Abgrenzung "Popmusik" und "klassische Musik"

Hallo,

mir fällt ein wesentlicher Unterschied auf, der zunächst mit "Qualität" und "Prosperität" gar nichts zu tun hat:
- U-Musik bedarf des einen und einzigen "Stars" (niemand will Pavarotti "sailing" singen hören oder Netrebko Madonna ersetzen hören), das jeweilige Stück ist untrennbar von diesem: es finden also keine Interpretationen statt, sondern nur die eine (angeblich) "einzigartige" zählt (((und was Benjamin dazu schreiben würde, möchte ich nicht wissen :)...)))
- - E-Musik bedarf der Interpretation

sonderbar: singt irgendwer (sogar gut) einen "Hit", vielleicht sogar besser als der Star, auf den der Hit zugeschnitten ist, wird sich dennoch der Star tausendfach öfter verkaufen... mein Verdacht: in U-Musik geht es nicht um Musik (die zählt eher sekundär), sondern um Personenkult.

...dann gibt es noch eine dritte Sorte Musik, die ich ebenfalls im weitesten Sinn zur U-Musik zählen würde: allerlei Klangkulissen, vom Dorffest-Tätärä bis zur Supermarktberieselung :)

Freilich ist alle Musik adressatenbezogen - da es viele gibt, die eine bestimmte Person bewundern (wollen oder sollen - die ewige Frage nach Bedarfsdeckung oder -weckung), muss es viele geben, die sich einer solchen Rolle unterziehen (und das in industriellem Ausmaß). Verräterisch ist, dass gelegentlich (Werbemechanismen) "Klassikspieler" als "Popstars oder Superstars der Konzertäle oder Klassik" gehandelt werden, der umgekehrte Fall ist eher sehr selten (Rod Stewart z.B. ist nicht der "Interpret" seiner Lieder, sondern in erster Linie sind er und sein Lied eins)

Gruß,
Rolf

(dass es Qualitätsunterschiede gibt, soll nicht verschwiegen werden - aber es führt vermutlich zu manchem Grimm, wenn diese nachgewiesen werden)
 
E- und U-Musik zu unterscheiden finde ich ziemlich einfach. E-Musik hat als erstes Ziel, Kunst zu sein, U-Musik soll unterhalten. Beide Ziele finden sich sowohl in klassischer Musik wie auch in Popmusik. Klassische Musik ist häufig zur Unterhaltung der Oberschicht geschrieben worde und viele Popmusiker haben ernsthafte und auch erfolgreiche Ambitionen, Kunst zu machen und beide Seiten wollen Geld, Ruhm und Anerkennung. Dennoch empfinde ich deutliche Unterschiede zwischen klassischer und Popmusik. Vielleicht ist das wesentliche Kriterium doch das Publikum, Popmusik für die Massen, klassische Musik für eine (heute selbsterwählte) Elite. Grauzonen gibt es da natürlich auch aber man kann ja auch nicht entscheiden, ab welcher Anzahl von Sandkörnern man von einem Sandhaufen sprechen kann. Präzision und Kategorisierungseifer schließen sich halt meistens aus.

Nebenbei bemerkt: Die Qualität richtet sich natürlich nach der Größe des Publikums und bei einem kleineren Publikum sind die Ansprüche einfach deutlicher definiert, während man ein Massenpublikum natürlich leichter mit Massenware abspeisen kann. Frei nach dem Motto "was 1000 Menschen für richtig halten, kann nicht ganz falsch sein".
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
nanana!!! ;)

Eine Bach-Fuge, eine Mozart-Sinfonie, ein Beethoven-Klavierkonzert... ist dasselbe wie ein LeadSheet? ;)

Ich schrieb aber "viele Noten" und nicht " alle Noten".
Falls es Dich interessiert, hier die Meinung von Frau Susan McClary, Professor of Musicology at the University of California, Los Angeles.

