wie übt man am besten?

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32und1meins

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3. Okt. 2008
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JA ich weiss ich habe meine frage doof und unverständlich geschrieben.
doch wie bachopin auch sagte hatte ich mein Frage ein bisschen kokreter auf das praktische Üben am (Klavier) bezogen ihr könnt gerne auch eure diskussion weiterführen da ich sie auch sehr interessant finde.


Dankefür die mühe !
 
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Hi 32und1meins,

das ist aber eine Killer-Frage. ;-)
Was willst du genua wissen?

Schau dich in diesem Forum um.

Kleine (!) Literatur Auswahl:

  1. Fundamentals of Piano Practice von Chuan C. Chang
  2. The Art of Practicing: A Guide to Making Music from the Heart (Taschenbuch) von Madeline Bruser
  3. The Practice Revolution: Getting great results from the six days between lessons (Paperback) by Philip Johnston
  4. Einfach üben: 185 unübliche Übe-Rezepte für Instrumentalisten (Musiknoten) von Gerhard Mantel
  5. Clever üben, sinnvoll proben, erfolgreich vorspielen: Für Amateure, Musikstudenten und Profis. Für Instrumentalisten, Sänger sowie Chor- und ... Studioproduktionen und Konzerten (Taschenbuch) von Mark Andreas Giesecke
  6. Modernes Klavierspiel: Mit Ergänzung: Rhythmik, Dynamik, Pedal (Taschenbuch) von Karl Leimer
Gruß
 
wie sollte man eigentlich üben ?
freue mich schon auf antworten
DANKE

Es gibt im Englischen einen schönen Begriff: "open minded"

Dieser Begriff triffts für mein Gefühl perfekt. Er hat keine exakte deutsche Übersetzung, aber gemeint ist:

unvoreingenommen, aufmerksam, neugierig, angstfrei, spontan, flexibel etc. etc.

Noch bevor die Muskeln in den Händen, Armen, Schultern usw. sich verkrampfen, verkrampft sich unser Denken im Gehirn - und alles andere ist nur eine Folge davon.

Deshalb ist es so wichtig, beim Üben erstmal den ganzen Ballast abzuwerfen und seinen "mind" zu öffnen. :)
 
Closed-minded würde man gar nicht erst üben, Haydnspaß.
 
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wenn bei mir im unterricht mal garnichts klappt, scheucht mein lehrer mich entweder vom klavier weg und lässt mich im rythmus durch den raum hüpfen oder achten laufen. oder er macht andere ablenkungsübungen. als neulich ein stück, was "eigentlich" fehlerfrei geht, nicht über die ersten drei takte hinauskam, hat er wäscheklammern an zwei schwarze taten geklammert, mich zwischen diesen tasten improvisieren und dann die schwarzen tasten zur gleichen zeit drücken lassen. aufgabe: fang die wäscheklammern, die dabei hochsprangen. hab ich natürlich nicht geschafft :cool:, aber danach ging mein stück plötzlich wie von selbst :-). vielleicht ist sowas "das brett vorm kopf wegnehmen".

meine alte dame dagegen, die in allem einen sehr viel "klassischeren" unterricht macht, korrigiert in solchen fällen, lässt mich immer wieder anfangen, und dann geht bei mir irgendwann garnichts mehr, dann habe ich das brett vorm kopf, das auch mit gewalt nicht wegzubekommen ist.

lavendel
 
Das ist spannend. Wie äußert sich solch ein Übe-Verhalten konkret?

Ich muß jetzt aufpassen, was ich schreibe, sonst gibts wieder einen Aufstand... 8)

Im Prinzip leiden wir aber alle, ich selbstverständlich auch, an dieser close-mindedness. Wir glauben schon vorher zu wissen, wie etwas gespielt werden muß, weil wir denken: aha: diesen Rhythmus, diese Spielfigur, diese harmonische Wendung hab ich doch schon bei Bach/Mozart/Sibelius/Messiaen gespielt, dann mach ichs jetzt einfach genauso.

