Bach Inventio1

Bach Invention 1

Ich kann mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, in die Inventionen Rubati so wie hier http://www.youtube.com/watch?v=COaaaFZq36M einzubauen. Ausnahme ist da der Schluß. Also die Einspielungen von tun mir fast weh in den Ohren. Aber gut, jedem das Seine.
Ich habe das Stück mit Non-legato- und Legato-Teilen eingeübt, ein Portato oder Staccato käme für mich nicht in frage. Non-legato gespielte Note sind stärker betont und legato gespielte eben nicht.
Ich lerne bei den Inventionen vor allem erstmal nur das zu spielen, was da steht und zum Beispiel alle Notenwerte auch entsprechend lange auszuhalten.
Ich bilde mir ein, daß durch die verschiedenen Notenwerte schon von vorneherein das Ohr an die richtigen Stellen gelenkt wird.
 
Ich habe das Stück mit Non-legato- und Legato-Teilen eingeübt, ein Portato oder Staccato käme für mich nicht in frage. Non-legato gespielte Note sind stärker betont und legato gespielte eben nicht.

Hallo Leoniesophie,

Kann sein, dass ich mich mit portato falsch ausgedrückt habe, ich dachte non-legato ist nur ein Überbegriff der Ausdrucksformen portato, tenuto, staccato oder martellato - werde mir morgen von meiner KL den Unterschied demonstrieren lassen. ;-) Tatsächlich meinte ich mit portato von einander klar abgesetzte Töne, dies aber bei vollem Notenwert.

LG, PP
 
Das Thema dieser Invention ist auftaktig und bewegt stets in eine Zielnote (...)

Ich habe mich schon seit längerem gefragt, ist diese Zielnote (jetzt hab' ich sogar einen Namen dafür :)) Teil des Themas, oder gibt es für Thema + Zielnote zusammen einen übergeordneten Begriff? Ich habe es für mich einmal als Teil des Themas gesehen, aber ich bin mir unsicher, da ich öfter schon gelesen habe, das Thema wäre eben nur cdefdec und die entsprechenden Variationen.

LG, PP
 
Liebe LG, PP,

ganz sicher gibts da einen Begriff, aber ob der hilfreich ist, das Stück zufriedenstellend zu spielen? So zielnotenmäßig?

Klavirus
 
Liebe LG, PP,

ganz sicher gibts da einen Begriff, aber ob der hilfreich ist, das Stück zufriedenstellend zu spielen? So zielnotenmäßig?

Klavirus

Lieber Klavirus,

Ich habe noch immer selbstauferlegtes Inventionsverbot, da muss ich mich doch wenigstens mit der Theorie beschäftigen! Jedenfalls kann ich die Noten der Invention bald auswendig. :)

Muss noch das Morgengebet "fertigstellen" und dann geht's los! Muss vorbauen, bevor KL noch eine weitere Elise aus dem Hut zaubert - die Invention wird das wohl für ein Weilchen verhindern. :D:D

LG, PP
 
Hallo PP,

das Crescendo ist für die Bassmelodie in der Busoni Ausgabe vorgegeben und das C ist non Legato abgesetzt, a und h vorweg sogar Staccato. Soweit war auch alles klar, nur eben die gesonderte Betonung ">" nicht. Ich hatte das im Unterricht durch einen härteren Anschlag versucht. Das wollte meine KL korrigieren eben durch eine Verzögerung, aber du hast denke ich Recht das C sollte mit dem fis zusammen erklingen.

PS - So intensiv wie du dich mit der Inventio beschäftigst würde ich keine Selbstauflegung durchhalten :)

Hallo Leoniesophie,

Staccato kommt in der Busoni Ausgabe vor allem im Mittelteil häufiger vor. Ich finde das passt auch gut und unterstreicht den Tanzcharacter. Kommentar von Busoni für das Stück ist ja auch "heitere Spielweise".

Ich habe übrigens auch erst die Noten abspielen gelernt und konzentrier mich erst jetzt auf den Ausdruck. Das mag manchmal doppelte Arbeit sein, aber ich kann mich dann besser auf die Dynamik konzentrieren.


