Rhythmusgefühl verbessern

tom_

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Liebes Forum,

ich habe – meiner Einschätzung nach – große Probleme mit meinem Rhythmusgefühl. Zwar kann ich aus einem mir vorgespielten Musikstück relativ passabel den Takt herausfiltern, also beispielsweise bei einem Viervierteltakt auf die betonten Zählzeiten klatschen, aber ich empfinde das durchaus als anstrengend und kognitiv fordernd. Wenn es sich um ein Lied mit einfacher Melodiegestaltung handelt, kann ich auch dazu singen, wenngleich das ebenfalls anstrengend ist. Mir ist es ein Rätsel, wie Menschen beispielsweise zu Schlagern klatschen und singen können, während sie dabei noch Spaß haben und entspannt sind.

Wenn ich selbst Musik mache, bringt mich dieses Problem gerne aus dem Takt, weil ja nicht jedes Stück nur aus Vierteln besteht, sondern meistens einen gewissen eigenen Rhythmus hat, ich aber häufig nicht in der Lage bin, einen einfachen und gleichmäßigen Rhythmus dazu mit dem Fuß zu wippen.

Versteht Ihr, was ich meine? Lässt sich das irgendwie trainieren?

Gruß

Tom

EDIT: Rechtschreibfehler korrigiert
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf diese Frage hätte ich gern auch eine Antwort. Gerne bitte von @Rheinkultur @hasenbein @mick und @koelnklavier (von dem ich schon länger nichts mehr gelesen habe). Falls jemand aus eigener Lernerfahrung berichten kann, was langfristig geholfen hat, würde ich das auch gern wissen.

Ziel ist, dass ein inneres Gespür hergestellt wird, welches ein Klatschen im Rhythmus völlig anstrengungslos und von allein geschehen lässt (von der Anstrengung des Klatschvorgangs mal abgesehen). "Leider" konnte ich das schon immer und weiß darum nicht, wie man sich fühlt, wenn man es nicht kann, ähnlich wie in Gehörbildung. Und leider weiß ich auch nicht, ob ich das durch frühkindliche Bildung erworben habe oder nicht...

Auf der anderen Seite gibt es Dinge, die ich nicht kann und wo ich mich frage, wie man diesen Zustand der Selbstverständlichkeit erreichen könnte - im Tonsatz zum Beispiel. Es ist ein Unterschied, ob ich etwas gut kann, weil ich es mal gelernt habe, oder ob ich dafür ein natürliches, anstrengungsloses "Gefühl" habe. Meine bescheidene Antwort: Man kann es nicht erreichen... :schweigen:

Ein "äußeres" Erlernen und Verbessern des Rhythmusgefühl (welches eigentlich ein Metrum-Gefühl ist!) wäre natürlich auch schon nicht schlecht. Meinem Eindruck nach geht das über Hören / Sehen // Nachmachen / Fühlen, also körperliche Aktivität. Gehen, Sprechen, Klatschen, andere Bewegungen. Der Mensch hat nämlich diesen Grundpuls in sich: Fast jeder kann gleichmäßig gehen und hat einen einigermaßen gleichmäßigen Herzschlag.
 
ich empfinde das durchaus als anstrengend und kognitiv fordernd. (...) Mir ist es ein Rätsel, wie Menschen beispielsweise zu Schlagern klatschen und singen können, während sie dabei noch Spaß haben und entspannt sind.
Wenn man diese Formulierungen aneinander reiht, ergibt sich die Antwort fast von selbst. Das "Kognitive" besteht im Wissen, dass es Takte gibt und Zählzeiten unterschiedlicher Wertigkeit - betonte und unbetonte bei zusätzlicher Differenzierung. Das interessiert die Zuschauer beim ZDF-Fernsehgarten nicht, die bei Antonia aus Tirol & Co. so begeistert mitklatschen. In diesem Zusammenhang muss @Rheinkultur wieder die Leser mit einem Beispiel aus der Chorpraxis nerven: Laienchorsänger im Rentenalter klatschen auch gerne fröhlich auf Eins und Drei. Hat man ein Potpourri mit dem Titel "Ein frohes Singen im Marschrhythmus" vorliegen, ist das ja auch kein Problem. Populäres und Rockiges funktioniert so absolut nicht. Chorleiter, die eine Verlagerung der Schwerpunkte auf Zwei und Vier erreichen wollen, erwartet zunächst das nackte Grauen - allerdings ist rhythmische Flexibilisierung und Stabilisierung keineswegs unerreichbar, es dauert nur eine Weile, bis die Chormitglieder das verinnerlicht haben. Klare Antwort: Übungssache, allerdings muss die Chorleitung das selbst sicher vorgeben und organisch vermitteln können.