Aber in der Kunst ist das Ähnliche, manchmal sogar das materialmäßig Identische, in den meisten Fällen etwas ganz Verschiedenes - es hängt vom Zusammenhang ab. Tonleitern gibts bei Bach, es gibt sie bei Haydn, bei Beethoven, bei Schumann möglicherweise auch, bei Debussy. Vielleicht sind es sogar dieselben Noten. Aber das, was damit ausgedrückt wird, ist etwas völlig anderes. Und es ist sogar etwas völlig verschiedenes beim selben Komponisten, je nach der Stelle, an der es vorkommt. Aber darauf, was im konkreten Fall ausgedrückt werden soll, kommt es doch letzten Endes an.

Also, wie äußert sich solch ein Übe-Verhalten konkret? Es äußert sich so, daß man abstrakte Dinge übt, also Tonleitern, Handstellungen, Fingeraktionen. Und wenn das dann "klappt", hört man mit üben auf.

Wann übt man eigentlich die Musik? :rolleyes:
 
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Vielleicht sind es sogar dieselben Noten. Aber das, was damit ausgedrückt wird, ist etwas völlig anderes. Und es ist sogar etwas völlig verschiedenes beim selben Komponisten, je nach der Stelle, an der es vorkommt. Aber darauf, was im konkreten Fall ausgedrückt werden soll, kommt es doch letzten Endes an.

Hinzufügen würde ich noch, dass das, was in einem Stück ausgedrückt wird, nicht nur etwas mit dem Komponisten und den Noten zu tun hat, sondern ganz wesentlich auch mit dem Spieler. Denn z.B. eine Presto-Stelle lässt sich ganz unterschiedlich "emotional färben". Der eine empfindet Freude, der andere Wildheit, der nächste Zerrissenheit, der vierte Bedrohung... Der Ausdruck wird durch die Noten nur als grobe Kategorie vorgegeben. Aber das eigentlich Emotionale bestimmt der Spieler, der sich mit den Noten verbindet. Darüber sagen die Noten erstmal gar nichts aus. Der wirkliche Ausdruck ergibt sich erst durch das, was diese bestimmten Noten diesem bestimmten Menschen sagen.

Ich finde, man müsste das viel mehr hervorheben, dass Musizieren eine Form des Antwortens ist. Ich als Spieler stehe vor der Aufgabe, das, was mir der Komponist mit den Noten sagt bzw. das, was er mich mit den Noten fragt, zu beantworten. Aus meiner klingenden Antwort kann ich ein Stück weit heraushören, wer ich bin. Musizieren ist so gesehen eine Art Selbsterfahrung. Das macht einen Musiker auch erst zu einem guten Musiker, dass er es schafft sich zu öffnen und sich selbst durch die Musik spürbar werden zu lassen. In der Musik wird dann etwas "transportiert", was die Zuhörer in sich selbst wiederfinden können und durch das sie deshalb berührt werden. (Ich weiß, es klingt ein bißchen pathetisch oder hochgestochen... aber so seh ich's halt.)

Oft fehlt es bei Pianisten an dieser persönlichen Berührtheit und Berührbarkeit. Man hört ein Stück und sagt sich, wow, technisch perfekt, sehr gut phrasiert und alles so, wie es sein soll. Der Pianist scheint auch emotional beteiligt zu sein, - und doch wird man nicht so richtig berührt. Das hat auch viel damit zu tun, dass heutzutage immer alles so perfekt sein muss und so viel von Äußerlichkeiten bestimmt ist. Dann bemüht man sich um die "Darstellung" eines perfekten und innerlich beteiligten Musikers, aber es bleibt halt doch irgendwie Fassade. Ich finde, wir gönnen uns beim Musizieren viel zu wenig Unperfektheit und Geduld.

