Valentina Lisitsa hat mir gestern Abend – im leider nur halb besetztem Konzertsaal – gleich mehrfach eine Freude bereitet. Und den anderen auch, denn ihre Fans haben ihr am Ende des Konzertes mit stehenden Ovationen verdeutlicht, wie sehr sie die Pianistin schätzen.
Drei Kameramänner waren im Konzertsaal tätig und ich hoffe sehr, dass es von diesem Konzert bald eine DVD zu kaufen gibt.
Es war eine Freude sie spielen zu sehen, aber nicht ihre Besorgnis erregende Sitzhaltung hat mich visuell in den Bann gezogen, sondern ihre Hände. Diese agieren so feingliedrig und geschmeidig auf den Tasten, dass es einem ästhetischen Genuss gleichkommt sie anzusehen. Ich liebe diese fast gestreckten Finger und die ihrer linken Hand hat sie nur selten mehr gekrümmt als nötig. Selbst im fff spielend sah es aus, als würde sie den
flügel streicheln und liebkosen und eine Symbiose mit ihm eingehen.
Die zweite Freude hat sie mir (und allen anderen) mit ihrem wunderbaren Spiel gemacht. Nach einigen Preludes von Rachmaninov, Prokovevs Sonate Nr. 7 und der „Appassionata“ hat sie sich nach der Pause Chopin zugewandt um das reguläre Programm mit dem Totentanz zu beenden. Was sie (nicht nur dabei) an den Tasten vollbracht hat war so beeindruckend, dass ich mich noch immer frage, wie Hände derartige Belastungen aushalten können. Während des Akkordgewitters des Totentanzes hatte sie noch kurz die Gelegenheit, sich mit der linken Hand an der Nase zu berühren. Diese Szene hat mich an den Bahnhof mit Klavier erinnert, an dem sie auf den Zug wartend die Umherstehenden verblüfft und während des Spiels völlig unbeeindruckt einen Schmutzpartikel von den Tasten gewischt hat.
Sie hat noch einige Zugaben gegeben, unter anderem die "Campanella".
Die größte Freude (und Genugtuung) aber habe ich empfunden, als ich den Flügel gesehen habe. Sie hat ihm so wunderbare Klänge entlockt, dass nicht verwunderlich ist, warum der Hersteller diesen Werbeslogan gewählt hat:
Bösendorfer – Der Klang, der berührt.
Endlich habe ich keinen
steinway auf einer Bühne gesehen (abgesehen von András Schiffs altem Bechstein beim Beethovenfest in Bonn), sondern einen Bösendorfer Imperial!