"Alte Hülle, neuer Kern"- was haltet ihr davon?

ChillySue

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Hallo ihr :bye:,

ich bin neu hier und auf der Suche nach Rat auf euch gestoßen. Ich stehe grade vor einer Entscheidung- hole aber mal zur Erklärung "kurz" aus (sorry):
Ich hatte als Kind ein paar Jahre Klavierunterricht (und ärgere mich heut schwarz, dass ich aufgehört hab). Nachdem ich aus meiner Studentenbude in eine "richtige" Wohnung (mit Platz;-)) umgezogen bin, hab ich das alte Klavier meiner Eltern zu mir geholt- in der Meinung, dass es mir mit regelmäßigem Stimmen noch viele Jahre treu bleibt und ich wieder mit dem Spielen (hauptsächlich für mich) anfangen kann. Naja, das ging zwei Jahre gut (und ich LIEBE es! Ich spiele echt nicht doll, aber es macht total Spaß und es gibt nichts, wobei ich besser entspannen kann!), dann ging mein Klavierstimmer in Rente und der Neue meinte, lange würde sich das nicht mehr stimmen lassen, eine umfassende Reparatur für ca. 4000 - 5000€ wäre fällig. Ich hab mir dazu eine zweite Meinung geholt (auch weil ersterer "nur" stimmt und kein Klavierbauer ist- an alle Klavierstimmer da draußen: nicht böse gemeint!!) und der zweite meinte dann, das Klavier müsse früher mal feucht gestanden haben, der Stimmstock sähe übel aus und würde nicht mehr lange halten, ich müsse allein mit Materialkosten von gut 5000€ rechnen, plus Arbeitszeit/Transport ginge man da schon auf das Doppelte zu :angst::cry2:. Okay, 10 000€ übersteigen dann doch meinen Etat. An dieser Stelle hätte wohl fast jeder sofort über was (gebrauchtes) Neues nachgedacht, das Problem ist nur: ich hänge extrem an dem Klavier! Die Vorstellung, dass es verschrottet wird... :angst:. Es ist keine Marke, die man laut dem Klavierbauer unbedingt erhalten müsste (ein Julius Deesz Saarbrücken, Baujahr unbekannt- aber mindestens 95 Jahre alt, danach haben die scheinbar nicht mehr gebaut), ich liebe aber die Optik (so richtig schön verschnörkeltes Jugendstil, mit Wurzelholzeinsätzen, ich hab leider keine Fotos hier, kann sie aber nachschieben!)- bin halt einfach damit aufgewachsen und kann mich eh schwer von geliebten Dingen trennen ;-). Natürlich habe ich mich dann nach etwas Gebrauchtem, schön Klingendem in möglichst "alter" Optik umgeschaut- was möglichst noch in meinem 5000€-Preisrahmen sein sollte- und leider bislang nur Kompromisse gefunden. Entweder sieht's schön aus (dann ist es aber für mich zu teuer oder innen so am Ende wie meins) oder es klingt schön, ist bezahlbar, sieht aber außen aus wie ne IKEA-Kiste. Vielleicht erwarte ich zu viel:-(, aber auch wenn ich echt nicht doll spiele (was ich aber verbessern will ;-)), will ich trotzdem was für's Auge und für's Ohr. Und ich stehe einfach auf schöne Instrumente (hach, Kohle müsste man haben! :heilig:). Ich schweife ab, entschuldigt! Jedenfalls bin ich beim Suchen durch Zufall (weil er auf seiner Homepage ein Palisander-Erard von 1885 hatte, innen komplett erneuert... war leider schon verkauft) auf einen Klavierbaumeister hier in der Nähe gestoßen, der sich darauf spezialisiert hat, schönen alten Klavieren, deren Überholung wirtschaftlich unrentabel ist, ein Neues (oder junges Gebrauchtes, das ne langweilige Hülle hatte) Innenleben zu verpassen. Er hat sich meins jetzt mal angeschaut und meinte das wäre kein Problem, das wäre so groß dass man auf jeden Fall was Passendes für hinein findet. Empfehlung war, was möglichst Hohes zu nehmen, um den Resonanzraum auszunutzen (meins ist über 1,30 cm, genau weiß ich es nicht mehr). Das wäre je nach Preis des "jungen Gebrauchten" für die 5000€ möglich (wenn man die Hülle nur bisschen aufhübscht und nicht komplett überarbeitet, das würde dann mehr kosten- ist ja klar, ist ja ne irre Arbeit- muss aber nicht sein, ich liebe es so wie es ist :herz:). Er guckt sich jetzt unverbindlich um.

