Blüthners Patentmechanik im Vergleich

Centurio

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Liebe Community,

ich bin ganz neu hier im Forum und hoffe, dass ich mit meinem ersten Beitrag nicht gleich ein Thema eröffne, das schon unzählige Male behandelt wurde. Die Suchfunktion hat mir nur 2 Ergebnisse gebracht, die das Thema zwar auch mitbehandeln, aber entweder das Gespräch dann in eine andere Richtungen verlaufen ließen, oder keine ausführlichen Auskünfte zutage gebracht haben.
Na jedenfalls, lasst mich wissen - gerne auch mit Verweis darauf - wenn es irgendwo ausführliche Informationen dazu gibt: es geht um Blüthners Patentmechanik.

Ich bin im Begriff, einen schönen alten Blüthner 6 (190cm) aus dem Jahre 1913 mit Patentmechanik und ohne Aliquot System (dafür mit hübscher Jubiläumsgusseisenplatte) zu erwerben. Technisch sollte die Mechanik bestens überholt und reguliert sein - so das sehr vertrauenswürdige Pianofachgeschäft bzw. dessen Klavierbaumeister. Zudem wurden zahlreiche technischen Funktionen überprüft und einige Dinge erneuert, so der Resonanzboden, die Stimmwirbel, die Saiten sowie die Hammerköpfe. Optisch ist das Instrument dem Alter entsprechend abgenutzt, aber das finde ich eigentlich recht charmant: Originallack, damals wohl schwarzer Schellack, mit einigermaßen Abnutzungsspuren und einem schönen, leicht schnörkeligem Notenpult. Ich hatte schon die Freude das Instrument für 1 - 2 h anzuspielen und war davon eigentlich schon sehr positiv gestimmt (meine Frau im Übrigen auch). Der Klang ist romantisch warm, wie man es so oft in Beschreibungen liest, aber nicht zu weich (vermutlich durch das fehlende Aliquot) was dem Klang etwas Klarheit und Modernität verleiht.
Ich habe im Rahmen meiner Suche nach einem Flügel schon das ein oder andere Instrument von namhaften Herstellern angespielt und erkenne auch als nicht-Profi Unterschiede im Anschlag und Klang, habe aber mit Sicherheit (eventuell noch) keinen ausgeprägten Sinn zum Erkennen allerfeinster Charakteristika. Vielleicht lag es auch einfach an der Kürze der Zeit, die ich stets zum Anspielen hatte.

Aber nun zum eigentlich Thema, oder vielleicht auch ein Bisschen zu mir: Ich bin ambitionierter Laie, kein Profi, habe weder besonderes Wissen in der Handwerkskunst der Klavierbaumeister, noch in der Musik generell - dafür aber Ambitionen, durchaus irgendwann einmal auf annähernd professionellem Niveau zu spielen. D.h. ich spiele derzeit seit ca. 2,5 Jahren täglich 1 - 3 Stunden akustisch auf einem Zimmermann 114, und gut und gerne auch noch weitere 1 - 3 nächtens, dann aber digital und mit Kopfhörern auf einem Roland FP30X. Beide Instrumente sind musikalisch und haptisch fernab von optimal, aber derzeit habe ich eben nichts anderes. Angefangen habe ich zwar bereits in der Kindheit, jedoch hat mich die Leidenschaft damals nie wirklich gepackt, und ich habe aufgehört. Über 15 Jahre später ist das Feuer dann entflammt.
Hauptsächlich spiele ich Musik aus der Klassik und Romantik, mein Liebling ist Chopin, aber auch Schumann, Beethoven, Mozart und natürlich der große Bach, dürfen nicht in meinem Übungsprogramm fehlen. Gelegentlich, seit Kurzem, versuche ich mich auch an der Improvisation. Ab und an etwas Liszt und irgendwann wage ich mich eventuell auch an Musik jenseits des 19. Jahrhunderts - noch jedenfalls nicht.
Und da kommen wir auch schon voll ins Thema rein. Die wenigen Quellen, die ich zu diesem Thema konsultieren konnte haben mir Folgendes nähergebracht:
Blüthners Patentmechanik ist - sofern sie gut reguliert ist - extrem fein nuancierbar zu spielen, vor allem in leisen Passagen. Sie fühlt sich weich an, lässt die Finger 'singen' ist aber durch das weiche, federnde Anschlagsgefühl auch in der Repetition etwas eingeschränkt - zumindest im Vergleich mit modernen doppelten Repetitionsmechaniken wie der von Renner und angeblich selbst im Vergleich zu einigen anderen deutschen Mechaniken der damaligen Zeit.
Nun sollen ja gerade diese Charakteristika besonders prädestiniert für Musik von Klassik bis Romantik sein, doch wie sieht es aus, wenn ich mich in ein paar Jahren plötzlich mit modernen Stücken und schnelleren Tremoli/Triller, höheren Repetition und extremeren Staccati eingehend befassen möchte? Werde ich da spürbar eine Einschränkung durch die trägere Mechanik merken?

