metaphysische Frage?

  • Ersteller des Themas kreisleriana
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Ohne die Studie zu kennen, kann es sein, dass Geigen für einen Geiger eine sehr große Unterschiedlichkeit aufweisen.
Der Link zur Studie ist angegeben. Die Probanden waren - wenn ich alles richtig verstanden habe - sämtlich Geiger getestet wurde das aktive Spielen und das Zuhören.
Die Autoren vermuten, dass der Besitzer seine Geige an winzigen Abnützungsspuren erkennt. Ich denke, wenn man täglich mehrere Stunden mit einem instrument in direktem Kontakt verbringt, dann fallen einem auch die allerkleinsten taktil erfassbaren Unterschiede auf.

unsenslible Chemikersolidarität an Klimperer und ansonsten beste Grüße

Zweitflügel

P.S.: Ich denke es wäre nicht sonderlich schwierig aus dem Knüpfer Experiment eine Doppelblindstudie zu machen, vielleicht nicht mit unsensiblen Chemikern sondern Berufsmusikern.
 
In der Diskussion werden zwei Dinge vermischt, die man streng voneinander trennen sollte, da sie rein gar nichts miteinander zu tun haben.
1) Das Eine ist die subjektive persönliche Wahrnehmung, die man nicht beweisen kann und auch nicht muss udn vielleicht auch gar nicht sollte. Die individuelle Wahrnehmung der Dinge ist da -im Menschen - und muss gar nichts mit der Realität zu tun haben.
Ein Beispiel: Jemand fühlt sich angegriffen - für ihn ist das Real auch dann wenn es gar keine Grundlage dafür gibt, wenn z.B der andere Mensch (der vermeintlich angreifende) mißverstanden wurde.


2) Das Andere ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem Effekt /einer Erscheinung:
Wir beobachten etwas (die Wahrnehmung des Musikers), haben eine plausible Erklärung dafür z.B. wir vermuten das die Spielweise durch Materialverformung (auch minimalste) auf das Instrument einwirkt und es verändert.
Sei dies Arbeitshypothese noch so plausibel -sobraucht sie doch eine bestätigung durch das Experiment - erst dann ist unsere Vermutung als Arbeitshypthese bestätigt. Je öfter dies durch versch. Experimente gelingt, desto gesicherter ist unsere Annahme und irgendwann könenn wir es getrost als gesicherte Lehrmeinung betrachten. Dennoch stets gilt: sobald ein Experiment unsere Annhme widerlegt ist unsere Arbeitshypothese nicht mehr ausreichend und wir müssen einen neue oder erweiterte Annahme formulieren., da unser "Modell"=Arbeitshypothese die "wissenschaftliche" Wirklichkeit nicht ausreichend beschreibt.


Wohlgemerkt dieser wissenschaftliche Erkenntnisgewinn aus Versuch und Irrtum hat natürlich gar nichts damit zu tun wie wir individuell" unsere "eigene Realität" erfahren (siehe 1).
Das unter 1. und 2. Beschriebene sind zwei völlig voneinander getrennte Wege die Umwelt , die Realität abzubilden . Diese Wege überschneiden sich nie!!! Deshalb können Glaube und Wissenschaft bei philosophisch strenger Betrachtung eigentlich niemals in einen Konflikt geraten!

Nun zu den Instrumenten: da jedes Instrument seine Eigenheiten hat (und zudem sehr komplex), können wir nicht wirklich zwei identische Instrumente zugrunde legen- so wie das für ein Experiment nötig wäre. Dies ist ein grundlegendes Problem der Gestaltung eines Experiemntes und der Beweisfühung. Sinnvoller wäre es den verschiedenartigen Einfluß auf bestimmte Module / Teile des Instrumentes zu messen und dann auf das Ganze zu schliessen.
 
1) Das Eine ist die subjektive persönliche Wahrnehmung, die man nicht beweisen kann und auch nicht muss udn vielleicht auch gar nicht sollte. Die individuelle Wahrnehmung der Dinge ist da -im Menschen - und muss gar nichts mit der Realität zu tun haben.

