Warum habt Ihr NICHT Klavier studiert?

  • Ersteller des Themas Pianojayjay
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Sehr interessante Diskussion hier!
Sicher bringen nur die Menschen innovative Neuerungen (künstlerisch, wissenschaftlich, technisch) hervor, die für eine Sache brennen! Vermutlich bewegt sich der Anteil an Menschen, die wirklich etwas Besonderes erschaffen, im Bereich von 1 - 5 % der Weltbevölkerung (oder weniger?). Wenn man meint, dazu gehören zu können, lohnt sich fast jeder Aufwand, um seine Träume umzusetzen. Aber ich würde vermuten, dass von 10000 Menschen, die dies versuchen, 9999 ihre Vorstellungen nicht umsetzen werden. Die landen dann eben in: Teil zwei der Weltbevölkerung!
Der andere Teil der Bevölkerung hält eben in ganz normalen Berufen den Laden am Laufen und dazu braucht es keine besondere Leidenschaft. Gerade Leute, die leidenschaftlich agieren, sind gute Beute für allerlei Ausnutzer, Überstunden erwartende Chefs oder gierige Unternehmen. Man muss sich schon fragen, ob es sich lohnt, für derlei Tätigkeiten Gesundheit, Freude, Familie oder Hobbys einzuschränken oder gar zu gefährden.
Somit stellt sich frühzeitig im Leben die Frage: Zu welchem Teil gehört Ihr?
 
Die Leidenschaft hatte ich schon als Kleinkind aber ich bin jemand, der sehr vernunftsbezogen lebt und agiert, liegt wohl am Sternzeichen ;) ich bin gottseidank in der glücklichen Position keinen Chef zu haben, arbeite also für mich bzw das Finanzamt... Ich kann es mit aber einteilen und der Musik entsprechend zeit widmen. Das ist ein Luxus den ich anderen gegenüber wiederum habe.
 
ein Scheitern ist dies keineswegs, wird aber dazu, wenn man es als solches empfindet, weil man es weder kann noch will, sodass letztlich die Schüler, sofern noch vorhanden, darunter leiden.

Was du schreibst, ist wirklich sehr gut und absolut zutreffend, wie ich aus eigener Erfahrung schon mehrfach bestätige.

Was ist doch am Anfang die blauäugige Vorstellung von angehenden Klavierstudenten: viele Konzerte, nur begabte Schüler und jede Menge Aufmerksamkeit...

Wenn man aus finanziellen Gründen nach einem Studium dann unterrichten muss - und das nicht an einer Hochschule - oder sein Geld mit Schlager- oder Popmusik verdienen muss, kann sich doch so ziemlich Frust aufbauen. Ich kenne einige, die urpsrünglich nur Konzerte spielen wollten und jetzt 40 Schüler haben, wovon 20 eigentlich gar keine Lust auf Klavierunterricht haben.
Wenn man hingegen gerne unterrichten möchte und von Vornherein auf eine Konzertlaufbahn verzichtet, ist das natürlich absolut anders - aber ich kannte bisher nur 2, von denen ich das so sagen kann.
 
Vermutlich bewegt sich der Anteil an Menschen, die wirklich etwas Besonderes erschaffen, im Bereich von 1 - 5 % der Weltbevölkerung (oder weniger?). Wenn man meint, dazu gehören zu können, lohnt sich fast jeder Aufwand, um seine Träume umzusetzen. Aber ich würde vermuten, dass von 10000 Menschen, die dies versuchen, 9999 ihre Vorstellungen nicht umsetzen werden. Die landen dann eben in: Teil zwei der Weltbevölkerung!
Der andere Teil der Bevölkerung hält eben in ganz normalen Berufen den Laden am Laufen und dazu braucht es keine besondere Leidenschaft. Gerade Leute, die leidenschaftlich agieren, sind gute Beute für allerlei Ausnutzer, Überstunden erwartende Chefs oder gierige Unternehmen.

Herzton, Dein Beispiel dürfte es eher treffen als Deine Schätzung: 0,1 Promille sind realistischer als 1-5 Prozent. Und was die Ausbeutung angeht - der kann man nur entgehen, wenn man selbst unternehmerische Denke mitbringt. Was wiederum die Promillezahl reduziert...

