Steingräber Klavier richten - Werstattdoku

Danke nochmal!
So - heute hab ich abgesaitet und verschiedene vorbereitende Arbeiten für die neue Besaitung gemacht.
Ich hoffe Ihr habt wieder Spaß beim zugucken.
Hier nun mein Arbeitstag...
http://www.youtube.com/watch?v=aJ7CaaT2Dqs

LG
Michael

Wieder sehr interessant. Die siebeneinhalb Minuten sind schnell vergangen. ;) Man sieht, dass du dir viel Mühe mit deinen Videos gibst. So endet das Video z.B. genau mit dem Ende des Beethoven'schen Sonatensatzes, den du unterlegt hast.

Die Sache mit dem Saitendruck-Messen hab ich nicht ganz kapiert. Was bedeutet das und wie machst du das am Schluss mit dieser Saite bzw. dem Faden oder was das ist?

Grüße von
Fips
 
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Hallo,

Fips, der Saitendruck, ist die Kraft, die die Saite zum Resonanzboden hin aufbaut. Wenn man in so ein Klavier oder Flügel hinein guckt, meint man die Saiten laufen flach über den Holzsteg und werden dort nur 2 mal leicht umgelenkt von den Stiften im Steg. In Wahrheit beschreiben sie aber zusätzlich einen Winkel über den Steg. Da geht es um Millimeter. Erst dieser Druck auf den Resonanzboden bringt den Boden optimal zum schwingen.

Durch die große Menge der Saiten, darf der Winkel nicht so stark ausgeprägt sein wie bei einer Geige, bei der ganz leicht zu erkennen ist, wie die Saite gewinkelt wird, ehe sie zum Anhang läuft. Der Boden beim Klavier würde dieser enormen Kraft nicht stand halten. Man misst an mehreren Stellen und richtet hinterher mit Beilagen unter dem Filz (welcher in dem Video entfernt ist) alle Saitenwinkel sehr gleichmäßig ein. Um zu sehen wie viel der Druck an allen Stellen ist, imitiere ich die Saiten mit einem Faden.

Zum Videoschnitt - ich habe wesentlich mehr Filmmaterial und schneide alles auf die Länge des unterlegten Klavierwerks zusammen. :-)

LG
Michael, der die vielen Pommes aus den Karton nicht gegessen hat ;)
 
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Hallo Klaviermacher,

das ist alles so unglaublich interessant und spannend!
Eine kleine Frage. Aus welchem Material bestehen eigentlich die Saiten?
Und gibt es (vermutlich) Unterschiede in der Qualität/Legierung?

Viele Grüße

Laura
 
Hallo Laura,

Freue mich, dass Dir meine Filme gefallen:)
Klaviersaiten bestehen aus Gussstahldraht. Wie die einzelnen Rezepte (Legierungen) bei der Herstellung sind ist mir nicht bekannt. Für moderne Instrumente (ca. seit hundert Jahren) werden sie jedenfalls so gemacht. Hersteller gibt es nicht viele. In Europa kenne ich nur die Firma Röslau, die Klavierstahlsaiten produziert.

LG
Michael
 
... und wenn ich bei Bösendorfer richtig aufgepasst habe :D,
dann werden die Bass-Saiten mit Kupferdraht umwickelt...

Ich freu mich auch immer, wenn wieder ein neues Video drinsteht.
Wobei ich mich langsam frage, Michael, wie viele Stunden dein Tag denn so hat - schließlich ist auch das Schneiden und Vertonen nicht in 1 Minute geschehen. Dann die Forum- und Chat-Sucht *duckflitz*... da kommt schon was zusammen ausserhalb der Arbeit...

lg
Gerhard
 
Ja Gerhard,

Du hast richtig aufgepasst - und Du merkst auch, dass das alles nicht so wenig Arbeit ist inkl. Chat:D

Nun habe ich das nächste Video!
http://www.youtube.com/watch?v=va8cxn4EFlU

Die Basssaiten kommen allerdings etwas später...;)

LG
Michael

PS.: Wenn irgendwer zu irgendeinem meiner Videos fragen hat - bitte nicht scheuen! Alles kann man nicht zeigen und groß kommentiert sind sie ja nicht.
 
