Wo ist der Daumen beim Klavierspielen?

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In letzter Zeit mache ich mir vermehrt Gedanken darüber, wo eigentlich die optimale Position des Daumens beim Spielen ist. Üblicherweise wird ja immer gesagt, die Finger (also 2-5) sollen "rund" sein - so daß die Fingerspitzen etwa in einer Linie liegen. Wenn man nun die Hand so weit vorschiebt, daß die Daumenspitze auf der zugehörigen Taste liegt, bekommt man diese typische Klavierstundenhaltung, die in den meisten Klavierschulen abgebildet ist und die auch von den meisten Klavierlehrern propagiert wird.

Ich komme nun allerdings mehr und mehr zu der Überzeugung, daß die angenehmere (und bessere!) Position der Hand viel weiter hinten ist - also mehr in Richtung des Spielers. Die Finger (2-5) sind dann mehr gestreckt und der Daumen befindet sich... in der Luft! Also nicht über den Tasten!

Wollte meine Erfahrung / Überlegung einfach mal so in den Raum stellen. Vielleicht hat sich ja der eine oder die andere auch schon Gedanken über die Daumenposition gemacht...?
 
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Vielleicht hat sich ja der eine oder die andere auch schon Gedanken über die Daumenposition gemacht...?
Ja! :D

Reden wir über die Profis, die eh machen, was sie wollen und sich nicht um Lehrmeinungen (drittklassiger Klavierlehrer) scheren? Oder über das, was unsere Klavierschüler "dürfen"? :D

Um es vorwegzunehmen: Ich lasse meinen Schülern erst einmal Freiheiten bei der Haltung und Positionierung der Hand und greife erst in Extremfällen ein, oder wenn es mit der vom Schüler bevorzugten Haltung nicht klappen will.

Was ich jedoch empfehle - und worauf ich auch (in subtiler Weise bei meinen Schülern) hinarbeite: möglichst viel Tastenkontakt mit den Fingern aufzubauen, weil dies generell die Griffsicherheit erhöht. Wenn 2-3-4 ganz dicht vor den schwarzen Tasten liegen, ist der Weg auf die schwarzen Tasten nicht weit, und die Daumenspitze müßte dann ebenfalls auf der Taste ruhen. Wenn sich bei dieser Haltung die Finger in ihren vorderen Gliedern leicht biegen, ist dies nur von Vorteil, weil die Bewegungsrichtung (auch für den Schüler deutlicher spürbar) in die Vertikale geleitet wird.

Wie schon gesagt: Je besser der Tastenkontakt (auch des Daumens) ist, desto sicherer gelingen die Bewegungsabläufe. Auch beim Daumenuntersatz bemühe ich mich zunächst, den Daumen über die Tasten zu schieben, weil mir der dauernde Tastenkontakt ein besseres Gefühl für die Wegstrecke vermittelt. Im schnelleren Tempo wird der Daumen sich dann sicherlich von den Tasten lösen (je weniger, desto besser).
 
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Auf die fehlerhafte Haltung (Daumen in der Luft) hat mich mein KL aufmerksam gemacht. Da der Daumen und der kleine Finger sogenannte Stützfinger sind, muss ich immer darauf achten, dass diese beiden Finger AUF den Tasten liegen. Ich hatte besonders beim Takt 17, Czerny Nr. 6, Schule der Geläufigkeit Schwierigkeiten, den Daumen ruhig liegen zu lassen(cis, e, f, g mit dem Fingersatz 2, 3, 4, 5). Geholfen hat mir dabei der Tipp, dass ich mir vorstellen soll, gleichzeitig mit dem 3. Finger auch den Daumen anzuschlagen.
Um die Geschwindigkeit leichter bewältigen zu können, ist die korrekte Haltung wichtig, was sich - zumindest bei mir - bestätigt hat.
 
