Unterricht behalten

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Clavica

Clavica

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Zitat meines ~75 jaehrigen japanischen Karate Sensei's:
"Ich sein wie kaputte Schallplatte, immer sagen dasselbe, aber ihr verstehen nicht"

(Und ja, ich trainiere seit ~15 Jahren bei ihm und er sagt seit 15 Jahren immer das Gleiche. Ich hoere aber immer was anderes.)

Im Klavierunterricht sitze ich mit gespitzten Ohren und lausche den Erklaehrungen meines KLs. Logisch und eindeutig wie sie sind, nicke ich und mache mir Notizen in die Noten. Er spielt es vor und alles scheint voellig klar. Manchmal spiele ich nach, bis er nickt...
Spaeter dann beim Ueben versuche ich mich an das Gesagte und Gehoerte zu erinnern. Ich schaue in die Noten und sehe meine mir mittlerweile fast kryptischen Zeichen. Aus der Erinnerung tauchen Schlagworte auf wie "diminuendo" oder "Linie" oder "taenzerisch". Dann beginne ich zu spielen und uebe den Tanz, die Linie oder die Artikulation.
Bei der naechsten Stunde merke ich es schon beim Vorspiel. Die Note, zu der ich hin gespielt habe war die falsche und die Linie ist zerhackt, der Tanz ist ein Trauermarsch und die leisen Toene verschwinden im Nichts.
Wieder erklaert er und wieder ist alles logisch und klar. Wieder spielt er und ich hoere und verstehe nicht, wie ich nur so viel von der Stunde "vergessen" konnte. Andere Zeichen muss ich in die Noten fast nie machen, die Schlagworte habe ich richtig gehoert und notiert aber all die Details, die das Stueck aus- und lebendig machen, fehlen komplett. Es ist, als ob mein Verstaendnis nicht ausreiche, um die Erklaerungen in ihrer Komplexitaet zu 'verstehen', so dass nur die groessten Brocken im Sieb meines Gedaechtnisses haengen bleiben und der Rest ins Nirvana rieselt.

Ich frage mich, ob mein KL sich in 15 Jahren auch als kaputte Schallplatte bezeichnen muss :)

Mir ist bewusst, dass es vermutlich keine Antwort fuer mein "Problem" gibt ausser: "Repeat. Again." und "Give it time". Trotzdem wuerde ich mich freuen, wenn mir der ein oder andere eine Idee haette.

Danke,
Eva
 
Zuletzt bearbeitet:
Da ich eine ganze Stunde Klavierunterricht habe, gibt es immer viel, was besprochen wurde und es lässt sich auch gar nicht alles in Zeichen in die Noten malen. Deshalb bereite ich jede Klavierstunde nach. D.h. ich setze mich abends (wenn die Erinnerung noch einigermaßen frisch ist) hin und schreibe alle Sachen auf, die ich beim Üben beachten möchte. Das können allgemeine Dinge sein (mehr unterschiedliche Klangfarben verwenden), oder gestalterische Hinweise (gleichmäßig zuspielen auf xxx) oder technische Dinge (z.B. Handgelenksbewegung).

Dadurch, dass ich die Stunde so rekapituliere, bleiben die Dinge besser im Gedächtnis haften. Außerdem kann ich zwischendrin immer mal wieder in die Notizen gucken und kontrollieren, ob ich noch alle Dinge im Kopf (oder mittlerweile automatisiert) habe.

Also mir hilft das, auch wenn ich mich ab und zu dabei ertappe, dass ich zu einzelnen Stellen die gleichen Dinge aufschreibe, wie 2-4 Wochen zuvor.

Viele Grüße
Susanne
 
Das Problem kommt mir bekannt vor. :-D Mir hilft es, wenn ich mich noch am gleichen Abend ans eigene Klavier setze, direkt nach der Klavierstunde, und die wichtigsten Übesequenzen noch mal nachspiele beziehungsweise die einzelnen Stellen noch einmal so verändere wie sie vom Klavierlehrer korrigiert wurden.
 
Ich habe ein Heft, in dem ich für jedes Stück eine Doopelseite reserviert habe, und ähnlich wie andere schreibe ich mir immer wieder Gesichtspunkte auf, die bei diesem Stück zu beachten sind.
 
Hallo,

ich habe auch mal Buch geführt über die wichtigsten besprochenen Dinge im Unterricht. Mittlerweile kann ich mir das zum Glück alles so merken.
Das liegt vll auch daran, dass ich etwas über 1h Bahn fahren muss, wenn ich vom Unterricht nach Hause möchte, und sich währenddessen irgendwie das Ganze schon "setzt" bzw ich während der Fahrt automatisch darüber sinniere, was ich Neues erfahren habe...

