Charakteristika Tonarten

fisherman

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Habe gerade festgestellt, dass ich wohl sehr gerne Stücke in E-Dur und d-Moll höre. Was sagt das über mich? ;-) Und: Gibt es irgendwo eine Zusammenstellung der Charakteristka aller Tonarten? Danke für Info!
 
Das 3. Klavierkonzert von Rachmaninoff darfst du dir in diesem Fall auf keinen Fall entgehen lassen ;)
 
Laut dieser Tabelle steht E-dur für "lautes Aufjauchzen, lachende Freude und noch nicht ganzen vollen Genuß" und d-Moll für "schwermüthige Weiblichkeit, die Spleen und Dünste brütet"...
Aber ob dir das nun weiterhilft... :-)


P.S.: Ich mag die Sturmsonate z.B. auch sehr...
 
Gibt es irgendwo eine Zusammenstellung der Charakteristka aller Tonarten? Danke für Info!

»Tonartencharakteristiken« gibt es viele und sie wandeln sich mit den ästhetischen Vorstellungen der Epochen. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es schon mittelalterliche und frühneuzeitliche lat. Theorien, die mit bestimmten Tonarten Eigenschaften wie z.B. lamentabilis oder dulcis (klagend bzw süß) verbinden. Solche Zuordnungen sind natürlich spekulativ, was nicht gehindert hat, daß man sie, analog zur Affektenlehre der antiken Rhetorik, woher die ganze Geschichte letztlich kommt, systematisiert hat, so z.B. Rameau mit seiner Zuordnung von »einfachen« Tonarten zu einfachen, selteneren Tonarten zu komplexen Affekten. So bilden sich schließlich Konventionen heraus wie etwa G-Dur = Tonart der Pastorale, Es-Dur = heroische Tonart. Ganz bewußt wird derlei Tonartsymbolik etwa von Wagner eingesetzt (wie ich bei der Vorbereitung auf den Lohengrin gelernt habe): C-Dur für König Heinrich, B-Dur für Elsa, A-Dur für den Gral, fis-Moll für die fiese Ortrud.


Eine historische Übersicht über theoretische Äußerungen zu einzelnen Tonarten findet man z.B. bei Koelnklavier: Tonartencharakteristik - Dur-Tonarten

Grüße,

Friedrich
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Interessant sind auch die Zuordnungen von Tonarten zu Farben, die wohl manche Leute unterschiedlich deutlich spüren. Ich habe mir mal so eine Tabelle vor Augen gehalten während ich dann Tonleiter gespielt hat, das war ziemlich spannend. Dass es eine Verbindung zwischen Tonart und Farbe gibt, davon bin ich ehrlich gesagt überzeugt.
 
Ich pers. bin der Meinung, dass es sich bei den Tonartencharakteristiken lediglich um historisch gewachsene Konventionen handelt.

Tonartencharakter
 
Sofern es sich um gleichstufige Stimmung handelt, besteht kein Unterschied (abgesehen eben von der absoluten Tonhöhe des jeweiligen Grundtones). Anders jedoch, wenn (zugunsten der Quinten und Quarten) die äußeren Oktaven etwas "gestreckt" werden - von den zahlreichen historischen Stimmungen ganz abgesehen. Dann kann das Frequenzverhältnis z.B. zwischen Grundton, Terz und Quinte geringfügig von der Tonart abhängen und damit die Klangfarbe etwas unterschiedlich sein.

fisherman: Mal Michael fragen wie er bei Dir gestimmt hat!

LG

Pennacken
 
Nicht von der Hand zu weisen ist die Tatsache, dass ein Musikstück in Abhängigkeit der Tonart, in de es gespielt wird, seinen Charakter verändern kann.
So färbt sich eine Passage von "strahlend" zu "dumpf" von "pathetisch" zu "albern" etc.
Dieser Effekt ist aber keine innewohnende Charakteristik der Tonart selbst, sondern der Architektur des Stückes, welches nur in einem Frequenzbereich seien gewollten Klang optimal entfaltet.

Die Relation der Intervalle untereinander bleibt in jeder Tonart und bei Modulationen gleich, sofern temperiert gestimmt.

Die Höhe des Klangbildes ist entscheidend. Und die ist fließend, und an keine Konvention eines im Laufe der Zeit sich wandelnden Grundtones ( und somit der Zuordnung einer Tonart) gebunden.

Lieber Gruß, NewOldie
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

??

Konventionen - ja, da stimme ich dir und Baxx zu. Aber ich dachte, die Tonart der Pastorale sei F-Dur, und die der Heroik Es-Dur? (Oder bin ich hier nur durch Beethovens Symphonien irregeführt?)

Ja, bitte um Entschuldigung, bei Es-Dur ist mir das "s" durch die Finger gerutscht (ich muß mich leider immer entscheiden, ob ich Tastatur oder Bildschirm sehe, beides zusammen geht nicht recht). Für G-Dur kann ich nur verweisen auf MGG, s.v. Analyse, Bd. 1, S. 451:

"Tonartencharakteristik (weist) bestimmten Tonarten ein ihnen eigenes Ausdrucksgebiet zu; z.B. gilt G-Dur als Tonart der pastoralen Idylle, Es-Dur als heroische Tonart"

Aber Beethoven ist natürlich ein starkes Geschütz gegen diese Darstellung.
 
