Sich als Erwachsener unbeschwert und flüssig beim Klavierspielen bewegen.

Ach ja, als Sportler empfinde ich und sehe ich den Körper als Ganzes, als Einheit. Da kann man mir noch so sehr die Story vom Pferd erzählen.
...beim Pferd ist es genauso wie beim Klavierspielen. ;-) Feinste Nuancen entscheiden über das Gelingen der Kommunikation.
Ich sehe die Gestaltung eines Klaviertones auch durchaus als etwas anderes an, als das Aufnehmen einer Gabel.
Wenn man zwei Menschen ein leichtes Stück am gleichen Instrument spielen lässt, der eine ist ein Anfänger, noch ohne das Wissen um die choreographischen Zusammenhänge und der andere ein ausgebildeter Pianist mit Sinn für das Singende, wird man das Gefühl haben, als würde zwei unterschiedliche Instrumente gespielt.
Das Geheimnis des guten Tons liegt bei allen Instrumenten in der Vorbereitung, in der Suggestion, wie er klingen möge.
Habe ich diese Vorbereitung nicht, weil ich einfach auf die Taste drücke, dann kommt ein Ton, aber keine Musik.
Und der Ton ist die Gabel.
 
Und ja, ich analysiere. Ich bin ja kein kleines Kind mehr, dass alles als gegeben hin nehmen muss.
Ich glaube der Altersaspekt ist in der Tat der entscheidende Gesichtspunkt, nämlich dass man die Dinge schon ziemlich weit am Anfang durchdringen und ganzheitlich betrachten möchte. Das kann Vorteile haben, weil man sich vielleicht dann keine unguten Marotten angewöhnt, aber auch Nachteile haben, weil einem die kindliche Unbekümmertheit fehlt. Gut dass ich kein Musikpädagoge bin, der den sehr unterschiedlichen Anforderungen von Kindern und Erwachsenenbildung gleichermaßen gerecht werden muss.

Zum Buch Klavier Choreografie kann man aber sagen, dass die ersten Teile durchaus bei Grundlagen ansetzen (Bernstein “entschuldigt“ sich im Vorwort auf S. 6 geradezu dafür, die Sache elementar anzugehen, was ich sehr sympathisch finde und auch die eigene Scheu nimmt, sich auch als schon erfahrener Amateur einmal bewusster mit elementaren Abläufen auseinanderzusetzen).

Um als Anfänger die Grundlagen vernünftig zu erlernen, wird man wohl aber einen Klavierlehrer benötigen, was aber in deinem Fall gegeben ist. Am besten ergänzen sich dann Unterricht und Selbststudium (falls nicht der KL ein völlig anderes Konzept verfolgt oder ein KKL ist). Hätte ich mehr planbare Zeit und einen potentiell passenden Lehrer in der Nähe, würde ich mir auch unmittelbares Feedback durch einen KL holen.
 
Wenn man zwei Menschen ein leichtes Stück am gleichen Instrument spielen lässt, der eine ist ein Anfänger, noch ohne das Wissen um die choreographischen Zusammenhänge und der andere ein ausgebildeter Pianist mit Sinn für das Singende, wird man das Gefühl haben, als würde zwei unterschiedliche Instrumente gespielt.
Deshalb ist es mir auch nicht zu peinlich, back to the roots nach über 30 Jahren Klavier zu gehen und Schumanns „Träumerei“ zu „üben“, um mir die Tipps bei S. Bernstein zu vergegenwärtigen. Und ich muss sagen, ich hätte das vorher nicht so hinterfragt und auch nicht konsequent auf Bewegungsabläufe hin durchdacht und gespielt, gerade weil es vom Notentext einfache Blattspielliteratur ist. So tritt in der Tat eine Art des Wohlempfindens ein…
 
