Valentina Lisitsa in Köln

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Meine ehrliche Meinung: Ich halte von ihr nicht viel.... technisch natürlich unglaublich gut, allerdings kein Tiefgang in Ihrem Spiel, nichts das mich anspricht. Sie gehört der russischen Schule an, mit der ich oftmals meine Probleme habe. Zu wuchtig, zu hart, zu wenig Sinnlichkeit und Klang.

Tja, jetzt oute ich mich wahrscheinlich als Banause ;), aber so richtig gepackt hat sie mich in großen Teilen des Konzertes auch nicht. Den Rachmaninov fand ich belanglos, die Appasionata gräuslich, nur der Chopin hat mir von ihrem Spiel her gut gefallen (was nicht am Komponisten liegt, der nicht mein Favorit ist).

Genau dieses "zu wuchtig, zu hart, zu wenig Sinnlichkeit" habe ich auch empfunden. Sie kann es, das schimmerte schon hervor, aber eben nicht durchgängig, sondern eher selten. Wenig leise Töne, wenig Atmen, wenig Leichtigkeit und Spiel, viel Kraft, viel Lautstärke, viel Virtuosität und viel Schnelligkeit.

Aber das Zarte, das Vorsichtige, das Leise, wie sie mir Schiff und Buchbinder so lieb machen, hatte Lisitsa kaum.

lavendel
 
Wenig leise Töne, wenig Atmen, wenig Leichtigkeit und Spiel, viel Kraft, viel Lautstärke, viel Virtuosität und viel Schnelligkeit.

Aber das Zarte, das Vorsichtige, das Leise, wie sie mir Schiff und Buchbinder so lieb machen, hatte Lisitsa kaum.

lavendel
Ich kann nur sagen: sehr viele leise Töne, sehr viel Atem, sehr viel Leichtigkeit.... und sehr sehr zart. Genau der Gegensatz!
Ich habe kaum jemand gehört, der so zart und leise spielen kann! Ich glaube, es hat jedem aufgefallen.... ach ja, nicht jedem ;-)
 
...

... wie ein rotes, plusteriges Törtchen mit Sahne obendrauf .... (kleiner Insider :p)

lavendel

Es hat alles gut gepasst, war nicht zu viel und nicht zu wenig. Halt eine junge Frau mit schönem Konzertkleid, schönem Flügel und schöner Beleuchtung....

Ich kann jedes Stück, das sie gespielt hat, analisieren, was war super gut, neu, frisch, und was mir nicht so gut gefallen (nur Kleinigkeit... wie bei f-moll Nocturne, wo Bass und Melodie mit zu viel Verzögerung sozusagen, nicht zusammen gespielt wurden... so würde ich es nicht spielen, es ist mir zu viel).....
und noch bei campanella, was mich total beeindrückt hat.... später, der Schüler kommt
 
Wie kannst Du nur die Lobeshymnen wegen einem Schüler unterbrechen? ;)

Ich hatte vor zirka einem Jahr das Vergnügen, Valetina Lisitsa live zu sehen. Mich hat die Leichtigkeit und Entspanntheit mit der sie die schwierigsten Stücke spielt, fasziniert. Es war das beste Klavierkonzert das ich je erlebt habe.

Gruß
Thomas
 

Das werde ich mir sicher mal bald ganz anhören. Nach den schon gesehenen Ausschnitten auf Arte und nachdem der Schock über ihr Kleid gewichen ist (das hätte mit Brüchen an der Treppe enden können;)) bin ich gespannt auf die anderen Werke des Konzertes. Der Totentanz von Liszt war grandios, die Chopin-Nocturnes sehr frei interpretiert (insbesondere op. 9.2) und die Préludes von Rachmaninov waren klanglich sehr schön, schade, dass Arte nicht das ganze Konzert gesendet hat. Aber über 3 Stunden klassische Musik im Fernsehen, dass darf wohl nur Wagner;).
 
