Bach Inventio1

Hallo,

Also so ganz behirne ich die HIP Sache wohl nicht. Wenn man die Invention wirklich historisch spielen wollte, dürfte man ja dann in letzter Konsequenz nur die "Claviere" verwenden, die es zur Zeit Bachs gegeben hat.

Abgesehen davon verstehe ich eins ganz und gar nicht:

Wenn man ein Stück analysiert ergeben sich eben Motive, Themen, Phrasen oder was auch immer. Diese müssten doch immer gleich bleiben, oder? Um so eine Phrase dann umzusetzen, gibt es eben je nach Instrument verschiedene Ausdrucksmittel, aber das ändert doch nichts an der Zusammengehörigkeit bestimmter Noten zu einer musikalischen "Sinneinheit" (bitte um Entschuldigung für das laienhafte Vokabular und hoffe, dass verständlich wird was ich meine).

Für mich ergibt sich die Zugehörigkeit der ersten Note des 3. Viertels bzw. des 1. Viertels des Folgetaktes zum Thema aus folgenden Gründen:

Es fühlt sich für mich richtig an (ok, ist wahrscheinlich nicht gerade überzeugend :rolleyes:)
In den Takten 7, 8, 9, 10 der Oberstimme würde die erste Note des Taktes meiner Meinung nach sinnlos alleine stehen
In etlichen Takten ist die erste Note des Folgetaktes durch einen Haltebogen verbunden, würde es nicht wirklich zum Thema gehören, hätte Bach das doch anders komponiert, oder?

@Mindenblues: Kennst du eine Interpretation der Inventionen auf Klavier, die deiner Meinung nach "hip" ist? Würde sie zur Erweiterung meines Horizonts sofort kaufen. :)

@Rolf: Die von dir empfohlene Margulis Aufnahme der Chopin Nocturnen gefällt mir sehr gut. Hat mir jedenfalls Lust auf mehr gemacht, nur leider ist von dem Typ ja fast gar nichts erhältich! Scheinbar hat er dem Unterrichten den Vorzug gegeben, denn an mangelnder pianistischer Qualität kann es ja wohl nicht liegen, dass es nicht mehr von ihm gibt. :?

LG, PP
 
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Habe dazu mal das Thema und die Anfangstakte der wohl prominentesten Bach-Fuge gewählt (g-moll BWV542).
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Dazu als Gegensatz eine Einspielung, die sich historisch informiert nennen darf, in dem Fall Arvid Gast:

Aber ich gebe dir vollkommen recht, das die Darstellung von Takt-Schwerpunkten nicht zwingend durch einen starken Akzent oder durch Artikulation oder was auch immer gemacht werden muß und auch, dass es bei gleichförmiger Daueranwendung starr und plump wirken kann. Wichtig finde ich aber, dass man überhaupt "irgendwie" Takt-Schwerpunkte bei Barockmusik spürbar werden lässt.
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Meine Beobachtung ist die, dass zwar in vielen unterschiedlichen Bereichen von Orchestermusik und Instrumentalmusik (auch Sänger, die sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben haben!!!) von Bachwerken ein Umdenken stattfand - weg von "romantisierenden", hin zur "historisch informierten" Interpretation (um es mal auf einen kurzen Nenner zu bringen) stattfand, dieser Schuß aber bei den Klavierspielern bisher noch nicht so recht angekommen zu sein scheint.

Meiner Ansicht nach übertreibst Du die Polarisierung "hi romantisierend (falsch), da historisch informiert (richtig)". Barocke Arien, ob aus Opern oder Oratorien, werden dynamisch gesungen; hierbei hat die Kantabilität das Primat vor einzig aus dem Orgel- und Cembalospiel abgeleiteten Artikulationsmaßnahmen. Auch hist. inf. Aufnahmen der Matthäus-Passion greifen nicht in der von Dir geforderten Weise in die Melodik ein (kein Sänger macht gegen die Melodie Akzente auf Taktschwerpunkten oder unterbricht eine Linie)

Freilich wird der Gesamtklang von tatsächlich romantisierendem Bombast (zu große Orchester etc.) a la Karajan befreit, was eine Wohltat ist. Na ja, von der C-Dur Invention sind wir da ein wenig abgekommen. Spielt man sie auf dem Klavier, dann sollte man sämtliche Möglichkeiten des Instruments geschmackvoll einsetzen (sogar das Pedal - allerdings nur beim Schlußakkord :)) und man sollte dabei primär musikalisch vorgehen, d.h. sich nicht ein starres Regelkonzept auferlegen, sondern den musikalischen Linien und ihrer auskomponierten Folgerichtgkeit folgen.

