Wie übe ich schnelle, virtuose Stücke.

  • Ersteller des Themas Bachopin
  • Erstellungsdatum

Jetzt aber, wo ich legato und Bogenspiel beinahe abgeschafft habe, bin ich immer nur für einen einzelton verantwortlich, so habe ich das Gefühl. Die Hand ist dadurch sehr frei, entspannt, locker und frei geworden, Finger perlen....
Hallo! Freut mich, dass ich immerhin einen dazu inspirieren konnte, es einmal auszuprobieren ;-)

Ich möchte dazu generell noch sagen, dass nicht die Hände das Legato machen. Ein Legato entsteht immer erst im Ohr des Zuhörers.
 
hmmm, mir gefällt das thema sehr gut, und danke für deine grosse Mühe Bachchopin! Ich gestatte mir nun schnell, etwas meinerseits dazu beizutragen;)
Ich persönlich denke, dasss es nicht einfach DIE Methode gibt, sondern dass es halt auf das Stück drauf ankommt!
Im Moment bin ich sozusagen in der "Endphase" des Übens der Mondscheinsonate ( der dritte Satz)! das heisst, es ist noch nicht ganz perfekt, aber es läuft eigentlich schon prima.
Doch am Anfang hatte ich grosse Probleme damit! Einige Stellen gingen halt super, andere wiederum gar nicht! da hat mir nur das langsam üben geholfen!
Ich habe mindestens 2(!!) Wochen nur im Tempo 80 geübt! Und das hat mir super geholfen! Danach war es eigentlich kein grosser Schritt mehr zu Tempo 152.:p
Und die Methode 1 find ich gar nicht mal so schlecht, konnte ich doch nur so die Läufe im Thema richtig gut hinkriegen!
 
Schöne Auflistung, Bachopin, und interessante Anmerkungen von mad83 und den anderen Beiträgen!

Was man auch hier meiner Meinung nach anmerken sollte: man kann nur schneller werden, wenn man aus einer sehr entspannten Spielweise heraus die Geschwindigkeit steigert. Wenn man schneller spielt, und erkennt das lähmende Gefühl, was durch Anspannung entsteht, muß man sofort was dagegen unternehmen. Ist leichter gesagt als getan, da die Muskeln so konstruiert sind, dass man sie auf Knopfdruch anspannen kann, aber nicht so leicht entspannen. Entspannung bedeutet "Gehenlassen". Wenn ich einen Lauf schnell spielen möchte, brauche ich unbedingt dieses Gefühl des Gehen-lassens, des Geschehen-lassens. Anspannung hilft nix, es schadet nur, es lähmt.
Also, was man braucht oder sich anerziehen muß, ist die Fähigkeit, in sich hineinzuhorchen, und die Muskeln schön entspannt zu lassen. Wenn die Tastenaktion kurze Muskelanspannung benötigt, muß der Muskel sich schnell wieder entspannen. Wenn dies gelingt, wird man durch Übung immer schneller, da bin ich mir sicher.

Ich möchte dazu generell noch sagen, dass nicht die Hände das Legato machen. Ein Legato entsteht immer erst im Ohr des Zuhörers.

Wie wahr, wie wahr! Und im Zweifelsfall kann man ja noch das Pedal dazunehmen. :D
 
Hallo,
danke für die vielen tollen Tips - denn bei der Geschwindigkeit hapert es bei mir noch gewaltig.
Gruß
Meckie
 
ich bin Konzertpianist, habe also Klavier studiert und mich während des Studiums mit allerlei technischen Fragen und Problemen geplagt.
Ich empfehle für restlos alle manuell schwierigen & sehr schnellen Abschnitte folgende zwei Trainings- bzw. Eingewöhnungsmethoden:
1. rückwärts additiv:
z.B. 10 Takte mit festgelegtem Fingersatz (nie ändern!!) beidhändig 10, dann 9+10, dann 8+9+10, dann 7+8+9+10 etc
2. "Stationen" plus Rasanz:
lange Fermate (& Akzent) auf der ersten Note einer Gruppe (also auf dem ersten von 4 1/16 oder dem ersten von 6 1/16triolen) und genau voraussehen was dann kommt, dann in den nächsten Akzent (also auf den nächstfolgenden ersten Ton der nächsten Gruppe) schneller als später erforderlich hineinrasen!!!
==> das wird in verschiedener Fachliteratur erklärt, ist die beste Methode
Wichtig dabei: NICHTS denken, wenn man in die Stationen rast!!! Grund: unser Verstand (Reaktionsgeschwindigkeit) ist zu langsam, unsere Finger bzw. Armmuskulatur ist schnell genug für alle Passagen. Ergo: nie bewußt kontrollieren, weil das hindert (man denkt dann hinter der Musik her, denn die Töne müssen ja erst produziert worden sein, bevor das Gehör sie wahrnimmt!!!)
dann aber das liebe Metronom: NACH den obigen Übungen die gesamte schwierige Passage in verschiedenen Metronomtempi spielen - das Metronom ist eine gute Hilfe!
---- auf diese Weise habe ich mich in allerlei virtuoseste Stücke relativ rasch technisch eingewöhnt, sogar solche ultraschwierigen Sachen wie Ravels Gaspard oder Liszts Tannhäuserouvertüre-Transkription
Viel Erfolg bei dieser effektiven Gewöhnungsmethode!!
Rolf
 