Das Kleid war wirklich gefährlich auf der Treppe und bei Aufnahmen von vorne sah es - weil das Kleid nicht zu sehen war - aus als würde sie im Evakostüm spielen. Damit wären wir wieder bei einem anderen Clavio-Thema... :D:D
 
Sehr interessante Interpretationen der Nocturnes Chopin, ca. ab 1h:58' Danke für den Link!

Bei der 9-2 hat sie sich verspielt.. ;) und damit meine ich nicht die Kriegelstein-Variante (..ich nenn die mal so..., bitte ggfs. korrigieren..), sondern davor.

Kriegelstein, die Kadenz vom ganz hohen As herunter, zu der zweifelhaft ist, wieviele Klaviere es damals gab, die das As schon hatten... ;) Jedenfalls noch nicht zur Entstehungszeit um 1828/29 herum?

...wenn ich mir auch die flimmerige Uhr wegblendete unter den Bildschirmrand...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
"das" (..) As. ;-) Das Hohe.

Das unter dem hohen C von heute. ;-)

Das As, das du brauchst, um die Kriegelstein-Variante starten zu können... :p

Zuur Zeit Chopins in Paris wurde es normal, dass die Klaviere DANN rauf bis zum A gingen, da war dann - logo - auch das hohe As dabei. Davor nur das F, oder das G.

Als er nach Paris kam , 1830 (und kurz zuvor hatte er seine Nocturne fertiggestellt) , da gab es in Paris gar keinen, und nur in Wien schon einen Hersteller, der Klaviere bis herauf zum hohen C mit 88 Tasten baute.

Also ist die Kriegelstein-Variante eine spätere Modifikation der Nocturne 9-2, noch zu seinen Lebzeiten vor 1850 authentisch. Und entstanden, als die hierfür gangbaren Klaviere verfügbar wurden.
 
WEAS, danke für die Info. Ich kenne und spiele nur die Urtextfassungen der Nocturnes. Gibt es auch Fassungen anderer Chopin-Nocturnes von Kriegelstein?
 
WEAS, danke für die Info. Ich kenne und spiele nur die Urtextfassungen der Nocturnes. Gibt es auch Fassungen anderer Chopin-Nocturnes von Kriegelstein?

...sorry-... ich muss meine Worte etwas zurücknehemn... Ich war mir irgendwie sicher, im Zusammenhang mit Notentexten mal etwas von einem Kriegelstein gelesen zu haben. Mag aber eher sein, jetzt beim Gucken etc., dass ich das verwechselte.

Kriegelstein ist ein Klavierbauer zu Chopins Zeiten gewesen. Das passt irgendwie gar nicht...

Aber ich habe es widergefunden... in einem Buch von Eigeldinger.

Jean-Jacques Eigeldinger ist ein franco-schweizer Musikwissenschaftler und emeritierter Uni-Prof, Wohnsitz Genf, der als Chopin-Spezialist hohes Ansehen hat udn auch bei der Chopin-Stiftung in Warschau in Gremien sitzt. Er schrieb mal ein Buch, "Chopin als Pianist und Klavierlehrer", dessen englischsprachige Fassung mir hier verfügbar ist. Dieses Buch hat zweierlei sehr interessante Anhänge, einen, in dem er seine Quellen benennt und die Unterlagen von Chopins Freunden und Schülern, und sodann eine Beispielsammlung von bekannten Stücken, in denen er annotiert hat, aus welchen Quellen welche Teile stammen, also eine Art musikalischer Synopsis.

"Meine" Variante, von der ich mit dem hohen Lauf ab dem As sprach, was auch Val Lisitsa in Köln spielte, las ich darin mal auf Seite 79, und es ist somit nicht "Kriegelstein"; sondern führt sich auf Tomas Tellefsen, einer von Chopins talentierteren Schülern, und Kleczynski zurück.

Also sollte man sie korrekterweise die Tellefsen-Variante nennen.

