Wie übt man "schnelle Verzierungen"...?

  • Ersteller des Themas Dreiklang
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Kratzert schreibt übrigens zu "Verzierungen" auch:

Es gibt Spieler, die sich von Anfang an vor Verzierungen ängstigen und mit jedem Mißerfolg mehr und mehr ihren Glauben nähren, daß sie niemals Triller schnell und genau spielen können. Mir scheint aber, (...) daß das beste Mittel dagegen ein rationales Arbeiten an den Grundlagen und ein Vorwärtsgehen in kleinen Schritten ist.

"Kleine Schritte" heißt für mich insbesondere: schön langsam über die Geschwindigkeit diese Dinge aufbauen.

Kratzert beschreibt damit aber auch allgemein ein wichtiges Grundprinzip beim Klavierspiel: Erfolg schafft Selbstvertrauen. Je öfter man eine Passage oder eine Übung musikalisch-technisch einwandfrei eingeübt hat, desto "gewisser" wird man auch, daß man sie "kann". Im Idealfall sollte die Anzahl der Wiederholungen, in denen man etwas korrekt und fehlerfrei übt, weit größer sein als die Anzahl der Wiederholungen, in denen man Fehler und Patzer macht bzw. gemacht hat. Dann bildet sich diese "Sicherheit", und dieses "Selbstvertrauen". Und die Angst, daß etwas beim (Vor-)Spielen mißlingt, verringert sich.

Auch, und natürlich auch, bei Verzierungen, Trillern usf.
 
..."Kleine Schritte" heißt für mich insbesondere: schön langsam über die Geschwindigkeit diese Dinge aufbauen....

Ich verstehe unter „kleine Schritte“ nicht langsame Schritte sondern kurze Abschnitte. Die kann man langsam üben oder aber auch schnell. Wenn man langsam übt, muß man aber sicher sein, daß der Bewegungsvorgang auch für das schnelle Spiel tauglich ist. Langsam kann man prima mit falschen Fingersätzen und falschen Bewegungsvorgängen üben, geht ja alles. Wenn es dann schnell werden soll, hat man das falsche Bewegungmuster gut geübt und es klappt nicht. Der Fingersatz bei einer schnellen Verzierung kann schon anders sein, als bei langsamer Bewegung. ABM soll schon Triller auf 2 nebeneinander liegenden weißen Tasten mit 1323 gespielt haben. Dann haben 1 und 2 weniger zu tun. Langsam kann man auch mit 1 und 5 „trillern“ :D
Ein Sprung wird man weder immer ganz langsam üben, denn das klappt ja immer, aber auch nicht in immer größer werdenden Intervallen als "kleine Schritte".---erst Sekunde, Terz..:D
 
Hallo Manfred,

Ich verstehe unter „kleine Schritte“ nicht langsame Schritte sondern kurze Abschnitte. (...)

der Kratzert spricht (mehrfach) davon, daß man seine Geschwindigkeit stufenweise steigern sollte, und dabei immer präzise bleiben soll. Im Kapitel "Einführung in die virtuose Lauftechnik" verwendet er sogar Metronomzahlen.

Die kann man langsam üben oder aber auch schnell

Man sollte immer so schnell wie möglich, aber so langsam wie nötig, üben. Zu langsames Üben bringt nicht viel, dabei lernt man nichts. Zu schnelles Üben bringt noch weniger, dann übt man schludrig und unpräzise (und erreicht die Präzision und Zuverlässigkeit nicht, die man i.d.R. für später dann anstrebt.)

muß man aber sicher sein, daß der Bewegungsvorgang auch für das schnelle Spiel tauglich ist. Langsam kann man prima mit falschen Fingersätzen und falschen Bewegungsvorgängen üben, geht ja alles.

Man sollte, und zumindest ich mache das so, zunächst einen "kanonischen", d.h. natürlichen Fingersatz, für seine Problemstelle wählen. Keinen mit Absicht verqueren ;) ist klar, nicht wahr?

Damit beginnt man, aber bitte langsam und präzise, und halbwegs stressfrei. Der erste Schritt, der abläuft, ist: man lernt in dieser langsamen Geschwindigkeit zu spielen. Und das mit fortschreitendem Üben, immer besser.

