Tipps und Tricks die sich bewährt haben

Denn beim letzten Punkt habe ich starke praktische Schwierigkeiten: wenn ich wirklich so langsam spiele, dass ich auch die schwierigsten Passagen ohne Timingfehler hinbekomme, dann sind andere Passagen des Stücks ggf. todlangweilig und machen keinen Spaß... außerdem dauern zwei Seiten Partitur dann unter Umständen 5 Stunden
nein nein, das sind keine praktischen Schwierigkeiten - die Ursache dafür, die leichten Abschnitte so langsam wie die schwierigen zu "üben", liegen woanders... ;)

Bzw. kann man in die Wichtigkeit der Punkte Treffsicherheit, Fingersatz, Dynamik und Rhytmus eine Prioritätsreihenfolge bringen?
was spricht denn dagegen, all das gleich richtig zu machen, freilich in entsprechend kleinen Abschnitten und anfangs reduziertem Tempo?
 
Hallo dreiklang und Rolf,

vielen Dank für die Antworten! Ich versuche mal eine provokante Interpretation:

nein nein, das sind keine praktischen Schwierigkeiten - die Ursache dafür, die leichten Abschnitte so langsam wie die schwierigen zu "üben", liegen woanders... ;)

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was spricht denn dagegen, all das gleich richtig zu machen, freilich in entsprechend kleinen Abschnitten und anfangs reduziertem Tempo?

Das heißt, man soll jeden Abschnitt eines Stücks individuell gemäß dem vom eigenen Vermögen her optimalen Tempo üben, darauf hinarbeitend, dass sich irgendwann alle Teile an einem Zeitpunkt X wie magisch zu dem Gesamtkunstwerk zusammenfügen? Hab ich das so richtig interpretiert?

Zu dem Punkt, die "Einzeldisplizinen" Treffsicherheit + Fingersatz, Dynamik und Timing (und so sehe ich sie, da sie meines Erachtens viele grundlegend verschiedene motorische und mentale Fertigkeiten verlangen) nicht priorisieren zu wollen, versuche ich mal eine Parallele zum Sprachenlernen zu ziehen:
Ich bekomme gerade bei meinem Sprössling mit, wie er Englisch und Latein in der Schule lernt. Ihm und auch mir in der Schulzeit ist eingetrichtert worden, dass man außer der gesamtsprachlichen Übungen auch getrennt Vokabeln im wahrsten Sinne des Wortes "trimmen" muss und die Grammatik ebenfalls als eigene Größe lernen muss.

Klar lernt man eine Sprache am besten im Umgang mit Muttersprachlern im Mutterland, völlig unbestritten, nur habe ich ja nicht Tag und Nacht einen Klavierlehrer neben mir sitzen, der mich anleitet und korrigiert. Was spricht dann dagegen, die Einzelaspekte des Klavierspiels im Sinne der "Entkomplexisierung" ähnlich aufzutrennen? Oder ist der Sprachunterricht an unseren Schulen grundfalsch?

Ich gehe neue Stücke so an, dass ich mir erst die groben Bewegungen, sprich das Treffen der Tasten und den Fingersatz, aneigne und, sobald ich darüber nicht mehr soviel bewußt nachdenken muss, anschließend an Dynamik und Rhytmus/Timing arbeite, um dann den musikalischen Charakter des Stücks zu erschließen. Alles gleichzeitig würde mich sonst überfordern. Dies ist vielleicht auch dem Fakt geschuldet, dass ich mir gerne Stücke vornehme, von denen ich denke dass sie mich "weiterbringen", d.h. ein gutes Stück über meinen Blattspielfertigkeiten liegen. Ist das bereits ein Fehler? Ich denke nicht, da ich ja eine stete, wenn auch langsame Verbesserung meines Klavierspiels feststelle. Aber vielleicht geht es mit dem oben interpretierten Ansatz ja viel schneller, oder ich nehme mir zuviel vor?

Vielleicht ist der Vergleich zum Sprachenlernen auch nicht gerechtfertigt, dann interessiert mich allerdings, warum nicht :confused:

Viele Grüße

KrautundRueben
 
Vielleicht ist der Vergleich zum Sprachenlernen auch nicht gerechtfertigt, dann interessiert mich allerdings, warum nicht :confused:
muss man beim Sprachen lernen im Takt bleiben, das Tempo halten, mehrere Zeilen simultan lesen/sprechen? ;)

nein, deine Idee, erst vermeintlich einfache Angelegenheiten zu machen und zeitlich danach komplexere, ist ziemlich suboptimal - zielführender, wenn auch vielleicht mit nicht so viel Spaßfaktor oder raschem Erfolgserlebnis ist es, sich zuerst und ausgiebig mit den schwierigsten Stellen eines neu zu lernenden Musikstücks zu befassen.

