Schumanns "Träumerei" traditionell zu langsam?

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In diesem Falle handelte es sich um einen Meisterkurs, dessen Teilnehmer bereits als (zumindest angehende) Berufsmusiker tätig sind - also kein Terrain für Anfängerfehler. Das wäre wie mit Pippi Langstrumpf im Mathematik-Tutorium: Wer nicht einmal das kleine Einmaleins und die Grundrechenarten beherrscht, wäre bei Euch gleichermaßen fehl am Platze - BWL-Absolventen werden sich bestimmt nicht mit dem Mathe-Stoff der dritten Grundschulklasse abgeben.

LG von Rheinkultur

Das war auch nur ein leicht übertriebener Seitenhieb.
Natürlich gibt man als Mathe-Student kurz vor Abschluss keine Anfänger-Kurse und sogar BWL-Absolventen müssen dann deutlich Fundierteres als Grundrechenarten leisten, vermutlich sogar deutlich mehr als manch Musiker je an Mathe gesehen hat. Ich habe speziell bei BWL-Klassen nur regelmäßig die virtuellen Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. ;) Maschinenbauer etc. waren da deutlichst anderer Bauart.

Ich habe Mathekurse aber auch oft genug als Kursteilnehmer bei absolut genialen Profs gesessen und ich weiß aus Gesprächen mit anderen Teilnehmern, viele (OK, meist gibts auf dem hohen Niveau nur sehr wenige Hörer...) haben letztlich nur 50% von dem verstanden, was der vorgetragen hat. Aber trotzdem wurde keiner des Kurses verwiesen sondern wenn er falsche Antworten gegeben hat, das war oft Ansporn für diese Profs, es nochmals anders zu erklären - letztlich waren alle dort auf einem sehr hohen Niveau unterwegs!


Den Absolutheitsanspruch bzgl. Geschwindigkeiten kann ich als Musik-Laie auch nicht nachvollziehen.
Mit Youtube kann man sich ja jederzeit sehr leicht zu unterschiedlichsten Interpretationen eines Stückes durchklicken und siehe da, es gibt teils eine recht hohe Varianz auf hohem Niveau.

Bachs Kunst der Fuge meist (Sokolov, Koroliov etc.) in dieser Geschwindigkeit dargeboten:


Oder hier viel langsamer:


Für mich funktioniert Beides und ich finde die zweite (sicherlich "falsche") Variante aber viel besser, weil die Schwebungen/Reibungen/Harmonien etc. einfach großartig auf mich wirken im Vergleich zur "gehetzten" Version.
So lange jede Variante sein Publikum findet, kann doch keine vollends falsch sein und der absolute Richtigkeits-Anspruch ist doch etwas fragwürdig im Vergleich zu härter messbaren Fakten in anderen Gebieten? Ja, Ich bin Musik-Laie, haut mich :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Und "der Maestro" wurde danach nur noch "der Metronomnazi" genannt?
Kann mich @Andre73 nur anschließen. Eine "doofe" Antwort ist kein Grund, jemanden aus einem Kurs rauszuekeln oder gar rauszuschmeißen.

Der "Metronomnazi" ist nicht irgendein kleines Licht, sondern einer der gefragtesten Dirigenten weltweit. Den Rest hat @Rheinkultur schon erklärt - bei dem Kurs ging es nicht darum, Amateure zu bespaßen. Das war ein Kurs für Nachwuchsmusiker, die eine Profikarriere anstreben oder schon gestartet haben. Wenn sich herausstellt, dass ein Teilnehmer mit so wenig Ernst an die Sache herangeht wie das hier der Fall war, dann hat der Maestro das Recht, ihm den Unterricht vor dem Orchester (es war ein sehr gutes Berufsorchester) zu verweigern.

Ganz davon abgesehen ging es überhaupt nicht darum, Coriolan in einem genau bestimmten Tempo zu dirigieren (es gibt von Beethoven ohnehin keine Metronomangabe zu dieser Ouvertüre), sondern darum, dass man als Dirigent schon einen sehr plausiblen und glaubwürdigen Grund haben muss, wenn man ein Stück so massiv gegen den Notentext und die Konvention interpretiert. Mit der Begründung "Ich empfinde das so" macht man sich einfach nur lächerlich. Kein Orchester dieser Welt würde so einem Dirigenten folgen, und einem Nachwuchsdirigenten schon gar nicht.

LG, Mick
 
Langsam wird das hier richtig religiös, paar sind hier totale Fundis, die alles was von vorgeschrieben abweicht ablehnen, dann paar normal gläubigen, die sich da und dort Freiheiten erlauben und dann schlussendlich die Musik-Atheisten ..... die lassen sich gar nichts vorschreiben (dazu kann man z.B. Glenn Gould einordnen).

