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Bachopin
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Hi,
ich wollt hier mal verschiedene Übe-Methoden für sehr schnelle, virtuose Abschnitte (Phrasen, Takte, ganze Stücke) vorstellen. Das virtuose schnelle Spiel ist ja für viele (für mich auch) ein Hauptproblem. Die Methoden sind nicht neu und schon bekannt. Ich wollte sie nur mal kompakt und möglichst vollständig (auch für mich) zusammenstellen.
Vorbemerkungen:
Um eine hohe Geschwindigkeit zu trainieren, ist es besser die Hände getrennt zu üben. Beide Hände zusammen zu üben ist nicht so effektiv, da immer eine Hand die langsamere ist und die andere Hand ausbremst und außerdem die Übe-Geschwindigkeit durch die notwendige Koordination der Hände reduziert wird. Wirkung: Die langsamere Hand wird nicht richtig trainiert und die schnellere wird unterfordert.
Das Erreichen/Üben des Zusammenspielens beider Hände ist ein anderer Prozess (wird hier nicht behandelt).
Falls das gesamte Stück sehr schnell, virtuos ist (z. B. Chopin Etüden), dann muss man das Stück natürlich in sinnvolle Unterabschnitte einteilen, die nacheinander erarbeitet werden.
Sehr schnell zu spielenden Noten werden nur durch die Kombination/Koordination von mehreren Bewegungen (Finger, Handgelenk (-Rotation), Unter/Oberarm, Schulter) des gesamten Arms (Körpers) erreicht, da jede einzelne Bewegung (z.B. nur die Finger) für sich zu langsam wäre. Das ist das gleiche wie in technischen Sportarten (Tennis, Golf, Fußball), wo das Schlagen eines Balles mit Höchstgeschwindigkeit nur durch eine komplexe Koordination des gesamten Bewegungsaparates erreicht wird.
Das Zieltempo sollte übrigens 10-20% schneller sein, wie die Tempo Angabe des Stücks, da eine Tempo Reserve erarbeitet werden sollte, die für die Koordination beider Hände, für den Kontroll-Verlust bei einem Auftritt, für die Musikalität, etc. benötigt wird.
1.) Metronom schrittweise erhöhen
Die meiner Meinung nach schlechteste Methode zu erst.
Den Abschnitt mit Metronom in einem spielbaren Tempo üben. Wenn man den Abschnitt in diesem Tempo fehlerfrei spielen kann, das Metronom ein bisschen schneller stellen und wieder üben. Das wiederholen bis das Zieltempo erreicht ist.
Wichtig: Der Abschnitt muss von Anfang an mit dem Fingersatz und den notwendigen Bewegungen (Koordinationen) des Zieltempos gespielt werden, sonst werden für das Zieltempo die falschen Bewegungen eintrainiert. Man muss die fürs Zieltempo notwendigen Bewegungen praktisch in Zeitlupe ausführen.
Das Problem ist, dass man die richtigen Bewegungen vorher kennen muss. Man kann die richtigen Bewegungen durch Experimente im Zieltempo an kleinen Teil-Abschnitten ermitteln, aber eigentlich führt man dann Methode 2 aus.
Typische Anwendungsbeispiele:
?
2.) Abschnitt in kleine, überlappende Teile aufteilen und diese einzeln mehrfach im Zieltempo oder schnellstmöglich wiederholen.
Der Abschnitt wird so aufgeteilt, dass die einzelnen Teile von Anfang an im Zieltempo spielbar sind. Im Extrem sind das nur 2 Noten. Die einzelnen Teile sollten mit mindestens einer Note überlappen. Jeder Teil wird mehrfach nur für sich wiederholt (Experten sagen: max. 10 mal, mehr bringt nichts). Man kann die Teile auch jeweils mit maximal möglicher Geschwindigkeit üben. Die einzelnen Teile werden natürlich mit dem Fingersatz des gesamten Abschnitts gespielt.
Nach einem fehlerfreien Durchgang aller Teile wird jeder Teil um einen benachbarten Teil ergänzt.
Beispiel:
Man hat z. B. insgesamt 5 Teile:
Zuerst übt man nacheinander: 1, 2, 3, 4, 5
Dann übt man 1+2, 2+3, 3+4, 4+5
Dann 1+2+3, 2+3+4, 3+4+5
Dann 1+2+3+4, 2+3+4+5
Dann 1+2+3+4+5
2a) Andere Systematik zur Aufteilung, speziell bei einem Abschnitt aus gleichen Notenwerten (typischerweise 1/16):
Man spielt nur die ersten 4 Noten (4 * 1/16) und wiederholt diese mehrfach. Man geht so den ganzen Abschnitt durch indem man den Start der 4 Noten immer um eine Note (1/16) verschiebt.