Das ist genau das: Jeder lebt eben in seiner eigenen Realität - und das zieht sich durch viele Fäden hier im Forum (und durch alle anderen Bereiche des Zusammenlebens). Und deshalb kann es für den einen tatsächlich so sein, daß (um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen) der Pianist sein Instrument in einer Weise beeinflußt, daß es seine Art zu spielen "wiederspiegelt", und für den anderen ist das eben Unsinn. Beides ist für den jeweiligen Betrachter in seiner Realität richtig - weitere Diskussion zwar interessant, aber im Sinne von Meinungsänderung eher aussichtslos.

Gruß
Rubato
 
Pianofortissimo: @
"2) Das Andere ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem Effekt /einer Erscheinung:
Wir beobachten etwas (die Wahrnehmung des Musikers), haben eine plausible Erklärung dafür z.B. wir vermuten das die Spielweise durch Materialverformung (auch minimalste) auf das Instrument einwirkt und es verändert.
Sei dies Arbeitshypothese noch so plausibel -sobraucht sie doch eine bestätigung durch das Experiment - erst dann ist unsere Vermutung als Arbeitshypthese bestätigt. Je öfter dies durch versch. Experimente gelingt, desto gesicherter ist unsere Annahme und irgendwann könenn wir es getrost als gesicherte Lehrmeinung betrachten. Dennoch stets gilt: sobald ein Experiment unsere Annhme widerlegt ist unsere Arbeitshypothese nicht mehr ausreichend und wir müssen einen neue oder erweiterte Annahme formulieren., da unser "Modell"=Arbeitshypothese die "wissenschaftliche" Wirklichkeit nicht ausreichend beschreibt."

Auch das Experiment wäre nicht unbedingt ein Beweis / Gegenbeweis. Wirklich "verstehen" würden wir den Vorgang erst, wenn wir ihn (rational) nachkonstruieren können. Das muß nicht konkret möglich sein, praktische Gründe mögen dagegen sprechen, aber im Prinzip. So, wie etwa die kinetische Gastheorie eine (teilweise) Erklärung für die nur experimentell beschriebene Wärmelehre liefert. Ob eine solche Rekonstruktion der physikalischen Prozesse, die den Vorgang "Klavierspiel" ausmachen, im Prinzip möglich ist?

Nicht zuletzt sprechen Naturwissenschaftler und Pianist/Musiker verschiedene Sprachen, bereits die Verständigung Knüpfers - um auf den Fim zurück zu kommen - mit Pianisten ist ein Meisterstück: Muß er doch den in einer mehr oder weniger esoterisch gefärbten Sprache beschriebenen Problemen seiner "Kunden" mit physikalischen Methoden zuleibe rücken.
LG

Pennacken
 
@pennacken:
Die "rationale", wissenschaftliche, physikalische Erklärung folgt dem von mir beschriebenen Erkenntnisweg also: Theorie-Experiment. Das nennt man "Empirie" es ist der empirsch gewonnene Erkenntnisweg. Alles dadurch belegte nennen wir wissenschaftlich belegt und "bewiesen". Im Grunde ist der empirsche Ansatz ein logischer Denkschrit vom Experiment zur Theorie (Modell) und zurück (Induktion -Deduktion) - dies liegt jeglicher moderner Wissenschaft zugrunde.

Nun ist es bei unserem Thema hier so, dass viele vermuten, dass der Musiker sein Instrument beinflusst (ich übrigens auch). Wir vermuten das, weil wir eine Theorie haben, die unsere Vermutung (Modell) erklärbar macht (Vermutung=Musiker verändert materiell das Instrument durch sein Spiel).
So - nun müssen wir das belegen durch Experimente (dies kann schwierig sein, da kein Instrument dem Anderen gleicht und ein Flügel eine sehr komplexes System darstellt, das von vielen Einflussgrössen beienflusst wird)
Haben wir ein gutes Experiment oder ein Reihe von guten Experiemnten, die unsere Vermutung stützen gilt unsere Vermutung als wissenschaftlich belegt.