Die Bruchteile von Promille sorgen für Veränderung, Wachstum vielleicht - sie sind das Aufziehwerk an der Uhr. Aber die Uhr bleibt trotzdem stehen, wenn ein winziges kleines Zahnrädchen fehlt. Dies als Trost für die 99,999 % ;-)
 
Und: einige der 99,999 % haben, wenn sie's schlau anstellen, mehr Zeit zum Klavier üben als die 0,001 %!
Also alles gut, lieber @fisherman.
 
Du sagst es!!!

"There is no free lunch", sagen die Börsianer. Irgendwas bleibt immer auf der Strecke. Haste Geld - haste keine Zeit oder wirst krank. Haste weniger Geld, haste Zeit. Dumm nur, dass es manchmal Menschen dreifach hart erwischt. Kein Geld, keine Zeit und krank. DAS sind die wirklich Armen.
 
Bei dieser Diskussion habe ich den Eindruck, dass viele Leute im Bezug auf das Klavierstudium unbedingt eine Solokarriere mit auftritten in Carnegie und Steinway Hall meinen. Ich habe aber das Thema viel breiter verstanden: Klavierstudium mit einem beliebigen musikalischen Endergebnis. Wenn man Inspiration für eigene Kunst hat, bedeutet das nicht, dass mann unbedingt eine explosive Karriere mit fetten Plattenverträgen als Ziel setzt. Jeder von uns kennt sicherlich in seiner Umgebung ein Paar tolle Musiker die mit genauso viel Leidenschaft in der lokalen Gemeinde auftreten. Und das bringt uns allen genau so viel wie legendäre auftritte genialsten Musiker. Wenn das nicht gestimmt hätte, gäbe es so viel Begeisterung nach dem Würzburg nicht.

Eine begeisterte Lehrerin aus irgendeiner Provinz ohne große musikalische Begabung kann viel mehr dem Schüler geben, als ein großer Maestro ohne Herzen. Und wenn von 2000 ihrer dummen, unmotivierten und uninterresierten Schüler einer oder zwei sich davon begeistern lassen, ist das total super! Man muss nicht als Künstler, Wissenschaftler oder Handwerker zu einer ppm der Genies gehören und undbedint Ebola besiegen oder Kernfusion erfinden.

Das was Herzton über Enttäuschungen und zu hohe Erwartungen schreibt, hat nach meiner Erfahrung nichts mit der Begeisterung und Leidenschaft zu tun. Das ist einfach ein Zeichen für eine Unreife: Solche Personen träumen einfach zu viel, sind total unflexibel und können mit natürlichen Herausforderungen des Lebens nicht umgehen. Ich (und alle anderen Forumsmitglieder auch) habe bereits viele Akademiker getroffen, die irgendwas ohne ein besonderes Interesse mal studiert haben und dann nach 50 oder 500 Bewerbungsabsagen frustriert waren. Und die waren nicht mal Leidenschaftlich verliebt in ihren Beruf! Niederlagen sind ein unerlässlicher Teil unserer persönlichen Entwicklung. Am besten ist es, wenn diese Krise in den Teenies oder 20ern kommt.

Und noch eine Frage: Hier wird häufig von "sicheren Berufen" geschrieben. Gibt es wirklich solche? Ich meine das im ernst! Abgesehen von meinen persönlichen Erfahrungen, treffe ich die ganze Zeit nur die Leute, die von einem Job zum anderen wechseln, oder immer wieder zugeben, dass sich die Situation mit der gegenwärtigem Job immer ändern kann und man muss auf alles vorbereitet sein.
 
Vermutlich bewegt sich der Anteil an Menschen, die wirklich etwas Besonderes erschaffen, im Bereich von 1 - 5 % der Weltbevölkerung (oder weniger?).
Ist das wirklich so? Oder nimmt man von seinem persönlichen Standpunkt aus (der ja bekanntermaßen ein Kreis mit dem Radius Null ist) einfach nur 0.01-5% der "besonderen Schaffungen" wahr? Wenn das so ist, wäre es bedenkenswert und vielleicht bedauerlich.
Mal anders herum - wer denkt von sich, dass er nichts Besonderes schafft? Ich jedenfalls denke, dass ich etwas Besonderes schaffe. Und vermutlich ein Vielfaches von 5% der Weltbevölkerung auch.
Man lernt eine Person ja auch nie als Ganzes kennen. Wenn man Geburt und Tod eines Menschen miterlebt, ist das traurig, und auch die Pesönlichkeit lernt man bei einem anderen Menschen nie in allen Facetten kennen, bei einigen wenigen Menschen vielleicht sehr genau, aber nicht umfassend.