Ja! :D

Reden wir über dieProfis, die eh machen, was sie wollen und sich nicht um Lehrmeinungen (drittklassiger Klavierlehrer) scheren? Oder über das, was unsere Klavierschüler "dürfen"? :D

Na, wenn es einen Unterschied zwischen Profis und Klavierschülern gibt, dann würde mich halt eher interessieren, wie's die Profis machen. Es muß ja einen Grund geben, warum die einen den Sprung aufs Podium geschafft haben und die anderen nicht. Und zwar nicht der, daß das Podium zu hoch ist... 8)
 
Es muß ja einen Grund geben, warum die einen den Sprung aufs Podium geschafft haben und die anderen nicht. Und zwar nicht der, daß das Podium zu hoch ist... 8)
Sehr schön formuliert! (Aber ob's allein an der Haltung des Daumens liegt?):D

Ich denke, es hängt einzig und allein von den pianistischen Erfordernissen ab: Scarlatti und Mozart-Figurationen spiele ich mit möglichst dichtem Tastenkontakt (auch des Daumens). Je großräumiger die Figurationen werden (z.B. Skriabin), desto mehr wird sich auch der Daumen von der Tastatur lösen, da Sprünge sinnvollerweise bogenförmig (in einer Bewegung) absolviert werden und nicht in der Arbeitsweise eines "Portalkrans" (Last anheben, über die Tasten verschieben, Last absenken).

PS: Es haben sich auch schon welche beim Sprung auf's Podium die Hand verstaucht - und haben dann den Beruf des Klavierlehrers ergriffen. :D
 
Ich komme nun allerdings mehr und mehr zu der Überzeugung, daß die angenehmere (und bessere!) Position der Hand viel weiter hinten ist - also mehr in Richtung des Spielers. Die Finger (2-5) sind dann mehr gestreckt und der Daumen befindet sich... in der Luft! Also nicht über den Tasten!

Woher weisst du, wie ich klavierspiele? :D

Im Ernst: ich bin genau derselben Überzeugung. Ich spiele exakt so, und das hats gebracht. Ich hatte jahrelang bei einem Lehrer Unterricht, der wollte was ganz anderes, nämlich runde Finger und son Zeugs. Er selber hat zwar auch mit eher flachen Händen gespielt, aber immer behauptet, das sehe nur so aus, er spiele eigentlich mit runden Fingern... ;)

Anyway, ich habe dann erst bei meiner letzten Lehrerin endlich die Freigabe (und den Befehl) bekommen, geradere Finger zu machen. Was ich gerne tat und technisch wie klanglich gesehen innert kürzester Zeit riesige Fortschritte machte. Weil ich so spielen konnte wie ich eigentlich immer wollte vom Bewegungsgefühl her.

Ich bin auch dafür, dass man nicht per se sagen kann, was die beste Haltung ist. Jede Hand ist etwas anders.
Interessant ist aber schon, dass die meisten richtig guten Klavierspieler, die ich kenne (berühmte und weniger berühmte), eher gerade Finger und Daumen in der Luft haben als runde Finger und Daumen auf der taste (wer macht denn sowas, ausser der Daumen spielt gerade einen Ton?).
Daher glaube ich, dass geradere Finger besser sind.
Ganz einfach, weil kein Profi so blöd wäre, nicht das Bessere machen zu wollen.

Dazu ist noch eine ganz einfache mechanisch-physikalische Anmerkung:
Ein Finger in Ruhestellung (vor allem der Daumen, der so wichtig ist) bringt in der Luft mehr, weil er schon oben ist und nicht erst aufgezogen werden muss, um spielen zu können. Ein entscheidender Faktor in puncto Zeit, Geschwindigkeit, Differenzierung.

Meine Finger sind immer (in Ruhestellung = gerade einen Sekundenbruchteil nichts zu tun) oben weil bereit.

Vielleicht muss man noch definieren: In der Luft heisst: nicht die Tasten berührend. Alle meine Finger sind jedoch (von oben betrachtet) über den Tasten, d.h. sie würden auf die Tasten fallen, wenn man sie losliesse. Der Daumen ist aber nahe am Ende der Tasten, bisweilen (zB man spielt "weisse" Passagen) kann der Daumen auch über dem Boden hängen, aber immer höher als die Tastenfläche, nie gleich tief oder tiefer.
Spiele ich schwarzen Passagen (zB Chopin "Black Keys"), dann ist der Daumen natürlich weiter innen.
 
