das alles nicht so kritisch. Da höre ich mich irgendwann in die Tonlage hinein - bis zu einem Halbton ist kein großes Problem. Nur vom Blatt singen, da hapert's dann doch.

[EDIT: das mit dem Chorgesang geht mir genau wie Rebecca.]

Ciao,
Mark
 
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@ Rebecca & Klimperer:

Vielen Dank für die Darstellung eurer Tests als Absoluthörer - finde ich sehr interessant! D.h. also, ein gewisser Einfluss von Stressfaktoren und natürlich auch der Langzeiteinfluß von z.B. zu tief gestimmten Klavier ist da.

Interessant fand ich auch, wie ihr das beim Chorsingen empfindet - dass es erst als störend empfunden wird, wenn in den nächsten Halbton gerutscht wird.

Je mehr ich darüber lese, umso mehr glaube ich fast, dass es für den "Hausgebrauch" eher eine Behinderung als eine Hilfe ist, absolut hören zu können (z.B. wenn der Chor sage und schreibe 2 Halbtöne bei 3 Choralstrophen a capella runterrutscht wie in meinem Chor :rolleyes:, oder oft Barockwerke in 415Hz-Stimmung gesungen werden).
 

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