Dann spielt man 5 Noten und verschiebt wieder jeweils um eine Note.
Dann 6, 7 Noten, etc.
Typische Anwendungsbeispiele:
?
3.) Abschnitt mit rhythmischen Variationen spielen (gleich im Zieltempo oder langsamer)
Typische Varianten:
punktierter 1/8 + 1/16
1/16 + punktierter 1/8
1/8 + zwei 1/16
zwei 1/16 + 1/8
Gibt noch viele andere Varianten.
Diese Methode verbessert meiner Meinung nach aber mehr die Genauigkeit und Gleichmäßigkeit als die Geschwindigkeit.
Typische Anwendungsbeispiele:
?
4.) Abschnitt in gleichzeitig spielbare Noten (Akkorde) aufteilen
Jede einstimmige Sequenz (Skalen, Aperggien) kann so aufgeteilt werden, dass bestimmte aufeinander folgende Noten vom Fingersatz her gleichzeitig als Akkord gespielt werden können. Der gesamte Abschnitt lässt sich damit als Abfolge von Akkorden spielen. Jeder Akkord für sich bedeutet, dass die enthaltenen Töne unendlich schnell gespielt werden. Limitiert wird die Gesamtgeschwindigkeit nur noch durch den Wechsel von einem Akkord in den nächsten.
Man kann jetzt speziell diesen limitierenden Lagenwechsel von einem Akkord in den anderen üben.
Die Akkorde können dann als sehr schnelle Aperggien gespielt werden und man nähert sich von hoher Geschwindigkeit dem Zieltempo an.
Die Akkorde müssen wieder mit dem Fingersatz, als ob der komplette Abschnitt gespielt wird, gespielt werden.
Typische Anwendungsbeispiele:
Chopin, Fantasie Impromptu (RH und LH)
Beethoven, Mondscheinsonate 3. Satz (Aperggien in RH)
5.) Weniger Noten (Leittöne) im Zieltempo spielen und dann wieder auffüllen
Man spielt den Abschnitt gleich im Zieltempo, aber nicht alle Noten sondern nur die wichtigsten Leittöne.
Bei einer Sequenz in 1/16 sind das meisten die 1/16 auf dem Beat. Das sollte im Zieltempo kein Problem sein. Wenn das klappt, nimmt man nach und nach andere Noten wieder dazu. z. B. die 1/16 auf dem 1/8 Offbeat, usw. bis man den Abschnitt mit allen Noten kann.
Auch hier ist wieder wichtig, dass man die reduzierten Töne von Anfang an mit dem Fingersatz des kompletten Abschnitts spielt.
Wichtiger Vorteil: Wenn man die Leittöne im Zieltempo spielt, was normalerweise einfach ist, kann man damit schon sehr früh die musikalische Entwicklung/Ablauf des Stückes auch mit der LH im Orginaltempo üben, bevor man es technisch mit allen Noten spielen kann.
Typische Anwendungsbeispiele:
Chopin, Etude op.10/1
6.) Horizontale Verschiebung mit einem Finger
Bei Aperggien oder tonleiter ähnlichen längeren Abschnitten, wo die Hand über eine weite Strecke in einer Richtung verschoben werden muss, ist folgende Methode sehr gut:
Man spielt aus dem Fingersatz des Abschnitts nacheinander immer nur einen Finger und übt dadurch die horizontale Verschiebung.
Vorteil: Da nur ein Finger benützt wird, kann man die horizontale Verschiebung in einem hohen Tempo üben.
Beispiel:
Z. B. C-Dur Tonleiter cde fgah c'd'e' ... mit Fingersatz 123 1234 123 ... über mehrere Oktaven.
Zuerst spielt man nur den Daumen: 1 1 1... also c f c' f' c'' ...
Dann Zeigefinger: 2 2 2 ... = d g d' g' d'' ...
usw.
Bitte ausprobieren, ist wirklich sehr effektiv.
Abschliessende Bemerkung:
Methode 1 halte ich für die schlechteste. Diese wird wahrscheinlich aber am meisten benützt.
Man sollte nicht nur eine Methode benützen, sondern grundsätzlich alle probieren/testen, da die Methoden unterschiedlich effektiv bei unterschiedlichen Stücken sind.
Alle Methoden werden von mir angewendet und haben in meiner Übungspraxis ihre Effektivität gezeigt.
Ich bitte um Kommentare, Ergänzungen, etc..
