Wie hoch darf der Perfektionsanspruch an die Schüler sein?

"Er fragt mich jede Woche, ob ich geübt habe, und wenn ich sage: 'Nein, ich hatte keine Zeit', dann versteht er das auch und arbeitet in der Stunde das nach, was ich eigentlich in der Woche hätte üben sollen.
...
...selbst wenn ein Schüler nie übt, sollte man nicht ausrasten, sondern ihm vorschlagen, das aktuelle Lied abzubrechen und ein anderes zu spielen, damit er wieder neue Motivation hat.
...
Soweit mein Tübchen Senf dazu"
(Felix)

Seltsame Methodik, die es für sinnvoll hält, das, was man nicht geübt hat, zu ersetzen durch etwas anderes, damit das motiviert -- das andere auch nicht zu üben?
Seltsame Vorstellung, daß man in der Stunde nachholen könnte, was der Spieler die ganze Woche versäumt hat.
Seltsame Vorstellung auch vom Sinn des Unterrichts: Wozu nimmt man Unterricht, wenn man gar nicht spielt?
Und seltsame Ansprüche an den Lehrer, der hierbei wohl so etwas wie einen Selbstbedienungs-Apparat abgeben soll: Hier bin ich, ich habe wie immer nix vorbereitet, aber ein bißchen Geld in deinen Automatenschlitz gesteckt; nu unterhalt mich mal!

Noch seltsamer finde ich, daß diejenigen, die etwas bemühter bei der Sache sind und die es hier ja durchaus zahlreich gibt, gegen solch einen Pennäler-Senf nicht Sturm laufen und den Senf unkommentiert lassen.
 
Also ich finde man sollte schon Ansprüche an die Schüler stellen und ihnen auch mal Stücke aufgeben, die vielleicht nicht gerade zu ihren Favoriten gehören. Wenn ein Lehrer sich sowieso nicht drum kümmert, ob der Schüler jetzt geübt hat oder nicht, dann denkt man sich ja: Is ja egal, wenn ich nicht muss tu ichs auch nicht!. Sieht man ja auch in der Schule: Wenn ich keinen Physiktest hätte, würde ich mich nie im Leben freiwillig hinsetzten und das Zeug lernen.Nur einmal ein kleiner Vergleich.
Natürlich macht man Musik lieber als Physik (oder anderes), aber ein gewisser Druck gehört einfach dazu, auch wenn man manchmal durchhänger hat.
 
Natürlich macht man Musik lieber als Physik (oder anderes), aber ein gewisser Druck gehört einfach dazu, auch wenn man manchmal durchhänger hat.

Ich finde, Musikmachen und Druck paßt nicht zusammen. Wenn man nicht freiwillig Musik macht dann verschärft Druck das Problem nur. Ein Bergsteiger muß auch von sich aus auf den Berg rauf wollen. Wenn einer meint: ich stell mich einfach hin und laß mich schieben...
 
Ich finde, Musikmachen und Druck paßt nicht zusammen. Wenn man nicht freiwillig Musik macht dann verschärft Druck das Problem nur. Ein Bergsteiger muß auch von sich aus auf den Berg rauf wollen. Wenn einer meint: ich stell mich einfach hin und laß mich schieben...

Wenn man nicht freiwillig Musik macht, soll man es einfach lassen, Musikalität ist keine Lebensvoraussetzung. Es gibt genügend Be(s)tätigungsfelder, wo man ohne etwas zu tun positive Nebenwirkungen hat. Beim Bergsteigen kann man ja auch mal versehentlich in die falsche Richtung schieben, dann ist das Problem gelöst :D
 
Sieht man ja auch in der Schule: Wenn ich keinen Physiktest hätte, würde ich mich nie im Leben freiwillig hinsetzten und das Zeug lernen.

Wenn man sich aber für ein Fach interessiert, dann lernt man dafür auch ohne Test und besorgt sich sogar über das nötige Maß hinaus Informationen.
Und Druck hat man beim Klavierspielen doch sowieso schon durch die Eltern. Wenn man nicht genug übt und entsprechende Fortschritte macht, zahlen die schließlich nicht mehr für den Unterricht ;)
Und später sollte man eigentlich wissen, ob man wirklich spielen will und sich auch darüber bewusst sein, dass man eben auch üben muss.

Als ich in die erste Klasse kam wollte ich unbedingt Klavier spielen; wieso weiß ich nicht mehr. Schließlich haben mir meine Eltern ein Klavier gekauft und ich habe Unterricht bekommen. Doch ich hatte nie Lust zu üben
Auch ich wollte unbedingt Klavier lernen, als ich in die erste Klasse kam. Es ist aber schwer vorstellbar, dass man spielen will und dann keine Lust hat zu üben.