Jeder kann ja gerne bei seiner "romantisierenden" Interpretation von Bach a la Straube/Busoni auf dem Klavier bleiben wie er möchte. Ich gebe lediglich lediglich zu bedenken
1) dass das mit historisch informierter Aufführungspraxis wenig zu tun hat und
2) wage die Prognose, dass neben anderen Instrumentalisten, Vokalisten, Chor- und Orchestermusiken, wo sich ein Wandel längst vollzogen hat, auch bei den Klavierspielern sich irgendwann die Erkenntnis durchsetzen wird, Bach auch auf dem Klavier historisch informierter zu spielen - nur eine Frage der Zeit.


Lieber Mindenblues,

tausend Dank erst mal für die Einspielung der Fuge!!!! Ich freue mich über die interessante Diskussion!!! Ich kann auch deinen Standpunkt gut verstehen, möchte aber (natürlich, war ja nicht anders zu erwarten :D) einige Einwände anbringen:

Ich meine, dass sich in den letzten Jahrzehnten sehr viel im Bach-Spiel auf modernen Flügeln getan hat. Kurz bevor ich mein Studium begann ( 1982), gab es diese "Mode", Bach mit viel Pedal und großem Klang zu spielen. Heute hat sich Gott sei Dank ein ganz anderer Bach-Stil durchgesetzt: fein artikuliert, sehr transparent mit klarem Ton und einem gerade in schnelleren Sätzen/Stücken sehr spürbaren Puls. Ich kann beim allerbesten Willen da nichts Romantisierendes erkennen. Rolf hat Ähnliches auch schon geschrieben!

Was Taktschwerpunkte etc. betrifft, so haben wir als Klavierspieler auch einfach andere Möglichkeiten als die Orgel: wir können z.B. durch die dynamische Bandbreite Taktschwerpunkte mit der Begleitung deutlich machen, während das Thema o.ä. eher der Phrasierung folgt. Bei der Artikulation von Themen gleich mehr.

Was die Aufnahmen angeht, finde ich die erste Aufnahme wirklich schrecklich. Lahm und ohne Puls kommt sie m.E. daher. Das liegt aber nicht nur an irgendwelchen Taktschwerpunkten, sondern daran ( m. E.!), dass die Artikulation grundsätzlich mit ihrem legato einfallslos gespielt wird ( z.B. der Auftakt). Gerade bei der Orgel muss man doch gut artikulieren, weil sie oft in halligen Kirchenräumen steht und dort sowieso schon so viel verschwimmt.

Also gefällt mir die zweite Aufnahme ( HIP) schon viel besser! Ich meine allerdings, dass der Organist das "d2" und alle entsprechenden nachfolgenden Töne durchaus als Auftakt zu den nachfolgenden 16teln spielt. Mein Geschmack wäre aber noch anders: ich würde den Auftakt noch etwas kürzer spielen und die 16tel nicht für meinen Geschmack gleichförmig artikulieren, sondern etwas mehr non-legato.

Wenn du mal Aufnahmen von Perahia und anderen anhörst, wirst du immer eine sehr gute und sehr feine Artikulation hören. Es ist auch so, dass legato und legato auf einem Klavier/Flügel keineswegs das Gleiche sind. Man kann ein legato sehr dicht spielen und hört auf die Verbindung der Töne, man kann aber auch ein legato sehr brillant und klar spielen und hört immer auf den Anfang jedes einzelnen Tons. Beides ist rein faktisch legato - der Klangunterschied ist aber immens. Solche feinen Möglichkeiten hat die Orgel nicht.

Des Weiteren lerne ich immer am meisten von den Instrumenten, die eben nicht so ähnlich wie ein Flügel funktionieren. Also von Sängern, Streichern, Bläsern ........ . Die einen Ton formen können und ganz anders mit Phrase und Artikulation umgehen (können) wie wir.

