@phil.lx
Dein Stück ist nicht mein Stil, aber über Geschmack lässt sich ja nur sinnlos streiten.
Sich im Bezug auf die Tonumfänge auf eine Software zu verlassen, halte ich für langfristig nicht zielführend ... am Anfang kann man das machen ... auch dadurch kann sich die nötige Sicherheit entwickeln. Wenn die Software jeden Ton "out of range" anprangert, dann wird man auf dauer dieses Töne vermeiden ... einfach um nicht "schon wieder" was ändern zu müssen.
Was jedoch viel wichtiger ist, als der Tonumfang, sind die bereits von einigen angesprochenen Details innerhalb dieses Tonumfangs.
Ich versuche es mal an einem Beispiel.
Ich spiele Gitarre ... also kann ich da relativ schnell beurteilen, was auf dem Instrument funktioniert, und was nicht.
Dazu brauche ich nur recht wenige Informationen.
Wie ist das Instrument gestimmt (einzelne Saiten bei Saiteninstrumenten). Bei der Gitarre sind es Quarten (und eine gr. Terz), und dadurch sind Läufe in Terzen einfach zu greifen (Übung macht den Rest).
Eine Violine ist in Quinten gestimmt ... und da sind Sexten einfacher zu greifen, als Terzen. Das hat für mich beim Schreiben direkte Konsequenzen ... will ich an einer Stelle Streicher in Terzabstand haben, dann nehme ich wahrscheinlich zwei Violinen ... bei Sexten nur eine.
Auch das "wo am Hals soll das gespielt werden" ist eine wichtige Frage bei Gitarre oder Geige (eigentlich bei allen Saiteninstrumenten).
Auf einer klassischen Gitarre ist nach dem 12. Bund nicht mehr sehr viel möglich ... Melodie geht ... aber einen vollen Akkord (z.B. Fis-Dur ... schon das Barré im 14. Bund ist kaum greifbar und damit ist es nicht getan, da müssen noch Finger im 16. Bund auf die A- und die D-Saite und einer im 15. Bund auf der G-Saite. Notwendig ist dieser Krampf aber nur, wenn man dringfend genau diesen Grifftyp haben will ... Fis-Dur mit hohem Fis (14. Bund) ist auch anders Möglich ... aber das ist dann ein anderes Voicing).
Du merkst schon, dass diese Gedanken weit über den Tonumfang hinausgehen.
Das ist das rein Spiel- bzw. Greiftechnische (und auch davon nur ein kleiner Teil).
Dann noch der Klang.
Es hat natürlich Auswirkungen auf den Klang, wenn der Instrumentalist etwas für ihn ungewohntes spielen soll. Genauso klingt eine Geige unterschiedlich, je nachdem, ob sie einen Ton (eine Saite) oder zwei (zwei Saiten) spielen soll. Sogar die Vier Saiten klingen unterschiedlich (daher gibts manchmal die Anweisung "sul G" ... dass soll dann nur auf der tiefsten Saite gespielt werden, weil dieser Klang gefordert ist und man dem Instrumentalisten eben verbieten muss, sich das Leben einfach(er) zu machen).
Also mache ich mir vorher Gedanken, welchen Klang ich an der Stelle gerne haben möchte ... und so wird's dann notiert.
Einem Gitarristen mute ich nicht ständig große Sexten zu ... denn da ist die Hand schon etwas gespreitzt, oder man hat eine Saite dazwischen, die man irgendwie still kriegen muss.
Und genauso gebe ich einem Geiger nicht ständig kleine Terzen ... ich stelle mir das einfach nicht angenehm zu greifen vor (mehr als meine Vorstellung ist es aber nicht, da ich keine Streicher spiele).
Bei Blechbläsern hilft das Nachdenken über Naturtonreihen ... im Grunde also die Frage, wie man den Ventileinsatz minimieren kann.
Trompete in B ... da ist ein "tiefes C" (eine gr. Sekunde drüber) ohne Ventil einfach nicht zu erreichen ... aber weil dieser Ton nunmal innerhalb des Tonumfanges einer B-Trompete liegt, wird Musescore nicht meckern ... das übernimmt dann eventuell der Trompeter.
Gleiches gilt für das oben Geschriebene zu den Griffen an Gitarre oder Viloline. Theoretisch sind die möglich ... also wird Musescore nicht meckern ... der Instrumentalist eventuell schon.
Instrumentation erfordert einiges an Wissen über Tonumfang, Bau-, Funktions- und Spielweise und eben eine ganze Menge Erfahrung, die man zum Glück bei den Instrumentalisten anzapfen kann ... oder eben bei Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben und halt auch manchmal etwas Geld dafür sehen wollen.
Die Tonumfänge und einige basics zu den Instrumenten gibts in Quasi jedem Musik-Lexikon ... der Spielerfahrung der Instrumentalisten kann man sich durch Partituren annähern. Was im Continuum des Möglichen "eher angenehm" und "eher unangenehm" zu spielen ist, ist mMn individuell und muss daher direkt erfragt werden.
Es gibt aber ein paar Faustregeln ... Blechbläser mögen z.B. keine Tonarten mit vielen Kreuzen (@Presto wird erklären können, warum das so ist), und Gitarristen brauchen eine Weile, um sich mit b-Tonarten anzufreunden.
Zum Klang noch ein ganz blödes Beispiel aus dem Gitarrenunterricht.
Ein Schüler wollte ein bisschen Reggae spielen ... den Offbeat hatte er schon alleine Gefunden, aber es klang für seine Ohren noch nicht richtig nach Reggae.
Der Fehler war, die Akkorde mit "downstrokes" zu spielen ... das klingt dann mehr nach Rock 'n' Roll. Ich habe ihm dann gesagt, dass er die Akkorde "von unten" ("upstrokes") anschlagen soll. Das Grinsen werde ich wohl nie vergessen, denn plötzlich klang es für ihn nach Reggae.
Der Unterschied ist dabei ziemlich minimal ... nur ein bisschen microtiming. Dem Ohr fällt auf, ob es zuerst einen tiefen Klang bekommt (beim downstroke klingen die tieferen Saiten etwas früher) oder einen hohen Ton (bei upstokes). Dieser feine Unterschied scheint zu Reggae und Ska wohl irgendwie dazu zu gehören.
Eine ganze Menge Kleinigkeiten, auf die es ankommen kann ... man kann es aber (im Rahmen des Machbaren) auch gezielt "anders" machen, denn auch das hat eben einen Effekt, mit dem man beim Hörer etwas auslösen kann.
2 kleine Annekdoten zum Abschluss.
1. ich habe einmal ein kleinen Orchestersatz bei meinem damaligen Lehrer abgegeben, und als der die langen Haltetöne im Fagott sah, sagte er nur "Du Mörder". Ich habe dann ein zweites Fagott hinzugenommen, damit die beiden zwischendurch mal Luft holen können. Sogar die Lunge des Instrumentalisten darf man nicht einfach ignorieren und bei einer Doppelganzen bei 30 Vierteln pro Minute könnte ein einzelner Fagottist schon mal etwas rot-bläulich anlaufen.
2. (wird Beethoven zugeschrieben): "Was kümmert mich sein elendes Horn, wenn der Geist über mich kommt?!".