Ich schlage eine kleine Übung vor, die vielleicht etwas bewirkt. Setze Dich bequem aufrecht vors Klavier als ob Du spielen wolltest. Die Arme hängen frei herunter, wenn der Klavierstuhl zu breit ist, stelle ihn so, dass Dein rechter Arm frei hängt. Spiele mit der Linken, mit der Nase oder mit was auch immer das c'. Stell Dir vor, wie jetzt das d' klingt und schaue dabei dieses d' an. Stelle Dir vor, wie Dein rechter Zeigefinger diess d' spielt und wie laut Du diesen Ton haben möchtest. Erst jetzt legst Du Deinen rechten zweiten Finger ohne Eile auf den Zielton und schlägst ihn an. Dann überprüfst Du hörend, ob Deine Tonvorstellung korrekt war. Die Taste NICHT mit Kraft niederdrücken, leicht auf dem Tastenboden ruhen, eventuell leichtes Auf und Ab Vibrato. Dann merkst Du Dir den Ton und gehst zurück in die Ausgangsposition. Suche Dir einen anderen beliebigen Ton in der Nähe (gerne auch eine schwarze Taste), versuche ihn vorzuhören und dann suchst Du einen beliebigen Finger der Rechten und das Spiel beginnt von vorne. Zum Einspielen jeden Übe-Tag 5 Minuten mit R und 6 Minuten mit L. Später Doppelgriffe und Akkorde. Beim Berühren und Anschlagen der Tasten möglichst die Handhaltung der hängenden Hand beibehalten. Keine bewussten Bewegungen der Finger. Keine Anspannung.
 
Wichtig ist der Weg zwischen den Tönen.
Übrigens S. Bernstein mag Amateure oft lieber als Profis, weil sie mit dem Herzen bei der Sache sind.
Leider ist das nicht bei allen Profis der Fall, auch, wenn es einen erstaunen lässt...
Aber in dem Wort "Amateur" ist die Liebe ja schon vorgegeben... ;-)
 
Ich schlage eine kleine Übung vor, die vielleicht etwas bewirkt. ... Beim Berühren und Anschlagen der Tasten möglichst die Handhaltung der hängenden Hand beibehalten. Keine bewussten Bewegungen der Finger. Keine Anspannung.
Danke, ich bin gerade beim Ausprobieren! Eine Frage zu "Handhaltung der haengenden Hand": Beim Runterhaengen bildet die mit dem Unterarm einen Winkel von 180 Grad; muss ich aufpassen, dass dieser Winkel beim Anschlagen so bleibt oder darf das Handgelenk auch ein bisschen rauf und runter gehen?
 
Das Handgelenk darf sich etwas bewegen, sowieso keine Fixierung mit merklicher Muskelaktivität.
 
Ich muss Alten Tastendrücker korrigieren.

Die "Runterhäng-Übung", um die Finger in ihre entspannte "Nullposition" zu bringen, ist sinnvoll. Setze ich auch gelegentlich ein.

Wichtig ist dann aber, wie man den Arm dann zur Tastatur bringt. Und zwar lässt man die Hand dann die ganze Zeit weiter runterhängen (!), auch wenn der Unterarm sich in die waagerechte Position bringt. Ist diese runterhängende Hand dann über den Tasten, senkt man den Arm, und aufgrund des lockeren Handgelenks geht Letzeres dabei von der "abgeknickten" Position in eine "geradere" über.

Denn gerade dies ist sehr wichtig und wird von Anfängern und Amateuren sehr oft falsch gemacht: Dass das Handgelenk standardmäßig ganz durchlässig ist und nicht fest gehalten oder aktiv bewegt wird, sondern lediglich auf die Bewegungen des (ganzen) Arms reagiert. Zugleich muss man sich daran gewöhnen, dass die Form der Hand mehr oder weniger gleich bleibt (aber ohne jegliches aktives Anspannen!), während sich das Handgelenk bewegt. Dies ist eine Bewegungsweise, die im Alltag ja nicht gebraucht wird, fürs Klavierspielen jedoch zentral ist.

Zudem ist es für sehr viele Leute sehr gewöhnungsbedürftig, überhaupt die Hände schlapp runterhängen zu lassen. Besonders bei Männern, da dies als Geste beispielsweise mit Homosexuellen assoziiert wird - wenn Leute sich in homofeindlicher Manier lustig machen, machen sie oft genau diese Geste mit der abgeknickten Hand ("hallo, ich bin der DETlef"). Daher ist da oft einiges an Arbeit nötig, um fürs Klavierspiel die Handgelenkdurchlässigkeit und stete Entspannungsbereitschaft der Hand, "wenn in der Luft", herzustellen.
 