So sind halt die Menschen!
 
ich empfehle, für "religiös" lieber "[...zensiert...]" einzusetzen :-D
q.e.d.

...Bachs Kunst der Fuge ist natürlich die beste Quelle, um Schumanns Tempi zu verstehen... warum und wie Arrau Flügel auswählte, klärt natürlich auch das Tempo der Träumerei... und viel sinnloses Gelaber ist ohnehin am hilfreichsten... und wie so oft ist der Mond seit eh und je eine Salatgurke :lol::drink:
 
Langsam wird das hier richtig religiös, paar sind hier totale Fundis, die alles was von vorgeschrieben abweicht ablehnen, dann paar normal gläubigen, die sich da und dort Freiheiten erlauben und dann schlussendlich die Musik-Atheisten ..... die lassen sich gar nichts vorschreiben (dazu kann man z.B. Glenn Gould einordnen).

So sind halt die Menschen!

Du irrst. Es ist etwas ganz anderes, wenn Glenn Gould sich über eine Anweisung hinwegsetzt als wenn du das tust "weil es dir besser gefällt". Jemand wie Gould weiß nämlich genau, was er tut, warum er das tut und was er damit erreichen will. Und ganz gewiss tut er es nicht aus einer subjektiven Laune heraus.

Sicher kann man über vieles bei Gould diskutieren. Eine unreflektierte, willkürbehaftete Amateur-Darbietung ist im Gegensatz dazu nicht einmal das: diskussionswürdig.

Dasselbe gilt übrigens auch für die Träumerei. Ein hervorragender Künstler kann vielleicht auch noch eine beachtenswerte Interpretation dieses Stücks abliefern, wenn er im halben Tempo spielt. Ein Amateur, der so langsam spielt, weil er es nicht schneller kann, gefällt höchstens sich selbst.
 
Jemand wie Gould weiß nämlich genau, was er tut, warum er das tut und was er damit erreichen will. Und ganz gewiss tut er es nicht aus einer subjektiven Laune heraus.
@mick
und oft genug hat der liebe Glenn sowohl mündlich als auch schriftlich seine Tempowahl in verschiedenen Stücken erklärt - manchmal wurde das als interessant, manchmal als Spinnerei rezipiert (zu Beethovens Kopfsatz op.109 hatte er eine eigene kuriose Theorie zur variablen Tempogestaltung, um nur ein Exempel zu erwähnen - zu bedenken ist dabei, dass op.109 keine Metronomangaben des Komponisten hat)
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@ sämtliche mitteilungswütigen Geistesriesen, die zu träge oder zu unfähig sind, sich darüber zu informieren, wie Schumann (aber auch Chopin, Verdi, Wagner, Liszt) seine Tempi notierte: ...wie war das eigentlich mit dem lieben Glenn und den Schumannschen Kinderszenen, worin ja die Träumerei enthalten ist? (((ja, den Nachthimmel erleuchtet milde eine Gurke, claire de concombre sozusagen))) :lol::drink::lol:
 
@mick


@ sämtliche mitteilungswütigen Geistesriesen, die zu träge oder zu unfähig sind, sich darüber zu informieren, wie Schumann (aber auch Chopin, Verdi, Wagner, Liszt) seine Tempi notierte: ...wie war das eigentlich mit dem lieben Glenn und den Schumannschen Kinderszenen, worin ja die Träumerei enthalten ist? (((ja, den Nachthimmel erleuchtet milde eine Gurke, claire de concombre sozusagen))) :lol::drink::lol:

Also, wenn ich mich da einbezogen fühlen soll, dann bin ich enttäuscht. Ich habe hier nur eine Frage gestellt.
 
Also, wenn ich mich da einbezogen fühlen soll, dann bin ich enttäuscht.
@Ludwig69
wie kommst du darauf, damit gemeint zu sein? hast du hier Gould, Oktavglissandi, oder sonstige Themaverfehlungen und Abseitigkeiten (ich zähl das alles erst ger nicht auf) verzapft? nö, haste nicht - stattdessen hast du eine Frage gestellt, und zu dieser wenige sinnvolle und viele blödsinnige Antworten erhalten.
insofern kannst du nun natürlich enttäuscht darüber sein, das nun sortieren zu müssen ;-):drink:
 
Du irrst. Es ist etwas ganz anderes, wenn Glenn Gould sich über eine Anweisung hinwegsetzt als wenn du das tust "weil es dir besser gefällt". Jemand wie Gould weiß nämlich genau, was er tut, warum er das tut und was er damit erreichen will. Und ganz gewiss tut er es nicht aus einer subjektiven Laune heraus.

