Stücke, die wir nicht mehr hören wollen (oder noch nie hören wollten)

also für meinen Geschmack sind neben cineastischen Großtaten auch pengpeng-totmach-Zombie-Raumschiff-mit-Schwert-rumfuchtel-Filme sehr unterhaltsam - muss ich nun daraus schließen, dass Zombie, Conan & Alien versus Predator mit Schindlers Liste, Clockwork Orange & die Brücke gleichwertig seien? Das wäre doch, um es mal deutlich auszusprechen, eine ziemlich peinliche Eselei :D:D:D:D
 
Aristoteles bringt's auf den Punkt (Politeia, 8. Buch, 5. Kapitel): Von der Musik. Sie verfolgt einen dreifachen Zweck: Unterhaltung, Herzensbildung und Geistesbildung (Zusammenfassung: Politik - Google Bücher S.107)
 
Aristoteles weiß durchaus zu unterscheiden. Er sagt nicht, dass eine Art von Musik alle Kriterien erfüllen soll. Er sagt es gibt Musik für jeden Zweck und jede hat ihre Berechtigung. Manche Musik soll anregend (ekstatisch) sein, um anschließend das Gemüt zu beruhigen (kartharsische Wirkung). Musik dient letztlich, nach Aristoteles, vornehmlich der Charakterbildung.
 
Es bereitet natürlich manchmal Schwierigkeiten antike Auffassungen in die Gegenwart zu übertragen. Aber eine Parallelen sind augenfällig, ich denke. Z.B.
1. Musik, die körperlich ergriffen macht und zum Abbau von Anspannung beiträgt: heute Disco-/Technomusik, Tanzmusik im Allgemeinen
2. Musik, die direkt das Herz anspricht: Balladen, auch Opernarien (Puccini, you name it...)
3. Musik, die eher über den Verstand die Seele erreicht: Bach, oder vllt. auch Messiaen
 
Die Differenzierung in dem Fall ist eig. gar nicht weiter schwierig. (...)

Hallo Raskolnikow, Dein Beitrag gefällt mir gut...
Nachdem mir hasenbein so etwas wie die "goldene Himbeere" in Sachen "Aussagen über die Musik" attestiert, und auch sonst als Ergebnis fruchtbaren Nachdenkens und Lesens, modifiziere ich meine Meinung leicht, drehe mich um 180 Grad und behaupte nun:
"Qualität von Musik ist eben nicht Geschmackssache!". Dieser Satz gefällt mir persönlich wesentlich besser, entspricht mir auch viel mehr, und den wird zukünftig jeder zu hören bekommen, den es interessiert.


... und was vielleicht für echte Kunstwerke aller Art gilt: man wird deren weder besonders schnell müde noch überdrüssig, sondern sie haben das Potential, langfristig zu erfreuen. Denke ich...

Schöne Grüße, Dreiklang
 

Bei Kindern und Jugendlichen ist es, zusammen mit Eltern und Schul-Lehrern, Aufgabe von uns Klavierlehrern, ihnen auch wenigstens ein Mindestmaß an Geschmack und Kultur beizubringen, damit sie, trotz der heutigen Bombardierung mit Schwachsinn durch die Medien, einigermaßen kompetente und feinsinnige Erwachsene werden. Dies geht nur, wenn man sie eben nicht jeden Scheiß spielen läßt, sondern auch mal verdeutlicht, warum dieses oder jenes Stück doch unter ihrem geistigen Niveau ist. Dies sollte man natürlich auf a) freundliche, möglichst witzige Art tun, damit es besser akzeptiert wird, und b) sollte der Klavierlehrer wirklich große musikalische Kompetenz und wirklich guten Geschmack besitzen, sonst denken Kinder zu Recht ganz schnell: "Was will DER mir denn hier erzählen und vorschreiben, der hat ja sogar Rosina-Wachtmeister-Bilder hier an der Wand hängen in seinem Gelsenkirchener-Barock-Zimmer mit dunkelbrauner Schrankwand mit beleuchteter Vitrine und dunkelgrünen Sesseln davor *würg*!"

Bei Erwachsenen ist es häufig etwas anders - die sind nicht selten schon so verkorkst und festgefahren, daß man sie halt den Blödsinn, den sie unbedingt spielen wollen, spielen lassen muß, wenn man nicht Auseinandersetzungen oder Kündigung riskieren will. Außerdem haben sie eine höhere Anspruchshaltung a la: "Ich bezahle schließlich hierfür, also will ich, daß ich maximalen Spaß habe."

Bei Jazzmusikern gibt es übrigens traditionell auch Stücke, die verpönt sind, wie z.B. "Take Five" oder "Girl From Ipanema". Was mir aber auffällt: Nicht selten sagen auch Musiker, die gar nicht gut spielen und gar nicht viel Ahnung haben: "Wat? Take Five? Nee, das ist doch total doof, das spiel ich nicht!" Diesen Musikern möchte ich dann immer sagen: "Meister, lern Du erstmal, überhaupt ein Stück wie 'Take Five' (das ja nicht schlechter ist als sehr viele andere Jazz-Standards) einigermaßen vernünftig spielen, dann können wir weiterreden!"