Was ich aber schonmal gehört habe; weiß natürlich nicht, ob das für Dich infrage kommt: Ich hatte mal einen KL, dessen Schüler zT die Unterrichtsstunde per Sprachmemo oder gar Video aufgezeichnet haben. Das wäre natürlich optimal, vor allem per Video, um alles nochmal vor Augen haben zu können (neben dem Gehörten).
Es würde auch Zeit sparen, denn zumindest bei mir war dieses "Buch führen" damals ein ziemlich zeitintensives Nacharbeiten. Allerdings weiß ich nicht, in wiefern das Deinem Lehrer angenehm wäre - andererseits sollte er eigentlich schon damit einverstanden sein, wenn er sich so darüber echauffiert, dass Du so wenig aus dem Unterricht behältst. Du könntest versprechen, die Videos nur privat zur Nacharbeit zu verwenden und die Frage mal vorsichtig in den Raum stellen.

LG
 
@Chopinne

Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass sich mein KL darüber echauffiert, dass ich wenig behalte. Ich echauffiere mich darüber :) aber ich denke auch, dass es ein Teil des normalen Lernprozesses ist.

Die Idee mit dem Video hatte mein Partner auch schon, bis jetzt habe ich mich aber gesträubt, da es meinem Bauch falsch vorkommt. Ausserdem weiss ich nicht, ob es mein "Problem" behebt. Ein Video einer ganzen Stunde ist ziemlich lang und gross. Es ist wahrscheinlich ziemlich viel Aufwand die relevanten Stellen herauszufiltern...

Die Stunde rekapitulieren und Aufzeichnungen machen finde ich eine gut Idee, genauso wie das Nachspielen. Auch das hilft bestimmt. Danke:)

Das Problem liegt aber glaube ich wo anders. Mein Verständnis reicht wahrscheinlich einfach nicht aus um die Komplexität des musikalischen Ausdrucks zu erfassen. Ich kann es nur mit einem Beispiel aus dem Karate beschreiben. Wenn ein Weissgurt "Gyaku zuki" hört, dann denkt er erstmal daran die richtige Hand und den richtigen Fuss für die Technik zu verwenden. Ein Schwarzgurt denkt an den Einsatz der Hüfte, die Spannung im hinteren Bein, das Hikite, die Entspannung der Schultern, die Gewichtsverteilung, das Timing etc. Könnte mir vorstellen, dass es beim Klavierspielen ähnlich ist. Als Weissgurt bleiben mir nur die Schlagwörter...
 
Das Problem liegt aber glaube ich wo anders. Mein Verständnis reicht wahrscheinlich einfach nicht aus um die Komplexität des musikalischen Ausdrucks zu erfassen. ..

An welchen Stücken arbeitest du mit deinem KL? Und wie lange spielst du schon? Wahrscheinlich überfordern dich die Stücke aus musikalischer Sicht, obwohl sie manuell für dich absolut machbar sind.
 
Mein Verständnis reicht wahrscheinlich einfach nicht aus um die Komplexität des musikalischen Ausdrucks zu erfassen.

Ergänze: "noch" => Mein Verständnis reicht wahrscheinlich einfach NOCH nicht aus, um die Komplexität des musikalischen Ausdrucks zu erfassen.

Ich habe auch erst "Buch geführt" (Notizen in separates Büchlein). Anfangs waren es viele Notizen, und ich habe sie regelmäßig konsultiert. Dann bin ich dazu übergegangen, mit kleinen Post-its zu arbeiten. Die Notiz an den Rand der Noten geklebt, beim Üben bedacht und entfernt, sobald es intus war. Mittlerweile brauche ich die Dinger fast gar nicht mehr, weil das meiste sowieso schon fest implementiert ist. So werden wenigstens nicht die Noten verkritzelt. ;-)
 
Dann bin ich dazu übergegangen, mit kleinen Post-its zu arbeiten. Die Notiz an den Rand der Noten geklebt, beim Üben bedacht und entfernt, sobald es intus war. Mittlerweile brauche ich die Dinger fast gar nicht mehr, weil das meiste sowieso schon fest implementiert ist. So werden wenigstens nicht die Noten verkritzelt. ;-)

Solche Post-its benutze ich auch, und zwar die schmalen, farbigen, transparenten. Es gibt sie in verschiedenen Farben, und von daher haben sie manchmal auch eine Bedeutung bei mir. Z.B.: orange = Ritardando nicht vergessen; blau = Blickkontakt mit dem Cellisten.
Es gibt auch ganz durchsichtige (klare), die man auf die Noten kleben kann und mit Notizen versehen. Wenn ich heute Abend etwas mehr Zeit habe, poste ich mal ein Bild von den verschiedenen (nützlichen) Markern.
 