@all - die Phrasierung hätte ich auch nicht in Frage gestellt. Die Motive sind eigentlich deutlich und es ist doch auch heute noch üblich Motive in den nächsten Takt zu ziehen. Im Pop doch häufig sogar auf der gleichen Note ?!
 
Hi Manha, ich weiß nicht, ob GGs "practising" so das Wahre ist - die Inv.#4 ist da - entgegen dem Titel - auch dabei, aber ziemlich runtergerattert.

Hallo Fishi,

Was verbreitest du da über den guten, alten Glenny - gegen Till Fellners Aufnahme ist sein Tempo geradezu schneckenhaft! Die Nr. 4 spielt er in etwa gleich schnell, aber Nr. 1 und 2 spielt er viel langsamer. Als ich das erste mal von Adornos Vergleich der Interpretation mit "Röntgenphotographie" las, musste ich sofort an Goulds Einspielung der Inventionen denken. :)

LG, PP
 
PS - So intensiv wie du dich mit der Inventio beschäftigst würde ich keine Selbstauflegung durchhalten :)

Hallo Hanapha,

Jetzt weiss ich's wieder, du bist Jörg, der Freund des "flüssigen Goldes" - hast du dich umtaufen lassen? :D

Die Zeit des Wartens habe ich mir mit Béla Bartók "versüsst" nur leider kann meine KL ihm nichts abgewinnen :rolleyes:, also muss ich wieder auf Bach und damit auf die Invention zurückkommen. :D

LG, PP
 
Hallo PP,

ja - und immer noch schön rauchig :D

Die Umtaufung musste aus techn. Gründen sein. Es gab oder gibt bereits einen Nick "jörg", daher hatte ich "joerg" mit oe gewählt. Lies sich auch anlegen, aber mit dem Zugriff auf das Profil gab es Probleme.

Gruß
Jörg
 

PP, ich meinte, dass in der YT-Practising Aufnahme der gute Glenny wenig betont, sondern eben so runterklimpert. Hatte nix mit Tempo, sondern mit Artikulation zu tun.
 
PP, ich meinte, dass in der YT-Practising Aufnahme der gute Glenny wenig betont, sondern eben so runterklimpert. Hatte nix mit Tempo, sondern mit Artikulation zu tun.

Ah jetzt hab' ich's kapiert, ich hab's auf die Originalaufnahmen bezogen - die sind wirklich vom Feinsten. Schade, dass ihr in DE diese Aufnahmen nicht hören könnt. Aber der Kauf der CD lohnt sich auf jeden Fall!

LG, PP
 
Das Thema dieser Invention ist auftaktig und bewegt stets in eine Zielnote (diese liegt entweder auf dem 1 oder 3. Viertel eines Taktes) - daher kommt auch der beschwingte, beinahe tänzerische Charakter der 1. Invention. Es wäre sträflich, vor jedem Taktstrich und/oder vor jedem 3. Viertel eine klangliche Zäsur zu machen.

Die Bögen in Busonis Ausgabe haben richtig verwendet einen Vorteil: sie zeigen auf den ersten Blick die motivischen Zusammenhänge. Hat man einen korrekten Urtext ohne alles editorische Beiwerk, so wird man sich irgendwie diese Zusammenhänge entweder selber einzeichnen oder der Lehrer zeichnet sie ein oder man merkt sie sich halt - da sind sie aber trotzdem. Auf den zweiten Blick gibt die Busoni-Ausgabe auch Auskunft über Busonis Bachspiel, wenigstens auf dem Papier, und ist daher rezeptionsgeschichtlich interessant.

Ich fange mal von hinten an:
Richtig, die Busoni-Ausgabe ist rezeptionsgeschichtlich interessant, sie gibt (bedingt) Auskunft nicht nur über Busonis Bachspiel, sondern über den Zeitgeschmack der Aufführungsweise von Barockmusik im 19.Jahrhundert, was noch weit in das 20. Jahrhundert hineinreichte.
Die Busoni-Ausgabe steht in einer Reihe z.B. mit der Straube-Ausgabe der Bachschen Orgelwerke, und selbst im Bach-Buch von A. Schweitzer finden sich diese typischen romantischen Merkmale der Interpretation (Stichwort mehr oder weniger ungehemmtes Hineinbinden in schwere Taktteile).
Von daher stimme ich zu, es ist interessant, über die sehr detaillierten "Interpretationsanweisungen" der damaligen Bachausgaben Auskunft über die damalige Aufführungsweise Bachscher "Claviermusick" (egal für welche Tasteninstrumente) zu bekommen.

