Zum Nachdenken

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"Geschmacklose Kleider" sind letztlich wurscht.

Miles Davis war ein Arschloch und Junkie. Trotzdem war er einer der wichtigsten Musiker des 20. Jahrhunderts.

Genauso soll meinetwegen eine Olle halbnackt auf die Bühne steigen, solange sie wirklich exzellent spielt und nicht, wie es nämlich meist der Fall ist, durch die optische Aufmachung die mangelnde Vermarktbarkeit bzw. den mangelnden künstlerischen Gehalt des eigentlichen Produktes - ihrers Geklimpers - kompensieren will. Erst in letzterem Falle wird ein "gewagtes Kleid" peinlich und ablehnenswert.

LG,
Hasenbein
 
Das hat er doch quasi... in dem Zeitungsartikel. O-o-oder ist der Artikel eher Werbung für sein Buch...? :confused:

Okay - unterstellen wir Leuten lieber keine bösen Absichten, solange wir's nicht genau(er) wissen.

Ich werd' mir das Geld für das Buch allerdings sparen. Lieber 'ne gute Musik-CD/DVD kaufen ;)
" Lieber 'ne gute Musik-CD/DVD kaufen "

oder ein aufklärendes Buch:D
 
Das hat er doch quasi... in dem Zeitungsartikel. O-o-oder ist der Artikel eher Werbung für sein Buch...? :confused:

Okay - unterstellen wir Leuten lieber keine bösen Absichten, solange wir's nicht genau(er) wissen.

Ich werd' mir das Geld für das Buch allerdings sparen. Lieber 'ne gute Musik-CD/DVD kaufen ;)

sieht mir nach werbung aus, dann aber nach wenig gelungener.
seine these wird ja schon deutlich... da hab ich auch kein bedürfnis mehr das buch zu kaufen :-D
 
der sich darüber aufgeregt hat, dass junge Pianistinnen in seiner Meinung nach "geschmacklosen" Kleidern konzertieren würden.

Das Aussehen mag heutzutage eine gewisse Rolle spielen. Wenn der eine MusikerIn 30 Kilo Übergewicht hat, der andere angenehm schlank bzw. schön anzusehen ist, aber beide ähnlich gut spielen: wen wird man engagieren...?

Aber gutes Aussehen ist es nicht alleine: spielen können muß man eben auch. Bzw. sein Fach beherrschen. Ich kann selbst berühmten Boy/Girlgroups nicht vorwerfen, daß sie ihr Metier wie z.B. Gesang nicht beherrscht hätten.

Weiterhin gilt aber: je erfahrener ein Hörer ist, umso mehr blendet er Äußerlichkeiten von vornherein aus.

solange sie wirklich exzellent spielt und nicht, wie es nämlich meist der Fall ist, durch die optische Aufmachung die mangelnde Vermarktbarkeit bzw. den mangelnden künstlerischen Gehalt des eigentlichen Produktes - ihrers Geklimpers - kompensieren will. Erst in letzterem Falle wird ein "gewagtes Kleid" peinlich und ablehnenswert.

Ich stimme zu. Allerdings hat sich gezeigt, wenn z.B. eine Band keine musikalische Kreativität/Innovation über einen längeren Zeitraum hinweg beweist, dann säuft sie halt wieder ab, bzw. verschwindet in der Versenkung.
Das sind dann oft die Eintagsfliegen...
 
Dass Gidon Kremer ein wenig angepisst ist, kann ich ja verstehen. Er merkt, dass seine große Zeit vorbei ist. Auch sein Kumpel Mischa (Maisky) hat früher besser gespielt. Nur Martha ist noch absolute Spitzenklasse.
Herr Kremer stellt fest, dass es eine ganze Reihe erstklassiger Konkurrenten und -innen gibt, die unverschämterweise auch noch richtig hübsch sind. (nein, ich meine nicht Herrn Garrett.) Bei Konzerten hört das Auge mit, das ist so, war so und wird immer so sein. Es ist völlig sinnlos, einen unveränderbaren Sachverhalt zu beklagen.
Im Bereich der Instrumentalsolisten kann ich *im Durchschnitt* keinen Niveauverlust feststellen, im Gegenteil. Nie zuvor wurde *im Durchschnitt* so kompetent geklimpert, gefiedelt und getrötet. (Im Bereich Gesang sieht es anders aus, da ist das Niveau rückläufig)
Das *durchschnittliche Publikum* ist niveau- und kenntnisärmer als früher. Allerdings ist es wesentlich größer als früher, weil heute auch soziale Schichten mit klassischer Musik in Kontakt kommen, die früher keine Gelegenheit dazu hatten (Analogie: Wer machte damals Abitur, wer heute?)
Das heutige Gesamtpublikum in toto ist kaufkräftiger als früher. Diese höhere Gesamtsumme wird heute anders verteilt. Das führt zwangsläufig dazu, dass Herr Kremer mit Musik von Schnittke die Bude trotzdem nicht vollkriegt, Frau Fischer mit Brahms aber sehr wohl. Und Garrett mit Scheiß füllt die Lanxess-Arena.