Ich denke, es hängt einzig und allein von den pianistischen Erfordernissen ab: Scarlatti und Mozart-Figurationen spiele ich mit möglichst dichtem Tastenkontakt (auch des Daumens). Je großräumiger die Figurationen werden (z.B. Skriabin), desto mehr wird sich auch der Daumen von der Tastatur lösen, da Sprünge sinnvollerweise bogenförmig (in einer Bewegung) absolviert werden und nicht in der Arbeitsweise eines "Portalkrans" (Last anheben, über die Tasten verschieben, Last absenken).

Ja.

PS: Es haben sich auch schon welche beim Sprung auf's Podium die Hand verstaucht - und haben dann den Beruf des Klavierlehrers ergriffen. :D

Kenne eine (ehem. Studienkollegin), die hat immer mit relativ hohen Heels Konzerte gegeben. Was ich an sich schon einen Blödsinn finde (Pedal? Standfestigkeit? einzige Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erzielen?).
Anyway: Einmal hat sie im Konservatorium gespielt (Klassenvorspiel) und dort hatte es alte Teppiche. Da hats die auf dem Weg zum Flügel schön der Länge nach auf die Fr..... geknallt.
Wie sie heute spielt, weiss ich nicht, habe nach dem Studium nie mehr was gehört.
 
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Meine (sich in den letzten Zeiten öfters wandelnde) Meinung zur Handhaltung:

Verschiedene Klänge erfordern verschiedene Handhaltungen sowie Fingerpositionen und Anschlagsarten. Hängt alles miteinander zusammen.

Wenn ich gesanglich im legatissimo, weich und offen spielen möchte, werde ich bestimmt nicht nur mit den Fingerspitzen über die Tasten flitzen, dann kommt bestenfalls ein glitzerndes Leggiero raus, aber kein legato.
Dafür muss ich, wie kölnklavier schreibt, sehr guten Tastenkontakt haben und, wie meine Lehrerin immer sagt, eine "ideale Position" der Finger zum Anschlagen der Taste.
Das heißt, ich spiele die schwarzen Tasten nicht auf der vordersten Spitze, sondern weiter hinten, wo ich eine gute Auflagefläche habe.

Und wenn man sich die Oktavläufe mancher Pianisten anschaut, sieht man, dass auch manchmal eine ziemlich fixierte, ja starre Hand sinnvoll zum Einsatz kommen kann.
Genauso wie eine flache oder eine runde...
Womit sich eigentlich für mich die Daumen-Frage erübrigt.
SChließlich hängt der Daumen an der Hand dran und bewegt sich mit rein und raus...

Liebe Grüße
 
Sehe und handhabe es ähnlich wie Stilblüte.

D.h., meine Handposition in die Tasten rein oder mehr vorne wechselt, und normalerweise versuche ich, alle Finger nicht weit von den Tasten zu lassen.

Es gibt aber Fälle, wo ich (bzg. jeder) keine andere Chance habe, als die Daumen vor den Tasten quasi runterhängen zu lassen (oder in Tastenhöhe). Nämlich bei Tastaturen mit historischen Mensuren, wie z.B. Clavichord oder alten Orgeln. Dort ist es nämlich so, dass die Tasten drastisch kürzer sind, ich glaube mich an 7cm zu erinnern bei einem historischen Clavichord (hatte mal im Sinn, einen Bausatz zuzulegen, aber wegen dieser Stummeltasten verworfen). Dies bedeutet, dass die weißen Tasten gerade mal so ca. 2 cm oder so vor den schwarzen Tasten vorstehen. Von daher ist es klar, dass man in frühbarocker Zeit mehr oder weniger ohne Daumen spielen musste, die hingen eben vor der Tastatur so vor sich hin :)
 
Grundsätzlich befindet sich meine Hand relativ weit draußen, gerade mal die vorderen Glieder von Daumen und kleinem Finger sind über den Tasten, die anderen Finger sind natürlich weiter drin, ich kann aus dieser Position ohne Probleme die schwarzen Tasten mit den Fingerkuppen der mittleren Finger erreichen. In extremen Lagen muß natürlich Daumen oder kleiner Finger etwas weiter in die Tasten, damit der andere Finger auch noch drauf kommt.

