Wagner-Analyse

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Ich spiele Klavierauszüge von Wagner-Opern durch und vollziehe analytisch nach, wie Wagner komponiert hat. Dabei kommen immer wieder Akkorde vor, die sich nur schwer deuten lassen, z.B. in der Walküre in der dritten Szene des letzten Akts (s. angekreuzte Stelle auf dem Foto):

Die Tonart ist e-moll, auf den angekreuzten Akkord folgt ein Dominantseptakkord. Den fraglichen Akkord könnte man als verkürzten Dominantseptakkord ohne Septe mit Sextvorhalt betrachten, aber wenn ich das a im Bass mitspiele, klingt der Akkord für mich subdominantisch. Als Dv mit Vorhalt könnte man ihn auch deuten, aber dafür ist der klangliche Schritt zum folgenden Dominantseptakkord zu groß, außerdem passt das nicht zum fast schon mediantisch klingenden Mollcharakter des Akkords.
Kann vielleicht jemand helfen?

Und hat jemand vielleicht einen Literaturtipp für eine detaillierte Analyse von Wagners Harmonik?
 

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Sicher nicht das allerneueste, aber es gibt immer noch auf dem Markt die Einführungen und Kommentare von Kurt Pahlen. Sie sind ein bisserl altväterisch und manchmal auch geschwätzig (nun, vielleicht sehen Musiker das anders ;)), aber bieten einen guten Gesamtüberblick. Der Verlag Schott druckt neuerdings die Bände al peso d'oro nach, aber man findet sie auch billig antiquarisch. Bemühe mal die Metasuchmaschine eurobuch.de.
 
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Dabei kommen immer wieder Akkorde vor, die sich nur schwer deuten lassen
Das ist ein grundsätzliches Problem bei einer Harmonik, die durch extreme Chromatik geprägt ist. Vieles lässt sich nur anhand der Stimmführung deuten, vor allem, wenn Ketten dissonanter Akkorde auftreten. Die klassisch-romantische Funktionsanalyse kommt hier an ihre Grenzen. Wobei die hier inkriminierte Stelle harmonisch noch recht einfach ist; die exaltierte Harmonik in der vierten Szene des zweiten Aufzugs (Todesverkündigung) dieser Oper wirft doch ganz andere Fragen auf...

Die meiner Meinung nach einfachste und schlüssigste Deutung liegt hier tatsächlich in der chromatischen Stimmführung. Wenn man den vorhergehenden Takt und den nachfolgenden Takt einbezieht, hat man hier ein längeres dominantisches Umfeld. Prägender Ton der Dominante ist die Terz Dis, die hier in allen drei Takten durchgehend erklingt. Davon ausgehend ist das g' im Diskant ein Sextvorhalt, der sich ordnungsgemäß auflöst und das c' im Bass eine Wechselnote des Grundtones. Durch die doppelte Dissonanz entsteht hier eine Verdichtung, die sich in den nachfolgende Septakkord auflöst (der daneben fast konsonant wirkt). Das ist ein von Wagner sehr häufig angewendeter Kunstgriff um lange Spannungsfelder zu erzeugen; der berühmteste Prototyp dürfte der Beginn des Tristan sein - hier verzichtet er sogar völlig auf die Auflösung des dissonanten Dominantseptakkordes.
 
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*mod*
An der Parallelstelle davor ist ein a im Akkord enthalten.

Diese Stelle ist nun wirklich Erstsemester
Wie mick schon geschrieben hat, ist die Mehrdeutigkeit bei Wagner ja nun sehr ausgeprägt. Und wenn eine Dominante klanglich zu einer Mediante wird und ihren Dominantcharakter verliert, ist sie nur noch theoretisch eine Dominante.
 
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Ich finde nicht in Ordnung, daß hier immer wieder Neulinge gesperrt werden, die auf die ungehobelte Art der Vielschreiber reinfallen und sich zur Wehr setzen. Die routinemäßige Begründung, das sei stets der gleiche provokante Wiedergänger, kann ich vom Verlauf meistens nicht nachvollziehen. Gibt es dafür einen Nachweis, eine IP?

Ich würde mich freuen, wenn ihr das bei den letzten paar, z.B. kurz kurz und ralle schnell erläutern könntet. Vielleicht gab es hinter den Kulissen ja Auseinandersetzungen, die man hier nicht mitbekommt. Interessant ist dann, ob diese Auseinandersetzung stattfand, bevor oder nachdem der Neuling provoziert wurde. In letzterem Fall fände ich es ökonomischer und nachhaltiger, die provozierenden zu sperren, wenn man denn überhaupt jemanden sperren möchte.
 