KM: Alles kann man nicht zeigen und groß kommentiert sind sie ja nicht.
Lieber Michael,

die Bilder sprechen für sich. Deine ruhige Hand macht mich sogar ruhig beim Hinsehen :). Dabei kam mir der Gedanke, was für eine Bereicherung Deine Arbeit ist für meine Erarbeitung von Stücken und die Phantasie aus diesen Materialdetails wie aus Deinen filigranen liebevollen Handwerkstätigkeiten schöpft und sich mir in das Bewußtsein ganz allmählich einprägt und diese ab und zu in meinem Spiel miteinfließen.

Danke, Michael
und grüße Dich.

kulimanauke
 
Ich war bis heute davon ausgegangen das die Stimmnägel ein Gewinde haben oder konisch zulaufen und so ein stimmen möglich ist.
Nun weiß ich auch was mit einschlagen gemeint ist, ich wundere mich eigentlich noch immer das die dann so halten.
Hatte der Stimmstock einen Riss, welchen du mittels Hülse behoben hast? Und könnte man einen Stimmstock nicht auch leimen?

Zum polieren von Messingkleinteilen verwende ich immer Nevr Dull, gibts im Motorradzubehör für 3,90 € die Dose.

Respeckt vor deiner ruhigen Hand mit der Bohrmaschine
 
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Hallo,
@kulimanauke - Ich freue mich sehr, wenn Dich meine Arbeit so inspiriert. Cool!

@Pepperduster - Die Stimmnägel sind nicht konisch und haben ein feines Gewinde. So ein Stimmnagel ist ein Zwitter zwischen Nagel und Schraube :D
Der Stimmstock hat einen kleinen Riss und bekam einen Stimmstockdübbel. Solche Art Risse im Holz kann man nicht leimen. Sollte sich ein Doppel gelöst haben, kann man entweder diese Schwarte leimen oder erneuern. Dazu habe ich ein Video im Thread Luner Piano richten gehabt.

LG
Michael
 
Hab noch eine Frage, wenn sich sonst niemand mehr was fragen traut ;)
Von wem ist die Hintergrundmusik im letzten Video?
Eis gibt es keines, aber anerkennende Worte:D

LG
Michael
 
Man misst an mehreren Stellen und richtet hinterher mit Beilagen unter dem Filz (welcher in dem Video entfernt ist) alle Saitenwinkel sehr gleichmäßig ein.

Hallo Michael,

Ich habe das Video nicht gesehen - habe Download-Probleme. Aber ich vermute, du meinst mit "Filz" den Rahmenfilz, den wir auch anhand meines Ed. Seilers besprochen hatten?

Aber sag mal, schneiden sich die Saiten (nach dem Spannen) nicht in kürzester Zeit in den Filz ein, so dass der Saitendruck an den Tönen mit Beilagen nach kurzer Zeit doch wieder zunimmt?

Was mich auch interessieren würde: wie wird der Resonanzboden in "Vorspannung" gebracht? Sind die Rippen leicht gewölbt? Dann wäre die Vorspannung/Wölbung ja nur in Richtung der Rippen, aber nicht in Richtung des Holzverlaufs vom Resonanzboden.

Ciao,
Mark
 
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Klaviermacher: ich könnt sagen, welche Musik im Hintergrund läuft, aber das wäre sowas von geschummelt! :D

LG

Laura und ihr iPhone "Shazam" ;-)
 
Ich dachte, das klingt irgendwie nach Beethovenzeitgenossen, also Clementi. Die Suche dann bei Pianosociety : Sonate g-moll, 3. Satz.
 