Da kann ich mich nur Rolf Statement anschließen ( s.o.).

Außerdem bin ich gegen alles Schematische. Das ist mir viel zu einseitig, z.B. immer solche Zweierbindungen wie bei der Fuge zu machen. Im Gegenteil sollte man immer alle Intervalle hören! Eine schematische Artikulation ( so meinst du es sicher nicht, aber es kommt mir so vor) z.B. in der Fuge kann! die Erfahrung dieser Intervalle - bei den 16teln eine Sekunde aufwärts, eine kleine Terz abwärts, kleine Sekunde aufwärts, kleine Terz abwärts - zunichte machen. Rosalyn Tureck ist ( nicht nur) diesbezüglich eine Koryphäe.

Ich finde wie du, dass ein gefühlter Puls für diese Zeit ( aber auch für andere Epochen :p) sehr wichtig ist. Wie man ihn musikalisch umsetzt, kann sich aber unterscheiden. Ich glaube wirklich, dass sich viele sehr für HIP interessieren, auch Pianisten. Aber vielleicht kommen sie zu anderen Ergebnissen als die Organisten?

Meiner Meinung nach sind romantisierende Einspielungen eine Seltenheit geworden.

Liebe Grüße

chiarina
 
Wenn man ein Stück analysiert ergeben sich eben Motive, Themen, Phrasen oder was auch immer. Diese müssten doch immer gleich bleiben, oder? Um so eine Phrase dann umzusetzen, gibt es eben je nach Instrument verschiedene Ausdrucksmittel, aber das ändert doch nichts an der Zusammengehörigkeit bestimmter Noten zu einer musikalischen "Sinneinheit" (bitte um Entschuldigung für das laienhafte Vokabular und hoffe, dass verständlich wird was ich meine).

Das ist völlig richtig beobachtet. In der ersten Invention gehört der Ton auf dem 3. Viertel zum Thema dazu (im ersten Takt), egal wie man´s artikuliert (schlimmstenfalls artikuliert man gegen den musikalischen Sinn, sowas kann vorkommen und man hört es dann auch) :)

bzgl. Aufnahmen von Vitaly Margulis: da gab es Bach, Mussorgski, Skrjabin, Chopin, Beethoven (dazu etliche russ. Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen aus der Zeit vor seiner Ausreise)

herzliche Grüße,
Rolf
 
bzgl. Aufnahmen von Vitaly Margulis: da gab es Bach, Mussorgski, Skrjabin, Chopin, Beethoven (dazu etliche russ. Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen aus der Zeit vor seiner Ausreise)

Den Skrjabin habe ich gerade noch gefunden, ansonst gibt es nur noch Restl bei Amazon in MP3 Format. Versteh' nicht, dass, wenn man schon sowas verkauft, es nicht wenigstens in FLAC anbietet. :?

Herzliche Grüsse, PP
 
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Es ist auch so, dass legato und legato auf einem Klavier/Flügel keineswegs das Gleiche sind.

Hallo Chiarina,

Meine KL sagt immer, legato im Barock gibt es nicht, sondern es ist eher ein semi legato, also schon irgendwie gebunden aber halt nicht wirklich :rolleyes: Die Erklärung deines "brillianten" legatos scheint diesem semi legato zu entsprechen. Oder ist das wieder was anderes?

LG, PP
 
Wenn man ein Stück analysiert ergeben sich eben Motive, Themen, Phrasen oder was auch immer. Diese müssten doch immer gleich bleiben, oder? Um so eine Phrase dann umzusetzen, gibt es eben je nach Instrument verschiedene Ausdrucksmittel, aber das ändert doch nichts an der Zusammengehörigkeit bestimmter Noten zu einer musikalischen "Sinneinheit" (bitte um Entschuldigung für das laienhafte Vokabular und hoffe, dass verständlich wird was ich meine).

Meine KL sagt immer, legato im Barock gibt es nicht, sondern es ist eher ein semi legato, also schon irgendwie gebunden aber halt nicht wirklich :rolleyes: Die Erklärung deines "brillianten" legatos scheint diesem semi legato zu entsprechen. Oder ist das wieder was anderes?