Ich glaube in dieser Hinsicht gibt es einiges an "Mythen" aufzuräumen.
Die Musik von damals lebte und wurde in ihrer Aufführung keineswegs so strikt behandelt wie heute.
Ich denke mal Chopin und Liszt improvisierten "tausendmal" besser als das was sie dann danach davon noch aufzuschreiben im Stande waren. Leider lässt sich das nicht belegen. :-(
Das war die U-Musik von damals. Heute wird sie lustiger weise E-Musik genannt.
 
Ich will mal einen anderen Gedanken einwerfen, auch wenn ich jetzt nicht jeden Beitrag genau studiert habe der in diesem faden geschrieben wurde.

Sind wir Pianisten bzw. Musiker der "klassischen" Instrumente vielleicht ein bisschen beleidigt? In der Pop- und Rockmusik spielt das Klavier ja eher eine Nebenrolle.

Dennoch, was die Gitarristen auf ihren Gitarren vollbringen ist oft höchstwertigste Musik, eben nicht auf Klavier und Geige. Ebenso die Rhythmusgruppen, die leisten tolles. Dass es auch viel "Schund" und nicht so komplexe Musik ist auch klar, aber früher haben auch nicht alle nur Fugen und Sonaten gehört, die Volkslieder und Schlager wurden eben nicht aufgezeichnet.
 
Ich schrieb aber "viele Noten" und nicht " alle Noten".

Hmm, ja, stimmt, ich sollte genauer lesen :)

Falls es Dich interessiert, hier die Meinung von Frau Susan McClary, Professor of Musicology at the University of California, Los Angeles.

Sie hat im Prinzip schon recht, nur mit ihren Jahresangaben (bis zum 19.Jahrhundert, also bis 18xx) bin ich nicht einverstanden. Das was sie anspricht betrifft hauptsächlich Barockmusik, und zwar diejenige Barockmusik, wo die Verzierungen nicht bereits in Noten ausgeschrieben sind. Bach hat sehr oft die Verzierungen als Noten ausgeschrieben, und solche ausgeschriebenen Verzierungen dann nochmal mit einer zusätzlichen Schicht Verzierungen zu überfrachten, finde ich dann doch des Guten zuviel. Wie damals verziert wurde, kann man sehr gut an der Sarabande aus der Englischen Suite Nr.2 sehen, von der es eine "Reinfassung" und eine ausnotierte, verzierte Fassung "Les agréements de la même Sarabande" gibt. Etwas Ähnliches gibt es auch bei Mozarts Sonate KV 284, im Variationensatz (Variation XI)

Aber schon bei Beethoven (1770-1827) kann man kaum mehr davon ausgehen, daß der Interpret einfach in den Sonaten herumimprovisieren darf. Damit wäre Beethoven sicher nicht einverstanden gewesen. Er war ja sehr pingeling in allen Details und hat lange an ihnen gefeilt, bis er damit zufrieden war.



Ich glaube in dieser Hinsicht gibt es einiges an "Mythen" aufzuräumen.
Die Musik von damals lebte und wurde in ihrer Aufführung keineswegs so strikt behandelt wie heute.

In dem Maße, wie die "Urtext-Treue" heute möglicherweise übertrieben wird, wurde sie im 19.Jahrhundert vernachlässigt. Da meinten die Herausgeber und Interpreten dann, alles dem aktuellen, romantischen Zeitgeschmack entsprechend verbessern und aufplustern zu müssen. Wenn man sich Regers Variationen über Mozarts Variationenthema aus KV 331 anhört, dann wird schnell klar, daß das nur noch sehr wenig mit Mozart, aber sehr viel mit Spätromantik zu tun hat.

Ich denke mal Chopin und Liszt improvisierten "tausendmal" besser als das was sie dann danach davon noch aufzuschreiben im Stande waren. Leider lässt sich das nicht belegen. :-(

Ein paar Illusionen darf man ja schon auch pflegen 8) :D


Das war die U-Musik von damals. Heute wird sie lustiger weise E-Musik genannt.

