Reparatur eines knapp 140jährigen Bösendorfer Flügels

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26. Apr. 2008
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Momentan habe ich eine schöne Arbeit. Ich restauriere direkt beim Kunden einen in die Jahre gekommenen Bösendorfer. Um überhaupt daran Arbeiten zu können musste ich mir heute erst mal Werzeug anfertigen. ;) Also besorgte ich mir guten Stahl und flexte ihn zurecht. Nun, da das Werzeug funktionierte, ging es an die Arbeit.

Der Flügel hat keinen Gussrahmen, sondern eine schmiedeeiserne Konstruktion. Das heisst man zerlegt den Rahmen in seine Einzelteile. Er ist allerdings gut zusammengeschraubt. Ich war froh, dass keine der uralten Schrauben bei der Demontage zu Bruch ging.

Es ist soweit - der Rahmen wird entfernt...

rahmen1.jpg


rahmen2.jpg


Danach habe ich den Resonanzboden gespantet. Bilder dazu gibts nächste Woche...


LG
Klaviermacher
 
Schöne Arbeit!
Aber direkt beim Kunden?
Wäre ein Transport in die Werkstatt zuaufwändig?
Ich habe einmal eine komplettüberholung beim Kunden gemacht und habe mir vorgenommen: Nie wieder!
In meiner Werkstatt bin ich souverän und kann auf alle Eventualitäten reagieren.

Wie trocknest Du den Boden in der Kundenwohnung runter?
Lackieren vermutlcih mit Spirituslack, oder? Das richt ja noch ganz gut! :)
 
Ja, der Transport wäre ziemlich aufwändig und nicht vor Mitte Mai möglich. Das Instrument steht im Gebirge und hinter der großen Glasschiebetüre türmt sich meterweise Schnee zwischen Skiloipen (normalerweise die Zufahrt).

Trocknen? Wir haben jetzt ende März und der Flügel stand den ganzen Winter in der Pseudotrockenkammer ca.20-25%LF. Also genau der richtige Zeitpunkt für die Arbeit. Wenn ich fertig bin, bekommt er noch einen Dampp-Chaser, damit er in Zukunft nicht mehr so dursten muss.:D

Der Boden war nie lackiert und wird auch nicht lackiert. Das kam erst später auf und würde sich bei einer Originalrestauration nicht so gut machen.

Übrigens - ich hatte auch anfangs so meine Bedenken, aber nach langem abwägen fand ich es so am Besten. Es ist eine nette Familie mit riesigem Haus - ich werde nie gestört, und kann seelenruhig meiner Arbeit nachgehen.

Das ganze ist für mich auch eine neue Erfahrung. Die Mechanik habe ich in der Werkstatt. Da wurde früher so richtig unappetitlich gepfuscht, von Motten zerstörte Filze einfach mit Kleiderfutter überklebt. Hier ein paar Bilder der Klaviatur (Vorher/nachher)

klaviatur1.jpg


klaviatur2.jpg


klaviatur3.jpg


LG
Klaviermacher
 
Hallo Klaviermacher,

Ich hoffe ja schwer, daß Du bis zum Clavio-Treffen fertig bist. Dann kannst Du mit Fug Schuberts "Wanderer" intonieren: "Ich komme vom Gebirge her". Und nicht vergessen, eine Klangprobe ins Forum zu stellen. Ich bin mal gespannt, wie das Teil klingt. Wie lang ist der Flügel?

Liebe Grüße
Wolfgang
 
Hallo Klaviermacher,

sehr interessant, deine Bilder von der Arbeit an dem alten Flügel. Stell ruhig noch mehr Bilder hier rein. Eine Klangprobe würde mich auch interessieren (so wie von deinem Bechstein-Flügel).

Grüße von
Fips
 
Hallo Wolfgang und Fips

Ich hoffe ja schwer, daß Du bis zum Clavio-Treffen fertig bist.
Das wird/muss sich ausgehen.
Dann kannst Du mit Fug Schuberts "Wanderer" intonieren: "Ich komme vom Gebirge her".
Wenn ichs könnte, aber leider ist dem nicht so.
Und nicht vergessen, eine Klangprobe ins Forum zu stellen.
Ich bin mal gespannt, wie das Teil klingt.
Das mach ich sicher.
Wie lang ist der Flügel?
ca. 200cm - aber so genau hab ich ihn nicht abgemessen.


sehr interessant, deine Bilder von der Arbeit an dem alten Flügel.
Danke, Fips
Stell ruhig noch mehr Bilder hier rein.
Leider hab ich diesmal nicht mehr. Aber für die Zukunft nehm ich das auf meine Liste. Handy hab ich sowieso immer dabei - einzig daran denken muss ich im richtigen Augenblick, und so eine Dokumentation ist ja etwas schönes.