Liebe PP,

erst mal möchte ich dir sagen, dass ich deine Formulierung aus dem ersten Zitat sehr schön finde!!! :)

Zum zweiten denke ich, dass deine KL eher ein non-legato, was aber einem echten legato sehr nahe kommt, meint. Vielleicht irre ich mich auch. Das Tolle am Klavierspielen ist nämlich auch, dass man so wunderbar fein artikulieren kann. Feiner als auf einem Cembalo und vielleicht auch ( kann ich nicht so beurteilen - Mindenblues wird mich steinigen :p ) auf einer Orgel.

Ich persönlich meine, dass es im Barock durchaus legato gibt: man denke an Arien aus den Passionen etc., an die Melodie einer Sarabande, an die berühmte Air für Orchester. In diesem Fall würde man als Klavierspieler versuchen, so kantabel wie möglich zu spielen, also ein dichtes und gesangliches legato zu erzeugen.

Das von mir erwähnte "brillante" legato ( blöde Bezeichnung eigentlich, mir fällt bloß gerade keine passende verbale Bezeichnung ein) unterscheidet sich im Klang von dem eben erwähnten kantablen legato, das zwei Töne so intensiv wie möglich miteinander verbindet, indem der Ton recht schnell angeschlagen wird und dann ebenso schnell leiser wird. Der Ton ist also eher wie eine Glocke - man hört vor allem auf den Anfang des Tons. Dazwischen gibt es sehr viele Stufen und verbal ist das für mich hier kaum zu vermitteln. Bei 16tel-Ketten, spritzigem Laufwerk etc. ist dies eine Möglichkeit der Artikulation.

Beides ist aber legato, d.h. es gibt nicht die kleinste klangliche Unterbrechung ( Lücke/Pause).

Insofern glaube ich, dass deine KL die sehr vielen Stufen zwischen legato und non-legato meint. Oder auch portato, staccato .... .

Liebe Grüße

chiarina
 
Entschuldigt, dass ich nochmals off-topic nachfrage: ich würde wirklich und ernsthaft gern wissen, ob z.B. hanapha, der Fadenersteller, aber auch alle anderen die Entwicklung dieses Fadens blöd finden.

Wir sind ja etwas von der Invention abgekommen und der Kurs bewegt sich inzwischen in Fragen der Artikulation und historisch informierten Aufführungspraxis. Ich finde die Diskussion sehr interessant und bin auch der Meinung, dass durch diesen "Ausflug" Rückschlüsse auf das eigentliche Thema gezogen werden können. Dass man also hinterher wieder zum eigentlichen Thema zurückkommt und unter der anderen Beleuchtung vorher etwas gelernt hat. Aber wie sehen das andere, gerade im Hinblick auf stattfindende Diskussionen über Off-Topic etc. in anderen Fäden? Bitte melden! :) :) :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe Chiarina,

erst mal möchte ich dir sagen, dass ich deine Formulierung aus dem ersten Zitat sehr schön finde!!! :)

Ich bin schon froh, wenn ich es schaffe mich halbwegs verständlich auszudrücken! Leider wird es noch etwas dauern, mir das richtige Fachvokabular und die entsprechende Sicherheit mit dessen Umgang anzueignen, das Forum wird hier sicher helfen. Umso mehr freut mich das oben zitierte. :)

Ich persönlich meine, dass es im Barock durchaus legato gibt: man denke an Arien aus den Passionen etc., an die Melodie einer Sarabande, an die berühmte Air für Orchester. In diesem Fall würde man als Klavierspieler versuchen, so kantabel wie möglich zu spielen, also ein dichtes und gesangliches legato zu erzeugen.

Im Hinblick auf die von dir erwähnten Beispiele erscheint mir das sehr überzeugend, werde meine KL noch einmal mit dem Thema quälen, vielleicht habe ich sie ja auch missverstanden.

Das von mir erwähnte "brillante" legato ( blöde Bezeichnung eigentlich, mir fällt bloß gerade keine passende verbale Bezeichnung ein) unterscheidet sich im Klang von dem eben erwähnten kantablen legato, das zwei Töne so intensiv wie möglich miteinander verbindet, indem der Ton recht schnell angeschlagen wird und dann ebenso schnell leiser wird. Der Ton ist also eher wie eine Glocke - man hört vor allem auf den Anfang des Tons. Dazwischen gibt es sehr viele Stufen und verbal ist das für mich hier kaum zu vermitteln. Bei 16tel-Ketten, spritzigem Laufwerk etc. ist dies eine Möglichkeit der Artikulation.