Sollten wir am experimentellen Beweis scheitern - ist unsere Vermutung eben noch nicht empirisch wissenschaftlich belegt.
ABER: unser Vermutung kann dennoch im wissenschaftlichen Sinne richtig sein - es fehlt eben noch die geeignete experimentelle Anordnung um den endgültigen Beweis zu schaffen. (Vielleicht in kommenden Generationen mit besseren technischen Methoden in der Zukunft)


Meinen wir aber etwas zu wissen und glauben es, ohne es empirsch (experimentell) belegen zu können, so bleibt dies eine subjektive individuelle Wahrnehmung (ein Glaube?), die da ist und real ist für das Individuum, das es wahrnimmt - gilt aber nicht als empirsich wissenschaftlich belegt.

Im Grunde sind wir in der Philosophie gelandet - viele wissen nicht, dass unser heutige experimentelle Wissenschaft ein Teilgebiet der klassischen Philosophie darstellt, die einen Weg zum Erkenntnisgewinn darstellt. Erkenntnisgewinn durch Experiment und nicht durch Logik allein.
 
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Ja, so ist es. Doppelblindversuche sind ein unverzichtbares Instrument der Wissenschaft. In dem vorliegenden Kontext möchte ich jedoch folgendes Gedankenexperiment anstoßen. Man stelle sich vor, man könne trotz der bereits genannten Schwierigkeiten (zwei oder mehr exakt gleiche Instrumente als Ausgangsbasis, etc.) das Experiment als Doppelblindversuch durchführen, und es käme folgendes heraus (nur mal angenommen):

"Instrumente werden absolut nicht durch die bestimmte Art zu Spielen des Pianisten beeinflußt, es zeigt sich nur die typische Abnutzung (die natürlich abhängig von der Art zu spielen stärker oder schwächer sein kann oder ggfs. bestimmte Töne oder Tongruppen stärker oder schwächer betreffen kann) und die Effekte von Alterung bzw. Klimaschwankungen."

Frage: Wie viele derjenigen, die heute vom Gegenteil überzeugt sind, würden daraufhin ihre Meinung ändern, und wie viele davon würden das Ergebnis schlicht nicht akzeptieren und von unsensiblen Experimentteilnehmern sprechen, die keine Ahnung von xyz haben ...

Es gibt sehr viele Theorien und Doppelblindversuche (ein Beispiel habe ich schon angeführt, weitere sind z.B. Wünschelruten, Bachblüten, etc.) - nur eben: negative Doppelblindversuchsergebnisse führen eben nicht dazu, daß diese Theorien für alle als falsch gelten. Warum ? Vielleicht weil sie für die Anhänger dieser Theorien eben nicht falsch sind.

Gruß
Rubato
 
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Interessantes Thema, solche Diskussionen haben wir in unserem Gitarrenforum auch schon gehabt -> muss man Gitarren einspielen, damit diese ihren Klang entwickeln können (keine E-Gitarren, da schwingt nix außer den Saiten :) ).

Ich habe die meisten Beiträge gelesen, auch den externen Link von hasenbein.

Ich kann nachvollziehen: Luftfeuchtigkeit, Temperatur beeinflussen den Klang einer Gitarre. Ich kann auch nachvollziehen bei einem Holzblasinstrument oder zumindest in Teilen aus Holz, ergibt sich irgendwann wenn es regelmäßig gespielt wird ein Gleichgewicht der Restfeuchte im Holz.
Damit verändert sich dauerhaft das Gewichte des Instrumentes und damit auch die Klangeigenschaften. Wird das Instrument längere Zeit nicht gespielt, stellt sich eine andere Restfeuchte ein, anderes Gewicht etc..