Ich finde nicht in Ordnung, daß hier immer wieder Neulinge gesperrt werden, die auf die ungehobelte Art der Vielschreiber reinfallen und sich zur Wehr setzen. Die routinemäßige Begründung, das sei stets der gleiche provokante Wiedergänger, kann ich vom Verlauf meistens nicht nachvollziehen.
Ich schon.
Ich kenne den Typen (der Ausdruck "Neuling" ist hier völlig fehl am Platz) seit Jahren und wundere mich eigentlich nur noch darüber, wie lange man ihn jedes Mal gewähren läßt. Diesmal war es eigentlich schon beim allerersten Beitrag klar.
 
"Unabhängig der Entscheidungen des Modertoren-Teams kann der Betreiber des Forums einem User jederzeit und ohne Begründung eine ordentliche Kündigung der Mitgliedschaft aussprechen. Die Frist beträgt 30 Tage. Nach Kündigung ist es der Person untersagt sich auf dieser Seiten erneut zu registrieren. Eine erneute Anmeldung ohne Absprache führt zur sofortigen Löschung des Kontos, weitere Schritte bleiben vorbehalten."

So steht es in den Nutzungsbedingungen. Zur Bitte, die Maßnahmen der Moderation zu erläutern, kann ich ergänzen, dass die Forensoftware oftmals unrechtmäßige Wiederanmeldungen nach Sperrung erkennt und entsprechende Meldungen ausgibt, die wir natürlich lesen. Und vielfach wiederholen sich Verhaltensmuster, Interessenschwerpunkte, biographische Details und sogar schreibtechnische Besonderheiten (grammatikalische Fehler beispielsweise) so offensichtlich, dass man als geübter Leser fündig wird. Auch lesen wir als Moderatoren sehr viel mit und bekommen Meldungen und Beschwerden bezüglich bestimmter Beiträge, dann kennt man schnell seine Pappenheimer, um es mit Friedrich Schiller zu sagen.

Übrigens hat "kurz kurz" selbst seinen Rückzug angekündigt und dann doch seinen Rauswurf mutwillig provoziert. Übrigens nutzen wir unseren Moderatoren-Spielraum bei weitem nicht aus, sondern beraten uns intern intensiv und sperren zumeist erst dann, wenn jemand auf den internen Beobachtungslisten und in entsprechenden Fäden Dauergast geworden ist.

Ich kenne den Typen (der Ausdruck "Neuling" ist hier völlig fehl am Platz) seit Jahren und wundere mich eigentlich nur noch darüber, wie lange man ihn jedes Mal gewähren läßt.
Damit ist klar: als Moderator muss man sich mit einem Spannungsfeld arrangieren. Den einen moderiert man viel zu rigoros und zugleich anderen viel zu lasch. Es bringt der Job also mit sich, dass man es niemals allen recht machen kann. Deshalb prügelt man sich hier auch nicht gerade darum, endlich auch in das Moderatorenteam aufgenommen zu werden. Diese Konstellation kenne ich von Chören und Gesangvereinen: meckern und auf die Arbeit der Vorstandsmitglieder schimpfen tut man gerne - selbst ein Vorstandsamt hingegen übernehmen will aber fast niemand. Dann müsste man nämlich selber die Prügel einstecken, die man sonst so gerne austeilt.

Ich bin mir allerdings sicher: in den meisten anderen Foren wird härter und viel weniger geduldig moderiert als hier.

LG von Rheinkultur
 

Danke @Rheinkultur für die ausführliche Begründung. Ich möchte meinen Beitrag bitte nicht als Prügel für das Moderatorenteam verstanden wissen.
Einem Nutzer stehen die von dir genannten Instrumente nicht zur Verfügung, deshalb wurde mir in vielen Fällen nicht klar, warum andere Nutzer gesperrt werden. Dabei scheinen sich aus meiner Sicht Fälle zu häufen, in denen neue Leute von Leuten mit vielen Beiträgen provozierend angeschrieben werden. Erfolgt eine entsprechende Reaktion, führt das mitunter zur Sperrung der Neulinge.
In den Regeln heißt es: "2. Wir behalten uns das Recht vor, Maßnahmen gegen Benutzerkonten durchzuführen, insbesondere, wenn der Forenfrieden gestört wird" und "4. Gegenüber Neunutzern und in der Ansprache von Nutzern, mit denen man noch nicht interagiert hat, ist besondere Freundlichkeit erwünscht." Ich verstehe, daß man solchen Ansprüchen nicht immer gerecht werden kann, allerdings wurden ja Nutzer gesperrt und offenbar Entscheidungen getroffen.
@Pedall meint, er erkenne den Schreiber zuverlässig, und es sei immer der gleiche. Wenn das so ist, bin ich natürlich eurer Meinung. Die Frage bei solchen Eindrücken ist halt immer, kann man sich auch mal irren? Als @ralle hier vom Threadersteller gewarnt wurde, er solle aufhören, sonst drohe die Sperrung, wurde ich jedenfalls aufmerksam.
Die automatisierten Hinweise, die du nennst, klingen da schonmal etwas beruhigend.
 