Eine U-Musik wie die heutige Kommerzmusik gab es damals schon aus rein technischen Gründen nicht. Es gab keine Schallplatten, kein Radio, kein Fernsehen und kein BRAVO

Und der qualitativ hochwertige Jazz ist dann eh nochmal eine ganz andere Kategorie.
 
Die Ausbildung des Musikers änderte sich auch seit dieser Zeit. Er wurde auf strikte Reproduktion getrimmt. Kein freies Spiel mehr war gefragt.
[...] Diese, den Klassikern nun entgültig fremde Art Musik zu kreiern, nennt man nun U-Musik.
Schon komisch das Ganze, oder?
Muss mal kurz eine Lanze für "uns Klassiker" brechen;). Bei einem Kirchenmusikstudium beispielsweise, wird standartmäßig die Impro in verschiedenen Stilen schon in der Aufnahmeprüfung abgefragt und spielt dann im Studium eine mindestens gleichwertige Rolle neben dem Literaturspiel! Dass die Improvisation der Klassik heutzutage fremd sei, kann man nicht wirklich behaupten. Sie steht halt ein bisschen im Schatten der Aufmersamkeit die der ganzen großen Literatur geschenkt wird.
 
Zu Chopins Improvisationskünsten hier noch ein Beitrag in dem ein Freund Chopins zitiert wird.

Daily Music in a Classical Style — All Contents © Copyright Eric Barnhill 2006
Facts About Improvisation

February 24, 2006


J.S. Bach, while he was alive, was little known as a composer, and his works were criticized for being dense and old-fashioned — but he was renowned as the greatest improviser on the organ in Europe. A famous French organist once came to town to compete against him, and, hearing him improvise while warming up, promptly left town. Bach put improvisation skills at the center of his teaching. Most of his instructional manuals are how-to books in improvisation. He often wrote out several different versions of his most popular pieces, such as the inventions, to show how a student might improvise on the structure.
Handel wrote one treatise on performance - and half of it was devoted to improvising dances and fugues.
Mozart was most famous in his day, according to scholars, “first as an improviser, then as a composer, then as a pianist”. In a famous piano competition in front of the Pope, Mozart and Clementi not only had to improvise in the final round, they had to improvise pieces together.Beethoven became famous in Vienna not as a composer but as an “astounding” improviser. It was a full ten years that he was famous as an improviser in Vienna before he started to become well-known for his compositions, and he improvised publicly until the end of his life.Beethoven wanted nothing more than to study with Mozart, and they met a total of one time, at a party. This was Beethoven’s one chance to impress Mozart, to show everything he knew - and to do it, Beethoven asked Mozart to give him themes to improvise on. When he was done Mozart turned to his colleague Attwood and said, “Someday, he will give you something to talk about.”
Schubert was almost completely unknown as a composer in his day - but he was renowned as an improviser, playing in taverns all night improvising waltzes, dances, character pieces, and drinking songs.
Chopin generated all the compositional material for his pieces in improvisation. Though he performed publicly, he let only a small circle of select friends hear him improvise, including his close friend, the writer George Sand, who felt that Chopin’s compositions were “but a pale shadow of his improvisations,” a remark echoed by others who heard him.
When Liszt came to towns to give a path-breaking solo piano recital, which he invented, he immediately went to the town’s opera house to see what works were being performed by the opera and ballet. He always closed his concerts with virtuoso improvisations on the themes of the local operas and ballets currently being shown.
rahms made money as a child playing the piano in bars, improvising and playing by ear waltzes and dances that were in Viennese fashion. He came to public prominence when Schumann attended a performance he gave of a Beethoven violin sonata - the piano was mis-tuned so to match the violinist, Brahms had to play the piece by ear in a different key. Schumann immediately sought him out.
Debussy saw improvisation as his main creative source, claiming that his harmonic innovations came from “following the law of pleasure of the ear”. In particular Debussy, with his love of exotic sonority, loved to improvise on out of tune pianos, letting the particular sonorities move him in innovative ways.
———————————
I think this list of facts speaks for itself. Music was once thought of differently. Improvisation lay at the center of the conception of what it meant to be a musician. Improvisation, however, doesn’t leave the strong archaeological records that composition does, so to the modern mind the vitality of improvisation has been drained out of our historical conception of what music has been. Our conception of how composers thought and worked has been flipped on its head. Our understanding of the evolution of western music is terminally distorted. I hope attention will be paid by future music scholars to the possibility of a functional-improvisation-centered musical culture. It could result in a revolution in terms of how we see our musical past and future.


