Warum git es für ein dieselbe Note zwei Bezeichnungen?

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reymund

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Warum schreibt man z.B. Db und dann C# ist doch dasselbe . Nur um Klavierschüler zu ärgern?
 
Spiel einfach mal nach Gehör - also Dich sozusagen dumm stellend - "Alle meine Entchen" von allen möglichen Tönen aus beginnend (also nicht nur von C aus).

Du wirst feststellen, dass Du, damit es richtig klingt, ggf. beim einen oder anderen Ton statt einer weißen Taste (= eines Stammtons) eine schwarze nehmen musst.

Und zwar je nachdem, wo Du gestartet bist (sprich: in welcher Tonart Du gerade das Liedchen spielst), musst Du einzelne Stammtöne um einen Halbton erniedrigen (also würdest Du in Notation dann ein "b" vor den Stammton stetzen) oder erhöhen ("#" vor den Stammton).

Das ist sehr wichtig - denn die schwarze Taste "cis" ist ja beispielsweise in D-Dur nicht die erniedrigte 1. Stufe der Tonleiter (was die Bezeichnung des rechtfertigen würde), sondern die erhöhte 7. Stufe (der Leitton).

In atonaler Musik ist die Notation tatsächlich wurscht - weil wir aber im (dur-moll-)tonalen System operieren, müssen wir diese Dinge beachten.

That's all.

KKL? :005:
 
Es gibt verschiedene Antworten, Hasenbein hat eine gegeben: Das System geht nicht auf, wenn man diese Doppelbelegung nicht hat.

Eigentlich macht es die Sache auch einfacher: Wenn ich d-fis-a lese, sehe ich nicht 3 Töne, sondern die Information ist: D-Dur-Dreiklang. Das ist nur noch ein Speicherplatz im Hirn. Du kannst das in der Hirnforschung nachlesen, Chunks ist das Stichwort: https://de.wikipedia.org/wiki/Chunking
Je mehr Informationen ich bündeln kann, desto effizienter, ähnlich wie man bei einer IBAN auch günstigerweise in Zahlenpäckchen aufteilt. Bei d-ges-a müsste ich schon nachdenken.

Dann muss man sagen, ein Tasteninstrument hat immer ein gepfuschte Stimmung. Das geht akustisch nicht auf, also wählt man einen leicht verstimmten Kompromiss, den das Ohr toleriert. Für einen Instrumentalisten, der die Intonation verändern kann, z.B. einen Geiger, sind cis und des eben leicht unterschiedlich.
 
Alles richtig - ich gebe in meinem Unterricht nach Möglichkeit immer die Antwort, die am unmittelbar nachvollziehbarsten und praxisrelevantesten (fürs Klavierspiel oder Komponieren des Amateurs) ist.
 
Axel hat es schon angedeutet: Die Noten sind zwar in gleichschwebender Stimmung enharmonisch verwechselbar, in anderen Systemen, z.B. der über die gesamte Renaissance bis weit in die Barockzeit hinein verbreiteten mitteltönigen Stimmung klingen sie jedoch deutlich unterschiedlich. So ist z.B. D# fast einen Viertelton tiefer als Eb. Hier ist eine sehr schöne Erklärung und Demonstration dieser Tonhöhenunterschiede, insbesondere 11:05 - 12:30:


View: https://www.youtube.com/watch?v=TgwaiEKnMTQ

Die Terzenreinheit der Mitteltönigkeit in manchen Tonarten geht also einher mit einem beschränkten spielbaren Tonartenbereich. Wenn man nun den spielbaren Bereich erweitern will, muss man sich etwas anderes einfallen lassen, wie etwa zusätzliche Tasten (gebrochen und/oder auf zweitem Manual) zur weiteren Unterteilung der Oktave oder auswechselbare Tasten je nach Stück bei gebundenen Clavichorden.

Historische Orgel (1565) in Mantua mit gebrochenen Tasten für D#/Eb und G#/Ab:

View: https://www.youtube.com/watch?v=7GhAuZH6phs


Hier noch ein mitteltöniges Archicembalo/-organo nach Nicola Vicentino (1555) mit erweitertem Quintenzirkel, 31 Töne pro Oktave (nach 30 mitteltönigen Quinten ist die Restquinte fast identisch - bis auf 1 Cent - mit einem schon existierenden Ton, so dass der Zirkel hier auf diese Weise geschlossen wird)

https://de.wikipedia.org/wiki/Archicembalo

View: https://www.youtube.com/watch?v=ld36JlmOtM0
 
Was mich beschäftigt ist, wenn ein Komponist ein Stück in C Dur (eine Tonart ohne Kreuz und b-mole) komponiert und er in diesem Stück einen Stammton um einen Halbton verändern möchte, unter welchen Gesichtspunkten trifft er die Entscheidung, ob er b-mole oder diesis (Kreuz) wählt?
 