Interessanterweise wurde in einem anderen Faden bzgl. "Interpretation" darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, sich über die historische Aufführungspraxis zu informieren. Dies sehe ich auch so. Wenn man sich jedoch der historischen Aufführungspraxis von Bach nähern möchte (was man ja nicht muß!), sind diese "romantisierenden" Ausgaben a la Busoni und Straube nicht geeignet, die Basis Urtext ist besser.

Wenn man sich den Urtext ohne diese Bindungen ansieht, und dabei die in der Barockmusik übliche Einteilung in schwere und leichte Taktzeiten vor Augen und Ohren hat, könnte man zur Einsicht gelangen, dass die eine oder andere Hineinbindung in schwere Taktzeiten nicht nur vom historischen Aufführungskontext fragwürdig ist, sondern sogar, dass es selber besser gefällt, sich nach diesen historischen Erkenntnissen zu richten.

In der Orgelmusik hat sich dieser Schritt längst in der Praxis vollzogen. Die Themen der prominenten großen Bach-Fugen wie z.B. a-moll BWV543, wurden in den "romantisierenden" mit Legatobögen geschwängerten Ausgaben mehr oder weniger konsequent so gestaltet, dass in die schwere Taktzeit gebunden wurde, und danach abgesetzt. Das steht diametral dem gegenüber, wie seit so ca. 50 Jahren Bachs Orgelwerke interpretiert werden. Selbst Schweitzer, der Anfang des 20. Jhds. solche "romantisierenden" Phrasierungen vorschlug in seinem Bach-Buch, ist teilweise davon abgerückt, wie man es bei seinen eigenen Bach-Aufnahmen ein paar Jahrzehnte später hören kann.

Interessant ist, dass in der Klaviermusik sich nach wie vor die mehr oder weniger "romantisierenden" Interpretationen halten. Es gibt Bach-Interpretationen, die zwar weg vom quasi Dauerlegato gekommen sind; z.B. sehe ich es als großen Verdienst von G. Gould an, eine sehr nuancenreiche Artikulationsweise in die Interpretation von Bachscher Klaviermusik gebracht zu habe (allerdings kreide ich ihm eine in dieser Hinsicht gewisse Beliebigkeit an). Allerdings wage ich die Prognose, dass es eben nur eine Frage der Zeit ist, bis sich die Musizierart der historisch informierten Aufführungspraxis auch für die Wiedergabe von Bachscher Klaviermusik, gespielt auf heutigem Klavier, herumgesprochen und etabliert hat.

Gerade was den tänzerischen Charakter z.B. der Inventio 1 angeht: Mit Sicherheit klingt es tänzerischer, wenn man schwere und leichte Taktteile stärker heraushört. Ein Hineinbinden in schwere Taktteile stärkt nicht den Tanzcharakter, sondern schwächt ab. Historisch informierte Aufführungen von Kammermusik zeugen gerade von einem starken "Drive" oder "Groove" - egal, wie man den Rhythmusimpuls ausdrücken möchte, es hat auf jeden Fall eher Tanzcharakter als dasselbe Musikstück, in "romantisierender" Weise vorgetragen.

Bzgl. Inventio1 muß man keine große musikalische Zäsur veranstalten am Ende des ersten Taktes und der folgenden. Auch ist der auftaktige Anfang kein zwingender Grund, dass das Thema über die Taktgrenze verschoben in die schwere Taktzeit des nächsten Taktes hineinreichen muß. Jedoch auch hier - wenn man sich mal von den "Vorgaben" romantisierender Interpretationen gelöst hat, sind die Chancen gut, dass es besser gefallen könnte, wenn man doch z.B. durch das Mittel dezenter Artikulation, den Beginn einer schweren Taktzeit spüren lässt.