Ja!
(Stichwort Sauna...da hat sich das gesamte Forum geirrt :-D ).

Aber sei Dir gewiss, dass keine der Entscheidungen willkürlich passiert und wohlbegründet ist (wir streiten auch innerhalb des Moderatorenteams, stehen dann aber zusammen hinter einer Entscheidung). Fehlentscheidungen können natürlich nicht zu 100 % ausgeschlossen werden. Aber wie @Rheinkultur schon andeutete: Nur wer was macht, kann auch Fehler machen.

Dabei scheinen sich aus meiner Sicht Fälle zu häufen, in denen neue Leute von Leuten mit vielen Beiträgen provozierend angeschrieben werden.
Geübten Lesern erscheint der umgekehrte Eindruck: Die aktiven User werden ganz bewusst getriggert und eine Eskalation provoziert.
 
Die aktiven User werden ganz bewusst getriggert und eine Eskalation provoziert.
Derartige Behauptungen sollte man aber auch belegen können, statt sich einfach auf das Bauchgefühl des "geübten Lesers" zu verlassen. Wäre wirklich mal interessant...

Um den Vorgang für alle "ungeübten" Leser mal ganz objektiv zusammenzufassen: Der angebliche Provokateur wurde von unserem "Opfer" in einem anderen Faden völlig grundlos und ohne jeden Beleg als "halbwissend" diffamiert, nachdem er ganz sachlich seine Erfahrungen mit dem Metronom geschildert hat (kann jeder dort nachlesen). OHNE EINSCHREITEN DER MODERATION. Daraufhin wurde das "vollwissende Opfer" in diesem Faden kurzerhand mal bloßgestellt (warum soll man sich nicht wehren?) und hat sich sogleich bei der Moderation ausgeweint. Ein angeblich studierter Musiker, der keine Dominante mit Wechselnote erkennt, sollte das doch sportlich nehmen, oder? Aber nein, das "Opfer" wurde wieder persönlich (inzwischen gelöscht). Da hat jemand den Finger in die Wunde gelegt, aber ganz sicher nicht "provoziert". Das eigentliche Problem ist doch, daß das "Opfer" nicht damit klar kommt, daß jemand seine selbst verschuldeten Defizite aufdeckt...

Als offenbar "ungeübter", aber denkender Leser fragt man sich da schon: wo sind hier eigentlich die nachvollziehbaren Kriterien für angebliche Provokation, statt der alten Leier, daß Mods unantastbar sind?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ein angeblich studierter Musiker, der keine Dominante mit Wechselnote erkennt, sollte das doch sportlich nehmen, oder?
Ich habe dieses Thema eröffnet, um etwas zu lernen. Ich stehe dazu, dass ich trotz Musikstudiums nicht alles weiß (vor allem wenn es um verschleierte harmonische Zusammenhänge geht) und mir der ca. 20 Jahre jüngere @mick da weit voraus ist. Damit habe ich überhaupt kein Problem.
 
Wenn einer sich extra neu anmeldet, nur um gegen Forenleitung und etablierte User rumzupaulen, dann sollte das Argwohn wecken.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ein gesperrter User, der es unter neuem Namen nochmal versucht (warum eigentlich, Bertileinlein, wenn dieses Forum doch so kacke ist? Irgendwas scheint Dir ja sehr wichtig zu sein daran, sonst würdest Du doch denken "egal, was soll's, gibt bessere Orte im Internetz"...).
 
Ich habe dieses Thema eröffnet, um etwas zu lernen. Ich stehe dazu, dass ich trotz Musikstudiums nicht alles weiß (vor allem wenn es um verschleierte harmonische Zusammenhänge geht) und mir der ca. 20 Jahre jüngere @mick da weit voraus ist. Damit habe ich überhaupt kein Problem.
Ich habe schon mehrere Schüler gehabt, die Musik an allgemeinbildenden Schulen unterrichten (meist Sek. II), die wirklich absolut erschreckende Wissenslücken in z.T. grundlegenden Dingen hatten. Da bist Du sogar eigentlich noch ganz gut unterwegs...
 