Aber ich weiß wohl, was du meinst: Nur so wenige Menschen schaffen etwas, mit dem sie (mediale?) Auferksamkeit in Fachkreisen oder der breiten Bevölkerung auslösen, und zwar Aufmerksamkeit in Form von Bewunderung, Respekt oder auch Neid.

Dumm nur, dass es manchmal Menschen dreifach hart erwischt. Kein Geld, keine Zeit und krank. DAS sind die wirklich Armen.
Du hast noch einen Aspekt vergessen fishi, nämlich den wichtigsten. Glück für dich, denn das bedeutet, dass du ihn hast: Lieben und geliebt werden, schätzen und geschätzt werden. Wer das im Leben hat, kann nie ganz arm sein. Sorry für das Gesülze, aber ich glaube, dass es stimmt.
 

Eine begeisterte Lehrerin aus irgendeiner Provinz ohne große musikalische Begabung kann viel mehr dem Schüler geben, als ein großer Maestro ohne Herzen.
@alexius
sowas wird oft und gerne behauptet - aber es stellen sich da ein paar Fragen:
1. ist das wirklich und immer und überall so?
2. gibt es nur "große Maestros ohne Herz"?
...du siehst, diese zwei ganz einfachen und schlichten Fragen bringen den so selbstgewiß erscheinenden Satz schwer ins wanken...
Und nun stellt sich mir eine weitere, wie ich gestehe prekäre Frage: warum, also mit welcher Intention schreibst du so etwas?

Ich kann leider auf die eigentliche Frage dieses Fadens nicht antworten, weil sie mich nicht betrifft - aber ich muss gestehen, dass ich nirgendwo das Pech hatte, auf "Maestros ohne Herz" zu treffen.
 
Ich mache mir über diese Frage auch immer wieder Gedanken. Aber seit der letzten Woche bin ich ziemlich sicher, dass ich nicht Klavier studieren werde.
Wenn der Ausbildungsschwerpunkt "Dirigieren" heißt, ist auch dieses Studien- und Berufsziel mit erheblichen pianistischen Fertigkeiten untrennbar verbunden. Zum einen wird anspruchsvolle solistische Literatur erwartet, da es ja ein instrumentales Hauptfach gibt. Zum anderen kommen eine Menge zusätzlicher pianistischer Aufgaben dazu, die in der Bandbreite über eine solistisch ambitionierte Laufbahn deutlich hinausgehen: Klavierauszugs- und Partiturspiel kommen dazu. Des weiteren erfolgt der Berufseinstieg vielfach als Korrepetitor an einem Opernhaus - und das zunächst sehr oft ohne Dirigierverpflichtung. In diesem Stadium arbeitet man als Korrepetitor mit Solisten und Ensembles. Bis man selbst als Dirigent vor Solistenensemble, Chor und Orchester stehen darf, sind oftmals etliche Stationen zu durchlaufen.

Die erforderlichen Fertigkeiten bei der Bewältigung anspruchsvoller Opern-Klavierauszüge sind beachtlich, zumal diese Satzweise an den eigentlichen Ensembleklang angelehnt ist. In pianistischer Hinsicht ist daher vieles schwierig bis nur andeutungsweise realisierbar. Die meisten Dirigenten werden in der Berufspraxis nur in begrenztem Umfang Möglichkeiten zu solistischem Konzertieren haben, benötigen aber damit vergleichbare gestalterische und technische Fertigkeiten.

Andere können wiederum nicht anders als sich ins Wagnis zu stürzen.
Fatal nur, wenn die Karriere ausbleibt und und die Betreffenden frustriert sich dem Unterrichten zuwenden( müssen) und letztlich auch als Pädagogen scheitern.
Fatal ist es vor allem, wenn eine Berufswahl aus defizitären Motiven erfolgt: Zu schlecht für Ziel A, aber für Plan B reicht's auch dann, wenn man nicht so viel zu bieten hat. Meist werden nämlich die vermeintlich oder tatsächlich geringeren Vorgaben durch eine Spezialisierung in anderen Bereichen ersetzt. Wer also als Spezialist im Anfängerunterricht und auf dem Gebiet der Früherziehung auftreten will, wird einen guten Draht pädagogischer Natur zu jenen Alters- und Bevölkerungsschichten benötigen, die entsprechende Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Wer sich für dieses Berufsziel nur aufgrund einer gescheiterten Solistenlaufbahn entscheidet, wird hier mit hoher Wahrscheinlichkeit ein weiteres Mal scheitern.