Ganz abgesehen von dem antiken Charakter und dem Charme den diese alten Flügel haben, muss ich auch aus rein finanziellen Gründen zu einem Instrument unterhalb der 10.000 Euro greifen, was hier zutreffend wäre. D.h. ein neuerer Salonflügel in gutem Zustand und Renner-Mechanik wird es wohl nicht werden.

Daher würde ich eher Vergleiche mit anderen Instrumenten dieser Zeit heranziehen: Schneiden bspw. die Mechaniken aus Ibach-, Bechstein- oder Steingräber-Flügeln (oder auch von anderen Herstellern) aus dieser Zeit deutlich besser im Repetierverhalten ab? Einen alten Ibach-Flügel konnte ich eine Zeit lang anspielen und war recht zufrieden damit, allerdings auch nicht begeistert vom Klang. Ich habe das Gefühl, dass der Blüthner mir rein emotional besser gefallen hat. Nun jedoch kommen mir die Überlegungen bzgl. der Mechanik und deren 'Grenzen' - sofern ich diese überhaupt zu Lebzeiten erreichen sollte.

Es kann natürlich aber auch sein, dass ich dieses Thema einfach etwas übertheoretisiere und eine gut eingestellte Mechanik jedwelchen Herstellers dieser Zeit funktioniert auch für virtuose Passagen mit schnellen Anschlägen gut - die richtige Technik des Spielers selbstverständlich vorausgesetzt.

Ich würde mich wirklich sehr über Erfahrungen von Spielern der Patentmechanik von Blüthner, die auch Vergleiche zu anderen Mechaniken haben, freuen.

Weiterhin hoffe ich, dass ich den Beitrag nicht zu sehr unnötig aufgebläht habe - ich erachtete ein wenig Hintergrundinformationen zu meiner Situation und meinem Kenntnisstand für hilfreich, um hier gezielter Auskünfte geben zu können.

Viele herzliche Grüße und besten Dank im Voraus!
André
 
Wenn Dir der Blüthner klanglich und vom Preis her zusagt, warum nicht? Das (evtl. schlechtere) Repetitionsverhalten sollte kein Ausschlußkriterium sein. Meist ist die Ursache nicht in die Mechanik als solche, sondern deren unzureichende Einstellung. Des weiteren ist ja auch zu hinterfragen, ob evtl. der Spieler an der unzureichenden Repetition seinen Anteil trägt. Wie oft kommen in der klassisch-romantischen Klavierliteratur aberwitzige Repetitionen vor, die an einem Blüthner nicht zu bewältigen sind? Und in diesem Falke sollte man sich auch die Frage stellen, ob vielleicht das Tempo falsch gewählt ist. Aber das ist ein anderes Thema.
 
Ich finde Deine Herangehensweise gut und Deine Gedanken zur Auswahl des Flügels zielführend. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Du die Wahl dieses Instruments später bereuen wirst - es sei denn, Du bewegst dich in die Richtung moderner Jazzmusik und wünschst dir im Nachhinein den Kauf eines Yamaha, um ein weniger romantisches Instrument zu spielen. Aber fallls dir der Blüthner tatsächlich eines Tages nicht mehr gefallen sollte, verkaufst Du ihn halt wieder und hast notfalls ein paar TEUR verloren. Ich glaube aber kaum, dass das passieren wird.

Einen anderen Aspekt möchte ich Dir allerdings nahelegen: Du brauchst von Anfang an jemanden an der Hand, der den Flügel warten und betreuen wird und nicht davor zurückschreckt, an der Patentmechanik zu arbeiten. Auch Reparaturen können bei einer so alten Mechanik anfallen - es kann etwas abbrechen oder abfallen, das fachmännisch behoben werden muss und nicht gleich ein Vermögen kosten sollte. Im Optimalfall ist es der Klavierbauer, der Dir das Instrument jetzt verkaufen will. Auch der Tastenbelag braucht vielleicht mal etwas Liebe.