Damit will ich nicht gesagt haben, dass historisch gesehen es pauschal kein Hineinbinden in schwere Taktzeiten bei Bach gegeben hätte. So geht z.B. der Schübler-Orgelchoral "Wer nur den lieben Gott lässt walten" auf eine Kantatenarie zurück, wo Bach Legatobögen eingezeichnet hat, wo in schwere Taktzeiten gebunden hat bei der Alt- und Sopranstimme. Da der Orgelchoral eine 1:1-Kopie dieser Arie ist, ist auch hier das Hineinbinden angebracht. Natürlich heißt das nun auch nicht, dass man nur hineinbinden soll, wenn es in den Urtextquellen drinstand.

Lediglich dieses hemmungslose "Defaulthineinbinden" in schwere Taktteile, wie es überall in den "romantisierenden" Ausgaben der Orgel- oder Klavierwerke Bachs vorkommt, sollte mal historisch gesehen kritisch hinterfragt werden (bei Orgel längst geschehen, bei Klavier bisher kaum) - ist zumindest meine Meinung.
 
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Wenn man sich den Urtext ohne diese Bindungen ansieht, und dabei die in der Barockmusik übliche Einteilung in schwere und leichte Taktzeiten vor Augen und Ohren hat, könnte man zur Einsicht gelangen, dass die eine oder andere Hineinbindung in schwere Taktzeiten nicht nur vom historischen Aufführungskontext fragwürdig ist, sondern sogar, dass es selber besser gefällt, sich nach diesen historischen Erkenntnissen zu richten.

In der Orgelmusik hat sich dieser Schritt längst in der Praxis vollzogen. Die Themen der prominenten großen Bach-Fugen wie z.B. a-moll BWV543, wurden in den "romantisierenden" mit Legatobögen geschwängerten Ausgaben mehr oder weniger konsequent so gestaltet, dass in die schwere Taktzeit gebunden wurde, und danach abgesetzt. Das steht diametral dem gegenüber, wie seit so ca. 50 Jahren Bachs Orgelwerke interpretiert werden. Selbst Schweitzer, der Anfang des 20. Jhds. solche "romantisierenden" Phrasierungen vorschlug in seinem Bach-Buch, ist teilweise davon abgerückt, wie man es bei seinen eigenen Bach-Aufnahmen ein paar Jahrzehnte später hören kann.

Interessant ist, dass in der Klaviermusik sich nach wie vor die mehr oder weniger "romantisierenden" Interpretationen halten. Es gibt Bach-Interpretationen, die zwar weg vom quasi Dauerlegato gekommen sind; z.B. sehe ich es als großen Verdienst von G. Gould an, eine sehr nuancenreiche Artikulationsweise in die Interpretation von Bachscher Klaviermusik gebracht zu haben. ........................

Gerade was den tänzerischen Charakter z.B. der Inventio 1 angeht: Mit Sicherheit klingt es tänzerischer, wenn man schwere und leichte Taktteile stärker heraushört. Ein Hineinbinden in schwere Taktteile stärkt nicht den Tanzcharakter, sondern schwächt ab. Historisch informierte Aufführungen von Kammermusik zeugen gerade von einem starken "Drive" oder "Groove" - egal, wie man den Rhythmusimpuls ausdrücken möchte, es hat auf jeden Fall eher Tanzcharakter als dasselbe Musikstück, in "romantisierender" Weise vorgetragen.

Bzgl. Inventio1 muß man keine große musikalische Zäsur veranstalten am Ende des ersten Taktes und der folgenden. Auch ist der auftaktige Anfang kein zwingender Grund, dass das Thema über die Taktgrenze verschoben in die schwere Taktzeit des nächsten Taktes hineinreichen muß. Jedoch auch hier - wenn man sich mal von den "Vorgaben" romantisierender Interpretationen gelöst hat, sind die Chancen gut, dass es besser gefallen könnte, wenn man doch z.B. durch das Mittel dezenter Artikulation, den Beginn einer schweren Taktzeit spüren lässt.