Was haltet ihr grundsätzlich von sowas? Ist das okay, wenn man an der "Hülle" hängt, oder totaler Quatsch und ich sollte mir besser ein Herz fassen und Abschied nehmen? Und was das neue Innenleben angeht- er schlug mir als Beispiel ein Yamaha U3 vor, weil das auch ziemlich hoch wäre, einen guten Klang hätte und (da auf dem Markt verbreitet) evtl. gut gebraucht zu bekommen wäre. Ich kenne mich mit Marken ja nicht so aus, aber haben Yamahas nicht den Ruf, ziemlich "hart" und steril zu klingen? Passt das dann zu so einem alten Instrument? Und was denkt ihr über das U3?

Oh mann, ist das jetzt lang geworden... mir fallen noch so viele Fragen ein, aber ich habe schon tiefsten Respekt vor jedem, der bis hier mitgelesen hat :heilig:... und wäre sehr dankbar für eure Meinung!

Viele liebe Grüße,
Sue
 
Ich bin auch jemand mit altem Klavier (von ca. 1910) und neuem Innenleben (eingebaut ca. 1981). Ich bin froh, dass ich das Klavier in dieser Form habe, weil es von Anfang an in unserer Familie war und weil ich einfach eine emotionale Bindung daran habe, aber ich würde da nicht von mir auf andere schließen. ;-)Wie sinnvoll diese Änderung ist, mögen andere beantworten.
 
Das Verfahren als solches hat nichts Unübliches an sich und wird sogar von renommierten Firmen wie Steingräber angeboten; dort liegt der Preis allerdings fast in höhe eines neuen Instruments. Wenn Dir die Rettung des Gehäuses so am Herzen liegt, und Dir Dein Klavierbauer diesen Weg vorschlägt, sehe ich nicht, was dagegen sprechen könnte. Er sollte halt garantieren, daß er nicht irgend ein oberflächlich in Asien aufgehübschtes Containerklavier hernimmt. Und er sollte ein richtiges Angebot vorlegen, damit das ganze nicht zum Faß ohne Boden wird. Vor dem Klang wäre mir nicht so bange, da läßt sich durch Intonation einiges bewirken.
 
Falls Du in der Nähe von Bayreuth ansässig bist:
Hier mal schauen!
(Auf der Seite weiter unten.)
 
Es ist keine Marke, die man laut dem Klavierbauer unbedingt erhalten müsste (ein Julius Deesz Saarbrücken, Baujahr unbekannt- aber mindestens 95 Jahre alt, danach haben die scheinbar nicht mehr gebaut)“
Na, sooo schlecht waren ja die Instrumente auch nicht – damals. Die Fachkollegen wurden informiert durch die „Zeitschrift für Instrumentenbau“, Band 23, Seite 1003.
Ausschnitt davon siehe Anhang.
LG Dieter
 

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Ui, ihr seit ja fix mit Antworten! :-D Danke schon mal!

@Dorforganistin: Ja, das isses halt, die emotionale Bindung... was für ein Klavier wurde denn bei dir in was eingebaut? Und weißt du noch was das damals so in etwa gekostet hat?

@sla019: fällt ein U3 unter die Kategorie oberflächlich in Asien aufgehübschtes Containerklavier? Sorry, ich hab ehrlich keine Ahnung (was man sicher oben schon gemerkt hat ;-))... das mit dem Angebot ist ein guter Einwand, danke!! Bislang haben wir nur die Abmachung, dass er guckt in den 5000€ drin zu bleiben... aber schriftlich wär glaub ich doch besser...
Kann man mit Intonation harte Klänge weicher machen? Sorry, wieder keine Ahnung!

@agraffentoni: leider absolut nicht in meiner Nähe (ich komme aus dem Saarland)... aber ein Seiler! Das wär's! Ein sehr guter Freund von mir hat einen und der klingt sooo schön... so fein, irgendwie... *träum*
 
Wir haben ein altes Trautwein, Nussbaum, schnörkelig, wie das damals halt so war. Aber was da rein kam, keine Ahnung, und auch nicht, was das gekostet hat, sorry. Am Entscheidungsprozess war ich nur marginal beteiligt ;-) Durchgeführt wurden die Arbeiten damals in München bei Piano Lang.
 