Desweiteren würde ich unbedingt regeln, dass auch der Klang des Flügels nochmal angepasst wird, wenn er bei Dir vor Ort steht. Neue Hammerköpfe haben eigentlich immer das Potenzial, erst am Aufstellort vollendet intoniert zu werden. Wenn Dir der Klang jetzt schon gefällt, ist die Grundlage gut.

Ansonsten kann ich Dich beglückwünschen, einem schönen historischen Instrument eine neue Heimat geben zu wollen. Ich habe vor einigen Jahren einen 230er Blüthner mit Jubiläumsplatte gekauft (allerdings mit einer Repetitionsmechanik) und die schöne Ausführung ist auch optisch eine ständige Quelle der Freude.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Suche hier ist nicht besonders hilfreich. Ich gehe stattdessen auf google und gebe dort ein:
STICHWORT(E) site:clavio.de
 
Wenn Du einen Flügel unter 10k gefunden hat, der Dir klanglich und mechanisch wirklich gefällt, dann ist das sowieso schon ein Hauptgewinn.
Über riesige Fortschritte und über das Instrument hinauswachsen würde ich das erstmal nicht nachdenken.
Wie oben schon geschrieben, guter Techniker ist wichtig.
 
Vielen Dank euch allen erst einmal für eure Einschätzungen!

Nein, moderne Jazzmusik oder stark perkussive, atonale Musik stehen momentan nicht auf dem Plan - natürlich ändern sich Geschmäcker und Vorlieben und die ultimative eierlegende Wollmilchsau in stilistischen und mechanischen Fragen, um für alles gewappnet zu sein, wird man wohl nie finden. Das ist aber bekanntlich mit allen Dingen so. Sollte sich mein Stil grundlegend ändern, könnte/müsste ich eben hinterher das Instrument wechseln.
Ich gehe aber nicht davon aus, dass das in absehbarer Zeit passieren wird.

Modernere klassische Literatur hingegen, bspw. Prokofieff oder Ravel, wären schon denkbar. Dabei würde mich dann sicherlich der warme, romantische Klangcharakter des Blüthner niemals stören, allerdings das theoretisch eingeschränkte Repetitionsvermögen der Mechanik eventuell schon - soweit meine Befürchtung.

Ich habe mich zwar aufgrund vielerlei begünstigender Umstände schon für den Flügel entschieden, da ich aber noch etwas auf ihn warten muss und meine Gedanken einfach nicht ruhig gestellt bekomme, würde mich dennoch ein Vergleich eines Spielers hier (oder gerne auch im andersprachigen, englischen, italienischen oder vielleicht gerade so noch französischen Netz) interessieren, der eine wohlregulierte Patentmechanik mit einer doppelten Repetitionsmechanik gegenüberstellen und die Unterschiede genau erläutern kann, sollten sie denn wirklich merklich sein.

Bezüglich der Instandhaltung, denke ich, dass mein hier lokal ansässiger Klavierbaumeister, der in seinem recht großen Familienunternehmen einige Klavierbauer mit viel Erfahrung und guten Referenzen (wenngleich nicht direkt in Bezug auf die Patentmechanik, aber dafür was die Restaurierung antiker Klaviere und Flügel generell angeht schon) vorzuweisen hat, auch die Patentmechanik gut in Schuss halten können wird.
Weiterhin bin ich gerne für Tipps im Raum Nürnberg offen. Ist hier eine bestimmte Werkstatt für alte Blüthner-Mechaniken bekannt?

Danke abermals und beste Grüße!
André
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit einem Vergleich kann ich nicht dienen - in meiner erweiterten Familie steht zwar noch ein 210er Blüthner mit Patentmechanik, fast aus demselben Baujahr wie meiner, auf dem ich früher gelegentlich gespielt habe. Aber an einen merklichen Unterschied kann ich mich nicht erinnern. Falls dir der Flügel eines Tages nicht mehr gefallen sollte, wird das bestimmt nicht an der Patentmechanik liegen, sondern eher am äußeren Zustand oder am Alter der Komponenten.

Hast Du die Mechanik mal im ausgezogenen Zustand sehen können? Ist alles in einem anständigen Zustand?

