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Man höre und schaue sich einfach mal das schrecklich verkrampfte, unmusikalische Gedudel bei einem typischen Musikschul-Vorspiel an. Daß das so ist, liegt am Erlernen der Musik primär über Noten.
Nein, das ist nicht richtig und der Vergleich falsch.
Das Notenspiel ist der Spezialfall, der aber aus verschiedenen Gründen in der westlichen Welt zum "Normalfall" erklärt wurde, was zur Folge hatte, daß nun eine übergroße Zahl von Menschen sich für "unmusikalisch" hält und das freie, natürliche Musizieren, wie es andernorts noch gang und gäbe ist, sehr selten geworden ist. Man höre und schaue sich einfach mal das schrecklich verkrampfte, unmusikalische Gedudel bei einem typischen Musikschul-Vorspiel an. Daß das so ist, liegt am Erlernen der Musik primär über Noten.
Glücklicherweise ist an unseren Musikschulen bei Schülervorspielen längst nicht nur Unmusikalisches zu vernehmen
Der Notentext ist gerade bei anspruchsvollen Klavierparts unverzichtbar beim Einstudierungsprozess, zumal er den analytischen Umgang mit einer Vorlage ermöglicht.
Wer sagt denn, dass das Ziel des Klavierunterrichts gerade in der Interpretation anspruchsvoller oder gar virtuoser Werke liegt?Nur wenige können mit dem Werdegang eines Peter Feuchtwanger virtuose Sololiteratur nur durch Hören in die Finger bekommen - soweit es sich um die klassische Pianistik handelt.
Wer sagt denn, dass das Ziel des Klavierunterrichts gerade in der Interpretation anspruchsvoller oder gar virtuoser Werke liegt?
Entscheidend ist natürlich, was gespielt wird. Improvisatorische Aufgaben, Volkslied- oder Choralharmonisierung setzen sich von der reinen Reproduktion nach vorgegebenen Noten ab - teilweise ist gar keine geschriebene Vorlage für solche Betätigungsfelder erforderlich, sondern eher ein gutes Gehör und entsprechende Spielpraxis. Das eine schließt das andere ja nun wirklich nicht aus - und das Ziel wird nicht für alle Klavierschüler heißen, die Ausbildung mit dem Konzertexamen und Beethovens späten Sonaten beschließen zu müssen. Wenn aber entsprechende Literatur avisiert ist, geht es in der Regel nicht ohne Arbeit am Notentext.Wer sagt denn, dass das Ziel des Klavierunterrichts gerade in der Interpretation anspruchsvoller oder gar virtuoser Werke liegt?
Genau diese - realitätsfremde - Annahme führt nach meinem Empfinden dazu, dass übermäßiger Wert aufs Literaturspiel (d.h. nach Noten) gelegt wird. Zuerst lernen wir die Noten und dann, toll, spielen wir die Klavierschule von vorn nach hinten durch. Bald beschäftigt sich der Schüler ein halbes Jahr mit seinem ersten Sonatensatz, den spielt er dann einmal vor, wenn er aber außerhalb des Zieltermins Schülervorspiel mal ein Klavier vorfindet, ist er nicht vorbereitet, kann leider nicht mal eben was spielen.
Musizieren für den "Hausgebrauch", spontan ein Kinderlied begleiten, oder zu Weihnachten oder Geburtstagen mal was begleiten, oder einfach vor sich hinklimpern, ohne ewig vorher zu üben, das wird viel zu wenig vermittelt. Und ich behaupte, in dieser Disziplin kann man ohne Noten durchaus ein Stück weit vorankommen. Irgendwo kommt man natürlich auch hier nicht mehr weiter, und gewisse harmonische Zusammenhänge lassen sich ohne geeignete Notation auch nicht vermitteln, schon klar.
Ich will damit nicht sagen, dass man keine Noten braucht. Aber die Vehemenz, mit der sie hier als essentiell dargestellt werden, finde ich übertrieben. Mir gefällt da der von hasenbein immer wieder vertretene Ansatz viel besser.
Ciao
- Karsten
(auch wenn er, wie bei Chiarina, erstmal ohne Noten anfängt, das hat sich ja als Modeerscheinung etabliert, genauso wie "auch mal zu improvisieren" - interessanterweise wird nach der Anfangszeit dann sehr oft aber gar nicht mehr ohne Noten musiziert...), (...)
Notenkenntnis steht der Musikalität natürlich nicht im Weg, und für all die wunderschöne überlieferte Musik mit all ihren Feinheiten ist sie essentiell. Habe gerade gestern im d-moll Präludium aus dem WTK I eine weitere (dritte) Stimme entdeckt in den arpeggierten Akkorden der RH, ohne Noten undenkbar!Dass also die Beschäftigung mit Noten nicht zu einem Unverständnis von Musik führen muss, sondern gerade zum Gegenteil.
Auch wenn ich mich wiederhole: Ein gutes Unterrichtskonzept vermag das eine zu berücksichtigen ohne das andere außen vor zu lassen. So sollte es eigentlich sein - und Hasenbein stellt richtigerweise fest, dass das allzu oft in der Praxis nicht der Fall ist. Nur: das liegt nicht am Vorhandensein eines Notentextes, sondern am ganz individuellen Unvermögen, die zweckgerechte Arbeit an Selbigem durchzuführen - resp. diese Technik eben zu vermitteln. Das Notenlesen ist nun mal nur ein Aspekt unter vielen...!Aber (und ich hatte vom 7. bis 16. Lebensjahr nur einen einzigen Lehrer, verallgemeinere hier also völlig unzulässig) - wenn wir erstmal Noten lesen können, besteht doch die Gefahr, das freie Spiel ziemlich zu vernachlässigen. Denn: nach dem Vorspiel ist vor dem Vorspiel, und wenn man das fest im Blick hat, konzentriert man sich vielleicht eher auf das nächste Stück statt auf freie Improvisation!?
Keine Motivation hingegen würde es hervorrufen, wenn es nur darum ginge, die Lautkombinationen möglichst flüssig und mit von Erwachsenen vorgegebenen Betonungen auszusprechen. So etwas erscheint uns absolut absurd - dennoch ist so etwas im Instrumentalunterricht gang und gäbe.