Was mich beschäftigt ist, wenn ein Komponist ein Stück in C Dur (eine Tonart ohne Kreuz und b-mole) komponiert und er in diesem Stück einen Stammton um einen Halbton verändern möchte, unter welchen Gesichtspunkten trifft er die Entscheidung, ob er b-mole oder diesis (Kreuz) wählt?

Das ist meistens eine Frage der Harmonie.
Nehmen wir zB den Ton zwischen G und A.
Dieser soll Gis heißen, wenn er mit einem E eine große Terz bilden soll (beispielsweise als Teil eines E-Dur-Akkords V/vi),
und As, wenn er mit einem C eine große Terz bilden soll (beispielsweise als Teil eines f-moll-Akkords)
 

Was mich beschäftigt ist, wenn ein Komponist ein Stück in C Dur (eine Tonart ohne Kreuz und b-mole) komponiert und er in diesem Stück einen Stammton um einen Halbton verändern möchte, unter welchen Gesichtspunkten trifft er die Entscheidung, ob er b-mole oder diesis (Kreuz) wählt?

Ich versuche mal als absoluter Laie, der das Komponieren bisher sehr gerne anderen überlassen hat, mit einer Antwort bzw. stelle diese Antwort zur weiteren Diskussion:

Normalerweise bleibt ein Komponist innerhalb der benachbarten oder parallelen Tonarten. Direkt benachbarte Tonarten von C-Dur sind deren Subdominante F-Dur, die Dominante G-Dur sowie die Mollparallele der Tonika, in diesem Fall a-moll (Tonika ist hier C-Dur). Benachbarte Tonarten lernt man u.a. durch die Beschäftigung mit dem Quintenzirkel und den Kadenzen kennen. Der Komponist entscheidet sich also normalerweise nicht nur einfach so für die Erniedriegung oder Erhöhung eines einzelnen Tones sondern überlegt sich, wo er hin möchte, in welcher Tonart er das Stück weiterführen möchte. Aber auch wenn er in weiter entfernte Tonarten wechseln möchte, übernimmt er natürlich die Vorzeichen dieser Tonart.

In manchen Stücken findet der Pianist in den Noten dann einen Wust an Vorzeichenwechsel und Auflösungszeichen, was im ersten Moment auf uns Hobbyklimperer abschreckend wirkt. Wenn man sich aber ein wenig mit der Analyse des Stückes beschäftigt hat, dann merkt man, dass das Stück so logisch aufgebaut und leichter auswendig zu lernen ist, als wenn augenfreundlicher notiert worden wäre. Die Begründung dafür hatten wir ein paar Beiträge weiter oben bereits.
 
@Klimperline
Danke, nun verstehe ich mein aktuelles Stück besser. An die Dominante und die Subdominante und ihre Parallelen hatte ich nicht gedacht. Habe mit beiden Füßen auf der Leitung gestanden.

@kitium
Danke, das war mein Ansatz mit dem ich bei dem Stück, das ich gerade spiele nicht weitergekommen bin.
 
Das ist meistens eine Frage der Harmonie.
Nehmen wir zB den Ton zwischen G und A.
Dieser soll Gis heißen, wenn er mit einem E eine große Terz bilden soll (beispielsweise als Teil eines E-Dur-Akkords V/vi),
und As, wenn er mit einem C eine große Terz bilden soll (beispielsweise als Teil eines f-moll-Akkords)
Völlig richtig - dennoch ist meine obige Erklärung die allgemeinere, diese hier ein Spezialfall davon.

Die beiden Aspekte "tonales System" (also heptatonische Tonleitern wie Dur oder Moll als Grundlage) sowie "Stammtöne" (=C-Dur-Tonmaterial als weiße Tasten) sind das Entscheidende, alles Weitere ergibt sich daraus (u.a. dass eine Terz immer als Terz auf dem Notenblatt erkennbar sein muss, also entweder beide Töne auf benachbarten Linien oder beide Töne auf benachbarten Zwischenräumen).
 

Hier geht es um eine dynamische Annäherung an die reine Stimmung bei Tasteninstrumenten. Ein Algorithmus bestimmt die "optimale" Intonation für jeden einzelnen Ton je nach melodischem und harmonischem Kontext, wie das die besten Vokalensembles oft intuitiv tun. Eine Komplikation ist das "pitch drift"-Phänomen bei durchweg reiner Intonation: Wenn durchweg rein intoniert wird, sinkt oder steigt man über den Verlauf eines Stückes deutlich.