Ein Klavier oder eine Gitarre wird selbst mit feucht gespielten Händen keine andere Feuchtigkeit aufnehmen als die vorherrschende Luftfeuchtigkeit die im Raum gerade vorhanden ist. Änderungen der Temperatur / Luftfeuchtigkeit im Raum werden sich, je nachdem wie gut das Holz behandelt ist (Lack) verzögert auf das Holz des Instrumentes auswirken. In einem Konzertsaal (mit Klimatechnik und Belüftung für die zu erwartenden Zuschauer) werden sicherlich andere Bedingungen herrschen als Zuhause im Musikzimmer. Eine Akustikgitarre muss sich einige Zeit an die Umgebung "gewöhnen" bevor diese halbwegs stimmstabil gespielt werden kann (bei einem Klavier wird das bestimmt ähnlich sein).

Was den Klang einer Gitarre wesentlich beeinflußt (während der Lebensdauer) sind die Saiten (Hersteller, Stärke, Alter, Material, Spielart etc.) - kann ich auch nachvollziehen.

Wie können Schallwellen Holz beeinflussen ? Wo merkt sich das Holz, sei es jetzt eine Gitarre oder Flügel innerhalb seiner Struktur welche Schwingungen (Schall) es bereits wie oft gehört hat ?
Mit Mikrowellen kann man Moleküle (Wasser) zum schwingen bringen und Speisen damit erhitzen, wobei sich damit die Temperatur und damit wieder die Feuchtigkeit und damit das Gewicht ändern ...

Was kann das Holz also wo speichern wenn es eingespielt wird ? (Ich behaupte jetzt einfach: Um die Wassermoleküle im Holz zu beeinlussen wird die Schallenergie nicht reichen).
Wie sollen sich Holzzellen ausrichten und vor allem in welche Richtung ? Die "schwingenden" Teile einer Gitarre oder eines Klavieres schwingen sicherlich nicht schön immer in eine Richtung (wie Wellen am Meer). Die Lautstärke beeinflusst wahrscheinlich die Intensität (Hub der Schwingung), wobei die Frequenz (Ton) vermutlich die Schwingung ansich beeinflusst (die Wellenlänge ist bei verschiedenen Frequenzen unterschiedlich lang, so dass mal "Berge" oder "Täler" an ein und derselben Stelle im Holz auftreten können.

Also so etwa 80 % bin ich überzeugt, dass man Gitarren nicht einspielen kann. Möglicherweise ist das bei einem Klavier anders, dass die Mechaniken sich erst, ich übertreibe jetzt bewusst "einschleifen" müssen um ein "schönes" Spielgefühl zu entwickeln und damit auch einen anderen Klang.

Meinungen dazu ?
 
Keine weiteren Meinungen ?
 
Hallo,
ich habe in einem Gitarrenforum das gefunden, wo beschrieben wird, dass der Unterschied, ob man eine Gitarre spielt oder nicht spielt, mit der Verhärtung und Ablagerung von Harzanteilen zu tun hat:

Acoustic Guitar Forum :: Thema anzeigen - was ist eine "tote" Gitarre?

Weiter wird erwähnt, dass akustische Gitarren mit Fichtendecke durch häufiges spielen lauter werden, weil sich Spannungen in der Fichstendecke abbauen.
Als ich mir eine Gitarre mit Zederndecke kaufte, meinte die Verkäuferin auch, dass der Klang des Instruments sich mit der Zeit durch das Spielen entwickeln würde. Es scheint unzählige Musiker zu geben, die entsprechende Eindrücke bei den Instrumenten gewonnen haben.

Ich denke, wenn da was dran ist, gilt das zumindest teilweise auch für den Resonanboden eines Klaviers. Außerdem tauschte man (zumindest früher in Nordamerika und Kanada) Steinway-Konzertflügel JE NACH BEANSPRUCHUNG i.d.R. nach 5-10 Jahren, weil der Resonanzboden dann für den Klang nicht mehr die volle Dynamik/Spritzigkeit hergibt. Also die wurden selbst dann für den Konzertbetrieb ausrangiert (und nach Überholung an Privatleute verkauft), wenn die Mechanik ständig etc. ständig gewartet und gepflegt wurde und eigentlich mit dem Instrument alles in Ordnung ist (so zumindest zu lesen in "Romanze mit einem Dreibeiner"). Das wäre für mich ein Beleg, dass sich der Resonanzboden abhängig vom Spiel verändert. Ob die Veränderung gut ist oder schlecht, ist eine andere Frage.
 
