Emotionen beim Spielen

Hallo Sesam,
ein Lang Lang hat sich natürlich mit den Inhalt des Stückes auseinander gesetzt. Der weiß, was der Komponist ausdrücken wollte. Bei "Für Elise" kann man sich ja das vorstellen. Ich versuche hier an einen Verliebten zu denken, der im Zwischenstück etwas in Wallung gerät.

Zeit nehmen für Assoziationen halte ich für wichtig. Du sagst meines Erachtens auch richtig, dass man gar nicht spielen muss, sondern nur hören und fühlen!

Gruß Sebastian

http://www.youtube.com/watch?v=fRnTLDB1RDk
Lang Lang hat viele Fans und viele Kritiker, ich finde es aber kühn, ihm Empfindungen beim Musizieren abzusprechen.
Viele stören sich an seiner Art, Grimassen zu machen, oder seinem etwas theatralischen Auftreten.
Meiner Meinung nach steht das auf einem anderen Blatt.

Ich denke auch, dass er sich sehr wohl auseinandersetzt mit der Musik, in der ihm eigenen Weise. Lang Lang ist sicher sehr eigenwllig und auch ein Showstar, was inder Klassikszene nicht sehr gut anzukommen scheint. Viele sagen, er mache nur Theater und lebe von seiner brillanten Technik, und das ist einfach falsch und ungerecht, in meinen Augen.
 
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Emotionen zu üben ist ein äußerst interessanter Ansatz!

Hmm, Emotionen zu üben würde ich nicht direkt sagen, aber Emotionen zulassen beim Üben (wie beim Spielen allgemein). Die Musik löst ja Emotionen aus, und diese Emotionen wirken dann wieder zurück auf die Art wie man spielt. Man muß da nichts künstlich von außen auf die Musik draufsetzen.
 
Hi,

ich hab' den Faden auch schon eine Weile mitgelesen, aber ich finde Emotionen beim Musik machen ein schwieriges Thema (wahrscheinlich weil ich ein Mann bin ;-) ).

Ich trau mich jetzt aber trotzdem.

Ich glaub man darf Emotionen nicht so mit Gefühlsdusselei oder mit Reinsteigern benützen. Ein Schauspieler übt die glaubwürdige Darstellung von Emotionen, aber möglichst ohne eigene (intensive) Emotionen. Er würde nämlich langfristig daran zugrunde gehen.
Wenn man Emotionen professionell (=wiederholbar) in der Musik benützen will, dann muss es glaube ich so ähnlich sein.

Ich gebe gerne das Zitat von Eric Clapton nochmal wieder, was er auf die Frage antwortete, woran er beim Spielen denkt: "Immer an den nächsten Ton".

Das Zitat ist super und glaube ich meiner versuchten Einstellung sehr ähnlich.
Wobei die berühmten Bilder oder Geschichten im Kopf sehr hilfreich und wichtig sind. Ausserdem ist es aufgrund der dabei aufgebauten Assoziationen ein unverzichtbares Mittel zur Memorisierung (gibt es das Wort überhaupt? ;-) )

Gruß

PS: wahrscheinlich schütteln die Frauen jetzt den Kopf. ;-)
 
Hmm, Emotionen zu üben würde ich nicht direkt sagen, aber Emotionen zulassen beim Üben (wie beim Spielen allgemein). Die Musik löst ja Emotionen aus, und diese Emotionen wirken dann wieder zurück auf die Art wie man spielt. Man muß da nichts künstlich von außen auf die Musik draufsetzen.
GANZ genau dasselbe dachte ich auch in dem Moment, als ich Lalonas Beitrag gelesen habe. Ich hätte fast geantwortet und einen womöglich identischen Satz geschrieben.
Will damit sagen, Haydnspaß, 100% Übereinstimmung, erstaunlich, dass wir das gleiche gedacht haben.
Zulassen statt mechanisch üben oder aufsetzen.

