Lieber Klavierbauermeister,
ob das jetzt ein Schnäppchen war, hängt freilich von der Betrachtungsweise ab, mein Hyundai-
flügel war auch ein Schnäppchen (neu 12.000 DM), würde aber selbst nach professionellem Intonieren nie so gut klingen wie der alte Bechstein.
Auch muß ich einige deiner Aussagen korrigieren bzw. relativieren: von losen Rippen kann beispielsweise nicht die Rede sein - wie weiter vorne beschrieben lässt sich die Fühlerblattlehre im Bereich der Risse maximal wenige mm zwischen Rippe und Bodenholz schieben - nach 90 Jahren. Laß es nach weiteren 90 Jahren doppelt so viel sein, dann wird immer noch nichts schnarren. Ein vergleichbarer Flügel ohne Risse im Boden würde gleich das doppelte kosten, aber auch nicht besser klingen.
Die Aussage "Risse im Steg" ist in etwa so aussagekräftig wie "Rost am Auto". Beim einen können tragende Teile massiv durchgerostet sein, das andere hat Rostbläschen am Radlauf. Letzteres könnte man machen lassen, wenn es einen stört, hat aber keinen Einfluss auf das Fahrverhalten. Ich habe die Risse ziemlich deutlich fotografiert und vertraue auf die Aussagen anderer Profis hier im Forum, daß disese harmlos seien.
Klaviatur: Elfenbein 100% makellos.
Patina am Gehäuse: stört nicht.
Fragwürdige Konstruktion: hat keinen negativen Einfluß auf irgendwas.
Und die Streichung des Höchstgebots von 4,7k wirft eher ein sehr positives Licht auf den (Privat-) Verkäufer. Da war der Stolz größer als das Gewinnbestreben, wovor ich großen Respekt habe. (By the way: Der wurde inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen, es geht ihm deutlich besser.)
So gesehen ist der Flügel ein Schnäppchen: Außer einer Stimmung und gegebenenfalls Feinregulierung kein akuter Handlungsbedarf, geiler Klang, feinste Spielart
(gerade im Pianissimo lassen sich die Töne hauchzart gestalten, das war mir so nicht mal bei meinem 1974er S&S möglich), und obendrein sieht er auch noch blendend aus. Was will ich mehr?
Viele Grüße,
Martin