Auch mit einer alten Repetitionsmechanik kann man Probleme kriegen - bei meiner ist ein Hammerstiel gebrochen und musste vom Klavierbauer geleimt werden, denn Ersatz mit der Nocke gibt es wohl nicht mehr. Falls jemand eine Bezugsquelle kennt, freue ich mich über einen Hinweis. Noch hält die Leimung, doch wer weiß, wie lange. Ansonsten Einzelanfertigung.
 
Soweit ich das weiß, ist eine Blüther-Patent tutti completti original sanierbar, jedoch zu irgendwas zwischen dem doppelten und dem dreifachen Preis pro Taste, verglichen mit klassisch-doppelt-englischen Repetitionen.

Kann auch sein, dass man die Teile nicht im Freiverkauf an privat findet, sondern einen Klavier-Profi bzw. jemanden mit Gewerbeschein braucht, der einem das dann bestellt, da die meisten Klavierteil-Versender wohl den Gewährleistungskrams scheuen bzw. auf professionellem Umgang beharren.

Wer sich da beschaffungstechnisch gut auskennen sollte oder auskannte..., ist der Patrick Prüfer, ehedem in Emsdetten wohnhaft, aber lange nichts mehr von ihm gehört. Einst hatte er selber einen Web-Vertrieb von Musikaliendingen, und hat teils auch im Klavierhandel gearbeitet. Blüthner-Liebhaber aus dem Eff Eff.
 

Dabei würde mich dann sicherlich der warme, romantische Klangcharakter des Blüthner niemals stören, allerdings das theoretisch eingeschränkte Repetitionsvermögen der Mechanik eventuell schon - soweit meine Befürchtung.

Ich glaube ja, dass die vermeintliche Notwendigkeit einer rattenschnellen Repetition gnadenlos überbewertet wird. Wenn man nicht gerade ein zweiter Richter oder Lipatti ist und den ganzen Tag 'Alborada del Gracioso' in einem Affenzahn spielt, dann ist es ziemlich wurscht, ob es eine englische, gebundene, Wiener oder Patentmechanik ist.

Viel wichtiger ist es, dass die Mechanik präzise reguliert wird, denn dadurch entsteht ein gleichmäßiges Spielgefühl und allein das macht einem das Leben einfacher.
 
Auch mit einer alten Repetitionsmechanik kann man Probleme kriegen - bei meiner ist ein Hammerstiel gebrochen und musste vom Klavierbauer geleimt werden, denn Ersatz mit der Nocke gibt es wohl nicht mehr. Falls jemand eine Bezugsquelle kennt, freue ich mich über einen Hinweis. Noch hält die Leimung, doch wer weiß, wie lange. Ansonsten Einzelanfertigung.
Hier schon mal nachgeschaut?

 
Hier schon mal nachgeschaut?

Danke, ja - und leider nicht fündig geworden. Aber mein Klavierbauer wird bestimmt fündig, wenn es tatsächlich mal nötig wird und der Stil auseinanderfällt. Bisher scheint die Leimung erfolgreich gewesen zu sein.
 
Gscheit geleimt hält unter normalen Bedingungen (!) eh besser als von Natur aus zusammengewachsen ...
 
Liebe Community,

ich bin ganz neu hier im Forum und hoffe, dass ich mit meinem ersten Beitrag nicht gleich ein Thema eröffne, das schon unzählige Male behandelt wurde. Die Suchfunktion hat mir nur 2 Ergebnisse gebracht, die das Thema zwar auch mitbehandeln, aber entweder das Gespräch dann in eine andere Richtungen verlaufen ließen, oder keine ausführlichen Auskünfte zutage gebracht haben.
Na jedenfalls, lasst mich wissen - gerne auch mit Verweis darauf - wenn es irgendwo ausführliche Informationen dazu gibt: es geht um Blüthners Patentmechanik.

