Wie geht Ihr mit Konflikten im Klavierunterricht um?

ist das ein Argument in Richtung pädagogischer Ansätze? Und wenn ja, womöglich ein gutes? Sofern beides zutrifft, sollte man sofort Mathe, Deutsch etc "privatisieren" und sämtliche ML und DL (Mathe- & Deutschlehrer) vom "Schulgeld" abhängig machen, auf dass sie sich ein wenig Gedanken über ihre Lehransätze machen...

Man muss nicht gleich privatisieren, aber einer leistungsabhängigen Bezahlung der Lehrer stünde ich prinzipiell offen gegenüber. Das Problem dabei ist, wie man die Leistung einigermassen objektiv messen kann. Du weisst, wer misst, misst Mist.
 
(1)einer leistungsabhängigen Bezahlung der Lehrer stünde ich prinzipiell offen gegenüber. (...Dilemma...)Das Problem dabei ist, wie man die Leistung einigermassen objektiv messen kann. Du weisst, (2)wer misst, misst Mist.
@Kalivoda klar, (1) hört sich erstmal griffig an, (2) ebenso - und irgendwie widersprechen die sich ;-) weil es da noch das Dilemma der objektiven Leistungsmessung von Lehre gibt (die beste Lehrkraft kann aus Eseln keine Götter machen, d.h. also dass der Erfolg des Lehrens (alle schreiben ne Eins mit Stern), sofern dieser die Messlatte wäre, fatalerweise nicht nur von der Qualität der Lehrkraft abhängt)

Das beantwortet aber nicht meine Fragen an dich... du hast sie zitiert, aber nicht beantwortet.
 
Der Schlimmste der Jungs war auch der Intelligenteste. Hat die besten Noten gehabt, aber immer den Unterricht gestört. Überall Einsen aber in Fleiß, Betragen, Ordnung, Mitarbeit ne Vier. Bei den Mädels ganz ähnlich.

Die beiden haben sich wahrscheinlich (unbewusst, vielleicht auch bewusst) extrem darüber geärgert, in dem lahmen Laden festzustecken.

Unangenehmer Nebeneffekt: Permanent unterforderte Kinder lernen nicht das Lernen. Irgendwann kommt der Augenblick, wo die Materie zu komplex wird, um ihnen einfach zuzufliegen. Dann müssten sie sich dahinterklemmen. Manche blühen dann richtig auf und werden Spitzenleute. Viele aber verweigern sich in Unkenntnis echter Lernstrategien und bleiben Universaldilettanten. Der unangemessen leichte Schulstoff fordert sie nie, sich wirklich etwas zu erarbeiten.

Ich bleibe dabei. Es ist unfair. Unfair ausgerechnet denjenigen gegenüber, die es am meisten verdienen würden: Diejenigen, die können und wollen.

@Demian Die Aufgabe einer Lehrkraft (Schule) ist es, dass eine Gruppe (Klasse) das definierte durchschnittliche Klassenziel erreicht. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine Art "wohlwollende Ignoranz" gegenüber denjenigen, die keine Schwierigkeit damit haben. Das ändert sich frühstens auf Leistungskursniveau. In niedrigeren Klassenstufen fühlen diese Kinder sich ungerechter Weise zurückgesetzt.
Um mit @chiarina zu sprechen: Sie fühlen sich der Erfüllung wichtiger Bedürfnisse willkürlich beraubt. Je mehr Problemfälle um sie herum, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst zum Problemfall werden. Sie spüren, dass sie mehr Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie selbst Probleme bereiten.


O ja. Vor allem das, was sie nicht lernen sollten. Siehe vorheriger Absatz. Eine faule Zwiebel/Kartoffel kann einen kompletten Vorrat infizieren. Bergab geht es immer schnell und easy.
 
@Barratt
Das „durchschnittliche definierte Klassenziel“ zu erreichen ist nicht die Aufgabe einer Lehrkraft, sondern das Ziel besteht darin, dass mindestens zwei Drittel mindestens ausreichende Leistungen zeigen. Was darüber hinaus passiert, ist wirklich sehr unterschiedlich mit etlichen Abstufungen.

Zum Niveau, das von Schwächeren nach unten gezogen wird: Das kann ich so nicht bestätigen. Eher ist es so, dass Leistungsschwächere mit „durchgeschleift“ werden und das Niveau an stärkeren Schülern (und sowieso am Lehrplan und den verschiedenen Anforderungsbereichen) ausgerichtet ist. Für Schwächere gibt es Fördermaßnahmen, für sehr starke Schüler binnendifferenzierende Zusatzaufgaben.