Conclusio: Nicht das böse Kapital sorgt für die beklagte Verflachung, sondern, quasi als unerwünschte Nebenwirkung, die Demokratisierung unserer Gesellschaft. Tja...
 
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Lieber schmickus,

Im Bereich der Instrumentalsolisten kann ich *im Durchschnitt* keinen Niveauverlust feststellen, im Gegenteil. Nie zuvor wurde *im Durchschnitt* so kompetent geklimpert, gefiedelt und getrötet. (...) Das *durchschnittliche Publikum* ist niveau- und kenntnisärmer als früher. Allerdings ist es wesentlich größer als früher, weil heute auch soziale Schichten mit klassischer Musik in Kontakt kommen, die früher keine Gelegenheit dazu hatten

Da bin ich genau der gleichen Meinung. So schlecht wie zum Teil vor ein paar Jahrzehnten können sich Musiker heute kaum noch leisten, zu spielen. Und damit Referenzen oder Maßstäbe setzen, so wie früher, schon gleich gar nicht.

Heute, nicht zuletzt wohl auch im Zuge der Globalisierung, erwartet man etwas mehr. Ja, und auch klassische Musik muß immer mehr gefallen, und immer mehr Leuten gefallen können.

Meine persönliche Meinung ist: sie ist auf dem Weg dahin. Nicht nur die Technik der bekannten Musiker wird immer besser - auch das musikalische Ausdrucksvermögen.

Das ist auch der wesentliche Schlüssel, daß Klassik zur breiten Masse findet. Ein Konzert "danebendirigieren", auf einem Instrument "irgendwas" zu machen, das reicht nicht mehr für den "großen Wurf".

Natürlich gab's die Könner und gelungenen Aufnahmen auch früher schon. Aber der prozentuale Anteil an schlecht gespielter Klassik wird abnehmen. Da bin ich sicher.
 
Nie zuvor wurde *im Durchschnitt* so kompetent geklimpert, gefiedelt und getrötet.

Tja, Schmicki, da hassu wohl nicht ganz verstanden, was Kremer kritisiert.

Er kritisiert nicht die "Kompetenz" des Musizierens. Sondern das Fehlen echter Künstler.

Es geht also nicht darum, ob jemand virtuos, fehlerfrei oder auch mit großer Sachkenntnis spielen kann. Das können in der Tat sehr viele, und Kremer müßte schon extrem vernagelt sein, um das nicht wahrzunehmen.

Ich dachte eigentlich, Du kennst Dich aus - man muß doch nur an eine x-beliebige Hochschule oder zu einem x-beliebigen Wettbewerb gehen und die ganzen sehr kompetenten Spieler dort anhören und -gucken, dann weiß man doch sofort, welchen Mißstand Kremer meint.

Und wer sagt: "Ja, aber Lang Lang hat doch so eine breite Ausdrucks-, Dynamik- und Klangpalette, wie kann man den denn als zweitrangig bezeichnen", der hat auch nicht verstanden, was es heißt, wirklich künstlerisch auf höchstem Niveau zu spielen.

"Kunst kommt nicht von Können, sondern von Müssen." - Arnold Schönberg

Im Jazz gibt es auch Pianisten, die wesentlich mehr "können" als z.B. Tommy Flanagan, Hank Jones, der jüngst verstorbene Mulgrew Miller oder gar Thelonious Monk - dennoch sind sie deswegen noch lange nicht künstlerisch bedeutender als diese 4.

LG,
Hasenbein
 
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Ich glaube, heute gibt es mehr freie Künstler und Kreativität denn je. Man sieht sie nur nicht. Sehen tut man das (und da hat Hasi nicht Unrecht) was einem gezeigt wird.

Aber warum man da jetzt groß ein Buch drüber schreiben muss, gerade als Pianist, verstehe ich mal gar nicht. Wenn ein freier kreativer Künstler anfängt, über so was nachzudenken (oder gar zu schreiben), hat er doch schon verloren, als erstes sich selbst.
 