Sicher kann man über vieles bei Gould diskutieren. Eine unreflektierte, willkürbehaftete Amateur-Darbietung ist im Gegensatz dazu nicht einmal das: diskussionswürdig.

Dasselbe gilt übrigens auch für die Träumerei. Ein hervorragender Künstler kann vielleicht auch noch eine beachtenswerte Interpretation dieses Stücks abliefern, wenn er im halben Tempo spielt. Ein Amateur, der so langsam spielt, weil er es nicht schneller kann, gefällt höchstens sich selbst.

Mick, meinst Du nicht, dass du gegenüber Amateuren ein bisschen arrogant wirkst? Ich selbst bin zwar kein Amateur aber solche Bemerkungen ersticken jegliche Diskussion über Tempi und Interpretationen. Ich kenne wohl engagierte Amateure die schnell spielen können, aber trotzdem andere Tempi wählen. Nur Herr Gould und c/o dürfen sich sowas erlauben ----- und wenn man nachfragt ...... dann haben selbstverständlich eine Erklärung bereit .... in die ist zu glauben!

P.S. ich habe geschrieben: man spielt es langsam, da es jemand nicht besser kann (so einen wird kaum auch öffentlich auftreten) und solche die es schneller können, jedoch das langsamere Tempo besser finden (rein Subjektiv).
Ich weiss nicht, was ist da noch zu Diskutieren oder zu Erklären ist. Die Komponisten leben nicht mehr und somit ist jede Interpretation Angelegenheit des Interpreten. Das grosse Brimborium um eine Interpretation, finde ich überflüssig.
Wie heiss so schön, Kunst muss man nicht erklären ..... Kunst muss auf einen Wirken. Da stellt sich selbstverständlich die Frage, ist ein Interpreter ein Künstler oder nur ein armer Nachahmer?
 

Mick, meinst Du nicht, dass du gegenüber Amateuren ein bisschen arrogant wirkst? Ich selbst bin zwar kein Amateur aber solche Bemerkungen ersticken jegliche Diskussion über Tempi und Interpretationen. Ich kenne wohl engagierte Amateure die schnell spielen können, aber trotzdem andere Tempi wählen. Nur Herr Gould und c/o dürfen sich sowas erlauben ----- und wenn man nachfragt ...... dann haben selbstverständlich eine Erklärung bereit .... in die ist zu glauben!
du irrst hier mehrfach!
1. wirkt @mick nicht arrogant, ganz im Gegenteil
2. "Herr Gould" hat oft genug deftigen Widerspruch geerntet, keinesfalls sind restlos alle seine Aufnahmen und Texte / Interviews zu Tempoangelegenheiten sakrosankt: du kannst nachlesen, dass z.B. seine (technisch teils sogar vermurkste) Raserei im Kopfsatz op.111 als "yankeehaft" und "einfach nur Pfusch" abgelehnt wurde
3. ob und wie irgendwer irgendwas kann oder nicht kann, sagt nichts über die Tempoentscheidungen eines Komponisten aus
 
Du irrst. Es ist etwas ganz anderes, wenn Glenn Gould sich über eine Anweisung hinwegsetzt als wenn du das tust "weil es dir besser gefällt". Jemand wie Gould weiß nämlich genau, was er tut, warum er das tut und was er damit erreichen will. Und ganz gewiss tut er es nicht aus einer subjektiven Laune heraus.

Sicher kann man über vieles bei Gould diskutieren. Eine unreflektierte, willkürbehaftete Amateur-Darbietung ist im Gegensatz dazu nicht einmal das: diskussionswürdig.

Ja nu, gegen so zwei Alpha Männchen @rolf und @mick sich stellen, da bin ich auf verlorenen Posten. Nur so nebenbei, wenn ich was Privat oder öffentlich spiele .... dann weiss ich was ich tue, auch wenn ich mal eine Scheisse produziere. Die muss ich selbstverständlich nicht gross erklären, die Zuhörer entscheiden da selbst.
 
Das Erste "Die Alpha Männchen" soll euch eigentlich schmeicheln und das Zweite "die Schei...." ... nehme ich selbstverständlich zurück und ersetze es "wenn ich Mist" produziere. Ist zwar das gleiche, aber in diesem Forum passt es besser .... wir wollen doch auch einem gehobenen Level bleiben ...oder?. ;-)
 
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am Nachmittag beim Unterricht mit Orchester hatte unser Kurs nämlich einen Teilnehmer weniger.
wobei es mit Sicherheit kein Argument für oder gegen eine Interpretation ist, ob da jemand von deinem "Maestro" rausgeschmissen wird. Mein "Maestro" (Prof. für Dirigieren und Klavier) sagt gern: "Sie dürfen alles machen, nur nicht langweilen".

