@ Emmanuel: trotz "Verdigitalisierung" kann ich mir sehr gut vorstellen, wie das vorort klang. Ich wäre wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen! Vor allem ab 2:05 kommt der Inbegriff des Flügelklangs für mich heraus. Super, super, super!!
Sag` weißt du etwas über den Umfang der Restaurierung? Mir ist schon klar, dass jeder Flügel anders ist und man nicht von Nummer 46630 auf 97485 schließen kann, aber es interessiert mich einfach.
@ Martin:
Im Übrigen: Hinsichtlich des Klanges, der damals angeblich noch ganz anders war, ist vieles nur sehr bedingt wahr. Weil nämlich um 1880-1900 das zunehmend gültige Klangideal im großen und ganzen schon sehr ähnlich war wie heute, weil nämlich schon sehr weit entwickelt.
Auf dem Markt gibt es heute etliche Musikaufnahmen auf angeblich "historischen" Instrumenten. Manchmal trifft das zu - aber oft klingen diese alten Instrumente einfach nur deshalb so "historisch", weil sie deutlich suboptimal ausgearbeitet sind. Optimal ausgearbeitete gute alte Instrumente können traumhaft klingen - aber nicht wegen romantischer Altertümelei, sondern einfach deshalb, weil sie mit der faktischen Aktualität ihrer Qualitäten viele neuere Pianos an die Wand spielen.
So ganz verstehe ich deine Aussage nicht, denn mein Klangeindruck und das sehr angenehme Empfinden dabei hat nichts mit romantischer Altertümelei zu tun, sondern beruht auf (für mich) hörbaren Tatsachen. Vor dreieinhalb Jahren habe ich sehr lange gezielt nach einem Vorkriegsklavier gesucht, eben einfach weil ich nach einigem Anspielen und vor allem Anhören von neuen Klavieren (auch renommierter Manufakturen) von deren Klang enttäuscht war. Da hatte ich schon den Eindruck als gelte heute ein anderes Klangideal....
Die Blüthner-Flügel sind bis in die 20er Jahre hinein einem ausgeprägt eigenwilligen und mir sehr sympathischen Klangkonzept gefolgt (wie übrigens auch, auf andere Weise, die damaligen Blüthner-Klaviere). Diese Eigenwilligkeit war aber keine Alterserscheinung, sondern so gewollt. Könnte man heute genau so machen - ist aber vom Markt und der Mode abhängig.
Ja, das hört sich plausibel an. Ich möchte auch keinen alten Flügel um seines bloßen Alters Willen (das ist eine mir sympathische Nebenerscheinung und entspricht zugegebenermaßen meiner träumerischen Anlage), aber wesentlich gehts mir um den Klang und da scheine ich außer Mode und dem Trend ziemlich hinterher. Ferner möchte ich auch nicht behaupten, dass mich jeder Klang des vor(vor)igen Jahrhunderts überzeugt. Nein, es muss schon ein Blüthner sein...ach, es ist sooo schön, einer Leidenschaft (einfach so) zu verfallen.
Zurück zum Thema: Ob man, wie du sagst, den damaligen Klang heute ebenso "herstellen" könnte, bezweifle ich nicht. Technisch ist das alles sicher kein Problem. Allerdings würde nur eine charakterlose Kopie angefertigt. Ich möchte hier keinen Roman beginnen, aber mir würde frei assoziiert schon einiges einfallen, warum Flügel und Klaviere heute so klingen wie sie klingen. Sie klingen nicht schlecht, aber sehr unantastbar, sehr perfekt, sehr zielstrebig, ein bißchen arrogant, letztlich uniform da in den jeweiligen Eigenschaften durchschaubar, sie klingen wenig innehaltend, sie klingen nach Menschen, deren Alltag keine Lieder kennt, die das letzte Mal im Grundschulalter gesungen haben, sie klingen nach Musik, die durch Virtuosität glänzt (und manchmal nicht durch Musik), sie klingen irgendwie verraten.
Ein Beispiel:
Unknown
http://www.youtube.com/watch?v=06uHLY9eUvA&feature=channel
Evgeny Kissin
http://www.youtube.com/watch?v=0sPxr539mts&feature=related
....und am Ende ist doch alles Geschmacksache
LG, Sesam