Zudem ist es für sehr viele Leute sehr gewöhnungsbedürftig,

Sobald irgendwo die Überschrift "Musizieren" oder "Tanzen" drüber steht, ist bei den meisten Menschen sowieso plötzlich die Motorik im Arsch.
Bewegungen, die vorher völlig locker und natürlich möglich waren, werden plötzlich völlig verkrampft. Selbst einfaches Gehen funktioniert nicht mehr.
 
Das stimmt. Wenn man die Anweisung erhält "geh doch bitte mal ganz entspannt hier durch den Raum", kann man sicher sein, dass das alles Mögliche sein wird, nur nicht entspannt und ungezwungen.
...und genau mit dieser Aussage sind wir wieder beim Eingangspost. Danke dafür :)

Wenn ich heute Abend wieder am Klavier sitze, werde ich die Tipps von Herrn Tastendrücker und Herrn Hasenbein mal versuchen umzusetzen.
Auch dafür danke sehr. ;)
 
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Das stimmt. Wenn man die Anweisung erhält "geh doch bitte mal ganz entspannt hier durch den Raum", kann man sicher sein, dass das alles Mögliche sein wird, nur nicht entspannt und ungezwungen.

Ich habe praktisch das Gegenteil trainiert: Ich kann so locker und entspannt im Passgang gehen (also mit dem Arm auf der Seite "rudern", deren Fuß gerade nach vorne geht), dass es Leuten nicht auffällt, selbst wenn ich sie bitte, mir beim Gehen zuzusehen und mir danach zu sagen, was ihnen aufgefallen ist.
Ist bisher noch niemandem aufgefallen. Es gab immer nur die Antwort: "Du gehst doch ganz normal."
 
Beim Runterhaengen bildet die mit dem Unterarm einen Winkel von 180 Grad;
Ich finde, Deine Hand hat einen erstaunlichen Aktionsradius... :008:
Verzeih, das ist jetzt nicht gewinnbringend, aber die Vorstellung einer zu 180° abgeknickten Hand, fand ich lustig...

So, nun noch was Konstruktives. Da Pianisten faul sind, versuchen sie, mit so wenig Energie wie möglich zu arbeiten.
So ist die Hand, als Ende des Spielapparates zunächst mal immer schwer.
Hebe ich den Arm, bleiben die bleigetränkten Fingerenden der Schwerkraft folgend unten, suchen quasi den Bluetoothkontakt mit den Tasten. Also auch ohne Berührung derselben möchten sie am Liebsten dorthin.
Ich sage das so extrem, weil es gerne passiert, wenn der geneigte Spieler den Arm etwas schwungvoller anhebt, dass dann viele Unwissende unwillkürlich die Fingerspitzen aktiv mit nach oben werfen. Böse Falle!
Man sollte immer im Gefühl haben: Finger schwer, Finger unten, Finger folgen der Bewegung des Armes mit Trägheit.
Dieses Problem erscheint gerne bei Transporten in andere Lagen.
 
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Den Klavierstuhl deutlich tiefer und mindestens 20 cm weiter weg stellen und dann die Arme frei furchhängen lassen zwischen Fingerspitze und Schulter.
Das trifft blind in 90 Prozent der Fälle schon mal eine Problematik.

Besonders lustig ist es, den Klavierstuhl so weit weg zu stellen, dass man auf der vorderen Kante sitzend die schwarzen Tasten mit den Fingerspitzen gerade so erreicht. Oder wie es Robert-Alexander Bohnke gelegentlich demonstriert hat, auf dem Boden sitzend (also mit dem Allerwertesten auf den Fersen), Kinn unter der Klaviatur, Chopin Melodien spielen, nach dem Motto: Glenn Gould sitzt noch viel zu hoch. Da wird jede Taste bis zum Tastenboden geführt.
 

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