Auf diese Frage hätte ich gern auch eine Antwort. Gerne bitte von @Rheinkultur (...)
Ziel ist, dass ein inneres Gespür hergestellt wird, welches ein Klatschen im Rhythmus völlig anstrengungslos und von allein geschehen lässt (von der Anstrengung des Klatschvorgangs mal abgesehen). "Leider" konnte ich das schon immer und weiß darum nicht, wie man sich fühlt, wenn man es nicht kann, ähnlich wie in Gehörbildung. Und leider weiß ich auch nicht, ob ich das durch frühkindliche Bildung erworben habe oder nicht...
@Rheinkultur ist in diese Thematik bereits gerne eingestiegen. Um an das Chorbeispiel anzuknüpfen: Ein zentraler Aktionsbereich nicht nur in der Chormusik ist das HÖREN - die Bereitschaft, etwas akustisch aufzunehmen und über das Gehör zu verinnerlichen. Dass es vielen Menschen an dieser Bereitschaft mangelt, erkennt man an der Unart, dauernd mit dem Nebensitzer quatschen zu wollen - und dann noch beleidigt auf das Ansinnen der musikalischen Leitung zu reagieren, diesen Störfaktor abzustellen. Schlechtes Rhythmusgefühl? Es tritt zutage, sobald die Synchronisierung von Grundpuls und zu interpretierender Musik nicht gelingt. Wer bereits mit dem Umsetzen der auf dem Blatt vorgegebenen Strukturen plus der Aufnahme externer Impulse (beispielsweise der Chorleitung) ausgelastet, wenn nicht sogar überfordert ist, wird keine Kapazitäten zur Wahrnehmung eines Grundpulses mehr verfügbar haben. Abhilfe aus der Chorpraxis: Beim Einstudieren von Einzelstimmen sind die akustisch unbeteiligten Mitglieder anderer Stimmen einzubeziehen. Ich erwarte also von den übrigen Akteuren auf Abruf Bewegungsimpulse etwa auf Zwei und Vier und fordere diese ("ich will die Hände seh'n, ich will die Hände seh'n, ich will, ich will...") solange ein, bis idealerweise alle im Fluss der Musik angekommen sind. Nebenbei nimmt dann auch das Geschwätz mit den Nebensitzern spürbar ab... .

Ist das beim solistischen Musizieren anders als im Ensemble? Es fehlt natürlich die Gruppendynamik, nicht aber zwingend ein musikalisches Gegenüber: Bewegungsimpulse zunächst ohne eigenes Musizieren einfordern, indem man fremdem Spiel (Lehrkraft oder Aufnahme) aktiv zuhört, dann beim eigenen Musizieren leichter synchronisierbare Muster wählen und an immer komplexeren Vorgaben schrittweise lernen. Warum nicht dazu die klassischen Schlagfiguren für das Dirigieren benutzen? Diese verbinden Musik und Bewegung in idealer Weise. Laienchorsänger mögen den Sinn einer solchen Anregung nicht nachvollziehen zu können und zu wollen - aber ein aufgeschlossener Instrumentalist könnte sich das ja mal überlegen... .

Mir fällt generell auf, dass sich viele Mitteleuropäer mit rhythmischer Präzision schwerer tun als die Vertreter anderer Kulturtraditionen mit größerer rhythmischer Vielfalt (etwa in der volksmusikalischen Praxis), soweit sie sich aktiv mit selbiger befasst haben. Allerdings ist es keineswegs unmöglich, gewisse Defizite in diesem Bereich zu beheben.

LG von Rheinkultur
 
Ziel ist, dass ein inneres Gespür hergestellt wird, welches ein Klatschen im Rhythmus völlig anstrengungslos und von allein geschehen lässt (von der Anstrengung des Klatschvorgangs mal abgesehen).
Notfalls auch mit dem Klatschvorgang selber experimentieren - klare, akustisch gut vernehmbare Impulse sind nicht notwendigerweise mit dem Umstand verknüpft, möglichst weit ausholen zu müssen. Ich sage auch schon mal gerne zu meinem Gegenüber, man möge eine einem individuell gut zusagende und bequeme Variante der akustischen Impulserzeugung wählen. Klatschen muss nicht sein, andere schnipsen gerne mit dem rechten Daumen und Zeigefinger, wieder andere patschen gerne auf den Oberschenkel - völlig egal, es muss nur funktionieren.

