Hallo Manfred,
Ich verstehe unter „kleine Schritte“ nicht langsame Schritte sondern kurze Abschnitte. (...)
der Kratzert spricht (mehrfach) davon, daß man seine Geschwindigkeit stufenweise steigern sollte, und dabei immer präzise bleiben soll. Im Kapitel "Einführung in die virtuose Lauftechnik" verwendet er sogar Metronomzahlen.
Die kann man langsam üben oder aber auch schnell
Man sollte immer
so schnell wie möglich, aber so langsam wie nötig, üben. Zu langsames Üben bringt nicht viel, dabei lernt man nichts. Zu schnelles Üben bringt noch weniger, dann übt man schludrig und unpräzise (und erreicht die Präzision und Zuverlässigkeit nicht, die man i.d.R. für später dann anstrebt.)
muß man aber sicher sein, daß der Bewegungsvorgang auch für das schnelle Spiel tauglich ist. Langsam kann man prima mit falschen Fingersätzen und falschen Bewegungsvorgängen üben, geht ja alles.
Man sollte, und zumindest
ich mache das so, zunächst einen "kanonischen", d.h. natürlichen Fingersatz, für seine Problemstelle wählen. Keinen mit Absicht verqueren ;) ist klar, nicht wahr?
Damit beginnt man, aber bitte langsam und präzise, und halbwegs stressfrei. Der erste Schritt, der abläuft, ist: man lernt in dieser langsamen Geschwindigkeit zu spielen. Und das mit fortschreitendem Üben, immer besser.
Und wenn man das Gefühl bekommt, "nun läuft es einigermaßen gut", dann geht man mit der Geschwindigkeit ein klein wenig hoch.
Wenn es dann schnell werden soll, hat man das falsche Bewegungsmuster gut geübt und es klappt nicht.
Die Bewegungsmuster, die der Spielapparat anwendet, um eine Problemstelle zu bewältigen, die
ändern sich während des Übungsprozesses von langsam->schnell. Man achtet später auf ganz andere Dinge, man schaut ganz anders auf die Klaviatur, die Finger und die Hand bewegen sich anders (logisch:
müssen sie), wenn sie am Ende etwas schnell bewältigen - im Vergleich dazu, wie alles vorher noch bei langsamerer Geschwindigkeit war.
Wenn ich sehr langsam spiele, funktioniert auch die Geier-Sturzflug-ein-Finger-Taktik. Aber natürlich ist das nicht die Weise, wie man klavierspielt, sondern unter möglichst guter Ausnutzung der Finger und der Anatomie der Hand. Und unter möglichst spannungsfreier Art, zu spielen.
Wenn Du die oben zitierte Erfahrung gemacht hast, dann hast Du beim Üben einen Fehler gemacht: Du bist nicht langsam genug, nicht
stufenweise genug, in der Geschwindigkeit hochgegangen. Sondern viel zu schnell. Und dann taugen die für ein langsames Spiel eingelernten Bewegungsmuster nicht. Das
können sie nicht. Man muß stufenweise die neuen, für jede neue Geschwindigkeit geeigneten, Bewegungsmuster einlernen. Durch
langsame Geschwindigkeitssteigerung (ideal dafür: das Metronom)
Der Fingersatz bei einer schnellen Verzierung kann schon anders sein, als bei langsamer Bewegung.
Wie gesagt, ich beginne mit einem "kanonischen" (i.e., "natürlichen") Fingersatz. So in etwa wie die Finger beim Spielen ausgehen, liegen, damit fange ich zunächst einmal an. Ich glaube, ich habe noch nie Fingersatzempfehlungen in der Partitur beachtet. Dafür habe ich die Spielerfahrung, die einem ja auch z.B. beim Prima-Vista Spiel schon ohne groß zu überlegen die "Finger richtig auf die Tasten sortiert".
rolf gibt ja oft Fingersatz-Vorschläge. Nun, sicher ist es gut, sich mit diesen zu beschäftigen, insbesondere, wenn sie sinnig (und die von Anderen vorgeschlagenen Fingersätze unsinnig) sind.
Ich selbst mache mich selten zum Sklaven bestimmter Vorschläge. Es passiert ab und zu, daß die Finger beim Übeprozeß langsam->schnell einmal unwillkürlich zu einer besseren Lösung, einem besseren Fingersatz, finden. Das krieg ich fast gar nicht mit.
Üben heißt für mich ja: relativ entspannt (dabei aber konzentriert) Passagen, Abschnitte, immer wieder durchspielen, bei einer bestimmten Geschwindigkeit.
Ein Sprung wird man weder immer ganz langsam üben, denn das klappt ja immer, aber auch nicht in immer größer werdenden Intervallen als "kleine Schritte".---erst Sekunde, Terz
das ist natürlich Mumpitz, das so zu machen ;) einen weiten Sprung übe ich langsam, aber mit "Vorgreifen" bzw. "Vorschauen", also auf die Zieltaste(n) kurz vorher schauen, sonst trifft man sie ja nicht. Ich übe so langsam am Anfang, daß ich genügend Zeit habe, zu schauen, und immer zu treffen.
Aber dann sollte das Üben zügig in immer schnellere Geschwindigkeitsbereiche gehen, und nicht bei einer langsamen Geschwindigkeit stehenbleiben, sonst lernt man nichts. Falsch ist auch, zu große Sprünge in der Übegeschwindigkeit zu machen, siehe oben. Das bewältigen Hände und Bewußtsein (bzw. unser "biologisches Lernsystem") nicht, und dann wird es wieder schludrig. (aus all diesen Gründen ist das Metronom ein so guter Freund von mir: mit dessen Hilfe steuere ich diesen ganzen Prozeß effektiv.)
____
In einer Sache gebe ich Dir absolut recht: es macht Sinn,
abschnittsweise zu üben. Ich würde sagen: gleichartige Abschnitte, solche, die in Schwierigkeit und Anforderungen homogen sind. Man kann solche Abschnitte in seinem Übungsstück identifizieren, isoliert üben (bzw. auf Geschwindigkeit, musikalisches Spiel und Sicherheit bringen) und nachher zusammensetzen.
Allerdings gibt's an den "Nahtstellen" schon hin und wieder Probleme mit der Sauberkeit. Dann: ein kurzes Stück vor der Nahtstelle, dieselbe, und ein kurzes Stück danach, üben. Dieses Teilstück ebenfalls wieder von langsam->schnell bringen. So kriegt man auch die Nahtstellen gebacken.
Weil "Nahtstellen" immer Zeit kosten (jedes Zusammensetzen kostet Zeit; alles, was ich an einem Stück übe, brauche ich später nicht mehr zusammensetzen, und es fließt schon automatisch), versuche ich die Übungsabschnitte immer so groß wie möglich zu machen. Es hängt natürlich vom Stück ab, wie lang geeignete "homogene" Abschnitte konkret sind.
"Homogen" kann auch bedeuten: aufeinanderfolgende Abschnitte, die ich in der gleichen Geschwindigkeit üben kann. Deswegen ist es nicht verkehrt, etwa Abschnitt A auf die Geschwindigkeit hochzuziehen, in der ich den folgenden Abschnitt B schon üben kann, und dann A und B gleich miteinander auf höhere Geschwindigkeit zu bringen.
So, ich hoffe mal, nach diesem langen Post braucht man keine Kopfschmerztablette, und ich hab' nicht zuviel geschrieben. Letztlich halte ich all das für wichtig bzw. erwähnenswert.
Schönen Gruß
Dreiklang