Posted by Eric Barnhill


Ich denke wohl, dass es damals so etwas wie U-Musik gab - natürlich nicht über Radio sondern vielleicht als Hausmusik. Und es war das, was wir heute zum großen Teil E-Musik nennen.
Die Normalsterblichen hörten damals, so denke ich, auch gerne die Gassenhauer von Mozart und anderen.:-) Das war U-Musik. Heute ist dasselbe E-Musik. :-)
 
Die Übergänge zwischen "E" und "U" sind gewiß fließend, nicht alles läßt sich eindeutig einordnen. Aber die Einteilung ist sowieso zunächst gar keine Wertung, sondern entspringt wirtschaftlichen und die Kultur fördernden Überlegungen der Verwertungsgesellschaften, und diese Förderung ist im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz verankert (Wortlaut in § 7: "Der Verteilungsplan" [der Verwertungsgesellschaften] "soll dem Grundsatz entsprechen, daß kulturell bedeutende Werke und Leistungen zu fördern sind."). Der Sinn ist, Musik, der nie ein großer wirtschaftlicher Erfolg vergönnt sein kann, die aber als Kulturgut unterstützenswert ist, einen relativ höheren Anteil an Tantiemen zukommen zu lassen. Wohlgemerkt: relativ, denn absolut betrachtet, sind die Ausschüttungen im U-Bereich viel höher, weil eine E-Komposition nur gelegentlich aufgeführt wird, während ein Poplied im Radio, im Internet, im Fernsehen, in der Disco etc. etc. unentwegt reproduziert wird, jedenfalls solange es in den Charts ist. Es gibt innerhalb der GEMA Diskussionen, die Unterscheidung abzuschaffen, aber dann wird man eine Lösung finden müssen wie in der Schweiz, wo die Einstufung nach dem Umfang eines Werkes geschieht.

Ob man das nun "U" und "E" nennen sollte oder sonstwie, ist eine müßige Diskussion. Ich halte die Bezeichnungen schon allein deswegen für unglücklich gewählt, weil ich das meiste, was man unter "U" einordnet, nicht sonderlich unterhaltsam finde. Daß es jedoch einen eindeutigen Unterschied gibt zwischen Kunst und alltäglicher Trivialität, läßt sich kaum leugnen, es sei denn, man wollte irgendeiner Eintagsfliege von Schlagermelödchen dieselbe kulturelle Bedeutung zusprechen wie einem Orchesterwerk von Ligeti.

Freds Darstellung ist mir ein bißchen zu tendenziös, indem sie der Improvisation einen über alles zu stellenden Wert zuzuweisen versucht. Bezeugt ist, daß Musiker wie Bach, Beethoven und andere hervorragende Improvisatoren waren, aber daß sie ihre Improvisationen höher einschätzten als ihre ausgearbeiteten Werke, ist nicht zu belegen. Im Gegenteil: Beethoven hat Themen oft jahrelang in Skizzenbüchern herumgetragen und abgeändert, bis er ihre endgültige Gestalt fand. Dem darf man wohl entnehmen, daß das ausgearbeitete Werk wichtiger war als die Improvisation. Im übrigen war die damalige Art zu improvisieren denn doch eine ganz andere als die des Jazz. Es ist ja gar nichts dagegen zu sagen, vom Jazz begeistert zu sein, aber Improvisation als die eigentliche, bessere Art des Musizierens zu proklamieren, ist nicht zu rechtfertigen und nur begründbar mit persönlichen Vorlieben für eine bestimmte Musikrichtung -- eine Sinfonie kann man nicht improvisieren.
 