Und wenn man das Gefühl bekommt, "nun läuft es einigermaßen gut", dann geht man mit der Geschwindigkeit ein klein wenig hoch.

Wenn es dann schnell werden soll, hat man das falsche Bewegungsmuster gut geübt und es klappt nicht.

Die Bewegungsmuster, die der Spielapparat anwendet, um eine Problemstelle zu bewältigen, die ändern sich während des Übungsprozesses von langsam->schnell. Man achtet später auf ganz andere Dinge, man schaut ganz anders auf die Klaviatur, die Finger und die Hand bewegen sich anders (logisch: müssen sie), wenn sie am Ende etwas schnell bewältigen - im Vergleich dazu, wie alles vorher noch bei langsamerer Geschwindigkeit war.

Wenn ich sehr langsam spiele, funktioniert auch die Geier-Sturzflug-ein-Finger-Taktik. Aber natürlich ist das nicht die Weise, wie man klavierspielt, sondern unter möglichst guter Ausnutzung der Finger und der Anatomie der Hand. Und unter möglichst spannungsfreier Art, zu spielen.

Wenn Du die oben zitierte Erfahrung gemacht hast, dann hast Du beim Üben einen Fehler gemacht: Du bist nicht langsam genug, nicht stufenweise genug, in der Geschwindigkeit hochgegangen. Sondern viel zu schnell. Und dann taugen die für ein langsames Spiel eingelernten Bewegungsmuster nicht. Das können sie nicht. Man muß stufenweise die neuen, für jede neue Geschwindigkeit geeigneten, Bewegungsmuster einlernen. Durch langsame Geschwindigkeitssteigerung (ideal dafür: das Metronom)

Der Fingersatz bei einer schnellen Verzierung kann schon anders sein, als bei langsamer Bewegung.

Wie gesagt, ich beginne mit einem "kanonischen" (i.e., "natürlichen") Fingersatz. So in etwa wie die Finger beim Spielen ausgehen, liegen, damit fange ich zunächst einmal an. Ich glaube, ich habe noch nie Fingersatzempfehlungen in der Partitur beachtet. Dafür habe ich die Spielerfahrung, die einem ja auch z.B. beim Prima-Vista Spiel schon ohne groß zu überlegen die "Finger richtig auf die Tasten sortiert".

rolf gibt ja oft Fingersatz-Vorschläge. Nun, sicher ist es gut, sich mit diesen zu beschäftigen, insbesondere, wenn sie sinnig (und die von Anderen vorgeschlagenen Fingersätze unsinnig) sind.

Ich selbst mache mich selten zum Sklaven bestimmter Vorschläge. Es passiert ab und zu, daß die Finger beim Übeprozeß langsam->schnell einmal unwillkürlich zu einer besseren Lösung, einem besseren Fingersatz, finden. Das krieg ich fast gar nicht mit.

Üben heißt für mich ja: relativ entspannt (dabei aber konzentriert) Passagen, Abschnitte, immer wieder durchspielen, bei einer bestimmten Geschwindigkeit.

Ein Sprung wird man weder immer ganz langsam üben, denn das klappt ja immer, aber auch nicht in immer größer werdenden Intervallen als "kleine Schritte".---erst Sekunde, Terz

das ist natürlich Mumpitz, das so zu machen ;) einen weiten Sprung übe ich langsam, aber mit "Vorgreifen" bzw. "Vorschauen", also auf die Zieltaste(n) kurz vorher schauen, sonst trifft man sie ja nicht. Ich übe so langsam am Anfang, daß ich genügend Zeit habe, zu schauen, und immer zu treffen.

Aber dann sollte das Üben zügig in immer schnellere Geschwindigkeitsbereiche gehen, und nicht bei einer langsamen Geschwindigkeit stehenbleiben, sonst lernt man nichts. Falsch ist auch, zu große Sprünge in der Übegeschwindigkeit zu machen, siehe oben. Das bewältigen Hände und Bewußtsein (bzw. unser "biologisches Lernsystem") nicht, und dann wird es wieder schludrig. (aus all diesen Gründen ist das Metronom ein so guter Freund von mir: mit dessen Hilfe steuere ich diesen ganzen Prozeß effektiv.)