Gruß
ich wollt hier mal verschiedene Übe-Methoden für sehr schnelle, virtuose Abschnitte (Phrasen, Takte, ganze Stücke) vorstellen. Das virtuose schnelle Spiel ist ja für viele (für mich auch) ein Hauptproblem. Die Methoden sind nicht neu und schon bekannt. Ich wollte sie nur mal kompakt und möglichst vollständig (auch für mich) zusammenstellen.
Vorbemerkungen:
Um eine hohe Geschwindigkeit zu trainieren, ist es besser die Hände getrennt zu üben. Beide Hände zusammen zu üben ist nicht so effektiv, da immer eine Hand die langsamere ist und die andere Hand ausbremst und außerdem die Übe-Geschwindigkeit durch die notwendige Koordination der Hände reduziert wird. Wirkung: Die langsamere Hand wird nicht richtig trainiert und die schnellere wird unterfordert.
Das Erreichen/Üben des Zusammenspielens beider Hände ist ein anderer Prozess (wird hier nicht behandelt).
Falls das gesamte Stück sehr schnell, virtuos ist (z. B. Chopin Etüden), dann muss man das Stück natürlich in sinnvolle Unterabschnitte einteilen, die nacheinander erarbeitet werden.
Sehr schnell zu spielenden Noten werden nur durch die Kombination/Koordination von mehreren Bewegungen (Finger, Handgelenk (-Rotation), Unter/Oberarm, Schulter) des gesamten Arms (Körpers) erreicht, da jede einzelne Bewegung (z.B. nur die Finger) für sich zu langsam wäre. Das ist das gleiche wie in technischen Sportarten (Tennis, Golf, Fußball), wo das Schlagen eines Balles mit Höchstgeschwindigkeit nur durch eine komplexe Koordination des gesamten Bewegungsaparates erreicht wird.
Das Zieltempo sollte übrigens 10-20% schneller sein, wie die Tempo Angabe des Stücks, da eine Tempo Reserve erarbeitet werden sollte, die für die Koordination beider Hände, für den Kontroll-Verlust bei einem Auftritt, für die Musikalität, etc. benötigt wird.
1.) Metronom schrittweise erhöhen
Die meiner Meinung nach schlechteste Methode zu erst.

Den Abschnitt mit Metronom in einem spielbaren Tempo üben. Wenn man den Abschnitt in diesem Tempo fehlerfrei spielen kann, das Metronom ein bisschen schneller stellen und wieder üben. Das wiederholen bis das Zieltempo erreicht ist.
Wichtig: Der Abschnitt muss von Anfang an mit dem Fingersatz und den notwendigen Bewegungen (Koordinationen) des Zieltempos gespielt werden, sonst werden für das Zieltempo die falschen Bewegungen eintrainiert. Man muss die fürs Zieltempo notwendigen Bewegungen praktisch in Zeitlupe ausführen.
Das Problem ist, dass man die richtigen Bewegungen vorher kennen muss. Man kann die richtigen Bewegungen durch Experimente im Zieltempo an kleinen Teil-Abschnitten ermitteln, aber eigentlich führt man dann Methode 2 aus.
Typische Anwendungsbeispiele:
?
2.) Abschnitt in kleine, überlappende Teile aufteilen und diese einzeln mehrfach im Zieltempo oder schnellstmöglich wiederholen.
Der Abschnitt wird so aufgeteilt, dass die einzelnen Teile von Anfang an im Zieltempo spielbar sind. Im Extrem sind das nur 2 Noten. Die einzelnen Teile sollten mit mindestens einer Note überlappen. Jeder Teil wird mehrfach nur für sich wiederholt (Experten sagen: max. 10 mal, mehr bringt nichts). Man kann die Teile auch jeweils mit maximal möglicher Geschwindigkeit üben. Die einzelnen Teile werden natürlich mit dem Fingersatz des gesamten Abschnitts gespielt.
Nach einem fehlerfreien Durchgang aller Teile wird jeder Teil um einen benachbarten Teil ergänzt.
Beispiel:
Man hat z. B. insgesamt 5 Teile:
Zuerst übt man nacheinander: 1, 2, 3, 4, 5
Dann übt man 1+2, 2+3, 3+4, 4+5
Dann 1+2+3, 2+3+4, 3+4+5
Dann 1+2+3+4, 2+3+4+5
Dann 1+2+3+4+5
2a) Andere Systematik zur Aufteilung, speziell bei einem Abschnitt aus gleichen Notenwerten (typischerweise 1/16):
Man spielt nur die ersten 4 Noten (4 * 1/16) und wiederholt diese mehrfach. Man geht so den ganzen Abschnitt durch indem man den Start der 4 Noten immer um eine Note (1/16) verschiebt.
