Wo platziert ihr Euer Mikro

A

agerer

Guest
Hallo,
ich hab zum Aufnehmen vom Klavier (teilweise auch mit Gesang) den Handyrekorder Zoom H2 mit eingebautem Stereomikro, das auf 90° und 120° einstellbar ist.

Meine Frage:
WO platziert ihr Euer Mikro bzw. Gerät?

Gruß Sebastian
 
Ich habe auch das H2 und das steht bei mir normalerweise rechts unten vor dem Klavier auf dem Boden. Die große untere Klappe mache ich dabei immer vorher auf, sodass das Mikrofon direkt vor den Saiten steht. Ich habe mit vielen Einstellungen und Positionen experimentiert und das schien mir so am besten. Schlimm war es immer, wenn ich mehr als ein, zwei Meter vom Klavier weggegangen bin, denn dann bekam ich immer Klangbrei.

Um für dich die beste Position zu finden, wirst du aber wahrscheinlich selbst noch experimentieren, denn jeder Raum ist ja ein bisschen anders.
 
Ich hab zwei separate Mikrofone, die stehen 1,5 m vom Flügel entfernt schräg hinter mir auf einem niederen Tischchen. Näher geht kaum, da es sonst aufgrund der Lautstärke unschöne Verzerrungen gibt.
 
Hallo,
Ich platziere die Micros wie im Ton-Studio und denke dabei gar nicht lange nach, warum die das so machen.;)

Es klingt jedenfalls gut:cool:

Sie hängen die Dinger in den Flügel - eines im Bassbereich und eines im Diskant - etwa 30-40cm von den Saiten entfernt bei offenen Flügeldeckel natürlich. Dazu gibts im Raum ein zusätzliches Micro, zum abmischen - das spar ich mir, denn dazu habe ich nicht genügend Eingänge und keine so aufwendige Mischmaschine.

LG
Michael
 
Ein paar (wenige) Hinweise:

Die Mikrofonposition muss man abhängig machen vom gewünschten Klangbild. Hier kann man einen sehr direkten Klang oder einen eher räumlichen Klang erzielen. Direkt über den Saiten klingt der Flügel sehr hart, und man bekommt sehr wenig von der "hölzernen" Färbung des Tones mit. Zudem hört man Geräusche der Mechanik übernatürlich laut (auch die Dämpfung kann dann störend als "Geräusch" in Erscheinung treten). Hier muss man immer sehen, wozu man die Klavieraufnahme braucht. Soll es ein harter, perkussiver Klang (Rockpiano) sein, dann ist diese Aufnahmeposition ideal. Wenn man diese Aufnahme nun in einen Song einmischt, so hört man die Nachteile (s.o.) des Aufnahmeverfahrens nicht.

Klassische Musik, oder Jazz (oder wie auch immer man die Stile bezeichen will, in denen der natürliche Klang des Instrumentes eine Rolle spielt) erfordert andere Herangehensweisen. Man muss immer bedenken, dass das Klavier (der Flügel) einen Resonanzboden hat, der den Klang (in erster Linie) abstrahlt und ihm eine gewisse Eigenfärbung hinzu gibt. Man kann sein Ohr über den Resonanzboden halten und jemand bitten, ein paar Töne (bitte leise!) anzuschlagen, und man wird einen gänzlich anderen Klang vernehmen, als den, den man als Spieler kennt. Auch der Klang als Zuhörer ist gänzlich anders, als der Klang, den der Spieler hört. Man kann sich auch mal unter den Flügel setzen und jemanden spielen lassen. Hier gibt es wieder einen ganz anderen Klang, als den, den der Spieler (bei geöffnetem Flügel) hört, und auch der Zuhörer hört einen anderen Klang als der Hörer, der unter dem Flügel sitzt.

Fazit: das Instrument klingt im Raum, die Klangausbreitung im Raum ist Teil des gewohnten Klanges. Daher muss man bei "natürlich" klingenden Aufnahmen auch versuchen, das Instrument mit dem Raum einzufangen. Da stößt man an Grenzen, wenn der Raum nicht gut klingt. Das ist vor allem der Fall, wenn der Raum zu klein ist (klingt dann "topfig"). In normalen Wohnräumen kann man aber schon eine gute Aufnahe erzielen, wenn der Raum gut bedämpft ist (nicht zu viele Reflektionen).

Hochwertige Klassik-Aufnahmen werden zumeist in großen Räumen durchgeführt. Mit mindestens vier Mikrofonen kann man sehr gute Ergebnisse erreichen. Zwei Mikrofone stehen relativ dicht am Flügel (in etwa 1.5 bis 2 Metern Höhe) vor dem geöffneten Deckel, in ein, zwei, drei Metern Entfernung (hängt von der Raumgröße ab---> je größer der Raum, desto weiter können die Mikros entfernt sein, weil dann die erste schallstarke Reflektion keine große Rolle spielt). Weitere Mikrofone kann man je nach Größe des Raumes in einiger Entfernung aufstellen und dazu mischen (am besten mit Korrektur der Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Mikrofonpaaren, aber bei nicht zu großem Abstand geht es auch "ohne"). Mit den Raummikrofonen mischt man der Aufnahme den gewünschten "Hallanteil" dazu.