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In einer Sache gebe ich Dir absolut recht: es macht Sinn, abschnittsweise zu üben. Ich würde sagen: gleichartige Abschnitte, solche, die in Schwierigkeit und Anforderungen homogen sind. Man kann solche Abschnitte in seinem Übungsstück identifizieren, isoliert üben (bzw. auf Geschwindigkeit, musikalisches Spiel und Sicherheit bringen) und nachher zusammensetzen.

Allerdings gibt's an den "Nahtstellen" schon hin und wieder Probleme mit der Sauberkeit. Dann: ein kurzes Stück vor der Nahtstelle, dieselbe, und ein kurzes Stück danach, üben. Dieses Teilstück ebenfalls wieder von langsam->schnell bringen. So kriegt man auch die Nahtstellen gebacken.

Weil "Nahtstellen" immer Zeit kosten (jedes Zusammensetzen kostet Zeit; alles, was ich an einem Stück übe, brauche ich später nicht mehr zusammensetzen, und es fließt schon automatisch), versuche ich die Übungsabschnitte immer so groß wie möglich zu machen. Es hängt natürlich vom Stück ab, wie lang geeignete "homogene" Abschnitte konkret sind.

"Homogen" kann auch bedeuten: aufeinanderfolgende Abschnitte, die ich in der gleichen Geschwindigkeit üben kann. Deswegen ist es nicht verkehrt, etwa Abschnitt A auf die Geschwindigkeit hochzuziehen, in der ich den folgenden Abschnitt B schon üben kann, und dann A und B gleich miteinander auf höhere Geschwindigkeit zu bringen.

So, ich hoffe mal, nach diesem langen Post braucht man keine Kopfschmerztablette, und ich hab' nicht zuviel geschrieben. Letztlich halte ich all das für wichtig bzw. erwähnenswert.

Schönen Gruß
Dreiklang
 
ABM soll schon Triller auf 2 nebeneinander liegenden weißen Tasten mit 1323 gespielt haben. Dann haben 1 und 2 weniger zu tun.
das ist aber weder Grund noch Absicht dieser Fingerfolge beim trillern...

1-3-2-3 (was u.a. auf Mozart zurück geht) oder auch 1-4-2-3 etc. ist nützlich, um rhythmisch angepasste schnelle Triller automatisch zu spielen (z.B. in exakten 32steln etc.) - bei Trillern, die ohne rhythmische Angleichungen/Anpassung einfach nur so schnell wie möglich laufen sollen, werden meistens keine Wechselfingersätze gewählt ((nebenbei: bei Tremoli ja auch nicht...))
 
Rehi Bassplayer, und alle, die sich für die Goldberg-Variationen interessieren:

Weiter oben im Thread erwähnte ich kurz, dass man evtl. einige Noten ( in Var. 14, l.H. usw. ) hervorheben könnte.. .

Das vermute ich, seit ich die Goldbergvariationen kenne, und es gibt ein Vergleichswerk - allerdings nicht von Bach, sondern von Händel, das einen sehr ähnlichen, wenn nicht gleichen Ablauf in den Harmonien aufweist, nämlich eine Chaconne:

http://petrucci.mus.auth.gr/imglnks/usimg/9/9f/IMSLP12243-Handel_-_Chaconne_in_G_major_G229.pdf

Allerdings bin ich wohl leider nicht der erste, dem das auffällt - ich dachte schon, es gibt jetzt einen Nobelpreis - sondern ich habe zuerst die chaconne kennengelernt ( ist in einem Sammelband ), und dann die Goldbergvariationen, so dass die Ähnlichkeit sofort auffallen MUSS.

Na jedenfalls - wie gesagt bin ich nicht der erste, denn Zitat aus Wikipedia-Eintrag "Goldberg-Variationen":

Vergleichbares zeigt beispielsweise Georg Friedrich Händels reichverzierte Air als Thema nachfolgender Variationen in dessen 1720 veröffentlichter Cembalo-Suite d-Moll HWV 4 2 8 . Nach Christoph Wolff weist der Anfangsteil der Baßstimme mit dem Ostinato-Baß von Händels Werk Chaconne avec 62 veriations HWV 4 4 2 eine Ähnlichkeit auf.