Und wer sagt: "Ja, aber Lang Lang hat doch so eine breite Ausdrucks-, Dynamik- und Klangpalette, wie kann man den denn als zweitrangig bezeichnen", der hat auch nicht verstanden, was es heißt, wirklich künstlerisch auf höchstem Niveau zu spielen.

Glaub' mir eins, hasenbein: was das Unterstrichene heißt, davon haben nicht allzu viele Menschen eine Ahnung. Davon können wir, glaube ich, ausgehen.

"Kunst kommt nicht von Können, sondern von Müssen." - Arnold Schönberg

"Kunst kommt aus Technik, Idee und Musikalität." - Dreiklang

Soweit es die Musik angeht.
 
Übrigens, hasenbein: ich bin durchaus der Meinung, daß auch guter Jazz der breiten Masse viel zugänglicher gemacht werden müßte bzw. sollte. Wir reden hier immer über Klassik (oder Pop) - aber Jazz hat was ganz eigenes, unvergleichliches.
 
So schlecht wie zum Teil vor ein paar Jahrzehnten können sich Musiker heute kaum noch leisten, zu spielen. Und damit Referenzen oder Maßstäbe setzen, so wie früher, schon gleich gar nicht. Heute, nicht zuletzt wohl auch im Zuge der Globalisierung, erwartet man etwas mehr. Ja, und auch klassische Musik muß immer mehr gefallen, und immer mehr Leuten gefallen können.

Hallo!
Also die These, daß die Musiker heute immer besser werden, weil sie mehr Leuten gefallen müssen, halte ich doch für gewagt. Der Massengeschmack ist immer niveaulos. Ich meine, wirkliche Kunst wird sich in Zukunft in Nischen abspielen. Die Masse kauft/hört die von der Industrie gepushten "großen Namen", der Kenner und Genießer sucht sich aus den Randsortimenten das Beste raus und pfeift auf Facebook, Grammy und wie der ganze Mist noch heißt.

Wer sind denn Deiner Meinung nach die schlechten Musiker, die sich früher noch rausgetraut haben auf die Bühne und ins Aufnahmestudio und heute dank Globalisierung keine Chance mehr hätten? Stümper wie Schnabel, Michelangeli, Richter, Gilels? Na, ein Glück haben wir heute Lang Lang, da brauchen wir den ollen Plunder nicht mehr zu hören. :D

Gruß,
Cem
 
Lieber Hasi,

mit den "echten Künstlern" ist das so ne Sache. Wer beurteilt das, und nach welchen Kriterien. Man könnte Herrn Kremer so verstehen: "Ich bin ein echter Künstler, aber die meisten von euch, liebe Konkurrenten, nicht!". Das hat einen faden Beigeschmack. Da es heute viel mehr klassische Berufsmusiker gibt als früher, sind natürlich auch viel mehr dabei, die sich nicht "ausdrücken müssen", sondern "ausdrücken können wollen". Von mir aus. Merke ich, gehe ich nicht hin. Der eine oder andere von denen wird auch aus außermusikalischen Gründen kommerziell ausgesprochen erfolgreich werden. Dieses Geld stammt aber von dem Teil des Publikums, den man früher überhaupt nicht mit "Klassik" hätte assoziieren können.
Langer Rede kurzer Sinn: Den "wahren, echten, guten" Künstlern geht nichts verloren.
Herrn Kremer ist etwas verlorengegangen, aber das lag an ihm.
 
Kremer kritisiert ja vor allem auch 2 Sachen, liebe Leute:

1) Dadurch, daß es so viele Musiker gibt heutzutage und auch die Möglichkeiten so groß sind, sich weltweit zu präsentieren, muß jeder immer lauter schreien: "HAAAAAALLLLOOOO! Hier bin IIIIIIHHHIIIICH!!!!! Ich spiele sehr GUUUUUUUHUUUUT und will GIIIIIIGS!" Dies führt dazu, daß Musiker sich zu viel mit Marketingmaßnahmen beschäftigen, aus Angst, sonst irgendein unbekannter Provinzhansel zu bleiben bzw. nicht mehr intensiv die Kunst betreiben zu können, sondern sich mit Unterrichtsjobs über Wasser halten zu müssen.

2) Der durchs globale Wirtschaftssystem bedingte Finanzdruck auf Veranstalter und Festivals wird immer größer, weswegen man es sich immer weniger leisten kann, nach künstlerischen Erwägungen zu gehen, und aus purem Überlebenswillen heraus gezwungen ist, auf "Big Names" (with probably big tits...), "new sensational kids on the block" und publikumswirksamen Kram zu setzen.