Allerdings habe ich jetzt nicht von Inklusion gesprochen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Demian Gut möglich, dass es von Bundesland zu Bundesland erhebliche Unterschiede gibt. Bist Du in Bayern tätig? :001:
 
Wenn ich mich früher in der Schule gelangweilt habe, weil ich schneller war als die anderen, habe ich Edgar Wallace oder Karl May gelesen. Die Bücher konnten fix in der Ablage unter dem Tisch verschwinden, falls es nötig wurde. ;-)
Es gab nur einen Lehrer, der meine Mutter in der Elternsprechstunde mal fragte, ob sie wisse, was ihre Tochter immer unter dem Tisch zu schaffen habe - er wisse es nicht, und ich würde auf alle seine Fragen stets antworten können.
Das ist natürlich keine allgemeingültige Handlungsempfehlung an sich langweilende Schüler:innen. :schweigen:

Hier in der Diskussion haben wir ja unterschiedliche Situationen. Da ist der Einzelunterricht am Instrument, da ist der Schulunterricht im Klassenverband, den es auch in verschiedenen Ausprägungen gibt. Dass man jedem immer und in jedem Setting voll und ganz gerecht werden kann, dürfte aufgrund der großen Bandbreite an Begabungen utopisch sein. Trotzdem kann man sich aber Gedanken machen, was möglich sein könnte, und man kann Dinge auch einmal ausprobieren.

Ich habe in meiner Tätigkeit für eine große Hilfsorganisation immer wieder mit jungen Menschen zu tun, die mancher vielleicht als "faule Zwiebel" bezeichnen würde. Allerdings passiert das, was hier mit "anstecken" beschrieben wurde, ausgesprochen selten. Natürlich geht es mitunter lebhaft zu, aber das gehört dazu. Modelle gelten ja gerne als grundsätzlich fehlerhaft, aber mitunter hilfreich, und wenn ich einer Gruppe Raum geben kann, durch die verschiedenen Phasen zu gehen, haben am Ende alle etwas gelernt - sei es fachlich oder persönlich.

Das nur am Rande. Ist ja clavio hier und nicht schulmusik-und-gruppenunterricht.info :heilig:
 
@Dorforganistin Du hast Recht. Das übliche Setting beim KU ist Einzelunterricht. Aber es ging ja irgendwann mal etwas generalisiert um die Frage nach "Bedürfnissen" der SuS. So entwickelte sich nach meiner Erinnerung das Gespräch und führte auf diese Abwege..
 
Es ist ja nicht so, dass Abwege nicht auch mal spannend sind. :coolguy:
 
Wenn Du den Unterricht auf eine Gruppe fokussierst, macht genau diese Gruppe natürlich keinen Ärger. Aber alle anderen.

Unangenehmer Nebeneffekt: Permanent unterforderte Kinder lernen nicht das Lernen. Irgendwann kommt der Augenblick, wo die Materie zu komplex wird, um ihnen einfach zuzufliegen. Dann müssten sie sich dahinterklemmen. Manche blühen dann richtig auf und werden Spitzenleute. Viele aber verweigern sich in Unkenntnis echter Lernstrategien und bleiben Universaldilettanten. Der unangemessen leichte Schulstoff fordert sie nie, sich wirklich etwas zu erarbeiten.

Bezogen auf die Differenzierung des Unterrichtsstoff in einer Klasse finde ich die oben genannten Sätze sehr wichtig und richtig!

Zunächst kann ich Barratts Frust bzgl. der offenbar massiven Unterforderung in ihrer damaligen Schulklasse sehr gut verstehen! Es wurde überhaupt nicht auf ihre Bedürfnisse nach angemessener Förderung, nach lebendigem und spannenden Unterricht eingegangen (die Bedürfnisse wurden vermutlich gar nicht gesehen), sondern sie musste sehen, wo sie bleibt.

Man sieht auch schön, dass Kinder normalerweise nicht ihre Bedürfnisse artikulieren, sondern sich damit abfinden (müssen). Barratt war offenbar eine nette Schülerin, denn sie hat ihrem Unmut nicht durch Störungen des Unterrichts, durch Quatschmachen etc. Luft gemacht, sondern ihn unterdrückt, um den Unterrichtsablauf nicht zu stören. Andere hochbegabte Kinder, besonders Jungen, können da ganz anders agieren und deshalb schaut man bei Störern oft, ob sie nicht vielleicht hochbegabt sind. Auch hier versucht man das Bedürfnis, das hinter dem Verhalten steckt, zu ergründen.

Was mich wundert: hast du keine Klasse übersprungen? Wenn ein Kind sehr intelligent ist und in allen Fächern allen weit voraus ist, wird das normalerweise so gehandhabt. Denn bei aller Differenzierung kann ein Unterricht nicht leisten, ein Kind im Bruchrechnen zu unterrichten, wenn die anderen noch mit dem kleinen Einmaleins Schwierigkeiten haben.