Hi rolf,

das ist eine super Methode. Und gleich noch die Erklärung dazu, so liebe ich das. ;-)

1. rückwärts additiv:
z.B. 10 Takte mit festgelegtem Fingersatz (nie ändern!!) beidhändig 10, dann 9+10, dann 8+9+10, dann 7+8+9+10 etc

Mit 10, 9+10, etc. meinst du die Takte, richtig?

Aber immer gleich beidhändig?
Da bin ich mir bei Hobbypianisten Fähigkeiten nicht sicher.

Gruß
 
Da bin ich mir bei Hobbypianisten Fähigkeiten nicht sicher.
Mußt du ja auch nicht. Aber was der Rolf geschrieben hat, probiere ich aus. Er hat so frisch aus dem Herzen geschrieben, glaubwürdig, erfahrungsgemäß. Da muß ich rann :keyboard:

Aber wenn du, lieber Rolf, das ganze noch einmal mit Apfel und Birne erklären würdest, wäre ich dir sehr dankbar. Da kommt dann doch mein Hobbypianist wieder durch, mein Interllekt kann nicht ganz folgen.
 
1. rückwärts additiv:
z.B. 10 Takte mit festgelegtem Fingersatz (nie ändern!!) beidhändig 10, dann 9+10, dann 8+9+10, dann 7+8+9+10 etc
Das Prinzip, die Stücke von hinten aufzuzäumen, ist hier im Forum schon mehrmals beschrieben worden - auch mit den lernpsychologischen Hintergründen. Ich kann das Verfahren auch nur empfehen. Allerdings scheinen mir die Arbeitseinheiten "Takt" wenigstens bei komplexeren Strukturen viel zu weit gefaßt.

2. "Stationen" plus Rasanz:
[...] dann in den nächsten Akzent (also auf den nächstfolgenden ersten Ton der nächsten Gruppe) schneller als später erforderlich hineinrasen!!!
Irritation dürfte Deine Formulierung "rasen" verursachen. Es geht bewegungsphysiologisch darum, einen Bewegungsimpuls sich erst einmal mental vorzustellen, ihn dann zu starten, ohne danach noch manipulativ eingreifen zu wollen. Letztlich ist es nichts anderes, als wenn wir einen Ball werfen. Wir müssen uns den Bewegungsablauf vorher vorstellen. Wenn wir während des Ablaufes noch eingreifen oder korrigieren wollen, fällt uns der Ball bloß vor die Füße. Man kann auch nicht langsam springen. Letztlich ist Klavierspielen Sport für Feinmotoriker. :floet:

D.h. also, Geschwindigkeit (ist mir lieber als das brachiale "Rasanz") baut man auf, indem man versucht, sich nicht von Ton zu Ton zu hangeln, sondern in Bewegungsimpulsen zu denken: Erst zwei Töne zu einem Impuls zusammenfassen, dann drei usw. Auch hier ist es ratsam, die Stücke von hinten aufzuzäumen und konsequent kleinteilig vozugehen: erst die Bewegungsimpulse vom dritten zum vierten 16tel, dann vom zweiten zum dritten 16tel, dann vom ersten zum zweiten. Bei Positionswechsel, Unter- und Übersetzen kommt da auch der Profi bisweilen ganz schön ins Straucheln. :D Auf diese Weise auch Dreier bis Viergruppen in einen Impuls packen. Freude kommt vor allem bei Quintolen- und Septolengruppen.

Eine weitere Variante, Bewegungsimpulse zu trainieren: vom Daumen bis zum nächsten Einsatz des Daumens (auch mit allen anderen Fingern möglich). Wichtig ist, daß man am Ende des jeweiligen Bewegungsimpulses mental und körperlich entspannt. (Beim Daumen als Zielton sollte man tunlichst auch darauf achten, daß er nicht mit Akzent gespielt wird.)