Ich komme immer wieder zu diesem frustrierenden Punkt, wo ich merke, dass ich da genauso drinstecke. Aber ich versuche irgendwie den Weg zu finden, auf dem man meiner Meinung nach erst zu wirklicher Musik kommt. Mir fällt übrigens gerade ein schönes Beispiel für eine Interpretation ein, die mich sehr berührt und bei der äußerlich fast nichts passiert, innerlich dafür aber umso mehr: Wilhelm Kempff mit dem Finale der Sturm-Sonate von Beethoven. Fehler spielen da keine Rolle mehr.

Grüße von
Fips
 
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Das macht einen Musiker auch erst zu einem guten Musiker, dass er es schafft sich zu öffnen und sich selbst durch die Musik spürbar werden zu lassen.

Hmm, ja, irgendwie schon...

Aber dabei gibt es eben auch gleich einen Konflikt: soll der Gedanke des Komponisten dargestellt werden, oder soll der Gedanke des Musikers dargestellt werden?

Ich bemühe mich schon sehr, mich in den Komponisten hineinzuversetzen - so weit dies möglich ist - und die Musik so zu spielen, wie sie vom Komponisten mutmaßlich gemeint ist. Daß es dabei keine absolute Gewissheit gibt, ist natürlich klar. Aber das wäre jedenfalls mein Ziel.

Es ist also eher ein Vorgang des Sich-in-jemand-anderen-Hineinversetzens, als ein Stück in meinen eigenen Farben umzuinterpretieren. Meine eigene Sicht kommt natürlich trotzdem, ohne Absicht, zum Tragen, und das ist auch nicht schlimm. Es ist nur nicht der Teil der Interpretation, auf den ich irgendeinen Einfluß hätte. Das Bemühen zielt auf den mutmaßlichen Willen des Komponisten.
 
Hi Haydnspaß und Fips7,

ich hab' das Gefühl 32und1meins hatte seine Frage ein bischen konkreter auf das praktische Üben bezogen.

Eure Diskussion ist aber auch sehr interessant, wobei ich eher der praktische Typ bin. ;-)

Gruß
 

ich hab' das Gefühl 32und1meins hatte seine Frage ein bischen konkreter auf das praktische Üben bezogen.
Das Problem mit der Frage ist, dass sie nicht konkret ist, sondern total allgemein. Um diese Frage annähernd komplett zu beantworten könnte man seitenweise und stundenweise erklären... was üblicherweise auch ein Klavierlehrer über Stunden (Jahre?) hinweg beibringen kann/sollte.

Wenn die Frage konkreter wäre, wären bestimmt auch die Antworten konkreter.
 
Hmm, ja, irgendwie schon...

Aber dabei gibt es eben auch gleich einen Konflikt: soll der Gedanke des Komponisten dargestellt werden, oder soll der Gedanke des Musikers dargestellt werden?

Ich bemühe mich schon sehr, mich in den Komponisten hineinzuversetzen - so weit dies möglich ist - und die Musik so zu spielen, wie sie vom Komponisten mutmaßlich gemeint ist. Daß es dabei keine absolute Gewissheit gibt, ist natürlich klar. Aber das wäre jedenfalls mein Ziel.

Es ist also eher ein Vorgang des Sich-in-jemand-anderen-Hineinversetzens, als ein Stück in meinen eigenen Farben umzuinterpretieren. Meine eigene Sicht kommt natürlich trotzdem, ohne Absicht, zum Tragen, und das ist auch nicht schlimm. Es ist nur nicht der Teil der Interpretation, auf den ich irgendeinen Einfluß hätte. Das Bemühen zielt auf den mutmaßlichen Willen des Komponisten.

Ist schon eine schwierige Frage und ich kann auch den Konflikt erkennen, von dem du sprichst. Vielleicht sind es einfach zwei Seiten derselben Medaille. Auf der einen Seite soll das Stück das bleiben, was es vom Komponisten her ist. Auf der anderen Seite soll es aber auch meine persönliche Antwort sein. Sich nur auf ersteres zu beschränken, hieße Musik zu machen, ohne dass der Ausdruck wirklich lebendig ist. Sich nur auf letzteres zu beschränken, hieße den eigentlichen Wert der Komposition zu verschenken. Dann kann man auch selber etwas komponieren oder improvisieren.