Wobei ich, wenn ich schon dabei bin:
Ich bin für ein gesundes Verhältnis (das meinetwegen jeder selbst bestimmt) zwischen sogenanntem mechanischen, technischen, pianistischen, motorischen Üben, wie auch immer man es nennen möchte -- und jenem emotionalen Üben.
Ich empfinde es persönlich als anstrengender, mit voller Gefühlszulassung zu üben, und es tut mir irgendwie weh und ist äußerst kreativitätsberaubend, wenn ich unterbrochen werde, während ich ein Stück auf diese Weise durchspiele. Das gilt besonders für die Emotionen, die die "Seele eher berühren", wenn ich es mal so schmalzig ausdrücken darf - ein lustiges, neckisches Stück (Gnomenreigen) ist weniger anstrengend als Stück, in dem richtige Freude ausgedrückt wird (Hochzeitstag auf Troldhaugen z.B.), und ein dramatisches, eher motorisch ansprechendes Stück (Prokofiev) ist weniger anstrengend als ein Stück, in dem man sich mit einem Haufen Gefühlsregungen wiederfindet (z.B. Eingangsstück c-moll-Partita, davon sowohl der akkordische, der Andante- und der Fugenteil).

Außerdem kann man 100% nur geben, wenn man auch 100% spielt - sprich, das ganze Stück oder zumindest in größerem Zusammenhang.
Es heißt aber doch, immer schön in kleinen Abschnitten üben :D
Motorisches Üben schadet meiner Meinung überhaupt nicht, solange man weiß, wie mans macht usw.
Und natürlich gibts auch eine Art Abstufung zwischen reinem pianistischem Training einer Stelle und völliger Hingabe in die Musik.
 
Ich glaub man darf Emotionen nicht so mit Gefühlsdusselei oder mit Reinsteigern benützen. Ein Schauspieler übt die glaubwürdige Darstellung von Emotionen, aber möglichst ohne eigene (intensive) Emotionen. Er würde nämlich langfristig daran zugrunde gehen.
Wenn man Emotionen professionell (=wiederholbar) in der Musik benützen will, dann muss es glaube ich so ähnlich sein.

Ich habe im Fernsehen eine Reportage gesehen, wo eine Schauspielerin geschildert hat, dass sie in einer Drehpause auf Mario Adorf zugegangen ist, weil er so schrecklich leidend aussah. Als sie ihn fragte, warum er sich so elend fühlt, antwortete er, dass er sich lediglich auf seinen folgenden Set vorbereite, wo er eine entsprechende Rolle spielen sollte. :D

Zitat aus "Versuch über die wahre Art, das Klavier zu spielen", C.P.E.Bach 1753:
"Indem der Musickus nicht anders rühren kan, er sey dann selbst gerührt; so muß er nothwendig sich selbst in alle Affeckten setzen können, welche er bey seinen Zuhörern erregen will; er giebt ihnen seine Empfindungen zu verstehen und bewegt sie solchergestallt am besten zur Mit-Empfindung. Bey matten und traurigen Stellen wird er matt und traurig. Man sieht und hört es ihm an...."

Sagt ja eigentlich alles.
 
Hmm, Emotionen zu üben würde ich nicht direkt sagen, aber Emotionen zulassen beim Üben (wie beim Spielen allgemein). Die Musik löst ja Emotionen aus, und diese Emotionen wirken dann wieder zurück auf die Art wie man spielt. Man muß da nichts künstlich von außen auf die Musik draufsetzen.

Ja, so würde ich das auch sehen, ich würde es vllt ein Assoziieren von bestimmten Situationen und den dazugehörigen Emotionen mit der Musik nennen, das trifft es für mich am ehesten.
Mich wirklich von den stumpfen Noten lösen und von innen heraus spielen kann ich erst, wenn das Stück in den Fingern ist. Die Vorstellung ist meist recht schnell da.
 
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...habt ihr noch nie erlebt, dass die Emotionen, die natuerlich von der musik hervorgerufen werden (koennen), keine Chance und keinen Platz haben, weil man sich gerade die Finger verknotet?
Es wurde hier schon vorgeschlagen, erst zu entknoten, und dann die Emotionen einfach reinzulassen; ich glaube aber, dass das nicht so einfach ist. Wenn man Technik geuebt hat, wird man Technik spielen. Natuerlich sind hier viele auszerordentlich musikalisch und werden nicht roh oder unpassend spielen...aber das richtige Rueberbringen wird meines Erachtens dadurch erleichtert, dass man sich von vornherein genauso darum bemueht, wie um die manuelle Angelegenheit. Ansonsten geht es zumindest mir so, dass ich mit einer noch so verzweifelt klingenden Stelle nur verbinde, dass sie schwierig ist und ich hoffentlich gut durchkomme, das finde ich schade. Die leichten Stellen sind ja leicht emotional zu fuellen...
 
Lalona, ich bin mit dir völlig einer Meinung, was die Wichtigkeit des emotionalen Aspekts beim Üben betrifft.