Hat man nur zwei Mikrofone, so geht das auch, dann muss man mit umfangreichen Versuchen einen Platz finden, bei dem die Mischung zwischen direktem Signal und Hall ausgewogen ist. Das Problem hierbei ist, dass man das Verhältnis später nicht mehr ändern kann.

Hallgeräte bzw. -algorithmen sind auch eine Option und es gibt gute Ansätze, die sehr natrülich klingen können, aber das sprengt jetzt den Rahmen.

Zu den Mikrofonen: wenn man wirklich tolle Klavieraufnahmen machen möchte, sollte man unbedingt Mikrofone mit Kugelcharakteristik wählen. Dabei meine ich nicht Mikrofone, die eine umschaltbare Charakteristik haben, und neben Niere und Acht auch noch Kugel beherrschen, sondern echte Kugelmikrofone (Druckempfänger). Die haben die beste Wiedergabe von tiefen Frequenzen, und das spielt bei Klavieren eine große Rolle. Hinzu kommt, das Kugelmikrofone ohnehin in alle Richtungen "hören" und somit von vornherein mehr Raumklang aufnehmen, was der Natürlichkeit der Aufnahme zugute kommt.

Über dieses Thema könnte man Bände schreiben, aber ein paar Hinweis helfen vielleicht, zum eigenen Experimentieren anzuregen.

Wenn man Mikrofone positionieren will, ist es gut, wenn man jemanden hat, der das Instrument spielt, während man im Raum umher läuft. Es gibt immer Orte, an denen alles gut klingt, und aber auch das Gegenteil, dass bestimmte Töne "matschig" klingen, oder irgendwas dröhnt bzw. unnatürlich überzogen ist. Man muss vor allem auch sein Gehör trainieren, indem man auf die Details achtet, wie z.B. den Nachhall (bzw. "Ambience" in kleinen Räumen), den der eigene Aufnahmeraum produziert.

Instrumente klingen gut, wenn sie frei im Raum stehen (die erste schallstarke Reflektion benötigt dann einige Zeit, bis sie zum Ohr (oder Mikrofon) gelangt). Steht ein Flügel direkt an einer Wand, so wird er immer matschig klingen, weil die Wand dann sofort den Schall reflektiert und diese Eigenfärbung aufgrund der zeitlichen Nähe der beiden Schallereignisse nicht vom Ohr getrennt werden kann. Wenn es nicht anders geht, so müsste man diese Wand stark dämpfen, damit sie möglichst keinen Schall reflektiert. Bei einem Klavier, was direkt gegen die Wand gestellt ist (wie zumeist), tritt der Effekt nicht so stark zutage. Der Schall wird hier nicht von der Wand reflektiert, sondern absorbiert (das Klavier hat den Resonanzboden hinten, strahlt also direkt gegen die Wand, der Flügel strahlt nach oben und unten, der nach unten gerichtete Schall wird vom Boden reflektiert und zur Wand geworfen und dort wieder reflektiert, was die erste schallstarke Reflektion darstellt), bzw. er kommt nur sehr stark gedämpft hinter dem Klavier hervor. Arbeitet man hier mit zwei schönen Kugelmikrofonen von oben, kann man trotzdem einen relativ guten Klang erzielen. Es wird aber trotzdem nicht so gut klingen, wie eine schöne Aufnahme in einem großen Raum, mit frei stehendem Instrument (egal ob Klavier oder Flügel).
 
Hallo jensen1,

vielen Dank für diese sehr interessanten Infos! Ich hab mich mit der Thematik eigentlich noch garnicht ernsthaft befaßt, es klingt für mich aber sehr einleuchtend, was du schreibst. Hast du schonmal als Toningenieur gearbeitet?

Gruß
Haydnspaß
 

Hallo jensen,

Frage an den Fachmann:

da Du Dich offensichtlich etwas auskennst - kannst Du gute Kugelmikrophone empfehlen (vielleicht sogar differenziert in low-/mid-/high-budget)?

Liebe Grüße
Wolfgang

Zu den Mikrofonen: wenn man wirklich tolle Klavieraufnahmen machen möchte, sollte man unbedingt Mikrofone mit Kugelcharakteristik wählen. Dabei meine ich nicht Mikrofone, die eine umschaltbare Charakteristik haben, und neben Niere und Acht auch noch Kugel beherrschen, sondern echte Kugelmikrofone (Druckempfänger). Die haben die beste Wiedergabe von tiefen Frequenzen, und das spielt bei Klavieren eine große Rolle. Hinzu kommt, das Kugelmikrofone ohnehin in alle Richtungen "hören" und somit von vornherein mehr Raumklang aufnehmen, was der Natürlichkeit der Aufnahme zugute kommt.
Frage an den Fachmann:
 
Dann ist es ja wirklich blöd, dass ich mir gerade eben erst ein Stereo-Paar Mikrofone mit Nierencharakteristik bestellt habe... :(