Eine kleine Übersicht findet man z.B. hier unter "Dynamically adapting tuning schemes":
https://arxiv.org/pdf/1706.04338.pdf

Man sollte jedoch betonen, dass aus musikalisch-ästhetischer Sicht gerade bei Instrumentalmusik "rein" nicht "besser" sein muss und dass Komponisten gerade in der Renaissance und noch im Barock bewusst mit der Reinheit und Unreinheit verschiedener Tonarten auf Tasteninstrumenten gespielt haben.

Jede Stimmung – auch die gleichstufige des modernen Klaviers (die schon in der Renaissance häufig für Saiteninstrumente mit Bünden verwendet wurde) – hat ihre eigenen Reize. Das ist ja das Schöne daran, dass sich der Quintenzirkel nicht so einfach langweilig mit reinen Quinten schließen lässt.
 
Mit Sicherheit, dann schon der Anfangston wird (automatisch) etwas tiefer genommen.
Nein, das macht ein Geiger eben nicht. Töne werden in erster Linie dann in ihrer Intonation geändert, wenn man einen reineren Klang produzieren will - beispielsweise wird man bei Terz-Doppelgriffen die großen Terzen eben nicht zu groß spielen, wie es bei der gleichstufigen Stimmung der Fall ist. Ein cis kann - genauso wie ein des - höher oder tiefer genommen werden. Spielt man das cis als Oberterz zum a, wird man es etwas tiefer intonieren, sofern das a der Melodieton ist. Umgekehrt wird man ein des, tritt es als Unterterz zum f auf, etwas höher nehmen. Mit der Enharmonik hat das nichts zu tun.

Was du vermutlich meinst, ist die Möglichkeit, Leittöne anzupassen. Im D-Dur-Umfeld nimmt man in manchen Situationen das cis etwas höher, um dem Leitton mehr Schärfe zu verleihen. Ein des im f-Moll-Kontext wird manchmal etwas zu tief intoniert, wenn es als Leitton zum c fungiert. Schön ist das in der Regel nicht, besonders im Orchester muss man als Dirigent leider oft darauf bestehen, die Leittöne sauber zu spielen. Im ersten Beispiel ist das cis ja meist nicht nur Leitton zum d, sondern eben auch Terz der Dominante. Und eine zu hohe Terz klingt nun mal sch...e.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für alle, die vom bisher Gelesenen etwas mitgenommen sind, eigentlich aber für alle Musiker - außer für Drummer natürlich - und für diejenigen, die das noch nicht kennen und weil es so schön passt:

Gispirin.jpg

Gute Besserung!

CW
 
Zuletzt bearbeitet:
Spiel mal einen übermäßigen Dreikland, z.B. c-e-gis. Er klingt dissonant, weil das Außenintervall eine übermäßige Quinte ist. Wäre nun das gis kein gis, sondern ein as, wäre das dissonante Intervall zwischen e und as, also eine verminderte Quarte. (Alle verminderten und übermäßigen Intervalle sind dissonant). Egal, wie ich die Töne benenne, es bleibt immer eine Dissonanz übrig. c-e-gis löst sich gut nach F-Dur auf, c-e-as nach Des-Dur, c-fes-as nach Heses-Dur, usw.
Wären as und gis dasselbe, wär der Dreiklang ja konsonant und dissonant gleichzeitg, je nachdem, welche Töne man sich sonst noch anguckt.

Noch ein Beispiel: Spiel mal etwas in a-Moll, gehe zur Dominante E-Dur und spiele dann gis - e nacheinander. Das klingt konsonant. Dann spiele etwas ich f-Moll, gehe zur Dominante C-Dur und spiele as - e nacheinander. Das klingt dissonant. Weil das melodische Intervall im ersten Fall eine Konsonanz ist (gr. Terz) und im zweiten Fall eine Dissonanz (verm. Quarte). Hier kann man den Unterschied zwischen gis und as sehr gut hören.
 
, z.B. c-e-gis. Er klingt dissonant, weil das Außenintervall eine übermäßige Quinte ist.
Okay.
Wäre nun das gis kein gis, sondern ein as, wäre das dissonante Intervall zwischen e und as, also eine verminderte Quarte.
Wieso? Das dissonante Intervall ist doch dasselbe, bei mir klingt c-as genauso dissonant wie c-gis.

CW
 

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