Damit will ich nicht gesagt haben, dass historisch gesehen es pauschal kein Hineinbinden in schwere Taktzeiten bei Bach gegeben hätte. So geht z.B. der Schübler-Orgelchoral "Wer nur den lieben Gott lässt walten" auf eine Kantatenarie zurück, wo Bach Legatobögen eingezeichnet hat, wo in schwere Taktzeiten gebunden hat bei der Alt- und Sopranstimme. Da der Orgelchoral eine 1:1-Kopie dieser Arie ist, ist auch hier das Hineinbinden angebracht. Natürlich heißt das nun auch nicht, dass man nur hineinbinden soll, wenn es in den Urtextquellen drinstand.

Lediglich dieses hemmungslose "Defaulthineinbinden" in schwere Taktteile, wie es überall in den "romantisierenden" Ausgaben der Orgel- oder Klavierwerke Bachs vorkommt, sollte mal historisch gesehen kritisch hinterfragt werden (bei Orgel längst geschehen, bei Klavier bisher kaum) - ist zumindest meine Meinung.


Lieber Mindenblues,

bei Orgel kenne ich mich leider nicht sonderlich aus. Ich finde aber sehr interessant, wie Bach auf anderen Instrumenten, hier die Orgel, gespielt wurde bzw. wird. Könntest du vielleicht mal ein Klangbeispiel von ein und demselben Stück in verschiedener Interpretation hier reinstellen, die die dargestellte unterschiedliche Sicht verdeutlichen? Das wäre super nett!

Was jetzt die Invention angeht, meine ich, dass man doch nicht von "der historischen Aufführungspraxis" sprechen kann. Es kommt doch auch da darauf an, welchen Aspekten der Musik man den Vorzug gibt.

Die Inventionen dienen laut Bach ja dazu, dass "am allermeisten aber eine cantable Art im Spielen zu erlangen sei". Auch sein Sohn rät zur Bildung des guten Geschmacks, "die Singe-Kunst zu lernen, und gute Sänger fleißig zu hören".

Schwere oder leichte Taktteile sind auch eine Blickrichtung auf diese Stücke, es gibt noch jede Menge anderer, und so muss der Spieler letztlich bestimmten Aspekten den Vorzug geben ( Interpretation). Für mich steht die cantable Spielweise hier im Vordergrund. Ein Sänger würde niemals vor der "1" oder "3" ( Taktzeit) des Themas der 1. Invention eines Taktes atmen, Phrasierung war doch auch in der Barockzeit enorm wichtig.

Meiner Meinung nach ist auch der Klang des modernen Flügels vom Cembalo oder Clavichord so dermaßen verschieden, dass man sowieso in anderen Kategorien denken muss. Ich z.B. liebe deshalb die Bachschen Interpretationen von Perahia, weil sie so transparent sind. Die Schwere mancher Pedallastiger Aufführungen vergangener Jahrzehnte ist da GottseiDank vorbei. Ein moderner Flügel kann viel mehr singen als ein Cembalo u.ä., weil der Ton nicht so schnell verklingt und diese Tatsache wirkt sich natürlich auf die Spielweise aus. Da muss man manche Praxis von damals tradieren. Wie weit, wo die Grenzen liegen, etc. bedarf immer wieder der Auseinandersetzung - deshalb finde ich kritisches Hinterfragen sehr gut.

Im Fall der 1. Invention entscheide ich mich ganz klar für die von Rolf favorisierte Spielweise.

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo Mindenblues,

ich hab´s noch nicht wirklich gerafft. Die Bögen der genannten Ausgabe sind ja keine Legatobögen sondern sollen doch nur die Phrase auf den ersten Blick zeigen, die wie mir erklärt wurde, ein ausgebildeter Musiker eh erkennen würde und wie chiarina sehr schön erklärt hat zeigen wo geatmet werden darf oder soll. Das bedeutet ja noch nicht, dass die Phrase legato gespielt werden muss, sondern durchaus wie im Barock Standard im non-legato gespielt werden darf.
Hinzukommt, dass die Phrasen doch so von Auftrakt bis zu den meist Staccato gekennzeichneten Abschlüssen immer eine schöne Zeiteinheit abgegeben.

