AHA-ERLEBNISSE beim Üben

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13. Feb. 2015
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Meine Idee ist, dass wir hier Aha-Erlebnisse zusammenfassen, durch die wir unser Klavierspiel verbessern konnten, aufgrund von Beiträgen aus dem Forum , aus Büchern, aus Workshops oder aus dem Klavierunterricht.

Ich fang mal an:

1. Die Krake: Die Hände bewegen sich geschmeidig und fließend auf der Tastatur.

Barat:

Rolf gebraucht manchmal eine tolle Metapher, die mir persönlich auf die Sprünge geholfen hat: Die Hand agiert wie ein "Krake". Also scheinbar "fließt" sie wie die Arme eines solchen Tieres auf die Tasten. Schau Dir mal ein Video von einem Kraken an, vielleicht macht´s dann "klick.....

Rolf:

der Tintenfisch passt sich geschmeidig und ohne nachdenken oder raisonieren an seine Umgebung an.
Genauso geschmeidig kann man sich an die Grifffolgen am Klavier anpassen.
Vermeintlich zu weitgriffige Griffe sind sehr oft eben doch "greifbar" - das hab ich oft genug ........


2. Arpeggio: mit flacher Hand spielen (die Quelle hab ich leider nicht gefunden)

3. Technische Übung für die Geschmeidigkeit:

“ .....
bei erhobenem Handgelenk und frei herabhängender Hand mit dem Finger die Note auf dem Flügel von oben nehmen , allmählich das Handgelenk so weit wie möglich senken ( mit ruhiger gemessener Bewegung) und sie danach von neuem so hoch über die Klaviatur nehmen, dass der Finger die Taste wirklich nicht mehr festhalten kann und sich mit ruhiger, fließender Bewegung zusammen mit dem Handgelenk und der Hand emporhebt, und dies viele Male mit allen Fingern. “

Aus “ Die Kunst des Klavierspiels“ von Heinrich Neuhaus
 
Vorweg, ich bin von dem unverdienten Glück gesegnet, von einer erstklassigen Klavierlehrerin betreut zu werden. Da ist eigentlich jedes Stück und jede Stunde ein Aha-Erlebnis. :blume::super:

Es gibt einige Stücke, an denen ich besonders viel gelernt habe, weil sie gezielt bestimmte individuelle Defizite zu überwinden beitrugen. Spontan würde ich nennen:
- Chopins op. 25,5 (meine Metamorphose vom Klauentier zu ... hm :denken:... einer evolutionären Vorstufe von Rolfs Tintenfisch?),
- op. 25,9 (ade, gequälte, krallige Oktaven! Handgelenk, Du bist ein Gelenk und kein Fixierblech, also verhalte Dich entsprechend!)
- op. 25,6 (die Offenbarung der Leichtfingrigkeit)
- op. 10,2 (feierliche Unabhängigkeitserklärung des 4. und 5. Fingers).
Die beiden Liszt-Etüden, die ich bislang kenne, zähle ich schon jetzt zu den Offenbarungs-Stücken. Da kommen noch mal (Disclaimer: zumindest für mich!) neue Aspekte des Klavierspiels hinzu. Zum Beispiel (wie gesagt, nur meine höchstpersönlichen Aha-Erlebnisse) dieses ... ich nenne es mal spontan: Ganzkörperspiel, diese Auflösung von traditionellen Zuweisungen an Extremitäten, links macht dies, rechts macht jenes, und ganz selten wird mal die Reviergrenze überschritten.
Oder: Das Klavier weniger als ein konkretes Instrument begreifen, sondern das darin eingesperrte Orchester rauslassen. Sinngemäß. ;-)


:lol: Das klingt jetzt alles irgendwie so banal, aber irgendwann braucht man als Anfänger wirklich solche Offenbarungs-Erlebnisse, die einem bislang allenfalls unbewusst wahrgenommene Dinge bewusst machen. :zunge:


Witzigerweise hat auch bei den Cortot-Übungen irgendwas "klick" gemacht. Ich weiß noch nicht mal genau was. Es ist auch irgendetwas aus dem weiten phänomenologischen Formenkreis "die komplette Hand als souveräne Akteurin auf den Tasten". :denken: Eine Zeit lang hab ich das sehr konsequent täglich praktiziert, genau nach Vorschrift. Sollte ich mal wieder tun... :konfus:


Erhellende/erhaltenswerte Clavio-Perlen sammele ich in einem digitalen Ordner und lasse mich von dieser Sammlung hin und wieder an dies und das erinnern. Vieles "weiß" man ja eigentlich, aber gerade als Anfänger hat man es noch nicht tief genug verinnerlicht. Vulgo: Es muss noch "wirklich in Fleisch und Blut" übergehen. Hin und wieder, glücklicherweise mit abnehmender Tendenz, muss man noch mal dran erinnert werden, und das sollte nicht die Klavierlehrerin tun müssen. :heilig:

Beispiele:

- Wie ein roter Faden ziehen sich durch dieses Forum die Erinnerungen daran, das Aufgewicht der Tasten samt aller daraus resultierender Vorteile zu nutzen*... :idee: Es nützt gerade dem Anfänger, gewissermaßen täglich daran erinnert zu werden, dass das Instrument selbst einem hilft.

- Beim Tastenniederdruck eher an Greifen als an Drücken denken. :teufel: (OK, das habe ich sofort verinnerlicht, ich war froh, solche Basics nicht erst von der Klavierlehrerin hören zu müssen...wäre das peinlich gewesen!)