Vielleicht könnte man aber auch sagen, dass es zwei ganz verschiedene Dinge sind. Die eine Frage lautet: Wie originalgetreu setzt der Pianist die Komposition um, wie sehr wird er also dem Willen des Komponisten gerecht? Die andere Frage lautet: Wie sehr ist der Pianist innerlich beteiligt, wie sehr wird er persönlich berührt und antwortet von innen heraus auf seine originäre Weise?


Bei der Kombination der beiden Fragen gibt es nun - plakativ gesagt - vier Möglichkeiten:

1.) Der Pianist hält sich nur wenig an das, was in den Noten steht und spielt auch ohne innere Beteiligung. Das wäre der schlechteste Fall.

2.) Der Pianist hält sich genau an das, was in den Noten steht, spielt aber ohne innere Beteiligung. Da könnte man vielleicht von gutem Umsetzen sprechen, aber wohl noch nicht von guter Musik.

3.) Der Pianist hält sich nur wenig an das, was in den Noten steht, spielt aber mit viel innerer Beteiligung. Hier könnte man durchaus einen Gewinn aus der Musik ziehen, müsste aber eventuell auch sagen, dass der Pianist das Stück eigentlich verfehlt.

4.) Der Pianist hält sich genau an das, was in den Noten steht und spielt auch mit viel innerer Beteiligung. Das ist der Idealfall. Man spürt und hört, dass der Pianist persönlich auf das Stück antwortet.


Bei 3.) kann man bereits von einer persönlichen Antwort sprechen, nur dass der Pianist halt nicht auf das eigentliche Stück antwortet, sondern eher auf seine eigene Privatkomposition. Das braucht kein Fehler sein, manchmal sind die Privatkompositionen sogar reizvoller als das ursprüngliche Stück.

Bei 4.) aber antwortet der Pianist wirklich auf das eigentliche Stück, das der Komponist geschrieben hat. Bei "großer" Musik ist das dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die schönste Version davon (also schöner als eine mögliche Privatversion), so dass die Wirkung am größten ist.

Für die Wirkung von Musik spielen beide oben genannten Fragen eine wichtige Rolle. Also, von daher würde ich sagen, dass deine Herangehensweise sehr wichtig ist, wenn man einem Stück gerecht werden will. Trotzdem ist für mich persönlich die emotionale Beteiligung und persönliche Antwort des Pianisten wichtiger, wenn ich entscheiden soll, ob etwas gute Musik ist.
Das hängt aber auch mit meinem Bezugsrahmen zusammen, also mit dem, was ich als "gut" definiere. Meine primäre Frage lautet halt nicht: Hat der Pianist das Stück genau so umgesetzt, wie es in den Noten steht? Sondern: Hat der Pianist mich mit der Musik berührt?

Grüße von
Fips
 
Bei der Kombination der beiden Fragen gibt es nun - plakativ gesagt - vier Möglichkeiten:

1.) Der Pianist hält sich nur wenig an das, was in den Noten steht und spielt auch ohne innere Beteiligung. Das wäre der schlechteste Fall.

2.) Der Pianist hält sich genau an das, was in den Noten steht, spielt aber ohne innere Beteiligung. Da könnte man vielleicht von gutem Umsetzen sprechen, aber wohl noch nicht von guter Musik.

3.) Der Pianist hält sich nur wenig an das, was in den Noten steht, spielt aber mit viel innerer Beteiligung. Hier könnte man durchaus einen Gewinn aus der Musik ziehen, müsste aber eventuell auch sagen, dass der Pianist das Stück eigentlich verfehlt.

4.) Der Pianist hält sich genau an das, was in den Noten steht und spielt auch mit viel innerer Beteiligung. Das ist der Idealfall. Man spürt und hört, dass der Pianist persönlich auf das Stück antwortet.