Was die sehr gut beschrieben Problematik angeht, dass permanent unterforderte Kinder nicht das Lernen lernen, kann ein gut geführter Unterricht dagegen wirken, indem in kleinen Teams von zwei oder drei Kindern der Bessere den Schwächeren den Sachverhalt erklärt. Man lernt sehr, sehr viel, indem man anderen etwas erklären bzw. beibringen muss, man lernt dabei auch das Lernen und Strukturieren eines Sachverhalts. Früher wurde das eher nicht gemacht - heute gehört es zum schulischen Alltag dazu.

Differenziert wird im Unterricht (Grundschule) u.a. so , dass den Schülern drei Sorten Arbeitsblätter mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad zur Verfügung stehen, aus denen sie auswählen dürfen. Früher wurde so etwas nicht gemacht. Der erste Satz von Kalivoda (s.o.) ist nämlich auch sehr richtig: Kinder brauchen Angebote von unterschiedlichen Lernwegen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und wenn sie nur einen Weg mit einem Schwierigkeitsgrad bekommen, machen sie Ärger, wenn sie nichts verstehen.

Kinder wollen lernen und wollen Erfolg haben. Sie sind begeistert dabei und diese Begeisterung und Lernbereitschaft wird leider manchmal im Keim erstickt. Dazu zählen Misserfolge in der Schule, zu wenig Bewegung, zu großer Medienkonsum, zu viel Unruhe im Tagesablauf etc.. Dann kann aus den staunenden I-Männchen ein Störenfried werden, der nicht nur sich selbst stört, sondern auch alle anderen. So etwas betrübt mich sehr.

Liebe Grüße

chiarina
 
Bevor ein KL zu viele seiner Schüler rausschmeisst und sich damit selbst der Lebensgrundlage beraubt, sollte er sich da nicht einmal ein wenig Gedanken über seine Unterrichtsansätze machen? Aus reinem Selbsterhaltungstrieb?
@Kalivoda dazu hatte ich gefragt, ob das ein (womöglich sogar gutes) Argument in Richtung Unterrichtsansätze sei.
 

Ich bleibe dabei. Es ist unfair. Unfair ausgerechnet denjenigen gegenüber, die es am meisten verdienen würden: Diejenigen, die können und wollen.

Dann ist es Aufgabe der Eltern, die Situation zu ändern. Zum Beispiel, indem sie die Energien auf außerschulische Aktivitäten umlenken. Das Erlernen eines Instrumentes könnte ein Beispiel sein, um mal wieder zum übergreifenden Thema hier zurückzuzirkeln...

O ja. Vor allem das, was sie nicht lernen sollten. Siehe vorheriger Absatz. Eine faule Zwiebel/Kartoffel kann einen kompletten Vorrat infizieren. Bergab geht es immer schnell und easy.

Vergleiche hinken ja bekanntlich. Aber dass Du den so hinschreibst zeigt schon etwas von Deinem Menschenbild, welches ich als ziemlich verstörend empfinde (übrigens nicht nur an dieser Stelle).
 
dazu hatte ich gefragt, ob das ein (womöglich sogar gutes) Argument in Richtung Unterrichtsansätze sei.

Dann musst Du mir doch mal erklären, was Du mit "Argument in Richtung Unterrichtsansätze" meinst. Ich war ja schon früher immer ein schlechter Deutschschüler, aber auch heute reichen meine Interpretationsgaben noch nicht, um da einen Sinn zu erschliessen... :blöd:
 
drei Sorten Arbeitsblätter mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad zur Verfügung stehen, aus denen sie auswählen dürfen. Früher wurde so etwas nicht gemacht
Ich bin nicht blöd und hätte immer den einfachsten Weg genommen.
Außer, der/die/das Lehrer/in*div/x entscheidet, welche Lernenden welche Förderung bekommen. Es gibt auch nicht die/den/das eine/n/x Schüler/in*div/x, sondern immer nur Individuen. Jede Person/x reagiert im Zusammenhang mit anderen Personen/x anders. Der/die/das gleiche Schüler/in*div/x ist im Einzelunterricht ein Engel, zusammen mit Freund(inn)en ein angeberisches Miststück, und in der Klasse (wo er/sie/es auch wieder einen anderen sozialen Status hat) wieder komplett zurückhaltend.
Ich war jedenfalls froh, wenn ich meine Ruhe hatte und in meinem Block malen konnte. Die "ungenutzte Zeit" habe ich damals für meine musikalische Entwicklung genutzt. Langeweile war bei mir die Zeit, in der sich die Kreativität entwickelte.