Habe gerade festgestellt, dass ich wohl sehr gerne Stücke in E-Dur und d-Moll höre. Was sagt das über mich?

Viel.

Und: Gibt es irgendwo eine Zusammenstellung der Charakteristka aller Tonarten?

Selbstverständlich gibts die - aber was willst Du damit?

Ich kann Dir allerdings getreulich berichten, daß "Tonarten" etwas Unverwechselbares
sind: Vor nicht allzu langer Zeit spielte jemand auf einem Meisterkurs ein Klavierkonzert
Mozarts. Ein Schüler kam zu mir, und fragte mich: "Welches Konzert ist das?"
Ich sagte: "Keine Ahnung - jedenfalls ist es A-Dur."

Nach dem Vorspiel ging dieser Schüler - der im Übrigen selbst ein ausgebildeter
Konzertpianist ist - zum Flügel und schaute auf die Noten: Es war No.12

Wollte ich nun den Versuch machen, Dir zu erklären, wie ich das mache, wäre ich
ziemlich aufgeschmissen: es kommen ne Menge Sachen zusammen, nennen wirs
der Kürze halber "Erfahrung" - verarbeitete Erfahrung.......

Irgendwelche äußerlichen Etiketten werden Dir nicht weiterhelfen.

Viele Grüße

stephan
 
In diesem Zusammenhang würde es mich interessieren, wie ihr (und besonders die Absoluthörer) in diesem Zusammenhang auf Barockmusik reagiert, die auf Instrumenten mit historischen Stimmhöhen aufgeführt wird. Gerade bei Orgeln ist die Bandbreite der Stimmhöhen sehr groß, das geht von einem Halbton tiefer bis einen Ganzton höher (Die berühmte Schnitgerorgel in St. Jacobi, Hamburg steht auf 495 Hz). Eine d-moll Toccata erklingt dann durchaus mal in realem e-moll, sofern nicht transponiert wird.

Viele Grüße,
Kristian
 
Hallo,

Zweierlei:

Einmal zu deiner obigen Frage, Krystian: ich habe es hier schonmal beschrieben, aber schreibe es gern nochmal kurz: auf Musik, die mir bekannt ist, reagiere ich als "Absoluthörer" (wobei mir der Begriff missfällt, denn fast nichts im Leben ist absolut) sehr empfindlich, wenn sie in anderer Stimmhöhe gespielt wird. Zwischen 435 und ca. 443 Hz macht es mir nichts aus, aber viel mehr Toleranz gibt mein Tongedächtnis nicht her. Alles was nicht in diese Bandbreite fällt, bereitet mir physisches Ungemach. Ich kann mich über längere Zeit zu einem gewissen Maß hineinhören, aber nur bedingt. Bei Musik, dir mir unbekannt ist, macht es mir nichts aus. Dann nehme ich halt einfach an, dass es in E-moll steht, nicht in D-Moll. Wenn ich aber die Partitur sehe, stört's mich sofort.

Zweitens zu Stephans obiger Antwort (Beitrag #13): es ist mir ein großes Rätsel, woran du, Stephan, der du kein absolutes Gehör hat, erkennen konntest, dass es sich bei dem Konzert um A-Dur handelte. Ich nehme es dir uneingeschränkt ab, aber verstehen tu ich es nicht. Vermutlich bin ich da als Absoluthörer sogar im Nachteil, weil ich just wegen dem Tongedächtnis nicht auf andere, feine Unterschiede achte.
 
Zweitens zu Stephans obiger Antwort (Beitrag #13): es ist mir ein großes Rätsel, woran du, Stephan, der du kein absolutes Gehör hat, erkennen konntest, dass es sich bei dem Konzert um A-Dur handelte. Ich nehme es dir uneingeschränkt ab, aber verstehen tu ich es nicht.

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Wie ich bereits sagte: "Verstehen" tue ich es selbst nicht - ich kanns lediglich
berichten. Vielleicht kann ich sagen, daß es etwas Ähnliches ist wie ein Instinkt?!?
Meine Antwort kam unmittelbar und ohne weitere Überlegung. Der besagte Schüler
war ebenfalls verblüfft, er kannte mich, und wußte, daß ich eben kein absolutes
Gehör habe. Auch er fragte sofort: "Wie machst Du das, woher weißt Du das?"
Und schon damals mußte ich mit den Schultern zucken.
Brahms' d-moll-Konzert und Bachs d-moll-Partita gehören für mich genauso
instinktiv zusammen, exact erklären kann ich es aber nicht - wer weiß?
Vielleicht setz ich mich bald mal hin, und schreib nen Aufsatz drüber?!?

Viele Grüße

stephan
 
Dito, Stephan, in mir fändest du dann schon wenigstens einen zweiten interessierten Leser.

Ciao,
Mark
 

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