@Dieter: oha! Guck mal an... naja, das abfällige "nicht erhaltenswert" stammt ja von dem zweiten Klavierbauer der da war, ich persönlich fand mein Klavier ja schon immer total schön- vor allem auch den Klang (bevor der Stimmstock anfing sich zu verabschieden...), der war einfach so schön warm, voll und Obertonreich... ich hab immer gesagt da braucht man zum genießen garnicht spielen zu können- ein Akkord reicht, dann Augen zu und träumen :heilig:

Ooookay, ihr seht ich bin echt nicht objektiv in dem Fall :konfus:
 
fällt ein U3 unter die Kategorie oberflächlich in Asien aufgehübschtes Containerklavier?

Nicht notwendigerweise, aber es ist eine Frage, die regelmäßig geklärt werden muß (beim U1 ist das Problem allerdings viel größer). Ich frage mich übrigens, ob bei der Höhe des vorhandenen Gehäuses überhaupt etwas anderes als ein U3 unter Wahrung Deines Preisrahmens greifbar wäre. Ein U3 kann ein prima Klavier sein, und wenn Dein Klavierbauer etwas entsprechendes findet, ist es wirklich eine ernste Überlegung wert.
 

Er hat gemeint er hätte ein wenig gespieltes U3 in Aussicht (daher kam er ausgerechnet auf das), das er eigentlich obwohl es super in Schuss ist ablehnen wollte, weil er es so nicht so leicht verkaufen kann- es hat wohl ne schreckliche Lackierung (er meinte es sähe aus wie Krokoleder- ich wusste garnicht, dass es sowas gibt??)...
 
@Dorforganistin: Das ist ja unfassbar!!! :lol: Wahnsinn, was es alles gibt... und das meiste davon sind (für meinen persönlichen Geschmack) echt "Unfälle" ;-)... aber auch spannend- ein paar davon sehen aus wie ne Mischung aus Harfe und UFO...
 
Ich hab mal noch ne "Depperlesfrage" (wie meine Mama immer sagt): das mit dem Intonieren (grad gegoogelt, hatte keine Ahnung was man da macht)... damit kann man nem Yamaha also auch ein bisschen mehr Wärme einhauchen? Kann das jeder Klavierstimmer oder nur welche mit einer speziellen Ausbildung? Und können die das bei mir zuhause machen oder muss das schon in der Werkstatt passieren?
 
Ich hab mal noch ne "Depperlesfrage" (wie meine Mama immer sagt): das mit dem Intonieren (grad gegoogelt, hatte keine Ahnung was man da macht)... damit kann man nem Yamaha also auch ein bisschen mehr Wärme einhauchen? Kann das jeder Klavierstimmer oder nur welche mit einer speziellen Ausbildung? Und können die das bei mir zuhause machen oder muss das schon in der Werkstatt passieren?

Ein Klavierstimmer ist dafür sicher nicht der richtige Mann, aber für einen Klaiverbauer gehört das zum Kerngeschäft. Und ja, man kann damit auch einem Yamaha die Schärfe abgewöhnen.
 
Klingt gut- dann könnte das ja der Klavierbauer grad mitmachen, der das Neue einbaut... falls es zu dem Yamaha kommt... und falls mir der Klang zu hart wäre... und ich die komplette Aktion überhaupt mache. Ich hab an dem Gedanken aber schon irgendwie nen Narren gefressen ;-), erst recht durch euer positives Feedback- irgendwie wäre das schon eine spannende Sache!
 
Ich würde gerne die Fachleute dazu noch etwas fragen: bei so einem Umbau wird ja sicher auch der "neue" Stimmstock verwendet. Wie kriegt man denn den fachgerecht mit dem alten Gehäuse verbunden, so daß da keine klanglichen Risiken entstehen?
 
Gute Frage, das würde mich auch interessieren! Der ist in meinem Fall ja das "Hauptproblem", muss also auf jeden Fall vom neuen Klavier stammen (der alte ist offensichtlich mal feucht geworden- hat meinen Eltern leider keiner gesagt, als sie vor ca. 20 Jahren 2000 DM in eine Teilrestaurierung investiert haben...:schweigen:).
 
Ich würde gerne die Fachleute dazu noch etwas fragen: bei so einem Umbau wird ja sicher auch der "neue" Stimmstock verwendet. Wie kriegt man denn den fachgerecht mit dem alten Gehäuse verbunden, so daß da keine klanglichen Risiken entstehen?
Es werden nur die alten Gehäuseteile wie Seiten, Front, Deckel, Klappe und Klaviaturboden verwendet.
Die Raste inclusive natürlich Stimmstock ist vom neuen Klavier.
Toni
 

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