Ich habe die bei mir im Laden stehen
Und? Das ist nicht die richtige Antwort auf meine Frage. Ich war in den letzten Monaten in so vielen Klavierfachgeschäften - da war noch nie eines bei, wo der Inhaber (bzw. der "Inhaber" ist dann beispielsweise Steinway, aber der Geschäftsstellenleiter) überhaupt sehr gut Klavier spielen konnte.
Ob Du also Klaviere verkaufst oder nicht, hat nicht geringsten Einfluss darauf, ob Du im Blindtest zuverlässig die Instrumenten nennen kannst - insbesondere wenn sich beliebig viele darunter befinden, die Du auch nicht im Laden stehen hast.
Es gibt eigentlich keinen Menschen, der nicht der Suggestionskraft des Wissens zum Opfer fällt. Das bei Audio/Hifi Blindtest kein Stück anders als bei Instrumententests. Wo ist denn Dein Laden, vielleicht für mich erreichbar?
David Garrett (wenn es nicht wieder so ein "Wetten-Dass-Betrug" war) kann beim Blindhören nicht nur die einzelnen Strativaris auseinander halten, sondern auch noch sagen, wer da gerade spielt
Das habe ich leider nicht gesehen, da hätte ich gerne die Rahmenbedingungen und den Test an sich gesehen. Ich habe sehr wohl vor X Jahren einen Blindtest live im Fernsehen gesehen (ich meine, das hätte Günther Jauch damals veranstaltet), wo auch ausgebildete Musiker Geigen zu hören bekamen (u.a. eine Stradivari, eine moderne Orchestergeige und eine Geige mit Kunststoffkörper aus einem physikalischen Institut). Damals hat die Plastikgeige klar gewonnen und die Stradivari ist unter "ferner liefen" gelandet. Auch in meinen (auch sehr geschulten Ohren, s.u.) klang diese Geige am vollsten und wärmsten.
In der Doku "Pianorama" (da geht es über einen Klavierstimmer) wird deutlich, wie unglaublich geschult das Gehör und Tastengefühl der Meister ist (Musiker als auch Klavierstimmer).
Ist nicht richtig, zum einen heißt der Film "Pianomania" und handelt vom Wiener Klavierstimmer Stefan Knüpfer und seiner zentralen Aufgabe bei Steinway. Was definitiv nicht stimmt, ist die Darstellung für das "Tastengefühl", das spielt in dem Film zu keinem Zeitpunkt eine Rolle. Es geht ausschließlich um klangliche Aspekte und Intonation. Inwiefern Knüpfer nun ein übertrieben ausgebildedes Gehör hat, kann auf Grund des Films nicht nachvollzogen werden, es wird zumindest so dargestellt. Er selbst geht auch soweit, dass er sich selbst schon als spinniert betrachtet, weil er nicht einmal Rundfunkaufnahmen geniessen kann, weil er nur auf die Intonation des Flügels hört. Das wiederum ist glaubhaft, denn ich selbst habe auch 25 Jahre in einem erstklassigen Chor gesungen und ich kann auch (leider) nicht mehr "normal" Chormusik hören, ich höre eigentlich nur noch darauf, ob der Alt richtig singt, ob der Sopran hoch genug ist usw. - das ist eine Seuche und das ist glaubwürdig an dem Film.
Was in dem Film aber auch gesagt wird (und das habe ich ehrlicherweise beim Sehen für eine Übertreibung gehalten), ist die Tatsache, dass vermeintlich baugleiche Instrumente stark unterschiedlich klingen (ein roter Faden, der sich durch den Film zieht). Nach meinem Besuch bei Steinway in Düsseldorf mußte ich einsehen, dass das tatsächlich stimmt, dort durfte ich auf den beiden vorhandenen D-Flügeln spielen - unterschiedlicher hätten Instrumente kaum klingen können. Auch der Anschlag unterschied sich, aber sie waren dort erheblich ähnlicher als im Klang.
Überflüssigerweise habe ich dann auch noch festgestellt, dass auch die genannten E-Pianos unterschiedlichen Anschlag haben, mein jüngerer Bruder hat sich zeitgleich vor 2,5 Jahren auch ein Kawai CA-93 gekauft. Dennoch hat sein Instrument einen anderen Anschlag als meines - wie wir beide immer wieder feststellen, wenn einer den anderen besucht. Ich hatte auch mehrfach Besuch von Kawai zu Hause (die sind in Krefeld nicht weit von meinem zu Hause niedergelassen), der hat mal mein Instrument auseinandergenommen und mir die Tastatur erklärt und auch, an welchen Stellen er das Verhalten der Tastatur beeinflussen kann. Das war ziemlich aufschlussreich.
Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen: selbstverständlich halte ich es für möglich, Tastaturen und Anschläge zu unterscheiden. Die fallen mir ja auch auf. Aber womit ich nicht einverstanden bin, ist die negative Grundtendenz die der getätigten Aussage unterliegt, E-Pianos hätten einen minderwertigen Anschlag. Es ist eine Sache, verschiedene Anschläge zu bemerken, es ist eine ganz andere Sache, im Blindtest einen Anschlag zielsicher einem bestimmten Instrument zuzuordnen - allemal unter dem Vorgesagten, dass nicht einmal alle vermeintlich gleichen Instrumente den gleichen Anschlag besitzen. Natürlich ist es megaeinfach, sich an einen Steinway (oder eben Bösendorfer) zu setzen, ein paar Tasten zu drücken und zu sagen "ja, boah toll, das isses", oder sich an ein E-Piano zu setzen mit alle Vorurteilen beladen und zu sagen "ja, habe ich gewusst, ist nichts".
Kawai macht jedenfalls auch regelmäßg Blindtestst (allerdings leider in Japan - zu weit weg für mich) und wertet die Ergebnisse aus. Die wenigsten Kandidaten (meistens Musikstudenten) können allein schon den Klang zwischen den Top E-Pianos und einem akustischen Instrument unterscheiden.