Ich bin im Begriff, einen schönen alten Blüthner 6 (190cm) aus dem Jahre 1913 mit Patentmechanik und ohne Aliquot System (dafür mit hübscher Jubiläumsgusseisenplatte) zu erwerben. Technisch sollte die Mechanik bestens überholt und reguliert sein - so das sehr vertrauenswürdige Pianofachgeschäft bzw. dessen Klavierbaumeister. Zudem wurden zahlreiche technischen Funktionen überprüft und einige Dinge erneuert, so der Resonanzboden, die Stimmwirbel, die Saiten sowie die Hammerköpfe. Optisch ist das Instrument dem Alter entsprechend abgenutzt, aber das finde ich eigentlich recht charmant: Originallack, damals wohl schwarzer Schellack, mit einigermaßen Abnutzungsspuren und einem schönen, leicht schnörkeligem Notenpult. Ich hatte schon die Freude das Instrument für 1 - 2 h anzuspielen und war davon eigentlich schon sehr positiv gestimmt (meine Frau im Übrigen auch). Der Klang ist romantisch warm, wie man es so oft in Beschreibungen liest, aber nicht zu weich (vermutlich durch das fehlende Aliquot) was dem Klang etwas Klarheit und Modernität verleiht.
Ich habe im Rahmen meiner Suche nach einem Flügel schon das ein oder andere Instrument von namhaften Herstellern angespielt und erkenne auch als nicht-Profi Unterschiede im Anschlag und Klang, habe aber mit Sicherheit (eventuell noch) keinen ausgeprägten Sinn zum Erkennen allerfeinster Charakteristika. Vielleicht lag es auch einfach an der Kürze der Zeit, die ich stets zum Anspielen hatte.

Aber nun zum eigentlich Thema, oder vielleicht auch ein Bisschen zu mir: Ich bin ambitionierter Laie, kein Profi, habe weder besonderes Wissen in der Handwerkskunst der Klavierbaumeister, noch in der Musik generell - dafür aber Ambitionen, durchaus irgendwann einmal auf annähernd professionellem Niveau zu spielen. D.h. ich spiele derzeit seit ca. 2,5 Jahren täglich 1 - 3 Stunden akustisch auf einem Zimmermann 114, und gut und gerne auch noch weitere 1 - 3 nächtens, dann aber digital und mit Kopfhörern auf einem Roland FP30X. Beide Instrumente sind musikalisch und haptisch fernab von optimal, aber derzeit habe ich eben nichts anderes. Angefangen habe ich zwar bereits in der Kindheit, jedoch hat mich die Leidenschaft damals nie wirklich gepackt, und ich habe aufgehört. Über 15 Jahre später ist das Feuer dann entflammt.
Hauptsächlich spiele ich Musik aus der Klassik und Romantik, mein Liebling ist Chopin, aber auch Schumann, Beethoven, Mozart und natürlich der große Bach, dürfen nicht in meinem Übungsprogramm fehlen. Gelegentlich, seit Kurzem, versuche ich mich auch an der Improvisation. Ab und an etwas Liszt und irgendwann wage ich mich eventuell auch an Musik jenseits des 19. Jahrhunderts - noch jedenfalls nicht.
Und da kommen wir auch schon voll ins Thema rein. Die wenigen Quellen, die ich zu diesem Thema konsultieren konnte haben mir Folgendes nähergebracht:
Blüthners Patentmechanik ist - sofern sie gut reguliert ist - extrem fein nuancierbar zu spielen, vor allem in leisen Passagen. Sie fühlt sich weich an, lässt die Finger 'singen' ist aber durch das weiche, federnde Anschlagsgefühl auch in der Repetition etwas eingeschränkt - zumindest im Vergleich mit modernen doppelten Repetitionsmechaniken wie der von Renner und angeblich selbst im Vergleich zu einigen anderen deutschen Mechaniken der damaligen Zeit.
Nun sollen ja gerade diese Charakteristika besonders prädestiniert für Musik von Klassik bis Romantik sein, doch wie sieht es aus, wenn ich mich in ein paar Jahren plötzlich mit modernen Stücken und schnelleren Tremoli/Triller, höheren Repetition und extremeren Staccati eingehend befassen möchte? Werde ich da spürbar eine Einschränkung durch die trägere Mechanik merken?

Ganz abgesehen von dem antiken Charakter und dem Charme den diese alten Flügel haben, muss ich auch aus rein finanziellen Gründen zu einem Instrument unterhalb der 10.000 Euro greifen, was hier zutreffend wäre. D.h. ein neuerer Salonflügel in gutem Zustand und Renner-Mechanik wird es wohl nicht werden.