Dann spielt man 5 Noten und verschiebt wieder jeweils um eine Note.
Dann 6, 7 Noten, etc.
Typische Anwendungsbeispiele:
?
3.) Abschnitt mit rhythmischen Variationen spielen (gleich im Zieltempo oder langsamer)
Typische Varianten:
punktierter 1/8 + 1/16
1/16 + punktierter 1/8
1/8 + zwei 1/16
zwei 1/16 + 1/8
Gibt noch viele andere Varianten.
Diese Methode verbessert meiner Meinung nach aber mehr die Genauigkeit und Gleichmäßigkeit als die Geschwindigkeit.
Typische Anwendungsbeispiele:
?
4.) Abschnitt in gleichzeitig spielbare Noten (Akkorde) aufteilen
Jede einstimmige Sequenz (Skalen, Aperggien) kann so aufgeteilt werden, dass bestimmte aufeinander folgende Noten vom Fingersatz her gleichzeitig als Akkord gespielt werden können. Der gesamte Abschnitt lässt sich damit als Abfolge von Akkorden spielen. Jeder Akkord für sich bedeutet, dass die enthaltenen Töne unendlich schnell gespielt werden. Limitiert wird die Gesamtgeschwindigkeit nur noch durch den Wechsel von einem Akkord in den nächsten.
Man kann jetzt speziell diesen limitierenden Lagenwechsel von einem Akkord in den anderen üben.
Die Akkorde können dann als sehr schnelle Aperggien gespielt werden und man nähert sich von hoher Geschwindigkeit dem Zieltempo an.
Die Akkorde müssen wieder mit dem Fingersatz, als ob der komplette Abschnitt gespielt wird, gespielt werden.
Typische Anwendungsbeispiele:
Chopin, Fantasie Impromptu (RH und LH)
Beethoven, Mondscheinsonate 3. Satz (Aperggien in RH)
5.) Weniger Noten (Leittöne) im Zieltempo spielen und dann wieder auffüllen
Man spielt den Abschnitt gleich im Zieltempo, aber nicht alle Noten sondern nur die wichtigsten Leittöne.
Bei einer Sequenz in 1/16 sind das meisten die 1/16 auf dem Beat. Das sollte im Zieltempo kein Problem sein. Wenn das klappt, nimmt man nach und nach andere Noten wieder dazu. z. B. die 1/16 auf dem 1/8 Offbeat, usw. bis man den Abschnitt mit allen Noten kann.
Auch hier ist wieder wichtig, dass man die reduzierten Töne von Anfang an mit dem Fingersatz des kompletten Abschnitts spielt.
Wichtiger Vorteil: Wenn man die Leittöne im Zieltempo spielt, was normalerweise einfach ist, kann man damit schon sehr früh die musikalische Entwicklung/Ablauf des Stückes auch mit der LH im Orginaltempo üben, bevor man es technisch mit allen Noten spielen kann.
Typische Anwendungsbeispiele:
Chopin, Etude op.10/1
6.) Horizontale Verschiebung mit einem Finger
Bei Aperggien oder tonleiter ähnlichen längeren Abschnitten, wo die Hand über eine weite Strecke in einer Richtung verschoben werden muss, ist folgende Methode sehr gut:
Man spielt aus dem Fingersatz des Abschnitts nacheinander immer nur einen Finger und übt dadurch die horizontale Verschiebung.
Vorteil: Da nur ein Finger benützt wird, kann man die horizontale Verschiebung in einem hohen Tempo üben.
Beispiel:
Z. B. C-Dur Tonleiter cde fgah c'd'e' ... mit Fingersatz 123 1234 123 ... über mehrere Oktaven.
Zuerst spielt man nur den Daumen: 1 1 1... also c f c' f' c'' ...
Dann Zeigefinger: 2 2 2 ... = d g d' g' d'' ...
usw.
Bitte ausprobieren, ist wirklich sehr effektiv.
Abschliessende Bemerkung:
Methode 1 halte ich für die schlechteste. Diese wird wahrscheinlich aber am meisten benützt.
Man sollte nicht nur eine Methode benützen, sondern grundsätzlich alle probieren/testen, da die Methoden unterschiedlich effektiv bei unterschiedlichen Stücken sind.
Alle Methoden werden von mir angewendet und haben in meiner Übungspraxis ihre Effektivität gezeigt.
Ich bitte um Kommentare, Ergänzungen, etc..
Gruß
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