LG von Rheinkultur
 
Ja, es lässt sich meiner Meinung nach trainieren. Und das was Du tust, nämlich zu einem Stück, Lied, Schlager, das Metrum mitzuklatschen, ist bereits eine Übung dazu. Mach die doch einfach weiter, bis Du das Gefühl hast, dass sie Dich nicht mehr so fordert und Du merkst, dass es Dir leichter fällt. Schlager sind dafür garnicht so schlecht, da sie meistens sehr deutlich betonte Schläge haben, eben damit man mitklatschen kann. Den Schwierigkeitsgrad der Stücke kann man ja nach und nach erhöhen.

Edit.: da hat @Rheinkultur ja schon viel ausführlicher geantwortet. Ich hatte die Seite nicht aktualisiert und es nicht gesehen
 
weil ja nicht jedes Stück nur aus Vierteln besteht, sondern meistens einen gewissen eigenen Rhythmus hat
Ich bin vor Kurzem auf ein ähnliches Problem gestoßen, wenn ich die Fragestellung überhaupt richtig verstanden habe :konfus:. Und zwar finde ich Triolen etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn ich mit dem Fuß im 3/4 Takt jede Viertelnote betone und mit rechter Hand Triolen spiele, geht es eigentlich. Aber da die linke Hand Achtelnoten gleichzeitig spielt, wollte meine KL, dass ich die Oberstimme beim Klatschen der Achtelnoten spiele und da wurde es mir schwindlig :puh::-D. Was ich dann aber "entdeckt" habe: Ich teile die Achteln in 3 Teile die ich entweder laut oder im Kopf zähle. Also,erste Achtel:1,2,3 zweite: 4,5,6
Dann spielt die rechte Hand auf 1, 3, 5
Und die linke auf 1,4
Dann hab ich das so ein paar Mal gemacht und jetzt hab ich's drauf ohne Zählen/Überlegen:super:.
Hoffe man versteht was ich meinte.
Vielleicht hilft dir die Überlegung ein kleines bisschen.
 
Ich glaube, es ist wie von @Stilblüte beschrieben. Entweder man hats oder man hats nicht. Durch Übung kann man viel ausgleichen, aber es wird immer mit einem Denkprozess verbunden bleiben.
 
Ich musste das selbst nie trainieren. Allerdings durfte ich mal erfahren *), dass es offenbar sehr schwierig ist, ein klares Gefühl für Metrum und Rhythmus zu erlangen, wenn man das nicht von Natur aus (oder woher auch immer) mitbringt. Ob man im ungünstigen Fall überhaupt ein hohes Niveau auf diesem Gebiet erreichen kann, weiß ich nicht. Ich befürchte aber, dass mehrdimensionale Polyrhythmik in Neuer Musik, komplizierte und ständig wechselnde verschobene Akzente (Sacre!) etc. wahrscheinlich unerreichbar bleiben, wenn man sich schon einfachste Sachen mühsam erarbeiten muss. Aber alles, was in mittelschwerer Klaviermusik vorkommt, wird mit Fleiß und Ausdauer wohl irgendwie zu schaffen sein.

*) Ich habe mal vertretungsweise zwei Proben bei einem Amateurorchester übernommen. Auf dem Programm stand u.a. das d-Moll-Konzert von Mozart. Die ersten 8 Takte waren in rhythmischer Hinsicht eine Katastrophe biblischen Ausmaßes. Ich habe insgesamt fast eine halbe Stunde an diesen Takten geprobt; genützt hat es erschreckend wenig. Sehr frustrierend!
 
Meiner Erfahrung nach (und ich bin selbst ein schlechter Rhythmiker) liegt genau darin das Problem: Rhythmus macht nicht der Verstand, das überlaß dem Kleinhirn. So wie du beim Gehen auch nicht "linkes Bein, rechtes Bein" etc. denkst, laß es laufen.
Aber um dorthin zu kommen, muß man den Rhythmus in sich aufnehmen: laß dir die Stellen vorspielen (idealerweise in verschiedenen Geschwindigkeiten) oder höre sie dir auf Konserve (youtube etc) an, analysiere das nicht, sondern nimm es in dich auf. Mit der Zeit wird's besser, dauert aber...
 