Das, was du unter Option 2 schilderst, ist allerdings überhaupt nicht das, worum es mir geht. In einem Stück steckt sehr viel mehr drin, als der Komponist aufgeschrieben hat. Wenn du dir Noten von Bach oder auch von Haydn anschaust, steht ja fast garnichts drin über die Art und Weise, wie es zu spielen ist. Trotzdem kann man den Charakter eines Stücks aus den Noten erkennen. Man muß dazu aber zwischen den Zeilen lesen können, und wohl auch einiges zu der Musik wissen, in welcher Zeit sie entstanden ist, wie die Leute damals drauf waren, was gerade "Mode" war und auch, was eigentlich völlig unerwartet und neu war in dieser Zeit. Man muß die Provokationen erkennen. Sonst kann man den Sinn von vielen Stücken nicht begreifen. Und man muß diese Provokationen für die heutige Zeit so herausarbeiten, daß sie auch dem heutigen Hörer erlebbar werden. Obwohl dieser ja eigentlich ganz andere Provokationen "gewöhnt" ist.
Es ist eine Aufgabe, die fast unlösbar ist. Aber das macht ja gerade den Reiz aus. :D
 
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Das, was du unter Option 2 schilderst, ist allerdings überhaupt nicht das, worum es mir geht. In einem Stück steckt sehr viel mehr drin, als der Komponist aufgeschrieben hat. Wenn du dir Noten von Bach oder auch von Haydn anschaust, steht ja fast garnichts drin über die Art und Weise, wie es zu spielen ist. Trotzdem kann man den Charakter eines Stücks aus den Noten erkennen. Man muß dazu aber zwischen den Zeilen lesen können, und wohl auch einiges zu der Musik wissen, in welcher Zeit sie entstanden ist, wie die Leute damals drauf waren, was gerade "Mode" war und auch, was eigentlich völlig unerwartet und neu war in dieser Zeit. Man muß die Provokationen erkennen. Sonst kann man den Sinn von vielen Stücken nicht begreifen. Und man muß diese Provokationen für die heutige Zeit so herausarbeiten, daß sie auch dem heutigen Hörer erlebbar werden. Obwohl dieser ja eigentlich ganz andere Provokationen "gewöhnt" ist.
Es ist eine Aufgabe, die fast unlösbar ist. Aber das macht ja gerade den Reiz aus. :D

Ich hatte eigentlich auch nicht angenommen, dass du das so machst wie unter Punkt 2. Meine nächste Frage wäre gewesen, wie du dich in den Komponisten hineinversetzt bzw. nach welchen Kriterien du dabei vorgehst. Dazu hast du nun eh schon etwas geschrieben. Du sagst, man muss zwischen den Zeilen lesen und braucht dafür Wissen, was das damals für eine Zeit war usw.
Ich kann diesen Ansatz ganz gut nachvollziehen und denke auch, dass dieses Wissen wichtig ist, um ein Stück "richtig" zu interpretieren. Aber mir drängt sich natürlich die Frage auf, welche Bedeutung du dir selbst als Mensch zumisst bei der Interpretation eines Stücks. Historisches Wissen über Zusammenhänge ist etwas, was man nachlesen und sich aneignen kann und das man dann entsprechend in die Gestaltung einfließen lassen kann. Aber bis dahin ist das eine eher kognitive Angelegenheit. Ich glaube, andere Menschen mit Musik wirklich zu berühren ist nur möglich, wenn der Pianist sich selber emotional mit dem Stück verbindet. Dass er dabei etwas von sich selber preisgibt bzw. offenlegt und die Musik auf diese Weise persönlich gefärbt wird, ist nicht nur unvermeidlich, sondern auch begrüßenswert bzw. notwendig. Ich denke, anders kann man dem Willen des Komponisten gar nicht gerecht werden. Der Komponist war ja auch ein fühlender Mensch und nicht bloß ein unbeteiligt berechnender Strukturierer.