Meine Schüler sind immer wieder erstaunt, welche "pianistischen" Ergebnisse sich schon nach einer halben Stunde konsequenten Arbeitens mit dieser Methode einstellen. Aber es gehört offensichtlich sehr viel Disziplin dazu, diese Akribie auch ohne "Beaufsichtigung" durchzuhalten.

dann aber das liebe Metronom: NACH den obigen Übungen die gesamte schwierige Passage in verschiedenen Metronomtempi spielen - das Metronom ist eine gute Hilfe!
Findet meine Zustimmung nur bedingt, mit Zögern und unter großen Vorbehalten. :D
 

Wie man eine schnelle, virtuose Passage übt?
Da man ab einer gewissen Geschwindigkeit nicht mehr an die Ausführung einzelner Noten denken kann, muß der Bewegungsablauf meiner Meinung nach in tiefere Hirnregionen rutschen. Und zwar durch die Lernmethode "Wiederholung". Klingt banal und ist es auch.

Ich kann nur sagen, dass z.B. so ein Doppellauf, wie er am Ende der g-moll-Ballade von Chopin vorkommt, wo beide Hände gleichzeitig einen Lauf haben mit unterschiedlichen Fingersätzen, ganz bestimmt nicht nur durch ein paar Mal durchspielen funktioniert. Aber es wird bereits nach wenigen hundert oder tausend Wiederholungen schon ganz langsam besser. So einfach ist das. :D

Bei dem einen funktioniert es wohl schneller, bis man die virtuose Passage "in der Birne" hat, und bei anderen (wie mir zum Beispiel) dauert's eben länger. Ich glaube aber, dass solche Passagen hauptsächlich durch das gute alte Muskelgedächtnis abgespult werden, dass ist eine blitzschnelle aber dumme Einrichtung. Es muß aber geduldig programmiert werden, das ist das Geheimnis.

Weiterhin glaube ich, dass sich Speed nicht erzwingen lässt. Es bringt nix, sich mit Metronom inkrementell von einer Highscoremarke zur nächsten hochzuprügeln, dadurch verspannt man nur immer mehr, bis man regelrecht verkrampft. Stattdessen immer schön im entspannten Zustand spielen, dann kommt die Geschwindigkeit wie ein Geschenk des Himmels von selbst.

Vom Tips lesen und Video gucken kriegt man keine schnelle Passage hin. Aber bereits ein Stündchen Üben jeden Tag, Beharrlichkeit, Geduld, Ehrlichkeit zu sich selbst bzgl. des Entspannungszustands der Muskeln und Spass dabei vor allem, dann kommt die Virtuosität von allein. Und die Passage flutscht, wenn nicht nach Tagen, dann eben nach ein paar Wochen.

Und was die Grundschnelligkeit und - Chopin benutzte den schönen Begriff "Souplesse" - angeht, dass ist eben ein Prozess, der Jahre der Reifung braucht. Und zwar durch das kontinuierliche Spielen und Üben. Geheimnisse darin sehe ich nicht.

Ist nur meine amateurhafte Meinung, jedenfalls versuche ich, mich selbst danach zu richten.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi koelnklavier und Mindenblues,

klasse, nochmal besser erklärt, danke.

Werd ich in meine Liste aufnehmen.

Dass ein Takt als Arbeitseinheit (guter Begriff) zu gross sein kann, hatte ich auch gleich gedacht.

Die Arbeitseinheit dieser Methode könnte man doch so definieren:
Anzahl von aufeinanderfolgenden Noten (typischerweise vier 1/16), die in einem Bewegungsimpuls schon im Zieltempo spielbar sind.
Die Arbeitseinheit wird dann im Laufe der Anwendung dieser Methode immer grösser gewählt.

Gruß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi Mindenblues,

Geheimnisse werden nur von Menschen gemacht, wenn sie etwas nicht richtig verstanden haben.

(Oder ihren Wissensvorsprung für sich behalten wollen.
Wenn ich's mir so recht überlege kommt das wahrscheinlich öfter vor. ;-) )

Gruß
 
Gierig sauge ich alles auf. Ich danke Euch: Bachopin, Kölnklavier, Mindesblues, ubik, Rolf ...
Nun kann ich ordentlich studieren und werd' auch
ein Stündchen Üben jeden Tag, Beharrlichkeit, Geduld, Ehrlichkeit zu sich selbst bzgl. des Entspannungszustands der Muskeln ...
... dann kommt die Virtuosität von allein. Und die Passage flutscht, wenn nicht nach Tagen, dann eben nach ein paar Wochen.Mindesblues
Ich fang' dann mal an!
 
