Hallo Debbie,
hallo in die Runde,
wenn einem die Optik gefällt, wenn einem der Klang gefällt UND wenn das Spielgefühl unter den Fingern OK ist, dann geht fast nichts über ein altes akustisches, hohes Klavier – nur ein
flügel.
Das mit dem "Herz" , fisherman, ist zwar richtig, es sollte aber "tiefe Liebe auf den Zweiten Blick" werden - wenn. Ich möchte mit diesen Worten nicht die Skepsis verstärken (ich sage es eigens, weil sie das tun könnten), sondern auf die richtige Reihenfolge verweisen:
1- Das Klavier in eigenen Augenschein nehmen: Aussehen, Klang, Spielgefühl beurteilen
2- Den lieben Nachbarn dann zweierlei beauskunften:
2a- Es hat gefallen / es ist interessant / schön / möchte ich haben!
2b- Das "Habenwollen" aber (!!) unter den Vorbehalt zu stellen, dass man Laie sei bezüglich der Klaviertechnik, und darauf verweist, dass ein Transport drei Häuser weiter nur lohne, wenn die Kiste eben NICHT Schrott ist - was dann im nächsten Step der Fachmann aussagen wird.
Gutwillige Menschen werden mit diesen Erläuterungen und Reihenfolge keinerlei Probleme haben; wenn Debbies Beschreibung ihrer Nachbarn zutrifft, werden das keine Schlauberger sein, die mit Verweis aufs "Habenwollen" sich selbst u.U. Entsorgungskosten einsparen wollten.
Auf ebay sind mir bereits Schlauberger begenet, die einen klaren Entsorgungsfall für einen Euro reinstellten..
ICH gehe aber in Debbies Fall erstmal davon aus, dass das Klavier ein Klavier an sich ist. D.h. wenn es bis zuletzt bespielt wurde, wird es das (in DEM Zustand, wie es sich momentan befindet) auch noch weiter tun. Ob dieser Zustand einen selbst befriedige, kann man für sich herausfinden – weitenteils, jedoch mit einem gewissen Restrisiko: Wer weiß, ob der vorige Nutzer nicht alle kurze Naselang einen Klavierstimmer herbeiorderte, weil u.U. das Klavier die Stimmung nicht mehr gut hielte? (Krass negativer Fall.) An sowas kann man verrückt werden. Die Kosten, sowas dann zu reparieren , können beträchtlich werden. Und diesen unwahrscheinlichen, aber sehr negativen Fall auszuschließen braucht ein Urteil des Fachmanns.
Ein allererster Check könnte sein, wenn man die ehrliche Auskunft bekommt, wie oft das Klavier gestimmt wurde UND man sich von der Stimmhöhe selbst überzeugen kann.
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Ich sage es mal für mich: als mein Schwager (Profi, Kirchenkantor) vor 25 Jarhen meine Schwester heiratete, sie ins Sauerland zogen und er sich gleich mal ein neues Klavier kaufte 8er hat es schon längst nicht mehr, er hatte es einige Jahre darauf gegen ein mit 16.000 DM zu bezahlendes deutsches Markenklavier getauscht..), da vermachte er mir sein altes Klavier, das er zu Schüler- und Studienzeiten genutzt hatte, eine schwarze Kiste von G.Adam, Wesel, Bj,. 1909.
Ich hatte keine Ahnung von nixx, war nur sehr froh und glücklich, habe dann einfach als Student den Transport organsiiert, westfälisch vier Mann vier Ecken, passt scho – und es passte wirklich. Eine auch heute noch schöne Maschine, die in all den 25 Jahren so fünfmal umzog und insgesamt – na Schlamperei.. – nicht mehr als so sechs-, siebenmal gestimmt wurde. Und die es auch heute noch herrlich gut tut.
Alte hohe akustische Klaviere sind fein. Ihre Qualitäten werden oft nur noch von Flügeln übertroffen, wie ich dann merkte, als ich dann vor kurzem vorsichtig begann, Flügel zu evaluieren.
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Debbie, in meine Adam-Kiste würdest du dich dann möglicherweise auch verlieben:
schwarz, Schellack, Perlmutt-Intarsien, nichts dick verschnörkeltes – aber, wenn er von einem unachtsamen Doofie auf 440hz gestimmt würde, ginge er kaputt. Winzige Anrisse im Basssteg.. Auf seinen 424 Hz läuft der ganz toll, vermutlich auch die nächsten 80 Jahre noch. (Er steht allerdings nicht zum Verkauf.)
Ich wiederhole mich: wenn einem die Optik gefällt, wenn einem der Klang gefällt UND wenn das Spielgefühl unter den Fingern OK ist (woran ein erfahrener Klaviermacher fast alles machen, einstellen und verbessern kann), dann geht fast nichts über ein altes akustisches, hohes Klavier – nur ein Flügel. Ob das Klavier 50 Euro auf eBay, 300 Euro bei den Nachbarn, 1500 Euro beim Klavierhändler oder 3500 bei ebay kostete, ist binnen allerkürzester Zeit nach dem Kauf vollkommen egal. Dann zählt nur noch: schönes Möbel, gutes Spielgefühl, herrlicher Klang.