Es ist ja gar nichts dagegen zu sagen, vom Jazz begeistert zu sein, aber Improvisation als die eigentliche, bessere Art des Musizierens zu proklamieren, ist nicht zu rechtfertigen und nur begründbar mit persönlichen Vorlieben für eine bestimmte Musikrichtung -- eine Sinfonie kann man nicht improvisieren.

dem wäre nur noch ergänzend hinzuzufügen, dass es um Sonaten und Etüden auch kaum anders bestellt ist.

(nebenbei müsste es wundersam gewesen sein, den tauben Beethoven beim improvisieren zu beobachten...) :)

bestätigende und applaudierende Grüße,
Rolf

fast vergessen: ob der Personenkult in den meisten der derzeit durch i-pods, handyspeicher etc laufenden "Hits" als kulturell förderungswürdig einzustufen ist, scheint mir zweifelhaft... :) ...aber was solls, "nichts menschliches ist mir fremd" wusste schon ein großer Lateiner, bevor es Kadenzen und blue notes gab
 
...

(nebenbei müsste es wundersam gewesen sein, den tauben Beethoven beim improvisieren zu beobachten...) :)

Zitat über Beethoven-Artikel in Wiki:

"Er wurde darüber hinaus auch als Meister der Improvisation bekannt und besiegte den berühmten Abbé Gelinek in einem Wettspiel.[2] Einer Anekdote zufolge stellte er vor einem Konzert fest, dass der Flügel einen Halbton zu tief gestimmt war und spielte – da die Zeit nicht mehr ausreichte, um das Instrument neu zu stimmen – sein C-Dur-Konzert (Erstes Klavierkonzert op. 15) kurzerhand in Cis-Dur. Das Aufsehen, welches sein Können schon jetzt erregte, wurde noch erhöht durch eine 1796 unternommene Kunstreise nach Prag, Dresden und Berlin. Dort versuchte man ihn zu halten; da er sich aber in Wien als Künstler eine geachtete und gesicherte Stellung erworben hatte und in dieser ein reichliches Auskommen fand, blieb er seiner neuen Heimat jetzt und sein ganzes späteres Leben hindurch treu. Spätere Reisen als Virtuose wurden durch sein Gehörleiden unmöglich."

Es scheint, dass Beethoven erst in späteren Jahren Probleme mit dem Gehör hatte...;) Dass er vorher Furore als Improvisator machte, sollte man desshalb doch nicht einfach unter den Tisch kehren.

Hier noch ein anderer Auszug über das Improvisieren. Ebenfalls aus der Wiki:

Barock [Bearbeiten]

Das professionelle Spiel von Tasteninstrumenten wie Orgel und Cembalo wurde in der Regel improvisatorisch ausgeführt. In Organistenprüfungen war das Spiel von vorbereiteter Literatur („Handstücke“) verpönt und führte zur Disqualifizierung. Gegenstand der Prüfung war u. a. auch die Improvisation von Fugen.[1] Auch das Generalbassspiel auf Cembalo und Orgel wurde aus dem Stegreif ausgeführt. Vorliegen hatte der Spieler einen „bezifferten Bass“, der den Basston und mit Hilfe von Zahlen die darüberliegenden Akkordtöne angab. Wie diese anzuordnen waren, und mit welchen Ornamenten das Spiel auch zu bereichern war, lag in der gegebenenfalls auch spontanen Entscheidung des Ausführenden. In der Kammermusik wurde vor allem beim Spiel der langsamen Sätze die improvisatorische Auszierung durch freie Manieren gefordert.[2]

Klassik und Romantik [Bearbeiten]

Das „Fantasieren“ auf dem Klavier (bzw. auch schon in früheren Zeiten auf dem Cembalo), mit dem viele bedeutende Komponisten von sich reden machten (Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Frédéric Chopin) war durchaus Gegenstand höchster Bewunderung.