Trotzdem ein paar kleine Einwände, weil die Bemühung um den richtigen musikalischen Ausdruck natürlich auch nicht jedes klavierspielerische Problem wird beheben können.


...habt ihr noch nie erlebt, dass die Emotionen, die natuerlich von der musik hervorgerufen werden (koennen), keine Chance und keinen Platz haben, weil man sich gerade die Finger verknotet?

Wenn sich die Finger verknoten, kann das viele Ursachen haben. Die häufigste Ursache ist ein ungeschickter Fingersatz 8)

Es wurde hier schon vorgeschlagen, erst zu entknoten, und dann die Emotionen einfach reinzulassen;

Den Gedanken finde ich eigentlich auch nicht völlig verkehrt.

ich glaube aber, dass das nicht so einfach ist. Wenn man Technik geuebt hat, wird man Technik spielen.

Okay, wenn man nur technisch übt, dann ist die Gefahr groß. Aber ein bißchen technisches Üben schadet sicher nicht.

Ansonsten geht es zumindest mir so, dass ich mit einer noch so verzweifelt klingenden Stelle nur verbinde, dass sie schwierig ist und ich hoffentlich gut durchkomme

In diesem speziellen Fall wäre der richtige emotionale Ausdruck dann ja auch da :D

Die leichten Stellen sind ja leicht emotional zu fuellen...

Eben das glaube ich ganz und garnicht.

Gerade die "leichten Stellen" sind vom musikalischen Ausdruck oft äußerst heikel. Hier zeigt sich dann auch, daß die Einstellung "wenn ichs technisch kann, dann ist das Musikalische auch kein Problem mehr" nicht stimmen kann. Gerade bei den Stellen, die man "technisch kann" (z.B. weil sie so einfach sind) mangelts beim Ausdruck am meisten.
 
Manchmal sind die technischen Probleme eben gerade dadurch verursacht, daß man emotional blockiert ist. Daß man einer Stelle rein technisch eben garnicht beikommen kann Perfektionismus kann da ein großes, eventuell unüberwindliches Hindernis werden. Deshalb sollte man sich - auch wenn man "technisch" noch nicht sicher ist, ruhig mal ganz schrecklich schlecht und falsch spielen, aber dabei mit dem musikalischen Ausdruck experimentieren. Am besten, wenn niemand in der NÄhe ist, der zuhört ;)

Haydnspaß, an Dir ist ein Psychologe verloren gegangen! Erst konnte ich mit Deiner Aussage ja nicht so viel anfangen. Aber ich habe in einem Stück eine Stelle, an der ich immer scheitere. Ich habe nur versucht, das Problem technisch zu lösen. Aber da halfen auch Rolf Tipps nichts. Selbst langsameres Spielen nicht. Ich hab's schon auf mein Klavier geschoben. Dachte, eine Taste klemmt.
Also habe ich diese Takte jetzt mal mit gaaaanz viel Gefühl gespielt (Gott sei Dank habe ich eine Silentfunktion im Klavier :cool:)
Und nach einigen Anläufen: es klappt! Ist das zu verstehen? Da muss man erst mal drauf kommen. Kurz: Danke für den Tipp!

Nora
 
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Also habe ich diese Takte jetzt mal mit gaaaanz viel Gefühl gespielt (Gott sei Dank habe ich eine Silentfunktion im Klavier :cool:)
Und nach einigen Anläufen: es klappt! Ist das zu verstehen? Da muss man erst mal drauf kommen. Kurz: Danke für den Tipp!

Bittebitte, keine Ursache :)

Darf man fragen um welches Stück es sich handelt?
 

Sozusagen meine Dauerbaustelle :D neben dem Unterricht mit eher klassischen Stücken: River flows in you, von Yiruma.
 
Ich finde, Musik machen ist so ähnlich wie Schauspielerei, nur daß man eben selten Text, Mimik und Körperbewegungen zum Hauptausdrucksmittel macht. Musik beschränkt sich ja im wesentlichen auf die Darstellung von Stimmungen und Atmosphäre und deswegen muß man schon zusehen, daß man sich auf den Charakter des Stückes einstellt. Allerdings ist es kann es hinderlich sein, sich in den Emotionen treiben zu lassen. Wenn ich wütend werde, während ich das Cis-Moll-Präludium von Rachmaninoff spiele, nützt das garnichts. Ein bischen Wut und viel Aufregung gehören zwar in die Musik aber die gibt auch vor, wieviel und wann. In dem Moment, wo man sich aber den eigenen Emotionen hingibt, verliert man die Kontrolle. Stattdessen muß man das Vokabular der Musik verwenden, um diese Gefühle auszudrücken, so als ob man jemandem eine lebendige Erinnerung erzählt.