Nach weiterem nachdenken, lesen .... könnte ich mir vorstellen, das die Konstruktion des Instrumentes wesentlich bestimmt, ob sich das Instrument bzw. die Konstruktion "setzen, stabilisieren oder einschwingen" muss. Alles andere erscheint mit recht unwahrscheinlich. Das Holz wird ja extra Jahrelang gelagert, damit sich nichts mehr ändert. (das sich das Harz innerhalb des Holzes da noch ändern soll ... halte ich für sehr unwahrscheinlich).

Das würde auch erklären, dass sich ältere nicht gespielte Instrumente nicht mehr ändern können - die Konstruktion ist im laufe der Jahre völlig duchgetrocket, stabilisiert.

Und,

nach einem Austausch z.B. des Resonanzbodens, muss sich die Konstruktion wieder stabiliisieren, einschwingen. Verbindungen, Schrauben, etc. wurden gelöst und wieder befestigt, das Holz ist von einem anderen Baum, ein wenig dicker oder dünner (µm Bereich).
 
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Bassplayer, ich stimme Dir absolut zu. Es macht einen Unterschied ob Zellen ständig durchgeschüttelt werden oder sich der Inhalt dauerhaft der Schwerkraft beugt. Auch für den menschlichen Organismus gibt es solche Theorien - Trampolinspringen als Anti-Aging und sogar als Therapie. Wo ich einen kleinen Einwand habe:
JE NACH BEANSPRUCHUNG i.d.R. nach 5-10 Jahren, weil der Resonanzboden dann für den Klang nicht mehr die volle Dynamik/Spritzigkeit hergibt. Also die wurden selbst dann für den Konzertbetrieb ausrangiert (und nach Überholung an Privatleute verkauft), wenn die Mechanik ständig etc. ständig gewartet und gepflegt wurde und eigentlich mit dem Instrument alles in Ordnung ist (so zumindest zu lesen in "Romanze mit einem Dreibeiner"). Das wäre für mich ein Beleg, dass sich der Resonanzboden abhängig vom Spiel verändert.
Ich denke, dass hierfür eher wirtschaftliche Erwägungungen eine Rolle spielen. (Noch hoher Wiederverkaufswert, Einsparung einer Generalüberholung, etc. - die Amis waren da schon immer sehr pragmatisch!)
 
@fisherman

wenn Du menschliche Zellen lange genug lagerst, von mir aus 10 Jahre, dann ändert sich auch beim Trampolinspringen nichts mehr an diesen Zellen. :)

Das abgelagerte Holz ist "tot" - dafür wird es ja abgelagert. Es darf sich eigentlich auch gar nicht ändern. Wenn ein Klavierbauer ein Klavier herstellt, muss er sich darauf verlassen können, dass die eingesetzten Materialien ihre Eigenschaften und ihre Funktion behalten. Wenn dem nicht so wäre, könnte ein Klavier durch bespielen auch schlechter klingen. Sollte sich etwas an den Materialien ändern, müsste das ja auch mal - rein aus statistischen Gründen - nach hinten losgehen.
Das scheint aber nicht so zu sein ... die Entspannung der gesamten Konstruktion erscheint mir da wahrscheinlicher.
 
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Hallo,

das Teil dass Toni anspricht ist bei meinem 1875 Grotrian auch eingebaut. Ob man da so einfach rumdrehen kann? Besser mal nicht.

Beste Grüße

H.
 
