Komponieren - aber wie??

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Schattensaiten

Schattensaiten

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4. Juli 2008
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[Untertitel: wohin mit meinen Ideen?]

Guten Abend!

Mir geht es oft so, dass ich DIE absolut einschneidende Idee für DAS ultimative Stück habe. Es gibt dann zwei Möglichkeiten, was passiert:

1. Die Idee erscheint mir in einem denkbar ungünstigen Moment, ich habe weder Stift noch Papier und sie verschwindet wieder, bis ich die Möglichkeit hätte, sie aufzuschreiben.
2. Die Idee erscheint, ich bin zu Hause und schreibe oder nehme auf, was mir so durch den Kopf geht.

Meist ist das dann aber nur ein Thema und dann ist es auch schon wieder vorbei mit der Kreativität. Mir fehlt dann einfach der Faden, es geht nicht weiter. Und immer nur die Sachen wiederholt mit anderer Instrumentierung spielen oder oktavieren oder so, das kann's ja irgendwie auch nicht sein...

Habt Ihr auch solche "Erlebnisse"? Was macht Ihr dann mit den jeweiligen Themen? Ich mein, kein Mensch interessiert sich für eine Ansammlung superkurzer Stücke!:?

Einen schönen Abend wünscht

Frau Schattensaiten!;)
 
Naja, ist immer wieder dasselbe: Eine Idee haben ist nicht sooo schwer (meistens sind die Ideen, die man hat, sowieso nicht so dolle und eher schon lange abgegrast), sie umzusetzen ist schwieriger. Es nützt also gar nichts, eine Idee zu haben, sondern man muß das Handwerk beherrschen und den nötigen Fleiß aufbringen, um aus einer Idee ein vollständiges Stück zu machen. Hat man Fleiß und Handwerk, geht's sogar ohne Ideen.

Ansonsten mach's wie Schubert: Der hatte neben dem Bett Papier und Bleistift liegen, so daß er alles sofort aufschreiben konnten, was ihm in den Sinn kam, und wenn es nur eine ungewöhnliche Akkordverbindung war. Sorg also einfach dafür, daß du immer Papier und Bleistift zur Hand hast, nichts ist einfacher.

Schwieriger ist, die notierten Ideen auch zu verwerten -- da hilft nur Ausdauer und unablässiges kontinuierliches Arbeiten, so ist das nun mal und selbst dann, wenn man gar nicht den Anspruch an sich stellt, Meisterwerke zu schreiben.
 
Das hat nichts mit Kulturpessimismus zu tun, sondern nur mit ein wenig Erfahrung. Ich selber komponiere gelegentlich, bezeichne mich aber lieber als "Komponierenden", nicht als "Komponisten" und wäre nicht größenwahnsinnig genug, meine Ergüsse, die eher zweckgebunden sind und nicht l'art pour l'art, Meisterwerke zu nennen.

Die Erfahrung sagt: Eine "Idee", sei es eine melodische, harmonische oder rhythmische Wendung, mag als Keimzelle dienen, die wirklichen Ideen aber entstehen erst während der Arbeit, die darin besteht, aus einer solchen Keimzelle mehr zu machen. Da erweist sich dann, ob man "Ideen" hat, z.B. wie man von Thema A nach Thema B kommt. Dazu gehört Handwerk. Handwerk allein genügt vielleicht nicht, ist aber nötiger als eine einzige anfängliche Idee.

Nehmen wir ein allbekanntes Beispiel, nämlich Bachs C-dur-Präludium aus dem WTK I. Ist die Figur der Akkordzerlegung eine Idee? Vielleicht, könnte aber auch sein, sie ergab sich einfach aus der Fünfstimmigkeit. Sind die ersten vier Takte eine harmonische Idee? Nein, sie bilden eine simple Kadenz, wie die Anfangstakte bei vielen Präludien Bachs. Worin also besteht die eigentliche Idee? Aus einer handwerklichen! nämlich einen konsequent fünstimmigen Satz zu schreiben. Die Idee ist also eher unscheinbar, aber WIE sie umgesetzt ist, hat das Stück populär gemacht. Die meisten, die's kennen, könnten den wahren Zusammenhang zwischen Idee und Umsetzung allerdings gar nicht benennen. Solange sie's nicht können, stehen sie auf der Seite der Konsumierenden, nicht der Produzierenden.
 
[Untertitel: wohin mit meinen Ideen?]

Guten Abend!

Mir geht es oft so, dass ich DIE absolut einschneidende Idee für DAS ultimative Stück habe. Es gibt dann zwei Möglichkeiten, was passiert:

1. Die Idee erscheint mir in einem denkbar ungünstigen Moment, ich habe weder Stift noch Papier und sie verschwindet wieder, bis ich die Möglichkeit hätte, sie aufzuschreiben.
2. Die Idee erscheint, ich bin zu Hause und schreibe oder nehme auf, was mir so durch den Kopf geht.