Da lehnst du dich aber ganz gewaltig aus dem Fenster heraus.

Noch einmal:

Bei Kindern und Jugendlichen ist es, zusammen mit Eltern und Schul-Lehrern, Aufgabe von uns Klavierlehrern, ihnen auch wenigstens ein Mindestmaß an Geschmack und Kultur beizubringen, damit sie, trotz der heutigen Bombardierung mit Schwachsinn durch die Medien, einigermaßen kompetente und feinsinnige Erwachsene werden.
Du denkst, dass du in einer Position bist:

1. zwischen gutem (deinem) Geschmack und schlechtem zu unterscheiden,

2. in die Erziehung eingreifen zu müssen, um Kindern diesen (deinen) beizubringen, um sie

3. (nach deinen Willen) zu erziehen?

Hör doch bitte auf Gott zu spielen. Ein paar Posts vorher schreibst du über die scheinheilige Mündigkeit des Bürgers, hier willst du kleinen unmündigen Kindern einen Musikgeschmack aufzwingen, was hat das denn nun mit Freiheit zu tun? Weißt du, du bist hier auf einem mir ganz suspektem Weg, durch deiner Meinung nach schlechten Musikgeschmack auf einen inkompetenten, instrumentalisierten Menschen, von dir Schaf tituliert, zu gelangen. Du führst dich als besseren Menschen auf, der mit Bedauern auf einen vermeintlichen kulturellen Abgrund der Menschheit herunterschaut. Du sprichst von wahrhaft kulturellen Menschen, von Geschmäckern, die mit Intelligenz korrelieren und legst das mit einer Diffarmierung von Pommes dar. Ich kann dir nicht folgen, will das aber auch gar nicht, glaube ich.

Dies kann man getrost als Quatsch-Satz Nummer Eins über Musik überhaupt bezeichnen.

Nein, kann man nicht. Aber dazu nicht mehr hier, denn da gibt's einen passenden anderen Thread, dem ich mich die Tage widmen werde.

Alles Liebe
 
Auf die Gefahr hin, gleich zervetzt zu werden....

mag mir mal wer erklären, wieso jeder so gegen Yiruma schießt?
Was ist es..?

Ich finds unerklärlich :)
 
silversliv3r,

die Aufgabe eines Klavierlehrers besteht genau in der Kultivierung seiner Schüler. Handelt es sich dabei um Kinder, so tritt die Erziehung noch hinzu.
Ein Klavierlehrer ist eben kein Freizeitverbringungshelfer oder bezahlter Erfüllungsgehilfe, sondern ein LEHRER.
 
Unter Kultivierung verstehe ich in erster Linie Anregung zur Selbstbildung. Ich gebe jemandem Werkzeuge, damit er selber für sich autonom bilden kann. Er kann ihn an diverse Musik heranführen. Ich verstehe darunter jedenfalls nicht, dass ich jemandem meinen Musikgeschmack aufzwinge und ihm beibringe, dass jene Musik intellektuell und jene doof ist.

Und die primäre Aufgabe ist das auch nicht meiner Meinung nach. Ein Student kann sicher noch sehr viel von seinem Professor lernen, er ist in den meisten Fällen jedoch schon kultiviert, in dem Sinne, wie du es wohl meinst.

Alles Liebe
 
silver,
deine Aufregung wegen Hasenbeins Strenge - welchem ich übrigens hierin zustimme - resultiert vermutlich aus dem unterschiedlichen Gebrauch der Vokabel "Geschmack".
Im 18. Jh. und sehr weit ins 19. Jh. hinein wurde dieser Begriff anders konnotiert als heute: in den Schriften von Bach über Türk, Mozart, Beethoven, Hoffmann bis Schumann und sogar Hanslick ist "Geschmack" und "Geschmacksbildung" mit der Bedeutung von guter, gebildeter, kultivierter Geschmack versehen;
im heutigen Sprachgebrauch ist diese Bedeutung aber versickert, das Geschmacksurteil ist heute eher beliebig, drückt eher unverbindlich das aus, was subjektiv gerade gefällt, und das kann dann auf heterogenste Sachen fallen (mir schmecken Fischstäbchen und Kürbiskernkrustenfilets)

sollte die Aussage "musikalische Qualität ist Geschmackssache" im heutigen unverbindlichen allround Sinn gemeint sein, so ist sie schlichtweg falsch. Denn der heutige alltagssprachliche Geschmacksbegriff ist der ursprünglich mitintendierten Qualität verlustig. In diesem Sinn ist auch die Qualität von Autos oder Dunstabzugshauben keine Geschmackssache.

ob man sich mit der Frage, was musikalische Qualität ist, beschäftigt oder nicht, das steht auf einem anderen Blatt, auch die Frage ob man dazu angeleitet werden soll.
 