Du hast geschrieben:
Meine eigene Sicht kommt natürlich trotzdem, ohne Absicht, zum Tragen, und das ist auch nicht schlimm. Es ist nur nicht der Teil der Interpretation, auf den ich irgendeinen Einfluß hätte. Das Bemühen zielt auf den mutmaßlichen Willen des Komponisten.
Das hört sich für mich so an, als ob du dich mit deiner Persönlichkeit am liebsten ganz heraushalten würdest aus einer Interpretation bzw. deine emotionale Beteiligung und eigene Ausdruckskraft als eher störend erlebst bei dem Versuch, dem Willen des Komponisten gerecht zu werden. Für meine Begriffe kann sich der Wille des Komponisten nur über die Persönlichkeit des Pianisten ausdrücken, - und diese ist dabei kein Hindernis, sondern das "Transportmittel".

Grüße von
Fips
 
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Ich denke auch dass die eigene Persönlichkeit sehr wichtig ist. Sonst gäbe es ja kaum so viele verschiedene Einspielung derselben Werke von unterschiedlichen Pianisten. Eine Beethoven-Einspielung von Friedrich Gulda ist ganz was anderes als eine von Gilbert Schuchter. Beide werden dem Werk durchaus gerecht, aber es gibt ja so wahnsinnig viele Möglichkeiten der Nuancierung: Welches forte ist ein Subito, auf welches zielt man mit einem Crescendo hin? Wie passt man das Tempo evtl. durch ein Rubato an? Wo ist in dieser Spielfigur die Melodielinie? Wie locker oder dicht spielt man das Legato?

Das alles in die Noten zu schreiben ist unmöglich und ein richtig oder falsch gibt es nicht unbedingt bei allen diesen Fragen und eben hier kommt es auf die persönliche Gestaltung an.
 
Das hört sich für mich so an, als ob du dich mit deiner Persönlichkeit am liebsten ganz heraushalten würdest aus einer Interpretation bzw. deine emotionale Beteiligung und eigene Ausdruckskraft als eher störend erlebst bei dem Versuch, dem Willen des Komponisten gerecht zu werden.

Nein, ich empfinde emotionale Beteiligung überhaupt nicht als störend. Allerdings versuche ich, mein Empfinden mit dem jeweiligen Komponisten zu "synchronisieren". Beethoven war sicher vom Typ her ein ganz anderer Mensch als Haydn. Und Scriabin ein ganz anderer als Beethoven. Das sollte in einer Interpretation auch deutlich werden. Nicht daß es dann nach jedem Stück heißt: das war mal wieder typisch Haydnspaß :D

Für meine Begriffe kann sich der Wille des Komponisten nur über die Persönlichkeit des Pianisten ausdrücken, - und diese ist dabei kein Hindernis, sondern das "Transportmittel".

Persönlichkeit ist wandelbar. Sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen ist eine größere Kunst, als immer nur sein Markenzeichen vor sich herzutragen.
 
Ich hätte da ein schönes Beispiel fürs Üben:

Schostakowitschs Präludium Nr. 22 aus "24 Präludien"

Das ist im Prinzip vom Blatt spielbar aber:

Einige Töne sind ziemlich ungewöhnlich, da scheitern die ersten Bemühungen eines erfahrenen Blattspielers, weil "das nicht paßt".

Und daraus ergibt sich eine musikalische Übungsweise:

Da eben viele Töne und Wendungen ungewöhnlich sind - dazu kommen noch zwei oder drei Taktwechsel, muß man wirklich üben, die richtigen Akzente und Bögen zu spielen. Spielt man einfach drauflos, rennt man gegen eine Wand von gruseligen Mißtönen, die so nicht gemeint waren (denke ich jedenfalls).

Das Üben besteht hier also tatsächlich in erster Linie darin, sich den Verlauf des Stückes zu verinnerlichen, der gegen die "normalen" Musikerfahrungen angeht.

Ich mußte daran denken, als ich Haydnspaß' Bemerkung zum Risiko des Gewohnten las. Bei klassischeren Stücken gilt ja im Prinzip das Gleiche wie bei dem obigen Präludium, nur, daß man eben meistens nicht gegen eine Wand läuft. Da ist es also noch wichtiger, für jedes Detail offen zu sein.