Repetitio est master studiorum

Bachopin, manchmal denke ich eben nur, dass man zwar eine tolle lange Liste von "Arbeitseinheiten" aufstellen kann, was man tun könnte, um eine virtuose Passage zu meistern.

Das ist sicher nicht schlecht, aber es gibt auch eine andere Alternative, auch wenn sie lapidar erscheint. Nämlich schlicht und einfach die Passage üben, langsam und entspannt, und zwar von vorne bis hinten, und dann in einer Schleife wieder von vorn. Und das nicht nur ein paar Mal. Am besten viele paar Male mehr. Und schon funzt es.

Repetitio est master studiorum. Auch und gerade für virtuose Passagen. Das meinte ich damit, dass es keine geheimen Tipps gibt. Man muss es eben nur tun, und zwar oft, und zwar richtig.
 
Sorry Mindenblues,

das mit den Geheimnissen war nicht auf dich bezogen.

Du hast ja keine Geheimisse. ;-)

Gruß
 
ich bin Konzertpianist, habe also Klavier studiert und mich während des Studiums mit allerlei technischen Fragen und Problemen geplagt.
Ich empfehle für restlos alle manuell schwierigen & sehr schnellen Abschnitte folgende zwei Trainings- bzw. Eingewöhnungsmethoden:
1. rückwärts additiv:
z.B. 10 Takte mit festgelegtem Fingersatz (nie ändern!!) beidhändig 10, dann 9+10, dann 8+9+10, dann 7+8+9+10 etc
2. "Stationen" plus Rasanz:
lange Fermate (& Akzent) auf der ersten Note einer Gruppe (also auf dem ersten von 4 1/16 oder dem ersten von 6 1/16triolen) und genau voraussehen was dann kommt, dann in den nächsten Akzent (also auf den nächstfolgenden ersten Ton der nächsten Gruppe) schneller als später erforderlich hineinrasen!!!
==> das wird in verschiedener Fachliteratur erklärt, ist die beste Methode
Wichtig dabei: NICHTS denken, wenn man in die Stationen rast!!! Grund: unser Verstand (Reaktionsgeschwindigkeit) ist zu langsam, unsere Finger bzw. Armmuskulatur ist schnell genug für alle Passagen. Ergo: nie bewußt kontrollieren, weil das hindert (man denkt dann hinter der Musik her, denn die Töne müssen ja erst produziert worden sein, bevor das Gehör sie wahrnimmt!!!)
dann aber das liebe Metronom: NACH den obigen Übungen die gesamte schwierige Passage in verschiedenen Metronomtempi spielen - das Metronom ist eine gute Hilfe!
---- auf diese Weise habe ich mich in allerlei virtuoseste Stücke relativ rasch technisch eingewöhnt, sogar solche ultraschwierigen Sachen wie Ravels Gaspard oder Liszts Tannhäuserouvertüre-Transkription
Viel Erfolg bei dieser effektiven Gewöhnungsmethode!!
Rolf

Ich versuche, mir diese Methode mal an einer Tonleiter im ersten Satz der Pathétique vorzustellen. Allerdings nur 4 Takte, Takt 277-280.

@Koelnklavier bzw. rolf:

lange Fermate (& Akzent) auf der ersten Note einer Gruppe (also auf dem ersten von 4 1/16 oder dem ersten von 6 1/16triolen) und genau voraussehen was dann kommt, dann in den nächsten Akzent (also auf den nächstfolgenden ersten Ton der nächsten Gruppe) schneller als später erforderlich hineinrasen!!!
Habe ich das folgendermaßen richtig verstanden? :
Erste Gruppe sind die vier Töne vom c zum g ( Takt 280), wobei ich eine lange Fermate auf dem c mache und dann in der ersten Ton der nächsten Gruppe, also in das fis reinrase?

Muss ich dann also auf dem fis eine lange Fermate machen?

Weitergehend würde das also bedeuten, dass ich sämtliche 4 Takte auf folgende Weise spiele: 1Ton Fermate - 3 Töne rasen - 1 Ton Fermate - 3 Töne rasen- usw...
Und das ganze dann noch kleinteiliger machend, wie dus beschrieben hast, Wolfgang.
Stimmt das so?
( Sorry, Wolfgang, dass ich schon wieder " rasen" schreibe, aber so gehts einfach schneller;))
 
Wie ich mal irgendwo aufgeschnappt habe, hat Michelangeli seine Stücke auch von hinten nach vorn gelernt.

Vielleicht hat er deshalb 10 Jahre für die op.111 gebraucht... 8)
 
Ach Haydnspaß, es ist so schön, dass du wieder da bist :kuss:
Deine Kommentare möchte ich nicht missen.
 

Zurück
Top Bottom