Musikalische Qualität ist keine Geschmackssache. Man behauptet auch nicht von den Rosamunde-Pilcher-Romanen, das sei gute Literatur. Und Yiruma ist die Rosamunde Pilcher des Klaviers. Da nützt es auch nichts, eine bessere Einspielung zu präsentieren und zu hoffen, dass das Stück dann gefällt: Rosamunde Pilcher, gut vorgelesen, bleibt immer noch Rosamunde Pilcher.
Wenn jemand sagt, man dürfe den Schülern nichts Anspruchsvolleres aufbrummen, dann ist das so, als würde man behaupten: Im Deutschunterricht darf kein Goethe mehr gelesen werden, weil die Schüler lieber Trivialromane lesen. Das können sie immer noch machen, wenn sie das Bessere verschmähen. Aber vielleicht müssen sie das Bessere erstmal kennen lernen. Ich bin auch nicht von der autoritären Sorte und prügel mein Ding durch, aber ein gewisse Verantwortung hat der Klavierlehrer wie der Deutschlehrer, wenn er/sie einen guten Job machen will.


Einräumen muss man allerdings, dass es manchmal schwierig ist, (mittels Analyse) am Notentext festzumachen, wodurch die Kitschigkeit entsteht. Die Einfachheit ist es nicht unbedingt. Es gibt auch Stücke, die man der Kunstmusik zurechnet, die aber sehr einfach aufgebaut sind (z.B. nur 5 verschiedenen Begleitakkorde).
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Dass Yiruma nun nicht der Oberpianist schlechthin ist, ist wohl jedem klar. Er macht meiner Meinung nach, leichte, schön wohlklingende Melodien, welche man auch gut zum einschlummern im Hintergrund laufen lassen kann. Man denkt nicht weiter drüber nach, legt je nach Gemüt die passende Musik auf und lauscht den Anschlägen. So geht es zumindest mir. Klar, dass ich Musik, die mir gut gefällt, auch gerne selbst spielen können möchte. Ich bin mir auch bewusst, dass wohl jeder Klavierlehrer innerlich die Augen verdreht, wenn ein weiterer Schüler kommt, mit der Bitte, dieses Stück (River) einzuspielen. ~ Es ist das "bekannteste" von Yiruma, wobei ich viele andere für viel schöner halte , auch wenn sie vom Typ her sich ähneln. (Hier finde ich es nur schade, dass sich wohl ein "nichtkenner" wie ich es bin, schnell mal das Maul zerreist, weil er bei euch Kennern, die ihr nunmal auf anderen Gebieten und Musikschienen wohl seid, jene Aussagen gelesen hat und "mithalten möchte" - hierzu soll gesagt sein, dass ich es euch nicht ankreide, wenn ihr Meinungen über gewisse Pianisten habt, welche wohl einfach nicht in euren Geschmack oder in euer Überbegriff "Pianist" fallen. Ich verstehe es nur einfach nicht.. :) )

Ich höre hin und wieder Chopin an, lausche den Klängen von Beethoven und weiß, dass DAS eigentlich richtiges Klavierspielen ist.. und noch kann ich mich damit nicht so ganz anfreunden. Meine Klavierlehrerin ist ausgebildet, tut dies Hauptberuflich und liebt Chopin, spielt alles von ihm... ich werde sie einfach mal bitten, mir etwas vorzuspielen... live den Unterschied zwischen Yiruma und Chopin zu hören ist wohl nochmal was ganz anderes, wie darüber zu lesen oder in Youtube zu sehen.
 
Ich denke, die Qualität eines Musikstücks lässt sich vor allem auch daran erkennen, welche Hörerwartungen der Komponist befriedigen kann und will. Diese Sachen von Yiruma wenden sich nun mal an ein Publikum, das schnell und auch ohne genau hinhören zu müssen emotional befriedigt werden möchte. Das klappt mit Chopin z. B. schon mal nicht so leicht, obwohl gerade dessen "verträumt -romantische" Musik dafür prädestiniert wäre, müsste man meinen. Aber so was war gar nicht Chopins Intention und daher steht dem einfach schon seine Komplexität in formaler, harmonischer und anderen Hinsichten entgegen, wie bei allen großen Komponisten. Wer dagegen gewohnt ist, "anspruchsvolle" Musik aufmerksam zu hören, wird sich bei Yarumi schnell langweilen, weil es da nix zu entdecken gibt.
Hörerwartungen ("Geschmack") zu bilden scheint mir schon eine Aufgabe für den Klavierunterricht zu sein, wo soll das sonst passieren?
 

Zurück
Top Bottom