@barrat
Du hast natürlich Recht, ich habe das noch vergessen:)

Tönt so, als wäre das mit dem Klavierspielen echt Arbeit.:)

Gibt es eigentlich einen Grund, dass bis jetzt nur Frauen ihre Nachbereitungstechnik offen gelegt haben?
 
Hallo @Clavica,

ich vermute mal ins Blaue hinein: Kann es sein, daß du eher wenig Erfahrung damit hast, Feinheiten in Musik zu hören und zu Beschreiben?
Hast du schon viele Stücke analysiert oder versucht zu begründen, warum dir eine bestimmte Aufnahme eines Stückes besser gefällt, als eine andere?
Ich glaube es hilft bei der Arbeit am eigenen Musikschaffen, Übung darin zu haben qualitative Feinheiten in fremder Musik zu hören und zu beschreiben.

Da hat man natürlich Vorteile, wenn man schon Musiker ist und das Klavier nur ein weiteres Instrument.
Für die meisten Späteinsteiger bedeutet Klavierlernen ja nicht nur, das Instrument zu lernen, sondern auch überhaupt ein musikalisches Fühlen und Denken zu entwickeln, entsprechende Erfahrungen zu machen und Gespür und Geschmack zu entwickeln. Neben aller reinen Theorie natürlich.

Was ich damit sagen will ist, daß wenn die Aussagen eines KL auf einen so bereiteten Boden fallen, können sie besser verstanden und behalten werden.
Wenn man nicht so vorbereitet ist, ist immer irgendwie ein Übersetzungsaufwand nötig, von der Sprache die einem noch nichts sagt, so daß man es irgendwie versteht. Im Unterricht selbst klappt es wohl eher über Nachahmen als über wirkliches Verständnis.
 

....

Gibt es eigentlich einen Grund, dass bis jetzt nur Frauen ihre Nachbereitungstechnik offen gelegt haben?

Nachbereitung?? Was soll denn danach noch beritten werden? Gönn uns doch mal ne kleine Pause. :-D

Scherz beiseite: Wahrscheinlich gibt es keinen vernünftigen Grund, warum dies hier noch kein Mann getan hat.
Ich selbst habe leider keinen Unterricht. Aber ab und an nehme ich mich selbst per Video auf, sehe mir das Video möglichst genau an und versuche daraus zu lernen. Zusätzlich gibt mir das Aufnehmen das Gefühl, vor "Publikum" zu spielen und im Lauf der Zeit hoffe ich, so mein Lampenfieber zu minimieren.
 
Hallo Clavica

ich unterrichte viel mit Aufnahmen, d.h. wenn es um Feinheiten geht, nehme ich den Schülern sehr oft eine Version auf, die sie zu Hause dann immer wieder anhören können.
Fast alle Schüler haben Smartphones, worüber ich sehr dankbar bin.
Denn vieles lässt sich (ich gebe es zu, v.a. bei erwachsenen Schülern) nicht in Worte fassen...sie müssen es hören um es zu verstehen, und da reicht das eine Mal vorspielen sehr oft nicht.
In diesen Aufnahmen geht es nicht um individuelle Interpretation-es geht sehr oft um rhythmische Genauigkeit, einen bestimmten Rhythmus erfassen-das kann dauern.
Wenn sie es zu Hause dann immer wieder hören, dann können die Schüler das nach einer Woche und das Üben ist viel effektiver.

Nicht umsonst haben moderne Klavierschulen oft eine CD dabei. Ich unterrichte gerne mit der russischen Schule, die auch mit einer sehr guten CD ausgestattet ist.