LG von Rheinkultur
 
Ich kann leider auf die eigentliche Frage dieses Fadens nicht antworten, weil sie mich nicht betrifft - aber ich muss gestehen, dass ich nirgendwo das Pech hatte, auf "Maestros ohne Herz" zu treffen.
Ohne "Herz" wird man vermutlich gar nicht zum "Maestro". "Herz" ist sicherlich nicht alles, aber ohne "Herz" ist alles nichts.
 
@alexius
sowas wird oft und gerne behauptet - aber es stellen sich da ein paar Fragen:
1. ist das wirklich und immer und überall so?
2. gibt es nur "große Maestros ohne Herz"?
...du siehst, diese zwei ganz einfachen und schlichten Fragen bringen den so selbstgewiß erscheinenden Satz schwer ins wanken...
Und nun stellt sich mir eine weitere, wie ich gestehe prekäre Frage: warum, also mit welcher Intention schreibst du so etwas?

Ich kann leider auf die eigentliche Frage dieses Fadens nicht antworten, weil sie mich nicht betrifft - aber ich muss gestehen, dass ich nirgendwo das Pech hatte, auf "Maestros ohne Herz" zu treffen.

Rolf,

auf deine beiden Fragen gibt es sicherlich jeweils ein "nein". Dies war ein übertriebenes hypothetisches Beispiel. Ich meinte und meine, dass man eigenen wichtigen Beitrag leisten kann, ohne dabei zu einem relativ geringen Anteil der Weltbefölkrung mit hohen Begabungen zu gehören.
 
@Stilblüte: War kein Gesülze. Du hast natürlich recht!
 
Und noch eine Frage: Hier wird häufig von "sicheren Berufen" geschrieben. Gibt es wirklich solche?


Sicher Beruf, hm gibt es tatsächlich welche hier die das glauben ? Ich habe eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht. Nach der Ausbildung habe im selben Hotel weiter gearbeitet. Als einzigste Festangestellte (die restlichen Mitarbeiter alles Aushilfen). Grund für meine Kündigung: Ich wäre zu teuer. 627 € für eine gelernte Hotelfachfrau ist zu viel. Naja da nach war erst mal nix, dann bin ich ein Produktionsbetrieb gewesen, auch nur 3,5 Jahre, dann wieder ein Jahr nix und jetzt im Werkschutz. Vorteil beim Werkschutz: geklaut wird immer. Aber das wars dann auch mit "sicherer Beruf". :lol: Wer weis was noch alles kommt.

LG Trombonella
 
Ich hätte um ein Haar Kirchenmusik studiert, weil ich leidenschaftlich gerne Orgel spielte - als Schüler jeden Nachmittag 5 Stunden auf einer schönen Steinmeyer-Orgel mit 48 Registern (dafür mußte ich natürlich jeden Sonntag ran). Allein die Aussicht, lebenslang die Bayerische Landeskirche als Dienstherrn zu haben (ich hatte einen gewissen Einblick, was das bedeutete, weil ich 19 Jahre lang in einem Pfarrhaus inhaftiert war ;)), hat mich von dem Projekt Abstand nehmen lassen. Zu meinem Glück, wie ich immer noch finde.

Generell sollte man sein liebstes Hobby niemals zum Beruf machen...

Bei mir - Technikus aus einer notorisch technisch gesonnenen Fraktion von Handwerkeren und Erfindern - kam niemals etwas anderes infrage als Abi zu machen und dann Ingenieurwissenschaften zu studieren. Das Musik-Gen wurde mir von meiner Mutter in die Wiege gelegt, wie eigentlich allen meinen Geschwistern mit Ausnahme eines der Brüder, der auch Technikus ist, aber leider nahezu gänzlich unmusikalisch, wie unser Vater.

Ich hatte mal erwogen, nach dem Ende meines Berufslebens Musikwissenschaften zu studieren - aber? Zu schwer. Weil ich nach nur ca. 1,5 Jahren Klavierunterricht praktisch keinerlei nutzbare theoretische Vorbildung habe.
 
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