Meist ist das dann aber nur ein Thema und dann ist es auch schon wieder vorbei mit der Kreativität. Mir fehlt dann einfach der Faden, es geht nicht weiter. Und immer nur die Sachen wiederholt mit anderer Instrumentierung spielen oder oktavieren oder so, das kann's ja irgendwie auch nicht sein...
Ich kenne das auch. Meine Lösung: Ich trage die Idee bei mir, solange bis sie nicht mehr verschwindet. Das heißt, sie wird Teil meines Denkens. Ich spiele sie dann fortwährend und beginne behutsam sie auszuschmücken. Einmal so, ein anderes Mal so. Nur die Grundidee wird nicht verändert.
Oft passt das Getue rundherum nicht, dann lasse ich es für eine Weile sein. Aber die Grundidee bleibt, sie kommt wieder.
Noch ist sie kein vollkommenes Stück, aber es ist ein ganz besonderer Teil von mir. Es könnten Tage, Wochen oder Monate vergehen. In einem Fall waren es etwa 2 Jahre. Eines Tages hatte ich eine andere, vollkommen unabhängige Idee - eine Melodie im Ohr. Ich formte diese auf die gleiche Art und erkannte plötzlich - das passt genau zu dem anderen kleinen Stück, und es ist genau diese Ergänzung, die nötig war. Jetzt wirds richtig spannend - es geht fast explosionsartig und das Stück wird ein wirkliches Werk!

Liebe Grüße
Klaviermacher
 
Guten Abend zusammen...

...und vielen Dank für Eure ausführlichen Antworten!:)

Worin also besteht die eigentliche Idee? Aus einer handwerklichen! nämlich einen konsequent fünstimmigen Satz zu schreiben.

Klar...
Bei mir ist es allerdings nicht so, dass ich jetzt die Idee habe, einen fünfstimmigen Satz, einen Kanon oder ein wasauchimmer zu schreiben. Ich habe weder die Erwartung noch den Anspruch an mich, in irgendeiner Weise kompositorisch tätig zu werden. In mir taucht was auf, aber es geht nicht weiter, aber mir liegt viel daran, das irgendwie umzusetzen, mich musikalisch mitzuteilen. Natürlich ist an dieser Stelle ein gewisses Handwerk schon ganz sinnvoll und hilfreich (alleine was die Begleitung angeht).
Aber...
Bleiben wir mal in der Popularmusik: In mir befindet sich eine Refrain-Idee. Aber wie kriege ich dann die Strophe zusammen? Wenn ich da auf "handwerkliches" zurückgreife, dann hört sich das sehr schnell konstruiert an. Und das genau ist das, was ich eigentlich gerne vermeiden möchte. Es ist ein bißchen so, als ginge man in der Stadt spazieren und bleibt stehen, weil eine schöne Melodie aus einem geöffneten Fenster erklingt. Und nach ein paar Sekunden macht jemand das (doppelverglaste) Fenster zu und man hört nix mehr.

Ich kenne das auch. Meine Lösung: Ich trage die Idee bei mir, solange bis sie nicht mehr verschwindet. Das heißt, sie wird Teil meines Denkens. Ich spiele sie dann fortwährend und beginne behutsam sie auszuschmücken. Einmal so, ein anderes Mal so. Nur die Grundidee wird nicht verändert.
Oft passt das Getue rundherum nicht, dann lasse ich es für eine Weile sein. Aber die Grundidee bleibt, sie kommt wieder.
Noch ist sie kein vollkommenes Stück, aber es ist ein ganz besonderer Teil von mir. Es könnten Tage, Wochen oder Monate vergehen. In einem Fall waren es etwa 2 Jahre. Eines Tages hatte ich eine andere, vollkommen unabhängige Idee - eine Melodie im Ohr. Ich formte diese auf die gleiche Art und erkannte plötzlich - das passt genau zu dem anderen kleinen Stück, und es ist genau diese Ergänzung, die nötig war. Jetzt wirds richtig spannend - es geht fast explosionsartig und das Stück wird ein wirkliches Werk!

Ja, Klaviermacher. Das Problem ist nur, dass ich - nenne es typisch weiblich:D- quasi die personifizierte Ungeduld bin. Ich habe da diese Idee und ich will, dass sie JETZT (oder bald) den Weg nimmt, den ich mir vorstelle. Mit Anfang und Ende und über eine gewisse Länge ausgebreitet. Kann man das nicht irgendwie beschleunigen?;)
 

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