Vielleicht wäre das ja eine Option. Dann kannst du die Stücke zumindest immer wieder anhören und eine Interpretationsidee bekommen.
:-)
Musik lernen geschieht über das Hören.Ich weiss nicht, warum du meinst, es sei "falsch" Tonaufnahmen im Unterricht zu machen.
LG
Sweetchocolate
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Problem liegt aber glaube ich wo anders. Mein Verständnis reicht wahrscheinlich einfach nicht aus um die Komplexität des musikalischen Ausdrucks zu erfassen. Ich kann es nur mit einem Beispiel aus dem Karate beschreiben. Wenn ein Weissgurt "Gyaku zuki" hört, dann denkt er erstmal daran die richtige Hand und den richtigen Fuss für die Technik zu verwenden. Ein Schwarzgurt denkt an den Einsatz der Hüfte, die Spannung im hinteren Bein, das Hikite, die Entspannung der Schultern, die Gewichtsverteilung, das Timing etc. Könnte mir vorstellen, dass es beim Klavierspielen ähnlich ist. Als Weissgurt bleiben mir nur die Schlagwörter...
Was du beschreibst, wird ein Schwarzgurt wahrscheinlich schon verinnerlicht haben, und eben bei der Ausführung nicht mehr die Details beachten, sondern ganzheitlich richtig machen. Genauso ist es mit dem Klavierspiel. Allerdings obliegt es dem Lehrer, die Konzentration auf Schwachpunkte didaktisch zu ordnen und sinnvoll zu vermitteln, dann kann es keinen Erinnerungssalat geben.

Generell wird immer noch gerade bei Unterrichtsnahme immer bei sich selbst der Fehler gesucht, dabei ist es oft der Unterricht , der nicht angemessen ist. Ein Erwachsener braucht keine Videoaufnahme und auch keine umfangreichen Notizen, sondern der Unterricht sollte so aufgebaut sein, dass das gesteckte Ziel der Unterrichtseinheit auch in der selbigen vermittelt ist und in der Vorstellung des Lerners sich verfestigt hat.

Hör mit Zettelwirtschaft auf und bitte den KL einen Focus zu setzen.

Eine weitere Möglichkeit wäre noch den Unterricht zu splitten und dafür 2xmal pro Woche zu kommen.
 
Das sind die Post-Its, die ich zum Markieren in Noten benutze. Leider ohne Garantie für's Behalten! ;-)


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@Klafina "Blickkontakt mit dem Cellisten" Uhh, mir wird schon schwindelig vor Ueberforderung, wenn ich nur daran denke:) Andererseits, - wenn ich beim Spielen immer noch mit einem halben Ohr hoeren muss "was macht Junior da in der Kueche? Holt er nur ein Stueck Schoki oder ist das ein Messer?" ist das auch nicht ohne:)

@Sven, @Sonatina
Ich habe als Kind ~8 Jahre mit minimalstem Aufwand gespielt und es in beeindruckender Weise geschafft nicht einmal meinen Kopf dabei anzumachen. Jetzt sitze ich da mit einem weniger als Halbwissen, das zum Wegschmeissen zu schade, zum Spielen aber fraglich ist. Was das gibt? Fragt mich in 5 Jahren noch mal:)

@thinman
"Ein Schuft wer Boeses dabei denkt..." Es ist mir einfach aufgefallen, dass nur Frauen in dieser Weise antworteten:)

@sweetchocolate
Ich schrieb ja "da es meinem Bauch falsch vorkommt" was heisst, dass ich keine guten Argumente habe, nur ein Unwohlsein, beim Gedanken die ganze Stunde aufzuzeichnen. Das Aufnehmen von einzelnen Stuecken oder Snippelts kann ich mir aber gut vorstellen und das werde ich mit meinem KL mal ansprechen. Was ich schon versucht habe, ist Stuecke fuer mich aufzunehmen um zu entscheiden, wie ich die Linie fuehren muss. Bis jetzt hat es mir aber noch nicht so viel gebracht, was aber vermutlich an mangelhafter Umsetzung liegt.

@elli
Sage niemals einem Karateka, dass er die Details nicht mehr beachten muesse. Es ist eher so, dass je besser er wird, er desto mehr Kapazitaet hat sich auf (noch weitere) Details zu konzentrieren :) Es koennte sein, dass das beim Klavierspiel aehnlich ist.

@all
Habe das indirekt mit meinem Lehrer heute angesprochen. Es scheint so zu sein, dass er bei seinen Erklaerungen relativ allgemein anfaengt und dann, wenn sich der Schueler weiterentwickelt, weiter ins Detail geht. Da ist dann immer Raum nach oben. Das waere ja dann eigentlich nichts anderes als ein Zeichen, dass ich besser werde *grin*.

Sorry, ich finde das spannend, wie sich langsam eine Welt aufbaut. Sven sprach von Sprache lernen und das ist ein schoenes Bild...
 

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