Aber ich glaube, das geht an der ursprünglichen Frage vorbei, genauso wie "open minded". "Open minded", oder auf Deutsch "aufmerksam" zu sein, ist ja eine Voraussetzung, um überhaupt etwas Neues zu lernen.

Trotzdem ist mir die Frage nicht ganz klar: Geht es darum, wie man seine Übezeit nutzen sollte oder darum, wie man von a bis z ein Stück einübt?

"Für meine Begriffe kann sich der Wille des Komponisten nur über die Persönlichkeit des Pianisten ausdrücken, - und diese ist dabei kein Hindernis, sondern das "Transportmittel"."

Man braucht auch noch ein Instrument dazu.

Aber ich glaube, daß die Persönlichkeit des Pianisten nicht das wichtigste ist, sondern seine Fähigkeiten am Instrument und das musikalische Verständnis, das er für das Stück aufbringt. Alles andere wäre Selbstdarstellung. Das Temperament des Pianisten spielt natürlich auch eine große Rolle dabei, wie er die Musik rüberbringt.

Aber ich gehe darauf eigentlich nur ein, weil das Wesentliche nicht gesagt wurde: Zunächst muß der Pianist sich mit dem Stück auseinandersetzen und in irgendeiner Weise verstehen, was musikalisch passiert. Das tun sogar kleine Kinder, wenn sie "Alle meine Entchen" singen, nur nicht so intellektuell. Auch wenn Musik generell keinen strikten Gesetzen folgt, kommen doch die meisten Pianisten beim selben Stück zu ziemlich ähnlichen Schlüssen, was wichtig ist und was nicht. Genies wie Horowitz haben zwar immer wieder mit eigenen Zutaten überascht, aber ich wage mal zu behaupten, daß diese "Extras" für sie Mittel waren, das Stück noch besser zum Publikum zu transportieren.... in irgendeiner Weise verstehen, was musikalisch passiert: Da schon so schwere Forderungen gestellt wurden, wie z.B. Open-Minded zu üben, fordere ich darüber hinaus, daß man die ganze Zeit darauf achtet, ob man wirklich Musik produziert und ob es nicht noch besser geht (das hat mit dem Tasten treffen nichts mehr zu tun).

PS: ein bischen habe ich den Eindruck, daß einige "Persönlichkeit" mit "ich" oder mit noch viel verwascheneren Vorstellungen durcheinanderbringen.
 
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Nicht daß es dann nach jedem Stück heißt: das war mal wieder typisch Haydnspaß :D

Persönlichkeit ist wandelbar. Sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen ist eine größere Kunst, als immer nur sein Markenzeichen vor sich herzutragen.

Aber ich glaube, daß die Persönlichkeit des Pianisten nicht das wichtigste ist, sondern seine Fähigkeiten am Instrument und das musikalische Verständnis, das er für das Stück aufbringt. Alles andere wäre Selbstdarstellung.

Wenn ich mich jetzt mal in euch hineinversetze (;)) bzw. es versuche, dann habe ich das Gefühl, nicht richtig verstanden zu werden. Wenn ich die Bedeutung der Persönlichkeit des Pianisten betone, dann meine ich damit nicht, dass der Pianist das Stück subjektivistisch spielen sollte. Mit "subjektivistisch" ist gemeint, dass jemand aus einem Stück eine Art Privatkomposition macht, indem er nach seinem eigenen Geschmack alles mögliche ignoriert, was der Komponist in die Noten geschrieben hat. (Manchmal kann eine subjektivistische Herangehensweise auch ganz reizvoll sein, aber das meine ich nicht in bezug auf die Persönlichkeit.)