Händel - Chaconne mit 62 Variationen G-Dur HWV 442 - Eberhard Kraus - YouTube

( Wobei "weist eine Ähnlichkeit auf" mir etwas SEHR DÜNN erscheint. Wenn Ihr mich fragt: Die haben zusammengesessen, und sich die Kante gegeben, beim Komponieren. ;) )

Naja, wollt ich noch kurz hinzufügen, für die Leute, die nur eins von beiden Werken kennen. Wer beide kennt, weiß das sowieso.

Und: Nein, ich mach deswegen KEINEN neuen Thread auf ;) - übrigens ist die Chaconne GEIL, und hat auch VERZIERUNGEN, so dass Bogen zum Thema "Verzierungen" gespannt ist.

LG, Olli !
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Olli,

vielen Dank! Ja die Ähnlichkeit der 1. vier Takte der Chaconne (G 229) von Händel mit den Bachs Aria der Goldb. Var. ist wirklich verblüffend!
Und Zustimmung: interessante Verzierungen von Händel!

LG
BP
 
Hi BP ;)

@ Takte / @ Aria:

Ich schätze, wir finden das vergleichbare harmonische "Gerüst" nicht nur in der Aria... Bedenke, dass es eigtl. allen GB-Vars zugrunde liegt.. ( wenn auch - wie ich grad lese - dort nie ( ? ) VÖLLIG vollständig von Bach "durchgezogen"... ).

Aber wenn man das jetzt weiter ausführen wollen würde, müsste man tatsächlich sich an einen Goldberg-Thread anhängen, bzw. erstmal gucken, ob die schlauen Clavio-Füchse das nicht dort bereits abgehandelt haben. ;)

Hier allerdings sind ja schnelle Verzierungen das Thema, und da es die Chaconne, wie ich sehe, in verschiedenen Versionen gibt, und zumindest meine ( in einem Könemann-Band glaub ich ) bestimmt nicht 62 Variationen aufweist, sondern so 20 oder so, UND sie subjektiv leichter ist, als die Goldbergvariationen, ist die Chaconne in einer ordentlichen, überschaubaren Version, wo evtl. auch die Verzierungen ausnotiert sind, ein lohnenswertes Werk, um schnelle Verzierungen zu üben.

Wenn mir nochwas zu den GB-Vars einfällt, dann hol ich einen älteren GB-Thread hervor.

Liebe Grüße, und viel Spaß mit der Goldberg-Chaconne :) , wünscht: Olli ! ;)
 
Rehi,

wenn ich das richtig sehe, handelt es sich in deinem vorletzten Post um zwei verschiedene Werke, was mich etwas verwirrte: Chaconne, G-Major (G 229), mit 21 Variationen wozu ich folgende Einspielung (Cembalo) gefunden habe:

G. F. HÄNDEL, Chaconne in sol maggiore G229, I - YouTube

Um on-topic zu bleiben: ;-) Dort sind natürlich reichlich Verzierungen beinhaltet, wobei sich die Interpretin nicht streng an die Ausführung der von Dir verlinkten Noten hält (sofern sie nicht eine andere Ausgabe zugrunde gelegt hat).

Das andere Werk wäre dann Chaconne mit 62 Variationen G-Dur HWV 442. Im Youtube-Link von Dir dazu sind ja auch andere Noten abgebildet als im vorherigen Notenbeispiel.

LG
BP
 
Diese schwierigen Verzierungen laufen mittlerweile alle sauber im Endtempo. Der Clou war einfach: die komplette Stelle samt Verzierungen üben, dabei sehr konzentriert auf die gute Realisierung der Verzierungen achtgeben, und langsam systematisch die Übegeschwindigkeit steigern. Am Ende lief's dann.
 

Liebe Leute, was ist denn wieder...?

Ich gebe zu: für diese Campanella-Stelle reicht es möglicherweise nicht, nur mit der MM ranzugehen (abgesehen davon, daß man's wahrscheinlich sowieso auch anders machen kann). Aber weil die C. eh fast niemand spielt, und sich auch niemand mit Problemen zu dieser Stelle gemeldet hat: spar' ich mir langatmige Hilfen oder Erklärungen von meiner Seite...
 

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