Fips
 
Ich nutze für Klavieraufnahmen gern meine älteren Gefell MV692 mit M93 Kapseln. Die bekommt man mit etwas Geduld auch gebraucht relativ günstig. Der Nachteil ist hierbei, dass man die Kapseln immer überholen und als Stereopaar selektieren lassen muss, denn die Membranen altern und sind nach 30-40 Jahren der Nutzung insbesondere als Stereopaar nicht mehr ganz zuverlässig. Diese Mikros sind auf jeden Fall ein sehr guter Einstieg in die Profiliga, für überschaubares Budget. Mit Neumann KM 183 habe ich auch gearbeitet und sehr gute Ergebnisse erzielt. Die sind etwas rauschärmer als die älteren Gefells, aber man muss erstmal einen Aufnahmeraum haben, der dieses Maß an Stille mitbringt, als dass man den Vorteil auspielen könnte.

Mit den preiswerten Varianten (Oktava u.ä.) habe ich keine Erfahrungen. Aber Oktava bietet z.B. auch Kleinmembran-Mikrofone mit Kugelcharakteristik als Stereopaar an. Könnte man durchaus in Erwägung ziehen, denn ich habe schon viel Gutes über diese Mikros gehört. Ein bischen Geld muss man schon in die Hand nehmen, wenn man sehr gute Qualität möchte. Es muss nicht Neumann sein, aber viele Elektretmikros fallen im Vergleich zu prof. Mikros stark ab. Wenn man die Aufnahme 1:1 vergleicht, ist es, als würde plötzlich ein Schleier von den Boxen genommen. Wenn ich Zeit habe, mache ich mal ein paar Demonstrationsaufnahmen.

Ich nehme für Klavieraufnahmen immer Kleinmembranmikrofone, da diese neutraler klingen, vor allem auch was den seitlich eintreffenden Schall angeht.

Dann ist es ja wirklich blöd, dass ich mir gerade eben erst ein Stereo-Paar Mikrofone mit Nierencharakteristik bestellt habe...

Kein Grund zur Panik. Mit Nieren kann man auch sehr gute Aufnahmen machen. Hier arbeite ich z.B. gern mit der ORTF-Anordnung auf einer Stereoschiene. Das ergibt auch einen natürlichen Klang, aber es fehlt in der Basswiedergabe etwas im Vergleich zu Kugeln.
 
Ich habe auch Interesse an Mikrofonen, die zur Abnahme von Klavieraufnahmen dienen. Ich habe da mal bei Thomann gesucht und bin auf diese hier gestoßen:

https://www.thomann.de/de/rode_nt_5.htm

Preislich darf es keinenfalls mehr sein. Es ist ja auch nur hobbymäßig und die Aufnahmen finden keinerlei kommerzielle Verwendung.

Was haltet ihr denn von diesem Stereomikrofonset?

Die Aufnahmen von Gitarre hören sich nicht schlecht an, aber kann man auch wirklich davon ausgehen, dass sie mit diesem Mikrofon aufgenommen wurden?
 
Bestell Dir die Mikrofone einfach und probiere sie aus. Thomann ist ein seriöser und kulanter Händler, Du kannt die Mikrofone problemlos zurück geben, wenn Du nicht damit zufrieden bist.

Das sind Kleinmembran-Kondensatormikros, durchaus nicht in der untersten Preiskategorie. Zudem hat Rode sich im Homerecording-Bereich einen guten Namen gemacht.

Bei den Mikros der Premium-Klasse erkauft man sich das letzte bischen Verbesserung mit sehr viel Geld. Zudem: was ist gut, was ist schlecht? Ein klanglich neutrales Mikro kann subjektiv schlecht klingen, weil es von der Abstimmung her nicht mit der Schalquelle harmoniert. Ein objektiv verfärbt klingendes Mikrofon kann dann in dieser Situation subjektiv besser empfunden werden. Es gibt sehr teure Mikrofone, die verfärbt klingen.

Ich mag die Flexibilität, die ein Kleinmembransystem mit wechselbaren Kapseln mit sich bringt. Das wäre evtl. nochmal eine Möglichkeit, wo man schauen kann, ob es das von Rode gibt (keine Ahnung). Selbst wenn man erstmal nur Nieren kauft, so hat man dann trotzdem noch die Möglichkeit, ein zweites Kapselpaar später dazu zu kaufen.

Edit: Das NT-5 lässt sich offenbar mit anderen Kapseln bestücken: https://www.thomann.de/de/rode_nt450.htm
Großes Lob an Rode!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Super - Da hattest Du aber einen trockenen Urlaub

Das Schlüsselerlebnis in dieser Hinsicht war, dass ich meine Brille - wie gewohnt - durch Anhauchen und nachfolgendes Wischen putzen wollte. Aber es kam einfach kein Hauch...... Nachts 25°C, am Tag 38°C, den letzten Tag ging es mal auf 46°C hoch. Wäre ich ein Klavier, hätte ich womöglich irgendwo Risse bekommen, aber so ist alles heil geblieben.:D
 

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