Haha. Disqualifizierung. Da wäre ich gerne mal dabei gewesen! :D
 
... aber Improvisation als die eigentliche, bessere Art des Musizierens zu proklamieren, ist nicht zu rechtfertigen und nur begründbar mit persönlichen Vorlieben für eine bestimmte Musikrichtung -- eine Sinfonie kann man nicht improvisieren.

Hi,

historisch gesehen war die Improvisation vor der Reproduktion da. In diesem Sinne hat sie der Reproduktion etwas voraus und zwar die Unvermitteltheit in spontanes musikalisches Geschehen einzusteigen, was ja ein ursprünglicher Trieb bei dem Bedürfnis zu musizieren ist. Meiner Meinung nach kann dieser Trieb bei Reproduktion nicht so tiefgreifend befriedigt werden.

Ich meine nicht dass Improvisation die bessere Art ist zu musizieren, aber für mich auf jeden Fall die Tiefgreifendere.
Das wird aber von Person zu Person unterschiedlich gelagert sein und soll hier nicht wertend aufgefasst werden.
 

Hey, der Faden ist gut geworden. Applaus!
 
Hi,

historisch gesehen war die Improvisation vor der Reproduktion da. In diesem Sinne hat sie der Reproduktion etwas voraus und zwar die Unvermitteltheit in spontanes musikalisches Geschehen einzusteigen, was ja ein ursprünglicher Trieb bei dem Bedürfnis zu musizieren ist. Meiner Meinung nach kann dieser Trieb bei Reproduktion nicht so tiefgreifend befriedigt werden.

Ich meine nicht dass Improvisation die bessere Art ist zu musizieren, aber für mich auf jeden Fall die Tiefgreifendere.
Das wird aber von Person zu Person unterschiedlich gelagert sein und soll hier nicht wertend aufgefasst werden.

Der letzte Satz war wichtig :)

Ich glaube, es ist ziemlich schwer, beides meisterhaft zu beherrschen, zumal offensichtlich heute in der klassischen Musik Improvisation nicht mehr so populär ist. Kirchenmusik sehe ich da separat, denn dort wird häufig beides gleichzeitig praktiziert, übrigens ganz ähnlich wie in manchen Richtungen der Popmusik.

Da in letzter Zeit hier häufig die Begriffe E- und U-Musik gefallen sind, bin ich übrigens versucht, ein neues Thema mit dem Titel "Wie grenzt man Kunstmusik von Unterhaltungsmusik ab" zu starten. Die Frage ist natürlich genauso unmöglich zu beantworten aber das macht sie ja so interessant :D
 
Es scheint, dass Beethoven erst in späteren Jahren Probleme mit dem Gehör hatte...;) Dass er vorher Furore als Improvisator machte, sollte man desshalb doch nicht einfach unter den Tisch kehren.

hallo,
die Fähigkeiten von Beethoven, Chopin, Liszt, Saint-Saens im hochvirtuosen ad-hoc improvisieren - sogar über vom Publikum gegebene Themen - sind bekannt. Manche später notierten Werken etwa scheinen fixierte Improvisationen zu sein: Beethovens Fantasie z.B., aber auch die Klaviereinleitung zur Chorfantasie
- ich glaube aber dennoch, dass ich den älteren Beethoven, als er kaum noch hören konnte, weder gerne spielen noch improvisieren hätte hören wollen: die Beethovenliteratur zitiert ja gerne, dass er in diesem Zustand im piano zu leise (ohne hörbare Töne) und im forte zu laut gespielt hat - traurig müssen in diesem Sinne seine letzten Konzerte am Klavier gewesen sein.

grundsätzlich: nahezu alle Komponisten haben improvisieren können - ob man nun bedauern soll, dass z.B. neben Wagner (der kein Pianist war) kein Mikro stand, weiss ich nicht - aber Liszt live über reingerufene Themen: das ist ein gräßlicher Verlust!!!!