Ich kann mir jetzt schon eher darunter was vorstellen, brilliant ist da gar nicht so blöd, man wird schwer ein Wort finden können, das oben Erklärtes beschreibt. ;)

Ich dachte semi legato wäre sozusagen eine offizielle Bezeichnung und wäre dir als solcher ein Begriff.

Vielen Dank für deine Antwort, ich sehe schon, ich muss meine Suche nach einem Klavier beschleunigen! Aber was kann man schon von einem Menschen erwarten, der 1 Jahr lang, braucht bis er sich für den "richtigen" MP3 Player entscheidet. :rolleyes:

Herzliche Grüsse, PP
 
Hallo Chiarina,

danke Deiner Nachfrage. Ich habe mir gerade überlegt ob ein Neueinsteiger, der Informationen über die Inventio sucht, diese sehr interessante Diskussion zu Ende liest. Ich denke eher nicht. Ich möchte sie aber auch auf keinen Fall vermissen, auch wenn ich selbst auf diesem Niveau nichts dazu beitragen kann.

Gruß
Jörg
 
Ich habe aber auch noch eine weitere Frage bezäglich der B Ausgabe, ich hoffe es langweilt nicht. :D

So weit ich informiert bin ist im Barock ein rallentando in den letzten Takten - das kann vielleicht auch genauer ausgedrückt werden - üblich. Bei allen von B eingesetzten andersartiken Verzierhungen aus welchem Grund mag er bei dieser Inventio für den letzten Takt ausdrücklich ein non rallentando vorgegeben haben? :rolleyes:

Gruß
Jörg
 


Lieber Jörg,

Der Link ist genial! Speziell dieser Beitrag, deckt schon alles ab, was man für den Anfang braucht:

https://www.clavio.de/forum/153188-post28.html

Dürfte ich anregen, in Zukunft neue Information in einem neuen Beitrag zu senden? Wenn ich ständig in einem Faden mitlese, schaue ich mir eigentlich die alten Beiträge nicht mehr an. Habe eher durch Zufall draufgeklickt.

Allerdings, wenn jemand neu auf diesen Thread stösst, ist die Linksammlung zu Beginn natürlich super. Wenn es nicht allzuviel Mühe macht, doppelt einzustellen, wäre das natürlich ideal. :) :D:D

Herzliche Grüsse, PP
 
Hallo PP,

danke für Deine Anregung. Wenn ich wieder etwas finde werde ich dem folgen.

lieben Gruß
Jörg
 
Ich habe aber auch noch eine weitere Frage bezäglich der B Ausgabe, ich hoffe es langweilt nicht. :D

So weit ich informiert bin ist im Barock ein rallentando in den letzten Takten - das kann vielleicht auch genauer ausgedrückt werden - üblich. Bei allen von B eingesetzten andersartiken Verzierhungen aus welchem Grund mag er bei dieser Inventio für den letzten Takt ausdrücklich ein non rallentando vorgegeben haben? :rolleyes:

Hallo Jörg,

Bis Antwort, von berufenerer Stelle kommt:

In den Anmerkungen zu Busoni steht folgendes zu lesen:

Zitat von Busoni:
The key is so firmly established in the third measure before the end that a retarding of the tempo in the penultimate measure - wherein the directly-following end is clearly foreshadowed - is made unnecessary.

Hier noch aus einem weiteren Forumsthread:

...ui...langsam & behutsam, die bildhafte Vorstellung von der Ballettszene mit abschließender Verbeugung der Akteure soll man nicht missverstehen oder überziehen... ritardando nur im letzten Viertel (r.H. d-c-f-h) des vorletzten Takts!! und das auch nicht übertrieben!!

und noch der Link des kompletten Threads:

https://www.clavio.de/forum/forum-fuer-anfaengerfragen/8229-1-invention-bachs-interpretieren.html#post114880


LG, PP
 
danke Deiner Nachfrage. Ich habe mir gerade überlegt ob ein Neueinsteiger, der Informationen über die Inventio sucht, diese sehr interessante Diskussion zu Ende liest. Ich denke eher nicht. Ich möchte sie aber auch auf keinen Fall vermissen, auch wenn ich selbst auf diesem Niveau nichts dazu beitragen kann.