Die Kunst ist stets nur von Leuten weiterentwickelt worden, die auf Konventionen einfach mal geschissen haben.

Und so manch einer kann sein Vorgehen halt auch nicht in Worte fassen. Deshalb ist er halt Musiker oder Maler oder Bildhauer geworden. Wie sagte der Maestro Frank Zappa einst: "über Musik reden ist, wie über Architektur tanzen."
 
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Für mich fasst diese Begebenheits-Anekdote eher kurz und prägnant alle Vorurteile zusammen, die man als Laie über den Musikbetrieb so hat.
Ja. Da wird ein unglaublich autoritäres Bild des "Maestros" transportiert. Man kann weit kommen, wenn man sich dem unterordnet. Nikolaus Harnoncourt nannte derartiges Gebaren der "Maestros" in einem Interview mal "billig".

Sehr wahrscheinlich hätte Glenn Gould auch die Antwort gegeben: ich empfinde Bachs Musik so (peng und aus) ;-)
An den habe ich auch als erstes gedacht. Und er wäre auch rausgeflogen und von manchem Lümmel verachtet worden...

Du irrst. Es ist etwas ganz anderes, wenn Glenn Gould sich über eine Anweisung hinwegsetzt als wenn du das tust "weil es dir besser gefällt". ...
Klingt alles sehr autoritätshörig. Du magst viel können und das Glück haben, bei Profis lernen zu dürfen. Trotzdem haben die nicht automatisch Recht, wenn es um Stilfragen geht. Auch Glenn Gould hat mal gesagt: "wenn es alle so spielen, dann probiere ich es einfach mal anders". Und wenn er nicht längst auf eigene Faust berühmt geworden wäre, könnte er unter gleichen Umständen aus einem Kurs rausgeflogen sein und du hättest noch applaudiert.
 
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Hallo Clavionisten!

... Ausflug in die geschichtliche Entwicklung der Tempovorgaben in der Musik. Gibt es vielleicht Literatur über dieses Thema, die für mich als PianoAmateur verständlich und interessant wäre?

Man koennte z.B. das Buch
"Heiner Klug: Musizieren zwischen Virtuosität und Virtualität
Praxis, Vermittlung und Theorie des Klavierspiels in der Medienperspektive"
heranziehen. Ein sehr *kluges* Buch, ich habe es mit groszem Gewinn gelesen. Leider schwer zu bekommen. Darin wird auch eine Lanze fuer Laien gebrochen, welche nicht der "Hochkultur" a la @rolf und @mick "das Wasser reichen" koennen.
Trotzdem, die beiden haben sehr recht, man kann das Tempo nicht willkuerlich aendern, nur "weil es einem gerade gefaellt", das kann ueberhaupt nicht der Anspruch eines ernsthaften, auftretenden (!) Interpreten sein. Die ganze Interpretation musz in sich stimmig sein. Bei Willkuer entsteht kein stimmiges Bild mehr. Das kann man nicht beweisen, aber spueren, fuehlen. Die gelungensten Konzerte sind die, in denen die Klangrede ueberzeugt und stimmig ist. Dazu braucht der Interpret aber ein biszchen Hirnschmalz, das unterscheidet seine Interpretation auch von der naiven des "Wunderkindes", bzw. gibt der Wunderkindinterpretation "noch eine Dimension" dazu.
Also: den Ball flachhalten, @mick spricht ueber professionelle Musiker, der Laie "gefaellt sich selbst", das ist sein Ziel, das hat seine volle Berechtigung und ist unser aller (Laien) Vergnuegen. Aber damit kann und soll man jetzt nicht ein groszes Publikum bespaszen wollen. Fuer die Professionellen ist das grosze Publikum wahrscheinlich Ansporn und Horror zugleich, gibt und nimmt Freiheit zugleich :teufel:. Der Dilettant (im woertlichen Sinne ein sich an etwas Erfreuender) hat da weniger Sorgen und mehr Vergnuegen, macht was IHM gefaellt, ob das nun "grosze Kunst" ist oder nicht.
In diesem Sinne, haut in die (Klavier)tasten zum eigenen Verguegen,
Jannis

PS: jetzt noch weniger ueberzeugt, demnaechst ein Hauskonzert geben zu sollen...
 

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