Ein paar (wenige) Hinweise:
Die Mikrofonposition muss man abhängig machen vom gewünschten Klangbild. Hier kann man einen sehr direkten Klang oder einen eher räumlichen Klang erzielen. Direkt über den Saiten klingt der
flügel sehr hart, und man bekommt sehr wenig von der "hölzernen" Färbung des Tones mit. Zudem hört man Geräusche der Mechanik übernatürlich laut (auch die Dämpfung kann dann störend als "Geräusch" in Erscheinung treten). Hier muss man immer sehen, wozu man die Klavieraufnahme braucht. Soll es ein harter, perkussiver Klang (Rockpiano) sein, dann ist diese Aufnahmeposition ideal. Wenn man diese Aufnahme nun in einen Song einmischt, so hört man die Nachteile (s.o.) des Aufnahmeverfahrens nicht.
Klassische Musik, oder Jazz (oder wie auch immer man die Stile bezeichen will, in denen der natürliche Klang des Instrumentes eine Rolle spielt) erfordert andere Herangehensweisen. Man muss immer bedenken, dass das Klavier (der Flügel) einen Resonanzboden hat, der den Klang (in erster Linie) abstrahlt und ihm eine gewisse Eigenfärbung hinzu gibt. Man kann sein Ohr über den Resonanzboden halten und jemand bitten, ein paar Töne (bitte leise!) anzuschlagen, und man wird einen gänzlich anderen Klang vernehmen, als den, den man als Spieler kennt. Auch der Klang als Zuhörer ist gänzlich anders, als der Klang, den der Spieler hört. Man kann sich auch mal unter den Flügel setzen und jemanden spielen lassen. Hier gibt es wieder einen ganz anderen Klang, als den, den der Spieler (bei geöffnetem Flügel) hört, und auch der Zuhörer hört einen anderen Klang als der Hörer, der unter dem Flügel sitzt.
Fazit: das Instrument klingt im Raum, die Klangausbreitung im Raum ist Teil des gewohnten Klanges. Daher muss man bei "natürlich" klingenden Aufnahmen auch versuchen, das Instrument mit dem Raum einzufangen. Da stößt man an Grenzen, wenn der Raum nicht gut klingt. Das ist vor allem der Fall, wenn der Raum zu klein ist (klingt dann "topfig"). In normalen Wohnräumen kann man aber schon eine gute Aufnahe erzielen, wenn der Raum gut bedämpft ist (nicht zu viele Reflektionen).
Hochwertige Klassik-Aufnahmen werden zumeist in großen Räumen durchgeführt. Mit mindestens vier Mikrofonen kann man sehr gute Ergebnisse erreichen. Zwei Mikrofone stehen relativ dicht am Flügel (in etwa 1.5 bis 2 Metern Höhe) vor dem geöffneten Deckel, in ein, zwei, drei Metern Entfernung (hängt von der Raumgröße ab---> je größer der Raum, desto weiter können die Mikros entfernt sein, weil dann die erste schallstarke Reflektion keine große Rolle spielt). Weitere Mikrofone kann man je nach Größe des Raumes in einiger Entfernung aufstellen und dazu mischen (am besten mit Korrektur der Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Mikrofonpaaren, aber bei nicht zu großem Abstand geht es auch "ohne"). Mit den Raummikrofonen mischt man der Aufnahme den gewünschten "Hallanteil" dazu.
Hat man nur zwei Mikrofone, so geht das auch, dann muss man mit umfangreichen Versuchen einen Platz finden, bei dem die Mischung zwischen direktem Signal und Hall ausgewogen ist. Das Problem hierbei ist, dass man das Verhältnis später nicht mehr ändern kann.
Hallgeräte bzw. -algorithmen sind auch eine Option und es gibt gute Ansätze, die sehr natrülich klingen können, aber das sprengt jetzt den Rahmen.
Zu den Mikrofonen: wenn man wirklich tolle Klavieraufnahmen machen möchte, sollte man unbedingt Mikrofone mit Kugelcharakteristik wählen. Dabei meine ich nicht Mikrofone, die eine umschaltbare Charakteristik haben, und neben Niere und Acht auch noch Kugel beherrschen, sondern echte Kugelmikrofone (Druckempfänger). Die haben die beste Wiedergabe von tiefen Frequenzen, und das spielt bei Klavieren eine große Rolle. Hinzu kommt, das Kugelmikrofone ohnehin in alle Richtungen "hören" und somit von vornherein mehr Raumklang aufnehmen, was der Natürlichkeit der Aufnahme zugute kommt.
Über dieses Thema könnte man Bände schreiben, aber ein paar Hinweis helfen vielleicht, zum eigenen Experimentieren anzuregen.
Wenn man Mikrofone positionieren will, ist es gut, wenn man jemanden hat, der das Instrument spielt, während man im Raum umher läuft. Es gibt immer Orte, an denen alles gut klingt, und aber auch das Gegenteil, dass bestimmte Töne "matschig" klingen, oder irgendwas dröhnt bzw. unnatürlich überzogen ist. Man muss vor allem auch sein Gehör trainieren, indem man auf die Details achtet, wie z.B. den Nachhall (bzw. "Ambience" in kleinen Räumen), den der eigene Aufnahmeraum produziert.
Instrumente klingen gut, wenn sie frei im Raum stehen (die erste schallstarke Reflektion benötigt dann einige Zeit, bis sie zum Ohr (oder Mikrofon) gelangt). Steht ein Flügel direkt an einer Wand, so wird er immer matschig klingen, weil die Wand dann sofort den Schall reflektiert und diese Eigenfärbung aufgrund der zeitlichen Nähe der beiden Schallereignisse nicht vom Ohr getrennt werden kann. Wenn es nicht anders geht, so müsste man diese Wand stark dämpfen, damit sie möglichst keinen Schall reflektiert. Bei einem Klavier, was direkt gegen die Wand gestellt ist (wie zumeist), tritt der Effekt nicht so stark zutage. Der Schall wird hier nicht von der Wand reflektiert, sondern absorbiert (das Klavier hat den Resonanzboden hinten, strahlt also direkt gegen die Wand, der Flügel strahlt nach oben und unten, der nach unten gerichtete Schall wird vom Boden reflektiert und zur Wand geworfen und dort wieder reflektiert, was die erste schallstarke Reflektion darstellt), bzw. er kommt nur sehr stark gedämpft hinter dem Klavier hervor. Arbeitet man hier mit zwei schönen Kugelmikrofonen von oben, kann man trotzdem einen relativ guten Klang erzielen. Es wird aber trotzdem nicht so gut klingen, wie eine schöne Aufnahme in einem großen Raum, mit frei stehendem Instrument (egal ob Klavier oder Flügel).