Gruß
Jörg
 
bei Orgel kenne ich mich leider nicht sonderlich aus. Ich finde aber sehr interessant, wie Bach auf anderen Instrumenten, hier die Orgel, gespielt wurde bzw. wird. Könntest du vielleicht mal ein Klangbeispiel von ein und demselben Stück in verschiedener Interpretation hier reinstellen, die die dargestellte unterschiedliche Sicht verdeutlichen? Das wäre super nett!

Ich werde mal versuchen, von einem Stück eine alte Orgeleinspielung in romantischer Manier a la Straube/Busoni zu finden und mit einer neuen zu vergleichen, ein Fugenanfang würde reichen, um den Unterschied deutlich werden zu lassen. Wird etwas dauern.

Was jetzt die Invention angeht, meine ich, dass man doch nicht von "der historischen Aufführungspraxis" sprechen kann. Es kommt doch auch da darauf an, welchen Aspekten der Musik man den Vorzug gibt.

Ja, natürlich!

Die Inventionen dienen laut Bach ja dazu, dass "am allermeisten aber eine cantable Art im Spielen zu erlangen sei". Auch sein Sohn rät zur Bildung des guten Geschmacks, "die Singe-Kunst zu lernen, und gute Sänger fleißig zu hören".

Schwere oder leichte Taktteile sind auch eine Blickrichtung auf diese Stücke, es gibt noch jede Menge anderer, und so muss der Spieler letztlich bestimmten Aspekten den Vorzug geben ( Interpretation). Für mich steht die cantable Spielweise hier im Vordergrund. Ein Sänger würde niemals vor der "1" oder "3" ( Taktzeit) des Themas der 1. Invention eines Taktes atmen, Phrasierung war doch auch in der Barockzeit enorm wichtig.

Es ist richtig, dass Bach sangliches Spiel fordert und selber dafür bekannt war, auch entsprechend zu spielen. Die spannende Frage ist aber, wie die gedachten Melodiebögen der "cantablen Art" gemeint sind - da nunmal Bach keine Melodiebögen eingezeichnet hat. Es ist eine im Laufe der Beschäftigung mit der historischen Aufführungspraxis gewonnene Erkenntnis, dass die "Standard-Bögen" durch den Takt vorgegeben sind, daher die Namensgebung von "schweren" und "leichten" Taktteilen. Genauer gesagt, gibt es noch weitere Unterteilungen, nicht nur "schwer" und "leicht", sondern noch kleingliedriger. Die Frage ist, wie lässt sich schwer und leicht ausdrücken - z.B. durch entsprechende Artikulation. Wohlgemerkt- "Standard": also kein auf Biegen und Brechen durchgezogenes Dogma!

Meiner Meinung nach ist auch der Klang des modernen Flügels vom Cembalo oder Clavichord so dermaßen verschieden, dass man sowieso in anderen Kategorien denken muss. Ich z.B. liebe deshalb die Bachschen Interpretationen von Perahia, weil sie so transparent sind. Die Schwere mancher Pedallastiger Aufführungen vergangener Jahrzehnte ist da GottseiDank vorbei. Ein moderner Flügel kann viel mehr singen als ein Cembalo u.ä., weil der Ton nicht so schnell verklingt und diese Tatsache wirkt sich natürlich auf die Spielweise aus. Da muss man manche Praxis von damals tradieren. Wie weit, wo die Grenzen liegen, etc. bedarf immer wieder der Auseinandersetzung - deshalb finde ich kritisches Hinterfragen sehr gut.

Natürlich klingt ein moderner Flügel anders als die verfügbaren Instrumente damals. Die Frage ist aber, ob solche grundsätzlichen Dinge wie Wichtung der verschiedenen Taktschwerpunkte (von Ausnahmen in Stücken abgesehen) nicht doch erstaunlich unabhängig vom Klang sind? Im übrigen finde ich es sowieso ein Phänomen, dass Bach auf jedwedem Tastenistrument gut klingen kann, was bei Stücken anderer Komponisten selten der Fall ist.

ich hab´s noch nicht wirklich gerafft. Die Bögen der genannten Ausgabe sind ja keine Legatobögen sondern sollen doch nur die Phrase auf den ersten Blick zeigen, die wie mir erklärt wurde, ein ausgebildeter Musiker eh erkennen würde und wie chiarina sehr schön erklärt hat zeigen wo geatmet werden darf oder soll. Das bedeutet ja noch nicht, dass die Phrase legato gespielt werden muss, sondern durchaus wie im Barock Standard im non-legato gespielt werden darf.
Hinzukommt, dass die Phrasen doch so von Auftrakt bis zu den meist Staccato gekennzeichneten Abschlüssen immer eine schöne Zeiteinheit abgegeben.

