Zu viel Gefühl und rubato

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Bertuccio

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10. Feb. 2013
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Hallo zusammen
Wollt mal fragen, ob ihr ähnliche Erfahrungen macht. Wenn ich frei spiele (ohne Metronom und Noten) passiert es mir häufig, dass ich "mit zu viel Gefühl" spiele. Im Spiel äussert sich das in unpräzisen Tempi, hier ein wenig langsamer (in den "schönen" Passagen), dort ein wenig schneller (in den weniger "schönen" Passagen"), also einfach zu viel rubato sogar dort, wo das nichts zu suchen hat. Wenn ich nach Metronom spiele, passiert das nicht, dann allerdings spiele ich mehr mit dem Kopf als mit dem Herz. Gibt es ein Mittel dagegen?
 
Ja, das gibt es.
Es lässt sich auch ganz schlicht benennen: wissen, was rubato ist, wo und in welchem Ausmaß es eingesetzt werden kann und darf.

Danach erst kommt eine zweite Frage: wo kann man beginnen, das praktisch zu lernen?
Und da empfehle ich dir Robert Schumann! Sowohl in den kleinen Klavierstücken, als auch in den Liedern hat Schumann sehr genau notiert, wo das Tempo eher streng gehalten und wo im Tempo nachgelassen oder beschleunigt werden soll - das ist für den Anfang sowas wie eine "beinahe-Notation" von Rubato. Der nächste Schritt wäre, nachzuvollziehen, warum Schumann das in diesem oder jenem Stück genau so, wie er es notiert hat, haben will.

Als drittes wäre nachzulesen, wo im Verlauf der Aufführungsgeschichte Tempoänderungen als Steigerung oder Intensivierung der Expression gebräuchlich waren, wo Atempausen hingehören usw.

Und als viertes: bevor man rubato spielt, sollte man streng im Takt bleiben können - sonst merkt man ja gar nicht, wie und was man abwandelt.
 
Hallo Bertuccio,

Hallo zusammen
Wollt mal fragen, ob ihr ähnliche Erfahrungen macht. Wenn ich frei spiele (ohne Metronom und Noten) passiert es mir häufig, dass ich "mit zu viel Gefühl" spiele. Im Spiel äussert sich das in unpräzisen Tempi, hier ein wenig langsamer (in den "schönen" Passagen), dort ein wenig schneller (in den weniger "schönen" Passagen"), also einfach zu viel rubato sogar dort, wo das nichts zu suchen hat. Wenn ich nach Metronom spiele, passiert das nicht, dann allerdings spiele ich mehr mit dem Kopf als mit dem Herz. Gibt es ein Mittel dagegen?

Es ist ein bisschen schwer, darauf zu antworten :cool:

Denn man hört ja nicht, wie Du konkret spielst. Gefühl beim Klavierspiel ist grundsätzlich nichts falsches.
Allerdings, auch etwas heikles:

Von "gefühlvoll" nach "einfach zu langsam gespielt, und langweilig" ist es manchmal nur ein kleiner Schritt.

Von "tief empfundenem, gefühlvollen Spiel" hin zu "schmalzigem" (im allerschlimmsten Falle: sogar kitschigen) Klavierspiel ist es manchmal ebenfalls nicht sehr weit.

Das gilt es, beim Spiel mit "Gefühl", immer ein wenig im Auge zu behalten. ;)

Good Luck dabei ;)
 
Zitat von Rolf:
Und als viertes: bevor man rubato spielt, sollte man streng im Takt bleiben können - sonst merkt man ja gar nicht, wie und was man abwandelt.
Das würde ich (wenigstens bei mir) an 1 setzen. Bei mir ist´s ähnlich, ich spiele ziemlich unregelmäßig...halt oft nach Gefühl, und merke gar nicht, wie ich aus dem Tempo komme. Wenn´s laut und/oder schwierig wird, wird´s bei mir auch oft schneller und umgekehrt. Mein KL nennt es "unruhig".

Als Zuhörer gefällt mir aber übertriebenes Rubato /rit /acc... meist besser als ein zu metrisches Spiel.
 
Ich spiele auch gern mit "Gefühl" habe aber dann auch Probleme mit pp. p.+f usw. Ich habe ein Stück ,wo ich stellenweise pp.spielen muss anschliessend p.Aber bei mir höre ich nie den Unterschied. Wenn ich zaghafter pp.spiele kommt der Ton nicht an. also mach ich etwas kräftiger und schon bin ich wieder bei p. Was mach ich bloss verkehrt ?
Gruss Monique
 
Hallo Monique,

nicht umsonst spricht man ja von Anschlagskultur. Die dynamischen Differenzierungen benötigen jahrelanges Üben und setzen ein hohes Maß an Technik voraus, es ist eben leider nicht so einfach nach dem Motto "das war jetzt p, jetzt ein wenig weniger kräftig dann habe ich pp und noch was weniger dann bin ich beim ppp". Übung macht den Meister (in Deinem Fall die Meisterin), spreche doch mal Deinen KL auf gezielte Übungen an wenn es nicht Bestandteil Deines Unterrichtes ist.

Liebe Grüße
Christian
 
Danke , Christian Das werde ich mit Sicherheit tun. Ich bin schon fast verzweifelt, weil ich das nie hinkriege. Ich höre mir immer die Einspielung meines KL an gehe zum Klavier und denke, so das machst du jetzt nach .. Aber nix - klappt einfach nicht Es ist zum graue Haare kriegen, wenn man die nicht schon hätte !!
Gruss Monique
 
Hallo Monique,

vielleicht gilt ja auch in Deinem Fall: von langsam nach schnell. Sehr langsam gespielt, funktioniert das pp/ppp ja wahrscheinlich.