Auf der anderen Seite wäre es ja furchtbar, wenn die Musik, die wir spielen, keinen Einfluss auf unsere Gefühle hätte. Und wie sollte man etwas ausdrücken, was man selbst nicht kennt? Nur muß man als klassischer Musiker eben eine klare Linie zwischen sich selbst und der Musik ziehen. Popmusiker können sich schon eher gehen lassen, vor allem dann, wenn sie sehr persönliche Musik spielen, aber auch die müssen diese Grenze ziehen, um bei dem zu bleiben, was sie geplant hatten. Sinead O'Connor soll in einem Musikvideo echte Tränen geweint haben aber trotzdem ist ihre Stimme weiterhin klar und sicher, so wie es das Stück verlangt. Das Gegenteil konnte man in der Sesamstraße unter dem Titel "manamana" sehen, wo der Sänger in seinen Soloausbrüchen komplett den Faden verlor und alle drei neu ansetzen mußten (http://www.youtube.com/watch?v=dwYFFEf_ohc - ok, er verliert den Faden nur einmal wirklich).

Es gibt auf jeden Fall bei Rockfans aber sicherlich auch bei Klassikern die Vorstellung, daß Emotionen möglichst echt sein sollten. Diese Meinung teile ich insofern, daß man unmöglich etwas musikalisch ausdrücken kann, was man nicht selbst verstanden hat. Glücklicherweise muß man nicht seine Familie bei einem Autounfall verlieren, um darüber ein Stück vortragen zu können aber man muß sich schon in diese Situation hineinfühlen können.
 
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Lang Lang hat viele Fans und viele Kritiker, ich finde es aber kühn, ihm Empfindungen beim Musizieren abzusprechen.
NIEMAND spricht Lang Lang ihm Empfindungen ab, auch ich nicht als Anhänger von L-L.
Ich zitiere meinen Text vom 3.7.09: "ein Lang Lang hat sich natürlich mit den Inhalt des Stückes auseinander gesetzt. Der weiß, was der Komponist ausdrücken wollte."

Seine äußerliche Art zu spielen ist für mich keine Show, sondern er macht das auch während der Proben, sagen die Dirigenten.

Gruß Sebastian
 
doch, viele tuns, aber ich meinte nicht Dich, so ist das im Forum, Missverständnisse kommen schnell auf.:rolleyes:

Es war nicht auf Dich gemünzt:kuss:, ich wollte einfach nur sagen, die Meinungen über Lang Lang sind gespalten, aber ihn auf ein Technikwunder zu redzieren, finde ich dreist.

Ich bin auch ein Lang Lang Fan, aber nicht nur ein Lang Lang Fan, sondern auch ein Brendel-Fan, ein Argerich-Fan, ein Horovitz-Fan, ein Pogorelich-Fan.....:)

Sesam hatte ja geschrieben davon, wie er sein Erleben von Musik schildert.
 
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Ich habe hier mal ein schönes Beispiel, an dem man wohl sehr deutlich hören kann und fühlen kann, worüber wir hier diskutieren.

http://www.youtube.com/watch?v=BVY8aFwDrjI

http://www.youtube.com/watch?v=bHxqMm60m40&feature=related


Tut mir leid - an diesen beiden Beispielen kann ich nichts hören und fühlen, was mit dem Thread-Thema zu tun hätte.

Beide Spielerinnen wollen uns vortäuschen, sie hätten Gefühle beim Spielen. Okay, insofern hat es doch etwas mit dem Thema zu tun. 8)


Hier mal ein gutes Beispiel:

(Der Shepherd beginnt bei 2:35)

http://www.youtube.com/watch?v=QyQRdBavlpQ
 
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Was hat Sesam geschrieben?? :confused:

Ausserdem, liebe VP, geht es in diesem Faden nicht, aber schon rein gar nicht um die Gesten und Mimen von Lang Lang und wer ein Fan von ihm ist. Danke.

LG, Sesam

Das stimmt, jedoch gehts um Emotionen beim spielen, und die werden ihm häufig abgesprochen, oft wird er auf Technik reduziert. Insofern hats was mit dem Thema zu tun.
Ich habe Lang Lang nicht eigeführt in diesem Faden.

Aber nett von dir, dass Du mir noch mal erklärst, worum es geht, liebe sesam.
 

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