Und, jja., in diesen Noten stehen noch - exemplarisch - einige partiale Varianzen anderer stücke drin.Hierzu bin ich aber nicht so aussagekräftig, weil ich mir sie nicht oder noch nicht einarbeitete.

NB Von Eigeldinger (Mann in der Mitte seiner 70er Jahre) steht noch zu erwarten, dass er eine Gesamtausgabe aller Chopin-Werke herausreichen will. Gottseidank macht er das nicht alleine, sondern hat noch zwei jüngere Leute an seiner Hand. Ich hoffe noch zu sehen, dass dieses Werk irgendwann in den nächsten Jahren erscheinen wird.

Persönlich finde ich das eminient spannend, diese Varianten kennenzulernen. Insbesondere will ich alles in die Finger bekommen, was zu den Nocturnes bekanntgeworden ist. Das allein ist schon beinahe ausufernd..

.., insbesondere dann, wenn man auch noch all den Kameraden hinterher ist, die - basierend auf Chopins Stücken - zudem eigene Verzierungen und Varianzen einbauten, wie es Bart van Oort in Den Haag mal tat für die 9-2. Wo er dann vermittels des herrlichen Pleyel-Flügels von 1842, der im Besitz der Beunk-Sammlung Enschede steht, ein Feuerwerk des Klanges im Diskant losmacht.

Ein Flügel, der nachgerade danach ruft, schreit, den Stücken Chopins "nach oben heraus" Gas zu geben mit Verzierungen. So wie man in das obere Drittel der Klaviatur langt, erkennt man "Klavier"...?.. nicht mehr ganz wieder - ...

...da ist was anderes. Ein Klang einer untergegangenen Zeit. Ein Klang, der mit dem Sieg des Konzeptes Steinway unterging?

Oder knapp schon vorher, denn ich meine, schon in Instrumenten der Franzosen aus der Zeit um 1850 dann das charakteristische hölzerne "<tschick tschick> verschwinden zu haben...

Chopins Musik, mit Chopins Lieblingsflügeln: die Instrumente Camillie Pleyels. Sie zu spielen im Sinne, im Atem des Meisters. Den Quellen hinterherzulesen, Camille O'Meara, Jane Stirling, der Prinzessin Chartoryska, Pauline Viardot, die alle sich um das Tradieren nicht nur der Noten, sondern auch des Geistes, des Adels hinter Chopins Musik verdient machten.

Wenn er gnädig war, gesundheitlich mal nicht so übel drauf, dann trauten seine Mädels Schülerinnen sich auch mal was. Spielten ihm vor, bissl was anderes..., guckten ihn liebevoll an, und fragten: darf man das auch so spielen? Der Meister hob dann die lange krumme Nase. Runzelte seine Stirn. Lächelte dann leicht: SIE, Mademoiselle, dürfen das auch "so" spielen.

Chopins Musik, mit Chopins Lieblingsflügeln. Ich weiß, wovon ich rede. Es ist keine Woche her, dass ich genau diesen 1842er Flügel mal kurz spielen durfte, der unter den weit kundigeren Fingern Bart van Oorts quasi explodierte in Farben. Das war "so schon" Wahnsinn, ungemein schön und erhebend, ein wahres Seelentrösterchen. Und das Dingen war, als ich dort war, nichtmal gestimmt...

Was wird so ein Teil erstmal herrlich sein, wenn es klingt, wie sein Erbauer das wollte. Bei solchen Klängen wird das Genörgele ;-) , nach welchen Noten man nun correttamente spielt, irgendwie immer minder wichtig... :p

Sorry could not resist :D Nix für ungut. Nach Urtexten (Henle oder Wiener) ist schon in Ordnung. Ich aber bin Amateur, und ein fallweise furchtbar neugieriger solcher welcher Bösewicht.. ;) Ich darf auch was anderes.

phuhh Elogen...

= = =

Ja, J. J. Eigeldinger hat noch mehr auf der Pfanne. Bitte mal lesen, wenn man entweder frz. kann oder englisch. Lohnt.
 

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