Hallo aus der Werkstatt : - )

...ich vermute, du meinst mit "Filz" den Rahmenfilz, den wir auch anhand meines Ed. Seilers besprochen hatten?
Genau!


Aber sag mal, schneiden sich die Saiten (nach dem Spannen) nicht in kürzester Zeit in den Filz ein, so dass der Saitendruck an den Tönen mit Beilagen nach kurzer Zeit doch wieder zunimmt?
Ja, etwas schneiden sich die Filze ein. Das muss man alles berücksichtigen beim Druck machen. Auch prüft man mit der Hand, wie sehr sich der Steg eindrücken lässt. Ist der Boden eher "weich" oder "hart" bzw. wie sehr gibt er nach.


Was mich auch interessieren würde: wie wird der Resonanzboden in "Vorspannung" gebracht? Sind die Rippen leicht gewölbt? Dann wäre die Vorspannung/Wölbung ja nur in Richtung der Rippen, aber nicht in Richtung des Holzverlaufs vom Resonanzboden.
Dazu gibt es mehrere Wege... Am häufigsten macht man es so: Man verleimt die Bretter des Bodens bereits in Wölbung und hobelt die Rippen in der gleichen Form, ehe man sie mit dem Resonanzboden verleimt. Auch die Stege werden in Wölbung geschnitten. Das Endprodukt ist ein asphärisch gewölbter Boden, der die Menge an Saiten und Kräfte an den Rändern wie in der Mitte des Bodens gleichmäßig trägt bzw. überträgt. Wem das zu mathematisch ist: Die Form des Resonanzbodens ist im Grunde ein kleiner Ausschnitt einer Kugel mit einem Durchmesser von etwa 16 Meter. An manchen Stellen mehr als, und an anderen weniger als 16 Meter.:cool:


LauraL - wieso hättest Du geschummelt? Da war ja gar nichts zu schummeln;)

Fips7 - leider nein, Moderato hat recht! Der genaue Titel des Werkausschnitts: Sonata in G Minor No.3, Op 50, 'Didone Abbandonata' - III. Allegro agitato, e con disperazione :p:rolleyes:

LG
Michael
 
Deswegen:

Tja, Michael, so vergeht die Zeit. iPhone identifiziert (fast) jeden Song....
Mein Gott! :eek:
Ich hatte schon so eine dumpfe Vorahnung...
iPhone mit SHD3 Video, 50megapixel 3D Camera, Permanent A/V Aufzeichnung der letzten 100 Betriebsstunden und 20Terrabyte onBoard mit Stick erweiterbar auf 100TB , klappbarem Holodisplay für 3D real Wiedergabe, HumanID Erkennung, und 3ms Zugriff auf alle Datensammlungen dieser Welt. BioQuartzakku mit 1 Jahr Laufzeit:cool::rolleyes:

LG
Michael
 
Mein Gott! :eek:
Ich hatte schon so eine dumpfe Vorahnung...
iPhone mit SHD3 Video, 50megapixel 3D Camera, Permanent A/V Aufzeichnung der letzten 100 Betriebsstunden und 20Terrabyte onBoard mit Stick erweiterbar auf 100TB , klappbarem Holodisplay für 3D real Wiedergabe, HumanID Erkennung, und 3ms Zugriff auf alle Datensammlungen dieser Welt. BioQuartzakku mit 1 Jahr Laufzeit:cool::rolleyes:

*rotfl*
...und am Besten noch so ein paar High-Tech-Handschuhe für mich, die wenn man sie anzieht so spielen wie Helene Grimauld? ;-)

LG und Gute Nacht

Laura
 
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Hallo Michael,

Mit den Videos hat es nun doch geklappt. Von mir ein paar weitere Fragen zum letzten Video:

Mir scheint, jedes Loch im Stimmstock wird insgesamt dreimal ausgebohrt?
1. Bohrung auf der vollen Tiefe...
2. Bohrung auf ca. halber Tiefe...
3. Bohrung nur am oberen Rand, vermutlich eine (An)Senkbohrung zur Abfertigung?