um das an einem hyperpopulären Exempel zu demonstrieren: die liebe Elise!
erst die 32stel Passage
dann die 16tel-Triolen
dann die Doppelgriffe
und wenn das sitzt, dann den beliebten Rest
:):)
 
nein, deine Idee, erst vermeintlich einfache Angelegenheiten zu machen und zeitlich danach komplexere, ist ziemlich suboptimal - zielführender, wenn auch vielleicht mit nicht so viel Spaßfaktor oder raschem Erfolgserlebnis ist es, sich zuerst und ausgiebig mit den schwierigsten Stellen eines neu zu lernenden Musikstücks zu befassen.
amen! die frage ist dann u.U. nur noch wie man sich mit den schwierigen stellen befasst.
 
kann man in die Wichtigkeit der Punkte Treffsicherheit, Fingersatz, Dynamik und Rhytmus eine Prioritätsreihenfolge bringen?

Ich würde sagen, das wichtigste ist zunächst, daß jeder Ton richtig ist (=keine falschen Tasten). Im Grunde, so denke ich momentan, übt man jede falsch bzw. nicht angeschlagene Taste "doppelt" bzw. nochmal. Dann lieber gleich von Anfang an alles richtig machen, so scheint es mir.

Und dann kommt gleich noch ein zweites: mal sollte (wohl) immer versuchen, auch musikalisch zu üben. Bei jeder Geschwindigkeit, wo man gerade steht. Klar bedeutet das, daß man langsame Passagen etwas anders spielt, gestaltet, damit sie auch schön klingen, als später, wenn man sie schnell drauf hat.

Warum, bzw. wie bin ich darauf gekommen? Weil:

a) sollte man sowieso immer musikalisch bzw. "schön klingend" klavierspielen. Je mehr ich "musikalisch" übe, desto mehr geht mir musikalisches Klavierspiel auch in Fleisch und Blut über, was ja grundsätzlich nicht verkehrt ist.

b) es geht eine gewisse Gefahr davon aus, wenn ich mich nur darauf beschränke, (zunächst) die Tasten richtig zu treffen... und zwar diese Gefahr, daß ich später, dann, wenn alles auf Geschwindigkeit ist, eben auch eher mechanisch denn klangschön spielen werde. Weil man ja etwas "mechanisches" auf Geschwindigkeit bringt bzw. gebracht hat.

Und dann ist wieder mal "Rework" bzw. "Redesign" angesagt... d.h. mehr oder weniger, nochmal von vorne anfangen...

Unsauberkeiten rächen sich, mangelnde Sorgfalt rächt sich, und man bezahlt dafür. Und im schlimmsten Falle summieren sich diese Faktoren dann zu einem unüberwindlichen Hindernis (Sauberkeits- bzw. Geschwindigkeitsbarriere).

Üben ist ein ganzes Stück weit auch eine Effizienzsache - Ineffizientes (doppelte, oder mehrfache Arbeit) sollte man möglichst vermeiden.

Und in das Üben geht ja auch die meiste Klavierspiel-Zeit, nicht so sehr in das Spielen hinterher. D.h. das Üben ist eine wichtige Sache, die man auch richtig machen sollte.

___

Zum Trost: auch ich halte mich leider nicht immer an diese Regeln. Allerdings, immer öfter... irgendwann findet es seinen Weg auch in den dicksten Dickschädel, wenn man sich nur oft genug über Zeitverschwendung geärgert hat...


Schönen Gruß
Dreiklang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich würde sagen: langsam, präzise, und musikalisch anfangen - und dann nach und nach so auf Geschwindigkeit bringen.

Hallo zusammen! Vielen Dank nochmal für die Antworten - Die Richtung ist ja klar und durch diesen Satz auf den Punkt gebracht.

Ich probier das aus, ab Juni auch mit einem neuen Klavierleher - vielleicht bin ich in einem halben Jahr in der Lage nochmal Fazit zu ziehen, ob ich mit dem Ratschlag besser gefahren bin als mit meiner bisherigen Übepraxis. Mal schaun wie der neue Lehrer die Sache angeht. Die Diskussion hier wird jedenfalls ein erstes Thema im Unterricht sein!