Die Handposition richtet sich anscheinend nach dem Daumen, der immer gerade so weit in die Tasten hineinreicht, wie nötig. Davobn abgesehen sind Daumen und kleiner Finger für mich die Orientierung. Wenn einer von beiden außer Kontrolle ist, spiele ich deutlich unsicherer. Für mich wäre es also theoretisch optimal, immer mit beiden Fingern Tastenkontakt zu haben, was natürlich nicht immer möglich ist.

Was die Fingerkrümmung angeht, so kann ich nichts genaueres sagen. Die hängt sehr von Lautstärke und Anschlagweise ab, aber anscheinend nicht nur. Flache Finger sind etwas sensibler im Anschlag, runde Finger haben mehr Kraft. Bei Albertibässen sind die Finger anscheinend grundsätzlich rund, solange die Handspreizung es erlaubt.

Wenn ich mir überlege, wieviel Mühe es mir als Kind manchmal bereitet hat, Tasten in der Mitte eines Laufes zwischen den schwarzen Tasten anzuschlagen, macht es eigentlich Sinn, mit runden Fingern anzufangen.
 
Mein Daumen ist meistens gerade da, wo ich ihn brauche:)
Zuviele Regeln sind extrem anstrengend.
 

Schließlich hängt der Daumen an der Hand dran und bewegt sich mit rein und raus...

Ja eben, genauso meinte ich es ja. Der Daumen hängt und wird vom Arm bewegt. Die Position des Arms und der Hand sollte sich nicht nach dem Daumen richten, sondern umgekehrt. Also das habe ich als "Neuigkeit" für mich als angenehmste Spielmethode "entdeckt". Und zwar zuerst an der Scriabin Etüde op.42-5, und danach am langsamen Satz der Mozart Sonate KV 311. Da hatte ich gerade im ersten Takt immer besondere Schwierigkeiten, die RH legato zu spielen, wenn der Daumen bereits "an seinem Platz" liegt. Ich war sehr überrascht, als ich merkte, wie problemlos das klappt, wenn der Daumen in der Luft hängt und vom Arm bewegt wird. Und es gibt auch kein Problem mehr mit dem knallenden Daumen. :)


Wenn ich mir überlege, wieviel Mühe es mir als Kind manchmal bereitet hat, Tasten in der Mitte eines Laufes zwischen den schwarzen Tasten anzuschlagen, macht es eigentlich Sinn, mit runden Fingern anzufangen.

Das hat jetzt nicht direkt was mit dem Daumen zu tun. Aber mit der Handstellung allgemein. Das Spielen zwischen den schwarzen Tasten fiel mir früher auch sehr schwer, gerade mit runden Fingern. Wenn die Kraft - besser gesagt der Schwung - für den Anschlag aus dem Arm kommt, klappt es wesentlich besser. Es ist weniger anstrengend und klingt besser.
 
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...und danach am langsamen Satz der Mozart Sonate KV 311. Da hatte ich gerade im ersten Takt immer besondere Schwierigkeiten, die RH legato zu spielen, wenn der Daumen bereits "an seinem Platz" liegt. Ich war sehr überrascht, als ich merkte, wie problemlos das klappt, wenn der Daumen in der Luft hängt und vom Arm bewegt wird. Und es gibt auch kein Problem mehr mit dem knallenden Daumen. :)
Versteh ich nicht.
Das liegt doch gar nicht weit auseinander, und gehalten wird auch nichts?
 
Ich versteh das Problem ehrlich gesagt immer noch nicht...
Hälst du die halbe Note (das d) etwa mit Rechts...??
Und was das "durchgehende Legato" betrifft:
Man kann beispielsweise die Tasten bzw. Finger absetzen nach den Zweierbögen, aber mit Pedal halten, so verliert sich nicht der große Melodiebogen bis zum forte und es enstehen keine Löcher.
Links kann man dafür auch mit den Fingern binden, dann hört man den Bogen-Unterschied.
 

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