Welchen Hintergrund hat Bohrung Nr. 2? Zumal du ja weiter oben schriebst, dass ein Stimmnagel nicht konisch ist! Und wieviel Unterschied ist zwischen dem Durchmesser der 1. und 2. Bohrung?

Beim Einschlagen der Stimmnägel entsteht offensichtlich Staub. Woher kommt der? Sind die Nägel beschichtet - und womit?

Fragen über Fragen - aber du hattest ja dazu eingeladen. :cool:

Ciao,
Mark
 
Hallo Michael,

Mit den Videos hat es nun doch geklappt. Von mir ein paar weitere Fragen zum letzten Video:

Mir scheint, jedes Loch im Stimmstock wird insgesamt dreimal ausgebohrt?
1. Bohrung auf der vollen Tiefe...
2. Bohrung auf ca. halber Tiefe...
3. Bohrung nur am oberen Rand, vermutlich eine (An)Senkbohrung zur Abfertigung?

Welchen Hintergrund hat Bohrung Nr. 2? Zumal du ja weiter oben schriebst, dass ein Stimmnagel nicht konisch ist! Und wieviel Unterschied ist zwischen dem Durchmesser der 1. und 2. Bohrung?

Beim Einschlagen der Stimmnägel entsteht offensichtlich Staub. Woher kommt der? Sind die Nägel beschichtet - und womit?

Fragen über Fragen - aber du hattest ja dazu eingeladen. :cool:

Ciao,
Mark
Hallo Mark,
Gut dass Du fragst!

Die Wirbel werden mit Kolophonium in Pulverform eingerieben, ehe sie eingeschlagen werden. Dadurch lassen sich hinterher die Wirbel beim stimmen schön drehen und ecken nicht im Holz. Ohne Kolophonium kann ein Instrument fast unstimmbar werden.

Vorbohren mache ich deswegen in zwei Stärken, damit der Nagel tiefer unten vom Holz mehr seitlichen Druck bekommt als oben. Das hat den Vorteil, dass die obere Holzschicht nicht wegen hoher Oberflächenspannung gesprengt wird und die Hauptkräfte für festen Nagelsitz nach innen verschoben sind - Ein weiterer Vorteil - Wenn der Stimmnagel irgendwann in den nächsten 50 Jahren locker wird, hat man die Möglichkeit durch nachsetzen (tiefer einschlagen) wieder die optimale Festigkeit zu erreichen. Das geht aber nur zur Zufriedenheit, wenn die untere Holzschicht eine kleineres Bohrloch hat.;)
Der Unterschied der Bohrungen war 0,1 mm.

Die Ansenkbohrung ist als Vorbeugung gegen Risse im oberen Deckfurnier.

LG
Michael
 
Hallo,

Ich habe nun fertig besaitet und alle nötigen Arbeiten dazu gefilmt. Das Instrument hinterher noch auf Normalton gezwickt (ist nicht im Video) - dann den Stuhlrahmen gereinigt und geschliffen sowie die Pedalerie zerlegt und den Pedalkasten gereinigt. Die Teile wieder dran montiert und aufgestellt.

Hier ist es.... http://www.youtube.com/watch?v=TK7tkEpEB9g

Jetzt gibt es ne längere Pause, da ich erstens noch in der Schweiz Arbeit habe, dann gleich hinterher auf das Mainz-Treffen fahre, weiters alle Clavioaner besuche, die mich bestellt haben für meine groooße Rundreise durch Deutschland. Danach noch Wien und wieder zurück über München :cool:

So etwa ab Mitte November gehts weiter mit der Arbeit am Steingräber und neuen Videos. Bis Anfang Dezember ist das Klavier fertig.

LG
Michael
 

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