Viele Grüße

KrautundRueben
 
Ein Tipp, der sich bei mir bewährt hat: Lass dein Hirn für dich arbeiten, dann musst dus nicht selber machen. Das heißt: Nicht zuviel auf einmal an einem Tag und an einem Stück lernen und üben, lieber die Mühe auf verschiedene Stücke verteilen, und in der nicht-übe-Zeit wird das Gehirn selber daran weiterarbeiten.
Das bedeutet konkret: Wenn man ein Stück wiederholen möchte und das nicht in zwei Tagen geschehen muss, kann man es einfach jeden Tag ein, zweimal durchspielen - ohne Rücksicht auf Verluste. Am ersten Tag ists katastrophal, am zweiten Tag erinnert man sich ein bisschen, am dritten kann mans so einigermaßen durchspielen, am vierten gehts schon wieder ganz ordentlich, und am fünften kann man dann mit der eigentlichen Arbeit beginnen.
Natürlich kann mans auch am ersten Tag gleich wieder erarbeiten. Muss aber die ganze Arbeit der vier Tage "selbst" aktiv erüben.
 
Sehr guter Tipp. Das Gehirn lernt sehr effektiv im Schlaf. Deshalb ist es auch so wichtig, sehr sauber (und zur Not sehr langsam) zu üben. Ich habe mal den Tipp gelesen: Vor dem zu Bett gehen die schwierige Stelle gaaanz langsam und sauber spielen, und im Schlaf wird´s dann gelernt.
 
Ein Tipp, der sich bei mir bewährt hat: Lass dein Hirn für dich arbeiten, dann musst dus nicht selber machen. Das heißt: Nicht zuviel auf einmal an einem Tag und an einem Stück lernen und üben, lieber die Mühe auf verschiedene Stücke verteilen, und in der nicht-übe-Zeit wird das Gehirn selber daran weiterarbeiten.

Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Das Gehirn sortiert, optimiert, lernt... und das geschieht offenbar nicht nur während der Zeit des aktiven Übens. Und man kriegt das selbst gar nicht wirklich mit. Im Schlaf scheint das manchmal stattzufinden, vielleicht auch unter tags... es bringt anscheinend nichts, eine Stelle zu viel/zu lang zu üben. Das Hirn scheint (?) eine gewisse Ruhepause zu brauchen, um das zu festigen, zu sortieren etc. Daher ist etwas Abwechslung beim Üben niemals verkehrt, wie Du sagtest...

Nur, wie gestaltet man diese Abwechslung? Ich mache es bisher so: wenn mir mein Gefühl sagt "Nun reichts wirklich" mit einer schweren Stelle, dann höre ich auch mit der auf, und mache lieber eine andere Stelle.

Ob das so richtig und gut ist, weiß ich nicht. Aber das ist die einzige Erfahrung, die ich dahingehend anzubieten habe...

Und nach einiger Zeit, oder auch am gleichen Tag, fühlt man sich wieder "aufnahmebereit", und dann kann's wieder weitergehen.
 
Ich habe mal den Tipp gelesen: Vor dem zu Bett gehen die schwierige Stelle gaaanz langsam und sauber spielen, und im Schlaf wird´s dann gelernt.
könnte man das noch optimieren? also mehr schlafen und weniger die Stellen spielen?
(und wenn man das vorm schlafen nicht macht, sondern stattdessen fernsehguckt: verbessert dann das Gehirn die Fernsehguckfähigkeiten?)
und könnte man in anderen Berufszweigen eher zu Beförderungen gelangen, wenn man mehr schläft und im Schlaf dann Aufträge erledigt?
ich fände das prima :):):)
 

könnte man das noch optimieren? also mehr schlafen und weniger die Stellen spielen?

Ich ahnte fast, daß das kommt :D:D:D

Allein die Tatsache, daß - man verzeihe mir - Lang Lang zum Üben mehr oder weniger oft gezwungen wurde, und er sich selbst nicht unbedingt begeistert über das Üben geäußert hat ("Andere draußen an der Luft - er immer nur: üben, üben...") legt nahe, daß man nicht hinreißend klavierspielen lernt, indem man möglichst viel schläft.

Nettes Detail: die Frage, wie man das Üben einer schweren Passage beenden sollte, ging mir erst gestern durch den Kopf.

Soll man

a) einfach abrupt aufhören, wenn das Gefühl-o-Meter zuschlägt (und einem sagt: nu reicht's)
b) bei der höchsten erreichten sauberen Übegeschwindigkeit noch eine zeitlang weiter üben und "festigen"
c) das Üben abschließen, indem man nochmal bewußt langsam die Passage übt am Ende
d) nich soviel denken - besser mehr üben :)

ich weiß es (bislang) nicht.
 
und könnte man in anderen Berufszweigen eher zu Beförderungen gelangen, wenn man mehr schläft und im Schlaf dann Aufträge erledigt?
Wenn man im Schlaf Aufträge erledigen kann, dann stehen einem sicher viele Türen offen. :D
Aber hier ging´s ja nicht um das Können sondern um´s Lernen. Und das passiert zu einem Teil, man glaubt es kaum, auch im Kopf. Und der hat halt beim Schlafen die nötige Zeit, alles zu sortieren, optimieren, merken...

also mehr schlafen und weniger die Stellen spielen?
So blöd finde die Frage gar nicht. Kennt doch jeder, dass es manchmal trotz Üben eher schlechter wird. Dann packt man es weg, probiert´s 3 Tage später wieder und auf einmal macht es klick.