Meiner Meinung nach würde Klavier viel weniger Spaß machen, wenn man überhaupt nicht üben müsste. Ich zumindest habe an einem Stück umso mehr Freude, je länger ich dran üben musste :D
 
Mich überrascht, dass offenbar auch die Kollegen, die ebenfalls von der Musik leben, die Komponente nicht erfahren haben, dass zu dem Spaß, Musiker sein zu können, irgendwo auch mal ganz schön viel Arbeit dazugehört hat und wohl auch immer noch dazu gehört.

Ich dachte, mein Beispiel mit dem Bergsteiger sei deutlich genug gewesen. Daß Bergsteigen enormen Kraftaufwand, Training, Risiko etc. bedeutet ist allgemein bekannt. Es gibt Leute, die diese Strapazen auf sich nehmen - weil sie es wollen - und andere, die lieber gemütliche Ferien verbringen.

Zum Glück kann man niemand zwingen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Naja, wenn man an etwas viel gearbeitet hat, bereitet das einem im Endeffekt schon um einiges mehr Freude...
Ich bin sehr froh, dass in meiner Kindheit teilweise (natürlich nicht ständig und auch nicht extrem) Druck ausgeübt wurde - dafür durfte ich dann auch viele schöne Erlebnisse genießen. Im Prinzip war ich ja immer sehr motiviert durch die Konzerterfahrungen. Ich finde, man braucht ein Mittelding - sowohl Druck als auch Anreiz. Gelobt zu werden (aber nur wenn es wirklich ernst gemeint ist), vorspielen zu dürfen/müssen *g*, ruhig auch mal in Konkurrenz zu treten (aber nicht zu viel...) - das sind wunderbare Anreize, und gleichzeitig auch Druckmittel. Ja, sogar beim Lob, denn man will doch wieder gelobt werden, oder? :-) Ich schon!
Der Lehrer kann außerdem versuchen, dem Schüler ein effektives Üben beizubrungen, sodass man wirklich spürbare Erfolgserlebnisse hat. Womit ich beim Perfektionsanspruch lande: einerseits ist es noch lange kein so schönes Gefühl, wenn man die Stücke nur runterhaut oder nur sehr fehlerintensiv spielen kann. Auf der anderen Seite habe ich auch schon mitgekriegt, dass ein ziemlich geschickte Viertklässler von einem Pianisten Wochenlang dasselbe Stück, erst mit der Rechten, dan mit der Linken, dann mit beiden, aufbekommen hat, und es bis zur Perfektion üben sollte. Das Ergebnis war, dass er fast nicht mehr geübt hat, denn so ungefähr konnte er es ja eh schon, und zusammen durfte er es auch nicht spielen, und schneller auch nicht. Boah, bin ich an die Decke gegangen, als ich das herausgefunden habe (der Junge ist meine Neffe ;-) )
Man muss sich schon überlegen, bis zu welchem Grad ein Schüler überhaupt reif ist, und etwas spürbare Herausforderung (die zugegebenermaßen zwar in diesem Fall schon vorhanden war - aber das ist ja wohl zu hoch in dem Alter --- und man bedenke, dass es sich um irgendein ordinäre Stük aus der Schaum-Schule handelte!!!!) sollte schon da sein. Sonst macht es echt keinen Spaß. Ihr wisst sicher, was ich meine. Einen guten Lehrer zeichnet aus, dass er auf seine Schüler eingehen kann.
glg
 
An meiner Schule hat vor nicht allzu langer Zeite eine neue Musiklehrerin angefangen, die in Sachen Klavierspiel ungefähr der Beschreibung deiner Abiturientin entspricht... Es ist nicht schwer, besser als ein Musiklehrer/in Klavier zu spielen, wenn sie/er Klavier nur als Zweitinstrument fürs Studium erlernt hat.

Um mal zum Thema zu kommen, bei deiner zweiten Schülerin kannst du es ja mal mit Franz Braungardts "Waldesrauschen" versuchen, das dürfte für jemanden auf dem Level von Heumanns "Entertainer"-Bearbeitung steht ziemlich beeindruckend wirken, wobei es trotzdem noch recht einfach bleibt (allerdings würde ich erst einmal den Mittelteil komplett auslassen, da die Oktavgriffe sie wahrscheinlich erst einmal ziemlich aus dem Konzept bringen dürften).
Genau genommen dürfte das für sie sogar ziemlich anspruchsvoll sein - und somit ihren Ansprüchen genügen :P
 
Ich kanns echt nicht verstehen. Bei uns können die Musiklehrer alle sehr gut Klavier spielen. Vielleicht haben die es ja auch alle als Hauptinstrument:confused:
 

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