Jörg, wenn man bereit sein sollte, sich mit der Thematik "schwere" und "leichte" Taktzeit auseinanderzusetzen, könnte man ja versuchen, für sich die Frage zu beantworten, wie denn bei dieser Invention eine schwere und eine leichte Taktzeit hörbar gemacht werden könnte.
Übertrieben gesagt: wenn man bei dieser Invention jede Phrase vom Auftakt genau einen halben Takt lang spielt, ist der Impuls der schweren Taktzeit nicht mehr vorhanden, sondern verlagert sich vollständig auf das nächste 16tel. Im schlimmsten Fall kriegt ein Hörer gar nicht mit, dass es sich um einen Auftakt handelt, denn der Impuls kommt genau jeden halben Takt. Es wird ein schwerer Taktteil auf das 2. und 10. 16-tel eines Taktes suggeriert, statt auf dem 1. und 9. 16-tel.

Ich glaube, ich werde mal versuchen, mein Aufnahmegerät rauszukramen und die ersten Takte der Invention einspielen mit dem Versuch, die schweren Taktteile kenntlich zu machen. Nur um mal einen Denkanstoß zu geben.
 
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Ich werde mal versuchen, von einem Stück eine alte Orgeleinspielung in romantischer Manier a la Straube/Busoni zu finden und mit einer neuen zu vergleichen, ein Fugenanfang würde reichen, um den Unterschied deutlich werden zu lassen. Wird etwas dauern.


Lieber Mindenblues,

ich hoffe, es ist nicht zu viel Arbeit! Aber es würde mich wirklich interessieren, weil ich der Meinung bin, dass man nur dazu lernen kann, wenn man die Spielweisen anderer Instrumente kennt! Danke!






Es ist richtig, dass Bach sangliches Spiel fordert und selber dafür bekannt war, auch entsprechend zu spielen. Die spannende Frage ist aber, wie die gedachten Melodiebögen der "cantablen Art" gemeint sind - da nunmal Bach keine Melodiebögen eingezeichnet hat. Es ist eine im Laufe der Beschäftigung mit der historischen Aufführungspraxis gewonnene Erkenntnis, dass die "Standard-Bögen" durch den Takt vorgegeben sind, daher die Namensgebung von "schweren" und "leichten" Taktteilen. Genauer gesagt, gibt es noch weitere Unterteilungen, nicht nur "schwer" und "leicht", sondern noch kleingliedriger. Die Frage ist, wie lässt sich schwer und leicht ausdrücken - z.B. durch entsprechende Artikulation. Wohlgemerkt- "Standard": also kein auf Biegen und Brechen durchgezogenes Dogma!


Ich weiß, wie du es meinst. Ich habe trotzdem mit "Standard" meine Probleme, weil es so viele Dinge wie z.B. die Art oder den Charakter des Stückes, Harmonik und Phrasierung .... außer acht läßt. Vielleicht bin ich auch deshalb besonders empfindlich, weil man früher oft solche "Standards" im Klavierunterricht vermittelt hat: z.B. dass ein 4/4-Takt die Schwerpunkte auf "1" und "3" hat. Das ist zwar nicht unrichtig, aber leider kommt es dann zu dem oft zu hörenden Ergebnis, dass die Taktstriche als "Einteilungen" wahrgenommen werden und oft gegen die Phrasierung die "1" eines Taktes betont wird. Manchmal würde ich am liebsten alle Taktstriche ausradieren :p .

Auch die Art des Stückes, Tanz, Fuge, Arie, Präludium ....... spielt eine Rolle, inwieweit Taktschwerpunkte gespielt und gehört werden. Das kann sehr unterschiedlich sein.