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Huii ich muss in Deckung gehen, hier im Hinterhof scheint grad ne Schießerei zu sein...
 
Kennt doch jeder, dass es manchmal trotz Üben eher schlechter wird. Dann packt man es weg, probiert´s 3 Tage später wieder und auf einmal macht es klick.
tja, hier kursiert auf ganz hartnäckige weise das gerücht, 24/7 üben sie "voll ok" und so, wenn man denn die nötige leidenschaft dazu mitbringt.
kann ich so allerdings nicht unterschreiben, da diese einstellung gegen alle prinzipien der biochemie des (buhuhu, so selbstständigen) gehirns verstößt.

so viel leidenschaft und interesse da auch bestehen mag: auf alle drei tage intensiven übens muss mindestens ein tag folgen, in dem nicht eine einzige taste heruntergedrückt wird.
 
auf alle drei tage intensiven übens muss mindestens ein tag folgen, in dem nicht eine einzige taste heruntergedrückt wird

Woran machst Du das fest? Vielleicht gibt es Leute, die täglich viel üben. Da war auch mal der Spruch "Einen Tag hört man selbst, zwei die Kollegen, drei das Publikum".

Es gibt eine starke Korrelation dahingehend, wieviel man übt, und wie gut man spielt (z.B. auch bei Studenten, 10.000-Stunden-Hypothese usf.)

Eines ist klar: sechs oder zehn Stunden an einem Tag üben, wie manche Konzertpianisten, das muß man erst mal bringen, als Amateur.

Effizient (d.h. mehr oder weniger, richtig, und mit guter Systematik) üben sollte man allerdings immer. Sonst verschenkt man letztendlich Zeit.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
woran ich das festmache? eigene erfahrungen ;) aber das lässt sich ja bestimmt nicht auf alle übertragen ;D weil es doch so starke unterschiede in der funktionsweise des gehirns innerhalb der menschlichen spezies gibt ;D

sollen die von mir aus auch 20 stunden am tag üben, die konzertpianisten, studis und sonst wer. solange es ihnen spaß macht, ist's doch schön.

ob es das tut; nun, daran habe ich so meine zweifel.

ein kumpel von mir hat mir da letztens so'n foto zugeschickt. ich denke, das spricht bände :-D

img_20130602_210737gioei.jpg
 
auf alle drei tage intensiven übens muss mindestens ein tag folgen, in dem nicht eine einzige taste heruntergedrückt wird.
Das ist der größte Blödsinn, den ich seit langem gelesen habe, sorry. Es wäre nett, wenn du deine eigenen Erfahrungen nicht als Allgemeingültigkeiten darstellen würdest, denn unter Umständen gibt es unerfahrene Anfänger, die sowas auch noch glauben.
 
Da es sich weder um Muskelaufbautraining noch Grundlagenausdauertraining handelt, ist der Tip von xxpianomanxx leider völlig falsch.
 
Das ist der größte Blödsinn, den ich seit langem gelesen habe, sorry. Es wäre nett, wenn du deine eigenen Erfahrungen nicht als Allgemeingültigkeiten darstellen würdest, denn unter Umständen gibt es unerfahrene Anfänger, die sowas auch noch glauben.
wer das einfach so glaubt, ist eh selber schuld ;) man muss es für sich ausprobiert haben. und selbstverständlich macht es keinen sinn den drang zu üben extra zu unterdrücken.
jedoch macht es mindestens genauso wenig sinn jeden tag 8 stunden zu üben und das geübte nicht eine sekunde sacken zu lassen.

man muss sich das zu erarbeitende stück wie eine leinwand vorstellen: bevor man weitermalt, sollte man abwarten, bis das bereits gemalte getrocknet ist! malt man jedoch permanent drüber, kommt es irgendwann zum wischiwaschi. ob mehr, ob weniger.

es wäre nett wenn du deine eigenen erfahrungen nicht als widersprüchlichkeiten zu meinen aussagen darstellen würdest.
wie ich bereits sagte: jeder muss seine vorgehensweise für sich selbst herausfinden. das prinzip mit der leinwand trifft jedoch auf alle menschen in gewissem maße zu.
ich verzichte hier erstmal bewusst darauf mit neurologischem blabla anzukommen um hier solch zarte wesen wie dich nicht noch weiter zu verwirren und zu verunsichern ;)
 

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