Daher würde ich eher Vergleiche mit anderen Instrumenten dieser Zeit heranziehen: Schneiden bspw. die Mechaniken aus Ibach-, Bechstein- oder Steingräber-Flügeln (oder auch von anderen Herstellern) aus dieser Zeit deutlich besser im Repetierverhalten ab? Einen alten Ibach-Flügel konnte ich eine Zeit lang anspielen und war recht zufrieden damit, allerdings auch nicht begeistert vom Klang. Ich habe das Gefühl, dass der Blüthner mir rein emotional besser gefallen hat. Nun jedoch kommen mir die Überlegungen bzgl. der Mechanik und deren 'Grenzen' - sofern ich diese überhaupt zu Lebzeiten erreichen sollte.

Es kann natürlich aber auch sein, dass ich dieses Thema einfach etwas übertheoretisiere und eine gut eingestellte Mechanik jedwelchen Herstellers dieser Zeit funktioniert auch für virtuose Passagen mit schnellen Anschlägen gut - die richtige Technik des Spielers selbstverständlich vorausgesetzt.

Ich würde mich wirklich sehr über Erfahrungen von Spielern der Patentmechanik von Blüthner, die auch Vergleiche zu anderen Mechaniken haben, freuen.

Weiterhin hoffe ich, dass ich den Beitrag nicht zu sehr unnötig aufgebläht habe - ich erachtete ein wenig Hintergrundinformationen zu meiner Situation und meinem Kenntnisstand für hilfreich, um hier gezielter Auskünfte geben zu können.

Viele herzliche Grüße und besten Dank im Voraus!
André
Es gibt im Grunde genommen keine nennenswerten Unterschiede.

Die Repetition ist bei der Patentmechanik ein wenig anders, aber wenn die Mechanik gut reguliert ist, keineswegs nachteilig.

Wichtig bei der Patentmechanik, ist ein Klavierbauer der sich mit dieser auskennt und entsprechende Erfahrungen hat.

Wenn bei der Patentmechanik irgend was nicht so recht hinhaut, reagiert diese wesentlich zickiger als eine moderne Repetitionsmechanik.
 
Danke abermals euch allen für eure Einschätzungen! Diese haben mir bereits sehr geholfen!
Hast Du die Mechanik mal im ausgezogenen Zustand sehen können? Ist alles in einem anständigen Zustand?
Nein, im ausgezogenen Zustand habe ich die Mechanik nicht gesehen, das hätte mir aber sicherlich auch keine weiteren Einsichten gebracht, dazu fehlt mir schlicht der Sachverstand. Allerdings ist das Pianohaus mit Werkstatt und dessen Inhaber, bei dem ich den Blüthner nun erwerben werde, äußerst vertrauenswürdig. Er hat mir versichert, dass die Mechanik bestens in Schuss sei, sie wurde außerdem vor Kurzem reguliert und zahlreiche Teile wurden erneuert. Beim Anspielen hat sich auch, wie bereits erwähnt, die Mechanik sehr gut angefühlt. Dass ich mich dabei imstande hätte betrachten können, die Grenzen der Repetitionsfähigkeit aufs Äußerste auszureizen, wäre allerdings eine gnadenlose Selbstüberschätzung.

Da sich hier eigentlich alle Aussagen miteinander decken und das auch mein Gefühl beim Anspielen bestätigt, bin ich nun doch wesentlich beruhigter und freue mich umso mehr darauf, wenn das wunderbare alte Instrument nun bald bei uns einziehen wird.
Was mir weiterhin auch von allen Seiten zugetragen wurde, dass gerade die Patentmechanik hervorragend reguliert sein muss, um eben eine hohe Repetitionsfähigkeit mit einem weichen, sensiblen und fein nuancierbaren Anschlag zu kombinieren, erlegt mir die eigennützige Verantwortung auf, stets Sorge um einen guten Regulierungszustand zu tragen.
Somit bin ich für weitere konkrete Hinweise um einen Experten, am besten im Raum Nürnberg, sehr dankbar. Natürlich würde ich die regelmäßige Wartung und Stimmung immer gerne beim Händler machen lassen, nur führt dieser sein Geschäft leider ein Stückchen zu weit weg von mir.

Ich gehe nun, aufgrund der Aussagen ebenjenen Händlers und Klavierbaumeisters und meines durchweg positiven Eindrucks beim Anspielen davon aus, dass der Status Quo der Patentmechanik ein hervorragender ist (so wie auch alles weitere technische an diesem schönen Instrument in noch originalem Gewand).
Davon ausgehend, in welchem Rythmus oder zu welchem Anlass müsste die Patentmechanik nach euren Erfahrungen nachreguliert/überprüft werden?

Besten Dank und herzliche Grüße
André
 

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