@rolf s legendäre Tintenfisch-Metapher - epic :super: - und einige weitere plastische Formulierungen. Einmal lesen - für immer kapieren. (Vgl. "greifen" statt "drücken")

@mick s und @hasenbein s ubiquitäre Mahnungen, die Musik selbst (Klangvorstellung, Klangwille) in den Mittelpunkt der Übebemühungen zu stellen (ars gratia artis). Wenn man eine konkrete Vorstellung davon hat, wie es klingen soll (und am besten noch warum :idee:), fällt der Rest schon gar nicht mehr so schwer. Die Musik will ja raus in die Welt und sucht sich ihren Weg, indem sie die Macht über das Gerippe übernimmt. :herz:Das Gerippe darf sich nur nicht dagegen sperren, sondern muss sie durchlassen.

@Stilblüte s "Übeexperiment" Nr. 1 kondensierte einige disziplinierende All-time-Weisheiten des Übens. Ich rufe sie mir nach wie vor gern ins Gedächtnis. Wahrscheinlich jeder kennt sie. Eigentlich! ;-) Aber so kompakt und übersichtlich formuliert, wie Anne es uns dankenswerter Weise zur Verfügung stellte, findet man (Disclaimer: ich) es trotzdem nirgends. Ausdrucken und immer mal wieder draufgucken, wenn´s klemmt. :super:


* (à propos, das vergriffene Feuchtwanger-Buch samt CD ist jetzt wieder bei Hn. Blido erhältlich!!!)
 
So einen Faden gab es schonmal, aber ich finde ihn leider nicht mehr. :konfus:
 
Für weitere AHA-Erlebnisse empfehle ich "Psychologie des Klavierspielens" von Willi Baders. Ich stelle gerade fest, dass Google dazu kein einziges Ergebnis ausspuckt, schade. Ich leihe es mir demnächst nochmal aus der Bib aus und schaue nach, in welchem Verlag das erschienen ist.
Der Titel ist etwas irreführend, weil man mit solchen Titeln leicht einen esoterischen Eindruck erweckt. Ist aber nicht so.
 
Das faszinierendste Aha-Erlebnis ist eigentlich der rätselhafte "fallende Groschen".

Man übt wochenlang mit wachsender "Verzweiflung" an ganz vielen Stellen herum, sieht nur noch diese Einzelstellen und plötzlich (i.d.R., wenn man mit der Klavierlehrerin intensiv das Stück besprochen und an der MUSIKALITÄT gearbeitet hat) kapiert man die musikalischen Gesamtzusammenhänge, lässt sich von der Musik tragen und - wuppdich! - läuft´s "fast wie von selbst".
wer.gif


Ich muss dahin kommen, den Groschen selbst zum Fallen zu bringen... Es gibt Stücke, da fällt er von allein. :denken: Bei anderen hocke ich aus irgendwelchen Gründen breit und fett auf dem Schlauch. :teufel:
 

Das faszinierendste Aha-Erlebnis ist eigentlich der rätselhafte "fallende Groschen".

Man übt wochenlang mit wachsender "Verzweiflung" an ganz vielen Stellen herum, sieht nur noch diese Einzelstellen und plötzlich (i.d.R., wenn man mit der Klavierlehrerin intensiv das Stück besprochen und an der MUSIKALITÄT gearbeitet hat) kapiert man die musikalischen Gesamtzusammenhänge, lässt sich von der Musik tragen und - wuppdich! - läuft´s "fast wie von selbst".
wer.gif


Ich muss dahin kommen, den Groschen selbst zum Fallen zu bringen... Es gibt Stücke, da fällt er von allein. :denken: Bei anderen hocke ich aus irgendwelchen Gründen breit und fett auf dem Schlauch. :teufel:
Das Stück war auch bei mir ein krasser AHA Effekt. Ich hab als Kind mit klassischem Klavier angefangen, dann als Teenie fast aufgehört und den Lehrer gewechselt und eher in Richtung Keyboard (Popmusik, selber Songs schreiben) gewechselt. Hat auch gut getan. Dann kam ein Freund mit dem Groschen an und ich musste es wieso auch immer, einfach üben. Als ich die ersten 4 Seiten halbwegs fehlerfrei spielen konnte hab ichs meinem Lehrer gezeigt und der hat mich animiert weiter zu machen und auch Stücke von Chopin auszuprobieren. Durch das verstehen der Arpeggio-Läufe im Groschen habe ich, wie Barratt, extrem viel gelernt.
 
Ich hatte schon immer ein Problem mit der Gleichmäßigkeit und Sauberkeit in schnelleren Passagen und Läufen. Meine neue KL hat jetzt ein paar meiner Problemstellen auseinandergenommen, als Zwischenübung zunächst Stoppstellen eingefügt und achtet auf eine Akzentuierung innerhalb der Passagen. Mit diesen Orientierungshilfen laufen sie plötzlich.
 
Ich hatte schon immer ein Problem mit der Gleichmäßigkeit und Sauberkeit in schnelleren Passagen und Läufen. Meine neue KL hat jetzt ein paar meiner Problemstellen auseinandergenommen, als Zwischenübung zunächst Stoppstellen eingefügt und achtet auf eine Akzentuierung innerhalb der Passagen. Mit diesen Orientierungshilfen laufen sie plötzlich.
Kannst du das näher beschreiben? Ich kämpfe auch gerade damit, schnelle Läufe gleichmäßig hinzubekommen...
 

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