Man könnte Herrn Kremer so verstehen: "Ich bin ein echter Künstler, aber die meisten von euch, liebe Konkurrenten, nicht!". Das hat einen faden Beigeschmack.
Den "faden Beigeschmack" hat es nur für den "politisch Korrekten", "Anständigen", der gelernt hat, "daß man sich selbst nicht lobt bzw. gegenüber andern erhebt".
Objektiv betrachtet hat Kremer jedoch einfach Recht, peng, aus. (Und ich bin übrigens kein Kremer-Fan, ich stehe auf seinen Sound eigentlich gar nicht.)

LG,
Hasenbein
 
Ich habe den Faden mitverfolgt und frage mich: Was ist überhaupt ein "Künstler"? Die Bezeichnung wird hier so selbstverständlich angeführt, dass mir vielleicht einer mal erklären kann, was dahinter steckt.

LG, Sesam
 
Wer sind denn Deiner Meinung nach die schlechten Musiker, die sich früher noch rausgetraut haben auf die Bühne und ins Aufnahmestudio und heute dank Globalisierung keine Chance mehr hätten?

Ich möchte da keine Namen (auch keine Aufnahmen) nennen. Was meinst Du, wohin das führen würde...


Dazu könnte man auch etwas sagen, aber... nicht hier.

Und Karl Valentin sagte: "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit"

Die Kunst dabei ist es, nichts mehr auch nur ansatzweise noch nach "Arbeit" klingen zu lassen :D:D:D
 
Hallo!
Also die These, daß die Musiker heute immer besser werden, weil sie mehr Leuten gefallen müssen, halte ich doch für gewagt. Der Massengeschmack ist immer niveaulos. Ich meine, wirkliche Kunst wird sich in Zukunft in Nischen abspielen. Die Masse kauft/hört die von der Industrie gepushten "großen Namen", der Kenner und Genießer sucht sich aus den Randsortimenten das Beste raus und pfeift auf Facebook, Grammy und wie der ganze Mist noch heißt.

Wer sind denn Deiner Meinung nach die schlechten Musiker, die sich früher noch rausgetraut haben auf die Bühne und ins Aufnahmestudio und heute dank Globalisierung keine Chance mehr hätten? Stümper wie Schnabel, Michelangeli, Richter, Gilels? Na, ein Glück haben wir heute Lang Lang, da brauchen wir den ollen Plunder nicht mehr zu hören. :D

Gruß,
Cem
Vermutlich ist es viel schwerer, Prophet zu spielen, als manche es hier wahrhaben wollen. Wo nämlich große Namen "von der Industrie gepusht" werden, sind auch die Halbwertszeiten vieler Karrieren entsprechend kurz: Schnell oben und schnell wieder verschwunden. Genau diese Kurzlebigkeit stört sehr viele der erwähnten Kenner und Genießer - die dann wiederum gezielter Ausschau nach wirklich zeitloser Spitzenqualität halten. Auch diese gibt es auf YouTube, Facebook & Co., allerdings sollte man an der "richtigen" Stelle fündig werden können, indem man gekonnt selektiert, statt sich durch die gigantische Materialfülle erschlagen zu lassen. Während für den Künstler früherer Zeiten die Selbstfinanzierung des Tonträgerdebüts erst unbezahlbar, dann (noch zu meiner Studienzeit) eine Langzeitinvestition war, lässt sich heute billigst etwas auf den Markt werfen - aber dadurch ist auch die Fülle an Angeboten unüberschaubar riesig geworden. Demnach muss vieles noch überlegter an bestimmten Stellen des Marktes platziert werden, damit es sich vom sogenannten Mainstream abhebt. Und populärere Namen gibt es selbst im wahrlich nicht massenkompatiblen Neue-Musik-/Avantgarde-Geschäft, wenn man von Penderecki über Rihm bis Widmann kursorisch über den Markt schaut.

Das Interesse an Zeitlosem und Beständigem ist ungebrochen - sonst gäbe es längst keine Nachfrage mehr nach historischen Interpretationen, egal, wie groß die tontechnischen Mängel bei selbigen sind. Der Konkurrenzkampf ist sicherlich zusehens härter geworden, obwohl der qualitätsorientierte Teil des Marktes möglicherweise kaum gewachsen ist. Und ob gewaltige Steigerungen des Qualitätsstandards da noch möglich sind, wo die Luft ohnehin schon am dünnsten geworden ist - das möchte ich persönlich doch stark bezweifeln.

LG von Rheinkultur
 

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