Ich habe mal vertretungsweise zwei Proben bei einem Amateurorchester übernommen. Auf dem Programm stand u.a. das d-Moll-Konzert von Mozart. Die ersten 8 Takte waren in rhythmischer Hinsicht eine Katastrophe biblischen Ausmaßes. Ich habe insgesamt fast eine halbe Stunde an diesen Takten geprobt; genützt hat es erschreckend wenig. Sehr frustrierend!
Steilvorlage für einen Musikerwitz.
Bassist: "Äh, was ist eigentlich eine Synkope?"
Schlagzeuger: "Deine Eins!"

LG von Rheinkultur
 

Vielleicht hilfts, wenn man sich jeden Abend "Drumming" von Steve Reich anhört.
 
In Percussion-Lehrbüchern ist meistens einiges an Übungen dazu beschrieben.
Geht dann so in Richtung: im Takt rumlaufen oder tanzen, dazu klatschen und dazu noch rhythmische Geräusche mit dem Sprechapparat erzeugen.

Tanzen hilft!
 
Vielleicht hilft dir die Überlegung ein kleines bisschen.
Ich fürchte, sie wird mir vielleicht helfen, wenn ich erst mal auf dem Niveau bin. Aber grundsätzlich geht das natürlich schon in die Richtung, die ich meinte.

Aber alles, was in mittelschwerer Klaviermusik vorkommt, wird mit Fleiß und Ausdauer wohl irgendwie zu schaffen sein.
Was bitte ist denn „mittelschwer“? Es müssen ja keine furchtbaren experimentellen Sachen sein. ;-) Aber ich will eben auch nicht an vergleichsweise einfachen Synkopen oder Triolen scheitern.

Meiner Erfahrung nach (und ich bin selbst ein schlechter Rhythmiker) liegt genau darin das Problem: Rhythmus macht nicht der Verstand, das überlaß dem Kleinhirn. So wie du beim Gehen auch nicht "linkes Bein, rechtes Bein" etc. denkst, laß es laufen.
Möglicherweise ist das der Punkt. Ich kann natürlich mein Kleinhirn „irgendwas“ machen lassen. Vielleicht macht es ja sogar das Richtige. Nur irgendwann muss ich das Großhirn wieder einschalten, um zu kontrollieren, ob das Kleinhirn das Richtige tut. Verstehst Du, was ich meine? Aber unter Umständen passieren da ja auch erst die Fehler.

Vielleicht hilfts, wenn man sich jeden Abend "Drumming" von Steve Reich anhört.
Ich hab’s mir angehört. Das ist ja voll cool! :lol: Ich fürchte nur, irgendwann werde ich davon verrückt!

In Percussion-Lehrbüchern ist meistens einiges an Übungen dazu beschrieben.
Geht dann so in Richtung: im Takt rumlaufen oder tanzen, dazu klatschen und dazu noch rhythmische Geräusche mit dem Sprechapparat erzeugen.
Gibt’s da irgendwelche Standardwerke, die ich mir mal zu Gemüte führen könnte oder sollte?

Das erinnert mich an meine Jugend. Eigentlich fand ich tanzen unglaublich toll. Aber diese Rhythmusgeschichte hat es für mich zur Folter gemacht.
 
Gibt’s da irgendwelche Standardwerke, die ich mir mal zu Gemüte führen könnte oder sollte?

Das erinnert mich an meine Jugend. Eigentlich fand ich tanzen unglaublich toll. Aber diese Rhythmusgeschichte hat es für mich zur Folter gemacht.

"Total Stick Control" wurde früher mal als Standardwerk für Schlagzeuger empfohlen. Da sind aber solche allgemeinen Übungen nicht drin.

Ansonsten sind mir im Percussion-Bereich keine richtigen Standardwerke bekannt.

Ich hatte mir mal Percussion ABC gekauft: https://www.amazon.de/Percussion-Drums-Percussion-Andreas-Kohlmann/dp/3802401905
Ist eine gute Einführung in afrikanische, brasilianische und cubanische Grooves und die Instrumente dazu. Ein richtiger Rundumschlag.
Lohnt sich für interessierte Musiker auf jeden Fall.
 
Ich bin rhythmisch auch ziemlich herausgefordert. Was mir hilft:

- kein Kaffee bzw. nicht in Ektase spielen (tönt doof, aber dann verliere ich den Puls, weil mein Puls hoch geht)
- immer wieder mal das Metronom mitlaufen lassen bzw. Metronom mitlaufen lassen und mitzählen
- Stück aufnehmen und mitklopfen. Ich wette Du hörst, wenn Du den Puls wechselt. Das hilft sich beim Spielen selbst wahrzunehmen.
- etwas anderes Üben. Es ist zumindest bei mir abhängig von der Tagesform.
 

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