Ich wollte damals auch keinen Instrumentalunterricht. Feste Zwänge ("Du musst jetzt das eine Stück üben, auf das du gar keinen Bock hast!!!") hätten mich kaputt gemacht. Ich brauchte die Langeweile um mich kreativ austoben zu können.
 
Ich versuche gerade, die sprachlichen Gleichungen nach x aufzulösen, aber es will mir nicht gelingen.
 
Man kann natürlich seinen Unterricht so gestalten, dass man vorab sagt: jeder, der nicht Leistung bringt und regelmäßig übt, fliegt. Hatten wir alles schon und gibt es manchmal auch heute noch. MEIN Ding ist das aber nicht.
Das ist ja auch ok.

Aber, geübt zur Klavierstunde zu kommen, ist eine Grundvoraussetzung für einen Unterricht.
Sie ist fachlich gegeben und steht außer Zweifel. Diese „Härte in der Sache“ sollte nicht wegdiskutiert und auch nicht weganalysiert werden.

Es erscheint mir wichtig das sofort, bei einem solchen Regelverstoß, reagiert wird. Es ist keine Kleinigkeit, es liegt eine schwerwiegende Störung des Unterrichts vor. Daher würde ich sofort das dem Kind und auch den Eltern bewusst machen. Und zwar so das es etwas unangenehm, spürbar, ist. So dass das Kind weiß es gibt Stress wenn nicht geübt.

Geredet wird natürlich das ist klar, aber nicht Therapiert. Das ist ein großer Unterschied. Das schlimmste wäre ja wenn du täglich in das Haus des Kindes kommst und ihm beim Üben hilfst.

Den Eltern und dem Kind muss das Problem/Regelverstoß (nicht geübt) bewusst sein und sie müssen aber eigenständig eine Lösung finden.
Man darf die Selbstverantwortung einer Person nicht übernehmen (wollen).

VLV
 
Aber, geübt zur Klavierstunde zu kommen, ist eine Grundvoraussetzung für einen Unterricht.
Sie ist fachlich gegeben und steht außer Zweifel. Diese „Härte in der Sache“ sollte nicht wegdiskutiert und auch nicht weganalysiert werden.

Lieber Viva La Vida,
das ist keine Härte, sondern Grundvoraussetzung für den Unterricht. :chr03:

Es erscheint mir wichtig das sofort, bei einem solchen Regelverstoß, reagiert wird. Es ist keine Kleinigkeit, es liegt eine schwerwiegende Störung des Unterrichts vor. Daher würde ich sofort das dem Kind und auch den Eltern bewusst machen. Und zwar so das es etwas unangenehm, spürbar, ist. So dass das Kind weiß es gibt Stress wenn nicht geübt.

So etwa?
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Ernsthaft: es macht gar nichts, wenn ein Kind (ein-)mal nicht übt. Das kann verschiedene Gründe haben (mehrere Klassenarbeiten in der Schule, Krankheit ....). Wenn das aber öfter vorkommt und der Lehrer das Gefühl hat, da stimmt was nicht, kann der Unterricht nicht effektiv fortgeführt werden. Dann sollte man handeln. Wie, wird hier unterschiedlich gesehen.

Geredet wird natürlich das ist klar, aber nicht Therapiert. Das ist ein großer Unterschied. Das schlimmste wäre ja wenn du täglich in das Haus des Kindes kommst und ihm beim Üben hilfst.

Du hast eine interessante, ich fürchte aber, sehr falsche Vorstellung von einer Therapie. :006: Und auch vom Gordon-Modell.... .

Den Eltern und dem Kind muss das Problem/Regelverstoß (nicht geübt) bewusst sein und sie müssen aber eigenständig eine Lösung finden. Man darf die Selbstverantwortung einer Person nicht übernehmen (wollen).

Ich behaupte - und WEISS sogar -, dass meine Art der Herangehensweise zwingend zu Selbstverantwortung und Eigenständigkeit führt. Es geht gar nicht anders.

Liebe Grüße

chiarina
 
Das schlimmste wäre ja wenn du täglich in das Haus des Kindes kommst und ihm beim Üben hilfst.

Das wäre nicht das Schlimmste, sondern gerade am Anfang der Optimalfall.

Bei mir war es umgekehrt: Wenn ich etwas Neues gelernt habe und meine Lehrerin nicht sicher war, ob ich das alleine schon richtig üben kann, dann durfte/musste ich jeden Tag zum Üben zu ihr kommen. Sie wollte einfach verhindern, dass ich mir was Falsches oder Ungünstiges angewöhne. Für mich war das toll, und manchmal war ich sogar zweimal am Tag bei ihr zum Üben.
 

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