irgendwann wird man hoffentlich eine "zeitmaschine" entwickeln, und dann fahren wir alle Liszt, Chopin und Mozart besuchen (Beethoven lieber nicht, der war ziemlich grimmig)

:) :)

Gruß, Rolf
 
hallo,
die Fähigkeiten von Beethoven, Chopin, Liszt, Saint-Saens im hochvirtuosen ad-hoc improvisieren - sogar über vom Publikum gegebene Themen - sind bekannt. Manche später notierten Werken etwa scheinen fixierte Improvisationen zu sein: Beethovens Fantasie z.B., aber auch die Klaviereinleitung zur Chorfantasie
- ich glaube aber dennoch, dass ich den älteren Beethoven, als er kaum noch hören konnte, weder gerne spielen noch improvisieren hätte hören wollen: die Beethovenliteratur zitiert ja gerne, dass er in diesem Zustand im piano zu leise (ohne hörbare Töne) und im forte zu laut gespielt hat - traurig müssen in diesem Sinne seine letzten Konzerte am Klavier gewesen sein.

grundsätzlich: nahezu alle Komponisten haben improvisieren können - ob man nun bedauern soll, dass z.B. neben Wagner (der kein Pianist war) kein Mikro stand, weiss ich nicht - aber Liszt live über reingerufene Themen: das ist ein gräßlicher Verlust!!!!

irgendwann wird man hoffentlich eine "zeitmaschine" entwickeln, und dann fahren wir alle Liszt, Chopin und Mozart besuchen (Beethoven lieber nicht, der war ziemlich grimmig)

:) :)

Gruß, Rolf

Hi Rolf,

schön dass Du geantwortet hast. Du sagst, - nahezu alle Komponisten haben improvisieren können - wo ich Dir unbedingt Recht gebe und diesen Gedanken noch weiter fortspinnen möchte.
Ich weiß nicht ob Du es tust. Ich tue es auf jeden Fall - und zwar komponieren.
Nun könnte man anfangen zu philosophieren. Was steht am allerersten Anfang einer Komposition? Ist es nicht, wenn man es genau nimmt, eine Improvisation. Geht der menschliche Geist im "Schöpfungsmoment" nicht auch zum allergrößten Teil unvorhersehbare Wege. Ich meine, der Moment der Idee ist unvorhersehbar und somit improvisiert. Irgendwelche Impulse kommen derart zusammen, dass es eine "Kreation" gibt.
Meine ganzen Stücke sind aus Improvisation heraus entstanden. Ich möchte mir jetzt überhaupt nichts anmaßen, aber liegt es nicht auf der Hand, dass es bei den großen Meistern auch so war? Ich meine in diesem Moment natürlich nicht nur die direkte Improvisation am Instrument, sondern auch die geistige Improvisation mit Hilfe des inneren Gehörs.
 
hallo Fred,
ich improvisiere sehr gerne (und führe damit gelegentlich Kollegen an der Nase herum), meist so in der Art wie es bei Skrjabin zugeht, und ich improvisiere gerne a la Lisztparaphrasen aus Jux über irgendwelche Themen aus der Unterhaltungs- und Filmmusik (starwars Themen sind dankbare Objekte, um lisztanaloge Passagen zu trainieren) - - vermutlich steckt in vielen Improvisationen auch ein nicht unerhebliche Komponente der Imitation (und sei es des Stils oder der Verarbeitung) und ein große Menge an motorischen und technischen (Harmonik etc) Rastern.
komponieren? traue ich mir nicht zu und ich wüsste für mich auch nicht, wozu ich das tun sollte - nebenbei vergesse ich auch sofort wieder, was ich improvisiert habe, sodass ich mich da kaum wiederhole.

Liebe Grüße, Rolf

eigentlich ist improvisieren jedem zu empfehlen, vermutlich bringt es das aber erst, wenn einige Sicherheit bzgl der Harmonik erworben ist
 

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