Hätte ich nicht seit urlanger Zeit meinen dollen G.Adam gehabt, ich hätte mir weitaus zu früh ein weitaus weniger gutes anderes Flügeldings gekauft.. Dem ollen Adam und meinem Schwager werde ich also auf immer dankbar sein, für einen vor langer Zeit schon erreichten, wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Traum: ein eigener großer Flügel. Vorbereitet durch den über sehr lange Jahre gut genutzten ordentlichen Klang eines feinen Hochklavieres.
Und Debbie, du hast mit des Nachbarn Klavier auch so eine Chance. Nutze sie – in der angegebenen Reihenfolge. Guck es dir an, Aussehen, Klang, Speilgefül, wobei das letztere ganz oft einstellbar und verbesserbar ist ggf. – dann einen Fachmann zur Absicherung der Entscheidung – dann Transport –..
.. dann Freude.
Dann nochmal wann stimmen, wenn sich das Klavier an den neuen Raum gewöhnte, nach ca. 6-8 Wochen veilleicht.
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Was kann man selbst tun?
1- Begucken: feines Möbelstück?
2- Bespielen: Klang
3- Tastengefühl
4- Oben aufmachen: Dämpfer unter den Hämmern?
5- Alle Tasten durchspielen, sind sie OK? Oder hängen einzelne?
5- Sind die Hämmer OK? (keine tiefen Riefen? Wenn doch, lassen sie sich etwas abschleifen?)
6- Sind die Dämpfer OK? Dämpft alles gleichmäßig? Da ist viel einstellbar.
7- Sind alle Saiten vorhanden, oder fehlen einzelne, meist im Bass?
8- Pedalfunktionen OK? Rechts die Dämpfungsaufhebung gleichmäßig?
9- Links die Wegverkürzung zum Leisespielen OK? Fast alles einstellbar für wenig Geld.
10- Unten aufmachen, und/oder das Klavier von der Wand abrücken, dass man ihinten reinsehen kann.
11 – Kein Mäusedreck und/oder Mottenbefall?
Haben die Nachbarn ein Hygrometer? Luftfeuchtigkeit im Raum..?.. Haben sie waas getan, dass die Raumfeuchte winters nicht unter 30-35% sank?
(..habe ich sebst auch nie drauf geachtet. Es gibt Klaviere, die da empfindlich sind, andere sind unempfindlich.)
..die Seriennummer?
Man kann über Websites bei den Klaveiren vieler Hersteller das Baujahr in Erfahrung bringen - die Blütezeit des Klavierbaues waren die Jahre 1900-1930. Ältere sind sehr oft "Oberdämpfer" - die Dämpfungsfunkiton ist dann merklich schlechter, aber in bestimmten Musikrichtungen geschätzt (Ragtime..) Eine Oberdämfer-Maschine würde ich aber keinem mehr empfehlen, das ist Liebhaberei.. Klaviere aus Kriegszeiten könnten Kompromisse in sich tragen.. (Holzqualitäten)
12- Resonanzboden gerissen? Fast jedes alte Klavier hat einige kleine Risse im Soundboard. Risse allein sind erstmal noch nicht dramatisch – sie machen ein Klavier etwas leiser. Erst wenn sie aneinander scheppern, wird’s ärgerlich, das muss dann repariert werden. Unten die Stege begucken - eien gut daumenbreite Leiste, über die die Saiten leicht zig-zag entlang zweier Nägel laufen.. - sind die Stege rissfrei? Ggf. fotografieren, hoch auflösend, mit Nahbereichs-Blitzeinstellung und die Fotos zum Beurteilen hochladen..
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13- die Unglückszahl.. – Ab hier braucht es den Klavierbauer oder –stimmer. Oder einen sehr erfahrenen Amateur.. Die mittlere Oktave durchstimmen. Wie ist das Drehgefühl an den Stimmwirbeln? Gleichmäßig und straff? Hält es den Ton? Ab hier versagen mitunter Klaviere, die sehr lange Zeit außer Gebrauch waren. Ihr Stimmstock ist „weich“ geworden, u.U. gerissen, die Wirbel halten nicht, denn der Stimmstock hält die Spannung nicht. In aller Regel versagen zuerst die jeweils unteren Stimmwirbel, weil ihnen nicht mehr genug Haltekraft zuteil wird. Man kann dann dickere Wirbel einsetzen – in Abstufungen von 0,1 oder 0,15 mm Dicke erhältlich, aber auch das kann schiefgehen, wenn der Stimmstock selbst nichts mehr taugt.
Bis hierhin kommt man uU, wenn der Standort des Klavieres in erreichbarer Nähe einiger "Täter" des Clavio-Chats ist - der Micha Klaviermacher beguckt uU was im Raum Bodensee, und im Westfalenlande rund um Soest plusminus 40km ist mit Einbezug vom Georg GSTLP undoder bald dann mir möglicherweise auch so einiges möglich.. Clavio-Chat may help.. ;)