Ich habe aber auch noch eine weitere Frage bezäglich der B Ausgabe, ich hoffe es langweilt nicht. :D

So weit ich informiert bin ist im Barock ein rallentando in den letzten Takten - das kann vielleicht auch genauer ausgedrückt werden - üblich. Bei allen von B eingesetzten andersartiken Verzierhungen aus welchem Grund mag er bei dieser Inventio für den letzten Takt ausdrücklich ein non rallentando vorgegeben haben? :rolleyes:

Gruß
Jörg


Lieber Jörg,

es langweilt natürlich nicht im Geringsten! :) Erst mal danke für deine Antwort! Da bin ich froh!

Was das non rall. in der Busoni-Ausgabe angeht, denke ich, er meinte dass man auf keinen Fall ein rall. schon am Beginn des vorletzten Taktes machen sollte, wie es bei anderen Stücken je nachdem schon mal der Fall ist. So hat es Rolf in seinem post ausgedrückt und so sehe ich es auch. Denn durch den Kontext, in dem das erste Motiv des Themas ( die erste Hälfte) in Sequenzen ab dem viertletzten Takt 3 mal im Diskant, 1 mal im Bass und dann wieder gespiegelt im Diskant geführt wird, entsteht eine komponierte Steigerung bzw. Verdichtung, deren Puls unbedingt fortgeführt werden muss, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen - deshalb sollte man nur ein bisschen Rit. auf dem letzten Viertel des vorletzten Taktes machen.

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich möchte nicht alle Nachrichten zerpflücken, die in den letzten Tagen hier kamen, obwohl ich hier und dort anderer Meinung bin. Sondern stattdessen nur auf das eingehen, was mir bzgl. Taktschwerpunkten in Barockmusik im Allgemeinen und angewendet auf die Inventio#1 im Besonderen am Herzen liegt.

Meiner Ansicht nach übertreibst Du die Polarisierung "hi romantisierend (falsch), da historisch informiert (richtig)". Barocke Arien, ob aus Opern oder Oratorien, werden dynamisch gesungen; hierbei hat die Kantabilität das Primat vor einzig aus dem Orgel- und Cembalospiel abgeleiteten Artikulationsmaßnahmen. Auch hist. inf. Aufnahmen der Matthäus-Passion greifen nicht in der von Dir geforderten Weise in die Melodik ein (kein Sänger macht gegen die Melodie Akzente auf Taktschwerpunkten oder unterbricht eine Linie).

Ja, ich habe polarisiert, aber so lassen sich die ziemlich prinzipiellen Unterschiede bzgl. Taktschwerpunkte besser darstellen und diskutieren (finde ich).

Der Trugschluß, der meiner Meinung nach herrscht, ist der, das wenn man von "Kantabel" spricht, eine ganz bestimmte Singweise im Ohr hat, und keine andere Singweise daneben zulässt. Wer sagt denn, dass die Singweise im Hochbarock dieselbe war wie in der Romantik oder später?

Da Rolf die Matthäus-Passion ins Spiel gebracht hat, hier nur mal ein Link auf eine (von vielen) historisch informierten Aufführungen. Es handelt sich um H. Rilling, und den Anfang der Matthäuspassion. Egal ob beim Orchesterpart zu Beginn oder vor allem auch gerade beim Chor, hört man die Taktschwerpunkte dermaßen prägnant, dass man WIRKLICH dazu tanzen kann (neudeutsch: "es groovt wie Sau"). :D
Wer auch nur die ersten paar Takte des Choreinsatzes hört, weiß was ich meine. Da werden "gnadenlos" die Taktschwerpunkte gesungen, und diese Art zieht sich durch die Matthäuspassion wie ein rotes Band.
Alte romantisierende Aufnahmen machen sowas nicht in dieser Art, dort wird gesungen mit Legatobögen a la Straube oder Busoni, sprich - mit Vorliebe in die Taktschwerpunkte hinein.

Helmuth Rilling - Matthäuspassion Anfang

Quintessenz: Es gibt verschiedene Arten von "cantabel". Welche meinte wohl Bach? Die, welche Straube und Busoni draus gemacht haben, oder die, welche historisch informierte Aufführungen bemühen?