Bassplayer, ich stimme Dir absolut zu. Es macht einen Unterschied ob Zellen ständig durchgeschüttelt werden oder sich der Inhalt dauerhaft der Schwerkraft beugt. Auch für den menschlichen Organismus gibt es solche Theorien - Trampolinspringen als Anti-Aging und sogar als Therapie. Wo ich einen kleinen Einwand habe:
Ich denke, dass hierfür eher wirtschaftliche Erwägungungen eine Rolle spielen. (Noch hoher Wiederverkaufswert, Einsparung einer Generalüberholung, etc. - die Amis waren da schon immer sehr pragmatisch!)

@fisherman: der Wiederverkauf mag damals auch eine Rolle gespielt haben und dürfte heute noch bedeursamer sein, weil Steinway im Laufe der Jahre den Service einschränkte, mit dem die Künstler verwöhnt wurden. Ich gebe aber mal ein paar Zeilen aus S. 134 des Buches wieder, was über die Lebensdauer eines Konzertflügels erklärt wird, wobei ich nicht weiß inwiefern es tatsächlich so ist:

Ende der 50 reiste Clifford Gray (Chef bei Eaton's in Toronto: ein Kaufhaus mit riesiger Klavierabteilung und Konzertsaal) nach New York zu einem Treffen mit dem Leiter der Abteilung Concert & Artist bei Steinway, um über die vielen Klagen der Musiker zu sprechen, die dort Konzerte gaben. Einige der Flügel... waren schon länger als 10 Jahre bei Eaton's. Steinway stimmte zu, dass sie alle gegen neue Instrumente ausgetauscht werden sollten. Grays Beschwerde entsprach der Philosophie von Steinway, dass ein Flügel im Allgemeinen nach sechs oder sieben Jahren nicht mehr für den Konzertsaal zu gebrauchen ist. Man wusste, dass ein Konzertpianist ein Instrument haben wollte, das auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit war, reif genug, aber nicht hinüber. Zehn Jahre war das äußerste für die professionelle Lebensdauer eines Konzertflügels.


Weg von den Absichten Steinways zum eigentlichen Thema:
Ich war über diese Zeilen, die ich ähnlich wie ein Baron aus Bayern aus urheberrechtlichen Gründen geringfügig verändert habe, sehr überrascht, weil es ziemlich krass klingt. Man beachte, dass Gould später viele Aufnahmen auf einem der ausrangierten Konzertflügel einspielte, der schon 15 Jahre ununterbrochen im Konzertbetrieb benutzt worden war und ständig von erfahrenen Technikern gewartet worden war. Aber Gould brauchte natürlich selten ein forte Fortissimo.

Vor einem Jahr war ich bei einem Klavierhändler, der zwei Steinway-Klaviere (V125) in der Ausstellung stehen hatte. Ein neues und ein komplett generalüberholtes (Wirbel, Hämmer, auch neubesaitet, sogar neu lackiert) aus den 50ern. Ich merkte mit meinen unerfahrenen Ohren beim Spiel einer Invention von Bach praktisch keinen Unterschied, wobei ich damit ja auch nicht die Dynamik des Instruments ausloten konnte. Der Händler (und Klavierbaumeister) erklärte mir aber, dass das ältere Klavier nicht die "Spritzigkeit" des neuen besitzt, aber dafür mit den Jahren an Tiefe im Klang gewonnen hat. Und ihn halte ich nicht für einen Metaphysiker, sondern für einen erfahrenen Klavierbauer, der weiß was er hört und wovon er spricht. Für mich kann das nur mit Veränderungen des Resonanzbodens zu tun haben, die auch mit den beim Spielen verursachten Schwingungen zu tun haben müssen und nicht nur durch Veränderungen im Wassergehalt verursacht werden. Goulds CD 318 wurde von vielen Konzertpianisten Ende der 50er nicht mehr ausgewählt, weil ihm nach meiner Interpretation etwas von dieser Spritzigkeit fehlte, während er seinem späteren Eigentümer, der eher untypische Anforderungen an ein piano hatte, ein enormes Klangspektrum zur Verfügung stellte.
 
Es kann ja nicht nur an der Spielart gelegen haben, daß Horowitz seinen eigenen Flügel (ca. Bj. 1943) für die Konzerte haben wollte.
Grüße
Toni
 

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