Die "Kontrolle" kann man sich - normalerweise - durch schrittweisen Geschwindigkeitsaufbau erwerben.

Vielleicht schreiben unsere erfahrenen Klavierdidakten hier im Forum ja auch noch etwas dazu.

Ansonsten: brauchst Du Dir keine (weiteren) grauen Haare wachsen zu lassen.

Echtes, ausgefeiltes ppp-Spiel hört man selbst bei Konzertpianisten nicht unbedingt immer - es ist eben wirklich nicht einfach.

Viele Grüße.
 
kann mir irgendjemad plausibel und überzeugend erklären, was Probleme mit der Tonstärke (pp - p) mit Tempo rubato zu tun haben?

in übertragenem Sinn: wenn Bertuccio nach der Uhrzeit fragt, dann will er als Antwort keine Wegbeschreibung von Tokio nach Rom ;);)
 
geht alles in einem Aufwasch ;)
 
@Monique

Eines fällt mir dazu noch ein: wichtig bei Dynamikübergängen ist der Kontrast bzw. der Unterschied.

Wenn Du ein pp noch nicht so richtig hinbekommst, kannst Du auch ein wenig "tricksen": ein p davor ein klein wenig "lauter" hinschummeln. Dann kriegst Du ein pp danach zwar immer noch nicht richtig hin - aber was Du spielst, das wirkt leiser als das p davor.

Das ist schon mal die halbe Miete.
 

kann mir irgendjemad plausibel und überzeugend erklären, was Probleme mit der Tonstärke (pp - p) mit Tempo rubato zu tun haben?

in übertragenem Sinn: wenn Bertuccio nach der Uhrzeit fragt, dann will er als Antwort keine Wegbeschreibung von Tokio nach Rom ;);)

Hallo rolf,

wer hat das denn behauptet? Ist das wirklich das erste Thema, wo man vom Höcksken aufs Stöcksken kommt in diesem Forum:D?

LG
Christian
 
[...]

Echtes, ausgefeiltes ppp-Spiel hört man selbst bei Konzertpianisten nicht unbedingt immer - es ist eben wirklich nicht einfach.


Das wäre aber schlecht, wenn man das nicht hören würde, denn in Gottschalks Berceuse op. 47 beispielsweise ist im drittletzten Takt ein solches "ppp".

Welches allerdings immer noch ein wenig lauter sein sollte, als das Arpeggio im LETZTEN Takt. ( pppp )

Man würde dann also den drittletzten Takt GAR NICHT, und den letzten ÜBERHAUPT nicht hören. :D:D

PS.: Nachtrag: Zum "Rubato" gibts bestimmt schon Threads, und ein paar Aspekte und Fragestellungen, die damit zusammenhängen könnten, wurden auch im Thread "Asynchroner Anschlag" erörtert.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wenn ich hier jemanden verärgert haben sollte,bitte ich um Entschuldigung. !
 
Hi Monique ;)

ich glaube kaum. ;)

Das kl. "Missverständnis" , was grad so wie ein "Damoklesschwert" hier hängt , ist, dass evtl. "Rubato" mit "laut und leise Spielen" in Verbindung gebracht werden könnte. Rubato, das sind aber so kleine "Temposchwankungen".

Rolf hatte es erwähnt, dass das verschiedene Dinge sind.

Da allerdings "p - pp" erwähnt wurde, hatte ich nur kurz ( obwohl es eigtl. angesichts des Begriffes "Rubato" Off Topic ist) erwähnt, dass bei DREIfachem pianissimo das "Ende der Fahnenstange" manchmal noch nicht erreicht ist. ;)

Kein Grund zur Besorgnis also ;)

Und, wie gesagt: Zu "Rubato" gibts bestimmt schon Threads, wo auch Genaueres schon geschrieben steht. Sogar Wikipedia könnte evtl. helfen.

LG, Olli !
 
Bin ich auf dem falschen Dampfer oder geht es hier eher um (ungewollte) Agogik und nicht um Rubato, welches meines Wissens ja nur eine "kleinräumige" Verschiebung in einer Hand ist?

Mir wurde gesagt, dass diese Tempoänderungen ein sehr beliebtes Anfängerproblem sind -> p = langsam, f = schnell.
Muss mich selbst oft immer noch sehr bemühen, nicht in diese so lockende Falle zu tappen. Mit Bach soll mir diese Unart ausgetrieben werden, und bei Schumann darf ich ihr frönen - allerdings halt nach Vorgabe des Meisters :)

Pianisten dürfen nicht weinen? Omg, ich muss wohl öfter mit Sonnenbrille üben :D
 
Temposchwankungen

Ja, es gibt ein Mittel gegen ungewollte Temposchwankungen:
ÜBEN, ÜBEN, ÜBEN!!!
Und zwar LANGSAM und PRÄZISE.
Ich vermute, dir fehlt es an Genauigkeit und Technik,
aber das wird schon. Musst hält dran bleiben. ;-)
 
der Job des Pianisten ist, die Zuhörer zu Tränen zu rühren.

Im Prinzip (!) gebe ich Dir recht. Man könnte z.B. auch sagen: ein Pianist sollte die Menschen mucksmäuschenstill werden lassen können.

Aber, all das ist eben unterschiedlich. Menschen weinen z.B. aus unterschiedlichen Gründen, und auch bei unterschiedlicher Musik ;)

Die einen bei Richard Clayderman, die anderen bei einer Arie, wieder andere, wenn jemand den Nerv einer Musik gnadenlos gut trifft und das über viele Minuten lang einfach nicht aufhört...

Aber wie gesagt: im Prinzip gebe ich Dir recht ;)

Vielleicht könnte man sagen: Musik muß Menschen in der Seele packen. Oder auch: bis zu den Tiefen der Seele vordringen.
 

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