Also: die Darstellung von Taktschwerpunkten im Hochbarock ist meiner Meinung nach was sehr Zentrales (viel wichtiger als in anderen Musikepochen, so empfinde ich es jedenfalls) und damit auch erstaunlich unabhängig, auf welchem Instrument es dargeboten wird.

Worin ich aber übereinstimme, dass man mit verschiedenen Mitteln Taktschwerpunkte deutlich machen kann (Artikulation oder Dynamik oder beides, z.B.). Mir scheint, mit Artikulation ist man näher dran an dem, was Bach wollte - natürlich nur eine subjektive Einschätzung vom kleinen Mindenblues.

Um nun auf die Inventio#1 zurückzukommen, habe ich mir mal die Mühe gemacht, und entsprechend der Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis Artikulationsbögen eingezeichnet, sowohl größere für die Taktschwerpunkte, als auch kleingliedrigere, und daneben mögliche Dynamikanweisungen. Das ist natürlich alles höchst subjektives Empfinden, eben lediglich meine Meinung, gewonnen aus Beobachtungen der heutigen Aufführungspraxis von anderen Instrumenten/Gesang bzgl. Bach. Ich hatte bei meiner Einspielung in diesem Faden versucht, wenigstens ansatzweise es auch so zu spielen.
 

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Hallo Mindenblues,

mit dem Player geht es bei mir nicht.* Kann man denn ein Video einfach so als mp3 einbinden?
Hiermit geht es.

*Edit: ist inzwischen Korrigiert
 
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Hallo Chiarian, hallo pp,

vielen Dank Euch Beiden für die Hinweise zum Rallentando. Das habe ich in der Busoni Ausgabe völlig mißverstanden und komplett auf das Rallentando verzichtet. Man(n) liest keine "Bedienungsanleitungen" (Anmerkungen) - da habe ich selber Schuld :D

Liebe Grüße
Jörg
 
Da Rolf die Matthäus-Passion ins Spiel gebracht hat, hier nur mal ein Link auf eine (von vielen) historisch informierten Aufführungen. Es handelt sich um H. Rilling, und den Anfang der Matthäuspassion.
Eine sehr schöne Aufnahme, sehr lebendig. Allerdings vermisst man die von Dir bevorzugte starke "groovenden" Betonung der Taktschwerpunkte u.a. in jenen Bestandteilen, welche der der Gattung Aria zugehören ;)

Quintessenz: Es gibt verschiedene Arten von "cantabel". Welche meinte wohl Bach? Die, welche Straube und Busoni draus gemacht haben, oder die, welche historisch informierte Aufführungen bemühen?
Das ist eine gewagte These... könnte zum zappen oder hopping zwischen mal so mal so cantabel führen ;)

Es ist ein Unterschied, gerade für die Darstellung, welche Gattung jeweils verwendet wird: selbstredend artikuliert man bewegliche Tanzcharaktere anders als cantable Arien. Man kann nicht pauschal eine einzige Ausführungsanweisung auf sehr unterschiedliche Gattungen innerhalb der Barockmusik anwenden.

Um nun auf die Inventio#1 zurückzukommen, habe ich mir mal die Mühe gemacht, und entsprechend der Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis Artikulationsbögen eingezeichnet, sowohl größere für die Taktschwerpunkte, als auch kleingliedrigere, und daneben mögliche Dynamikanweisungen.
die großen Bögen über der r.H. machen mir Sorge: denn sie widersprechen der thematischen Entwicklung (stell Dir vor, irgendjemand würde nun diese als Phrasierungs- bzw. "romantisierende" Melodiebögen auffassen)
die kleinen Bögen bringen eine Menge Unruhe, je schneller man spielt allerdings auf einer Orgel kann ich mir das sehr schön vorstellen; am Klavier wirkt das zu hektisch auf mich) - warum fasst Du die drei aufsteigenden Sechzehntel zusammen? Wäre da nicht konsequenter, das erste portato anzuweisen und beiden folgenden einen Mini-Bogen zu geben?

Aber eine andere Frage: wie würdest Du z.B. mit Klammern, um Missverständnisse bzgl. Bogensetzung zu vermeiden, die thematischen Verhältnisse in der Invention darstellen?
 

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