"Man kann mit dieser Notation nur eigens umgeschriebene Musik spielen..." Umschreiben ist nicht nötig, man muß es nur einscannen und horizontal spiegeln. Das kann jede Bildbearbeitung und mancher Druckertreiber. Die Mühsal, die Zeilenreihenfolge auch umzudrehen, ist etwas größer, aber man kann sich ja auch einfach daran gewöhnen, von unterster zu oberster Zeile zu lesen. Die Mühsal, einzelne Vortragsbezeichnungen wie f, p umzudrehen, wäre entbehrlich, denn diese gespiegelt zu lesen, lernt man sicher schneller, als in der Tastenzuordnung der Noten umzudenken. Geza Loso war das auch zu mühsam, zumindest für die Pedalbezeichnungen der Ges-dur-Etüde hat er es sich erspart:
http://www.gezaloso.de/gallerie_image.php?ImgId=34&border=0&color=000000
Interessanterweise ändert sich die Leserichtung nicht, die weiterhin von Links nach Rechts geht, obwohl Linkshänder doch besser von Rechts nach Links schreiben können müßten. Denn auf der Website Losos ist angemerkt: "Dazu gehört, dass die Notenfähnchen auch nach links zeigen. (Dies ist angepasst an die linkshändige Schreibweise.)" Die Wahrheit ist natürlich, daß das nicht an die SCHREIBweise angepaßt ist, sondern daran, daß sonst die simple Spiegelung schwer möglich wäre.
Nachlesen kann man auf Losos Website auch, daß Mozart und Beethoven Linkshänder waren. Komisch, daß deren Klaviermusik trotzdem überwiegend rechtshändig ist und daß keine Klage eines von beiden darüber bekannt ist, daß es keine seitenverkehrten Klaviere gäbe. (Oder ist nur mir das unbekannt?)
Man kann sicher ausgiebig darüber spekulieren, ob der Tausch der Stimmen für Linkshänder überhaupt nötig ist. Bei manchen Stücken könnte man außerdem mutmaßen, daß sie ein Rechtshänder auf einem Linkshänder-Klavier leichter spielen können müßte. Aber aus schlicht pragmatischen Gründen ist das nicht praktikabel, und Geza Losos Idee wird nie so weit gedeihen, daß man in einen Klavierladen geht und sagt: "Ich möchte ein Klavier kaufen", um die Frage zu hören: "Links- oder Rechtsklavier?". Die örtliche Musikschule wird auch nie "Klavierunterricht für Linkshänder" anbieten. Wer es sich leisten kann, sich Blüthners Sonderanfertigung zu kaufen, und das für wichtig erachtet, möge das tun (wobei mir nicht bekannt ist, ob
blüthner dafür Bestellungen entgegennimmt). Er wird allerdings schrecklich isoliert bleiben und auf die eigenen vier Wände angewiesen, denn er wird außer bei sich zu Hause kein Linksklavier finden. Der linkshändige Geiger kann immerhin sein eigenes Instrument noch überall mit hinnehmen. Im Ensemble wird er allerdings nicht nur aus optischen, sondern wiederum aus pragmatischen Gründen ein paar Probleme damit haben. Komisch, daß Leopold Mozart seinem linkshändigen Sohn Wolfgang einst schrieb, daß er einer der ersten Geiger Europas sein könnte, wenn er -- sich eine linkshändige Geige besorgt hätte? Nein, das meinte der Leopold nicht, auch nicht: wenn er Rechtshänder wäre. Er meinte schlicht, der Wolfgang sollte sich mal mehr darauf konzentrieren, einer der ersten Geiger Europas zu werden. Immerhin wurde er einer der ersten Pianisten Europas und hat mit den Aufführungen seiner Klavierkonzerte auf Rechtsklavieren nicht schlecht verdient. Daß er trotzdem nicht reich starb, ist nicht seiner Linkshändigkeit zuzuschreiben, sondern der Tatsache, daß er in Gelddingen etwas linkisch war.