Die Gefahr der Selbstdarstellung des Pianisten besteht nur, wenn er versucht, ein Stück für sich "einzuspannen", um von sich selbst irgendetwas zu zeigen. Was ich aber meine, ist, dass ein Pianist sich einem Stück hingibt, also quasi sich selbst von dem Stück "einspannen" lässt, um von der Musik etwas zu zeigen. Das geht nur, wenn er sein eigenes Ego zurücknimmt und "hineinhorcht" in das, was das Stück ihm sagt (so, wie Wilhelm Kempff es im Finale der Sturm-Sonate von Beethoven tut). Paradoxerweise geht das aber nur, wenn er zugleich so gut es geht in sich selbst "hineinhorcht". So gesehen soll er zwar sein Ego zurücknehmen, aber seine Persönlichkeit unbedingt einbeziehen.

Die Basis einer Interpretation ist natürlich immer, dass man das Stück erst einmal spielen kann und in seinem Aufbau versteht. Den nächsten Schritt sehe ich - wie Haydnspaß - darin, der Vorstellung des Komponisten möglichst nah zu kommen. Aber von da an geht's meiner Meinung nach noch weiter, und dann spielt die Persönlichkeit des Pianisten wie oben beschrieben die entscheidende Rolle.

Ob dieses "...was das Stück ihm sagt" sich auf das beschränken muss, was der Komponist beabsichtigt hat, wage ich zu bezweifeln. Wie ich im anderen Thread schrieb, stecken in "großer" Musik (wenn nicht gar in jeder Musik) mehr Dimensionen als dem Komponisten selber bewusst waren. Diese Dimensionen kann ein Interpret auf der Basis seiner eigenen Persönlichkeit in bestimmen Aspekten erschließen. Und erst dadurch interpretiert er das Stück wirklich und teilt seinen Zuhörern etwas Bedeutsames mit.

ein bischen habe ich den Eindruck, daß einige "Persönlichkeit" mit "ich" oder mit noch viel verwascheneren Vorstellungen durcheinanderbringen.

Wie ist das gemeint, Guendola?


Grüße von
Fips
 
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Wenn ich mich jetzt mal in euch hineinversetze (;)) bzw. es versuche, dann habe ich das Gefühl, nicht richtig verstanden zu werden.

Und ich erst...! :D

Die Gefahr der Selbstdarstellung des Pianisten besteht nur, wenn er versucht, ein Stück für sich "einzuspannen", um von sich selbst irgendetwas zu zeigen. Was ich aber meine, ist, dass ein Pianist sich einem Stück hingibt, also quasi sich selbst von dem Stück "einspannen" lässt, um von der Musik etwas zu zeigen. Das geht nur, wenn er sein eigenes Ego zurücknimmt und "hineinhorcht" in das, was das Stück ihm sagt (so, wie Wilhelm Kempff es im Finale der Sturm-Sonate von Beethoven tut). Paradoxerweise geht das aber nur, wenn er zugleich so gut es geht in sich selbst "hineinhorcht". So gesehen soll er zwar sein Ego zurücknehmen, aber seine Persönlichkeit unbedingt einbeziehen.

Könnte es sein, daß Du da was in Kempff hineinprojizierst?

Man muß wissen, welche Kräfte in der Musik wirksam sind (melodische, harmonische, rhythmische) und wie man diese Kräfte für den Hörer verdeutlichen kann. Das ist erstmal völlig unabhängig von jeder Tiefenpsychologie. Wenn das Stück moduliert, dann muß der Hörer dies miterleben können. Da gibt es diverse Möglichkeiten, das zu bewerkstelligen (in erster Linie sind das Agogik und Dynamik).

Wenn es dir hilft, kannst du dir auch irgendwelche Bilder oder Lebenssituationen vorstellen, das ist aber nur ein Hilfsmittel. Am Ende kommt es nur auf den Klang an, der aus dem Klavier rauskommt.


Ob dieses "...was das Stück ihm sagt" sich auf das beschränken muss, was der Komponist beabsichtigt hat, wage ich zu bezweifeln. Wie ich im anderen Thread schrieb, stecken in "großer" Musik (wenn nicht gar in jeder Musik) mehr Dimensionen als dem Komponisten selber bewusst waren.

Man soll die Komponisten auch nicht unterschätzen... 8)
 
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