...die Etüde passt nicht zur momentanen Witterung, die mehr in Richtung Sindings seichtes Frühlingsrauschen geht...

Mich interessiert, was ihr für Erfahrungen mit diesem Stück gemacht habt und was ihr so für Übemethoden / Schritte verwendet (habt).
Erfahrungen:
- der Klaviersatz ist, wie so oft bei Chopin, weitaus ökonomischer und schlanker, als der erste Höreindruck glauben macht! Hört man eine gute Aufnahme, hat man den Eindruck, dass da ein wuchtig übervirtuoses Stück a la Rachmaninov oder Skrjabin über die Tasten unwettert, spielt man hinein, verschwindet dieser Höreindruck
- trotz des eher schlanken Klaviersatzes wirkt das Stück aber zuverlässig auf die Zuhörer, kurzum ein verlässliches Schlachtross (!) --- aber gerade das hat mich immer gewundert, denn eigentlich passiert in diesem Sturm nicht so viel wie in anderen Chopinetüden: irgendwie gibt es keine Steigerungen, keine Entwicklungen, es stürmt halt vom ersten bis zum letzten Takt (und darin steckt das große gestalterische Problem der Etüde, sie muss spannend gemacht werden)
Übemethoden / Schritte
- bevor man wild drauflos schuftet, empfiehlt es sich, zu überlegen, was da los ist und wie man das in den Griff kriegt. Man erkennt schnell, dass die 16tel Figuren motorisch in Vierergruppen, rhythmisch aber als Sextolen organisiert sind. Also ist es am vernünftigsten, erstmal die Spielfiguren ins Tempo zu bringen und dabei mit der "arbeitslosen" Hand den Takt zu klopfen. (die chromatische Abwärtsfigur ist viel schwieriger als die oktavversetzten Arpeggien, also wird die akribisch geübt; Klindworths Fingersatz ist da recht gut) Die jeweilige "Melodie-Hand" ist für sich genommen einfach und schnell gelernt ---- ich musste erst beide Hände allein im Tempo lernen, danach dann im Tempo zusammen; hat funktioniert (allerdings ist dieses spieltechnische Problem - mit dem musikal. Rhythmus kollidierende Spielfiguren - aus etlichen anderen Chopinstücken bekannt, z.B. Balladen g-Moll und F-Dur, Etüde op.25 Nr.5 der Mittelteil (bei den 16teln !!!) sodass es von Vorteil war, ein paar solche Sachen schon zu können)
- ärgerlicherweise ist diese Etüde zwar, wie alle Chopinetüden, recht kurz, aber trotzdem grausig anstrengend... Das liegt daran, dass es leider recht lange dauert, bis man hier beide Arme beim gleichzeitig spielen völlig frei bzw. "unabhängig" bewegt; daran muss man sich gewöhnen.
- bzgl. der Gestaltung: alle 16tel Figuren zum Diskant hin blitzend, forte, beim runterlaufen stark diminuendo (damit die Mitelllage nie dick und pampig klingt)
- die 16tel Figur in der linken Hand und die beiden gegenläufigen Passagen sind weniger schwierig, als sie sich anhören
- für den glissando-artigen Schlußlauf hab ich immer den Busoni-Fingersatz verwendet
erstaunlich: da liegt ein Stück vor, bei dem es überwiegend nichts bringt, wenn man es sehr langsam mit beiden Händen übt (!)