Trotzdem ist das Metrum, der Puls, natürlich grundsätzlich sehr wichtig!



Jörg, wenn man bereit sein sollte, sich mit der Thematik "schwere" und "leichte" Taktzeit auseinanderzusetzen, könnte man ja versuchen, für sich die Frage zu beantworten, wie denn bei dieser Invention eine schwere und eine leichte Taktzeit hörbar gemacht werden könnte.
Übertrieben gesagt: wenn man bei dieser Invention jede Phrase vom Auftakt genau einen halben Takt lang spielt, ist der Impuls der schweren Taktzeit nicht mehr vorhanden, sondern verlagert sich vollständig auf das nächste 16tel. Im schlimmsten Fall kriegt ein Hörer gar nicht mit, dass es sich um einen Auftakt handelt, denn der Impuls kommt genau jeden halben Takt. Es wird ein schwerer Taktteil auf das 2. und 10. 16-tel eines Taktes suggeriert, statt auf dem 1. und 9. 16-tel.

Ich glaube, ich werde mal versuchen, mein Aufnahmegerät rauszukramen und die ersten Takte der Invention einspielen mit dem Versuch, die schweren Taktteile kenntlich zu machen. Nur um mal einen Denkanstoß zu geben.


Hoffentlich bin ich dir nicht zu kritisch :p ! Aber am liebsten möchte ich sagen: Einspruch, Euer Mindenblues!!! :D Außer wir meinen das Gleiche! :D

Es ist nämlich m.E. ganz wichtig, die "1" zu spüren!!! Ohne das Fühlen dieses Pulses kommt nämlich genau das zustande, was du oben beschreibst: das "c1" zu Beginn des Themas im 1. Takt wird als "1" empfunden und dann haben wir den Salat.

Jedenfalls müssen meine bedauernswerten Schüler manchmal dirigieren und mir den Einsatz geben. Sie dirigieren also eine gedachte "4" , wie die Dirigenten es beim Einsatz auch tun, und dann die "1". So erfahren sie die Auftaktigkeit der 16tel. Der Impuls ist also die Pause, man könnte auch sagen, dass die Pause wie ein Schubs wirkt, um eine Kugel anzustoßen.

Das Thema fängt für mich aber trotzdem erst mit den 16teln an, ist aber gerade deshalb auftaktig zu spielen.

Ich finde es auf jeden Fall interessant, mich mit dir auseinandersetzen, weil ich spüre, dass du wegen der Orgel einen anderen Blickwinkel hast. Also nur munter weiter so!

Liebe Grüße

chiarina
 
Hoffentlich bin ich dir nicht zu kritisch :p ! Aber am liebsten möchte ich sagen: Einspruch, Euer Mindenblues!!! :D Außer wir meinen das Gleiche!

Schon klar, wer was einspielt, lehnt sich aus dem Fenster, kritisieren ist immer einfacher als selber was zeigen...

Habe also eben mein Zoom-H4 nebst Inventionen-Noten herausgekramt und mehr oder weniger zwischen Tür und Angel den Anfang der Inventio eingespielt, und absichtlich mal die Betonungen der Taktschwerpunkte etwas übertrieben, und versucht, kurze "Melodiebögen" zwischen den 16-teln, die Sprünge haben, reinzunehmen (z.B. 1. Takt rH f1-d1, e1-c1 und sinngemäß an anderen Stellen). Also bitte - es ist keine ausgefeilte Aufnahme insbesondere bzgl. Dynamik usw, sondern soll als Testzweck den gemeinten Taktschwerpunkt zeigen:

[MP3="http://www.mindenblues.family-schmidt-minden.de/MindenBlues2/Piano/AnfangInventio1.mp3"]Anfang Inventio1[/MP3]

Ich finde es auf jeden Fall interessant, mich mit dir auseinandersetzen, weil ich spüre, dass du wegen der Orgel einen anderen Blickwinkel hast.

Also es ist tatsächlich so, dass sich erst durch die Beschäftigung mit der Orgel (wo ich praktisch nur Bach spiele) mein Blickwinkel auch für Bach auf dem Klavier geändert hat.
 
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