Ich habe es oben vergessen zu erwähnen:
Bitte künftig Kritik an der Moderation im Feedback-Forum schreiben, damit es hier nicht zu offtopic wird. Danke.
 
sollte man in diesem Fall nicht isoliert betrachten, denn es handelt sich (innerhalb dieser Oper) um ein eingearbeitetes "Selbstzitat": um eines der zentralen Leitmotive - und obendrein um ein ganz besonderes, denn der Komponist hatte große Mühe, es sinnvoll zu notieren. Über dieses zentrale Motiv schrieb er während der Komposition an Liszt:
Ich bin gerade an der Stelle, da Brünnhilde Siegmund den Tod verkündet - ja kann man das überhaupt noch komponieren nennen?
(sinngemäß zitiert)

Man mag es, je nach Geschmack, für Kitsch halten oder auch nicht: für Wagner war die Szene, in der eine göttliche Macht einem Sterblichen unwiderruflich mitteilt "deine Zeit ist um, da hilft nix, peng. aus. sag tschüss und komm mit" etwas erschütterndes, schreckliches, fremdartiges - und entsprechend sollte die Musik dazu werden: gespenstisch, erhaben, Grabesstimmung, ein Kondukt, feierlich, tödlich. Als er das Libretto "dichtete", hatte er noch kaum eine Vorstellung davon, was er Jahre und Jahrzehnte später für eine formal und harmonisch innovative Musik dazu/dafür/daraus komponieren wird.

@mick hatte dir schon den Hinweis gegeben:
Wobei die hier inkriminierte Stelle harmonisch noch recht einfach ist; die exaltierte Harmonik in der vierten Szene des zweiten Aufzugs (Todesverkündigung) dieser Oper wirft doch ganz andere Fragen auf...
aber darauf verzichtet, die von dir gefragte Stelle als Zitat, als eingearbeitetes Leitmotiv zu klären. Natürlich hat er recht mit der exaltierten Harmonik, und das schauen wir uns an:
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(die Melodie ist auch wieder eines der Leitmotive der Oper und klingt hier erstmals im ersten Akt - ich bin kein Freund der schwülstigen Leitmotiv-Kataloge*; es hat mit Siegmund (der von nun an schlechte Karten hat...) und Sieglinde zu tun; erstaunlicherweise hat sich dieses Motiv aus einen anderen im Rheingold herausgeschält - sie sind offenbar nicht immer eindeutig, sondern wandelbar, die Leitmotive (oder der Richard hat über die Jahrzehnte hin gelegentlich die Übersicht verloren?))
Ganz eindeutig d-moll, wobei das Motiv den Dominantseptnonakkord umspielt

Bildschirmfoto 2022-05-30 um 10.57.11.png
C7-F7-H7-a-H7-a-H7 (und bei H-Dur7 bleibt es, also scheinen wir uns bzw das Siegmund/Sieglinde-Motiv scheint sich in e-Moll zu befinden)
So schön der chromatische Schritt von F7 nach H7 auch ist, er ist nichts "unnormales" oder allzu exaltiertes: dergleichen findet sich gelegentlich in Beethovens Spätwerk, bei Schumann, etwas öfter bei Chopin. F7 und H7 sind "verwandt"/austauschbar, weil wahlweise beide aus demselben quintalterierten Septakkord herausgezogen werden können. z.B. f-a-bc-/be enharmonisch f-a-h-#d - der erste wird zu F7, der zweite zu H7 -
Wir sind hier harmonisch in "normalem" romantischen Gelände, quasi in der Harmonik von Chopins Fantasie & Polonaise-Fantaisie, Wagners Tannhäuser & Lohengrin. Da gibt es einen sehr guten Aufsatz über "Chopin und Wagner" vom Musikwissenschaftler Werner Breig.

Die beiden Notenbeispiele leiten über zur "Todverkündung", die übrigens zweiteilig geformt ist. Wie anfangs gesagt: jetzt muss das fremdartige, tödliche, ganz andere kommen. Und das tut es:

Bildschirmfoto 2022-05-30 um 10.57.29.png
d-#e-a => Cis7 - danach e-##d-h => #D7
Aus dem mehrmals wiederholten und zuletzt augmentierten romantischen Siegmund/Sieglinde-Motiv, das wieder mit dem a einsetzen müsste, kommt das sehr langsame neue andere Motiv a---#g-h---- Da hören wir natürlich bei der einen Ganzton höher einsetzenden Wiederholung den ersten gedehnten Ton als Vorhalt dieses "fragenden" Motivs, das auf einem Dominantseptakkord "offen" endet (erst Cis7 dann Dis7)
Das neue und fremdartig andere dieser Trauermusik:
- wir hören gänzlich ohne vorherigen Zusammenhang d-#e-a als Moll-Dreiklang (d-Moll), aber es ist keiner, es ist ein doppelter Vorhalt zu Cis7 (warum ohne Zusammenhang? die vorangegangene Festigung von e-Moll als Tonika lässt keinen d-Moll Klang und auch keinen Cis-Dur Klang erwarten)
- wir "lernen" den Klang eines Moll-Dreiklangs als lastenden, schrecklichen, gespenstischen Vorhalt zu empfinden, der obendrein nicht aufgelöst wird sondern in einen Septimakkord ausläuft, der aber wie eine Auflösung klanglich-melodisch wirkt: Saperlot! Was als reiner Dreiklang wahrnehmbar/hörbar ist, wird zur Vorhaltdissonanz, die Dissonanz (Durdreiklang mit kleiner Septime) wird zur (scheinbaren) Konsonanz/Auflösung

- ...ein Dominantseptakkord als Auflösung einer dissonanten Akkordprogression? Aber das ist doch erst im Tristan so ---- offenbar nicht. Die Tristanharmonik taucht erstmals in dieser Szene, in diesem Motivzusammenhang auf, und das beinahe "wörtlich":
Bildschirmfoto 2022-05-30 um 10.58.19.png
die letzten drei Akkorde: "Tristanakkord" - quintalterierte Doppeldominante - Dominantseptakkord (als Auflösung)
also hier "Tristanakkord" - "DD7b5" - "D7"
im Tristan "Tristanakkord" - "DD7b5" - "D7b5" - "D7"**
(es ist unnötig, an dieser Stelle auf die vielen Deutungen der Tristanakkorde hinzuweisen oder gar eine Diskussion darüber zu beginnen: ich habe der Einfachheit halber diese hier verwendet, weil sich damit am ehesten nachvollziehbar Todverkündung-Tristanakkord zeigen lässt)

Und in den letzten beiden Notenbeispielen sind wir nicht mehr in der "normalen" romantischen Chopin-Wagner-Harmonik, sondern - woanders. Das zu notieren war für Wagner nicht einfach. Der "Trick" hier ist, dass ein scheinbarer Dreiklang zu einer harmonisch vieldeutigen Weichenstellung wird; ab hier wird es bei Wagner und seinen "Harmonik-Nachfolgern" immer mehr vagierende vieldeutige Akkorde (so von Hindemith bezeichnet) geben.

Zu beachten ist auch die motivische Vorgehensweise: das Vorhaltmotiv a-#g-h wird in der schönen Melodie des letzten Notenbeispiels #c-#f-#g-a-#g-h-#a-cis zweimal eingeflochten (a-#g-h und h-#a-#c)

ABER es wäre irrtümlich, wenn man allein die Harmonik dieser Stelle für ihre Wirkung verantwortlich macht. Später, nach dem Tristan (der nach der Walküre komponiert ist) wurde Wagner gelegentlich mit dissonanten Akkordfortschreitungen "geplagt", z.B. von von Bülow - Wagner erklärte Bülow recht brüsk, dass solche Verfahrensweisen ohne motivierenden Kontext sinnlos, ja ungekonnt sind... im Tristan ist es die permanente Sehnsucht, in der Walküre die Sphäre des Todes, die mit derartiger exaltierter Harmonik unterlegt und als "anders" wahrnehmbar gemacht werden.
Tatsächlich hier: ohne den inhaltlichen (außermusikalischen) Zusammenhang (siehe oben salopp formuliert) - diese harmonisch fremdartige Trauermusik klingt nicht nach Heines martialischen Valkyren
"Unten Schlacht. Doch oben schossen
Durch die Luft auf Wolkenrossen
Drei Valkyren, und es klang
Schilderklirrend ihr Gesang: (...)"
Was hier hinzukommt und dem Klavierauszug nicht zu entnehmen ist: der fahle Klang - @mick kann die Orchestrierung der Todverkündung besser als ich beschreiben.

@Demian sofern dir diese umfangreiche Oper gefällt, hör sie dir an (die Aufnahme mit Boulez - "Jahrhundetring" - ist exzellent)

________
* da gibt es zum Ring und zum Tristan allerhand kurioses wie "Angstmotiv" "Wälsungenliebemotiv" "Schwertmotiv" und und und und........
** im Tristan: beim allerersten mal D7 = E-Dur7 (also A/a als Tonika)
hier D7 = Fis-Dur7 (also müsste es nach H/h als Tonika gehen)
 
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