LG
Michael
 
hi
haha schöne arbeit! mein flügel den ich restauriere sieht genau so aus! es ist wirklich eine sehr schöne arbeit!
hmmm ist es möglich am ende die alten seiten verwenden oder muß man neue rein tun (mindestens basseiten)? ich meine.. die die ich bei meinem flügel rausgenommen habe sind noch mit messing ... wie sagt man?... umgewickelt (?), und solche kriege ich nicht mehr... was wirst du da machen?
lg, emmanuel
 
Wow, Respekt, beim Kunden würd ich sowas nie machen. Ich hab mal mein eigenes Klavier bei mir im WG-Zimmer generalüberholt, das war auch schon eng und schmutzig. Aber Lackarbeiten musst du nicht machen, oder?
 
Emmanuel, ich verwende für den Flügel Pure Sound Saiten. Die Saitenberechnung d.h. Zugkraft hab ich dem alter des Instruments angepasst. Basssaiten kann man bei Heller bestellen. Guckst Du mal da nach... Die haben auch Eisen und Messing im Programm. Ich verwende für diesen Flügel kupferumsponnene Saiten.

Tastencherge, ich mache diesmal keine Lackierarbeiten beim Kunden. Was ich aber schon öfter mal gemacht habe, sind Politurauffrischungen mit Schellack vor Ort.

LG
Michael
 
Hallo,

ein sehr interessanter thread, ich freue mich darauf regelmäßig hier nachzulesen und dem Profi bei der Restauration über die Schulter zu schauen.

Beste Grüße

H.
 
Hallo Michael,
freue mich auch über diese Doku.
Klasse, dass du dir die Mühe machst und uns teilhaben lässt.

Bin schon auf Weiteres gespannt!
Grüße von Madita
 

Schön, daß ich über deine Schultern mitgucken darf, klaviermacher!
Mein Respekt vor deiner Arbeit steigt mehr und mehr.
 
Vielen Dank, dass du uns an teilhaben lässt an dieser Restaurierungsarbeit!!!

Ich werde mit Interesse verfolgen, wie die Arbeiten voranschreiten. Bitte stelle doch am Ende auch ein kleines Klangbeispiel rein!
 
Deine tolle Arbeit mitzuverfolgen, ist sehr interessant.
Ich bin schon auf das Ergebnis gespannt. Das wirst du uns ja wohl präsentieren?
 
So, Klaviermacher war heute wieder beim Oldtimer

Beim letzten Mal hatte ich den Resonanzboden gespantet. Hier die Bilder:



gespantet.jpg


Die Überstände sind abgestochen...

abstechen.jpg


So sieht der Boden abgeschliffen aus...

boden.jpg


...und so klingt der Boden ohne Saiten:
http://www.youtube.com/watch?v=C8DHf85vlKE

Die Stege werden gereinigt...

steg.jpg



Morgen beginne ich mit dem Besaiten!
Ach ja, der Rahmen ist wieder drinnen und angepasst. Ich hab noch einen kleinen Film für die Klavierspezialisten, wie früher der Rahmen befilzt wurde. Es werden keine gestanzten Filzringe auf die Anhängestifte gesteckt, sondern eine flächige Filzauflage angebracht. Wie das gemacht wurde und die richtige Technik dazu seht ihr hier...
http://www.youtube.com/watch?v=fbPv8anDY48

Nächstens gibts weitere Bilder.

LG
Klaviermacher
Edit: Jetzt hab ich wg. der Op.Nr. nochmal nachgeforscht.. Er ist um 10 Jahre jünger der Flügel, also Bj. 1880
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke für die Videos, Michael!

Ist echt klasse, dir bei der Arbeit zuzusehen!
 
Toll!! Ich hab noch nie solche Einblicke bekommen in die Arbeit eines Klavierbauers, äh, Klaviermachers natürlich. Über die kurze Klangprobe des Resonanzbodens musste ich schmunzeln. ;) Vielen Dank für die Mühe, das alles auch noch zu dokumentieren, Klaviermacher!

Grüße von
Fips
 
Wow, super interessant! Finde ich klasse, dass du das dokumentierst. Sowas finde ich immer super. Bin gespannt, wie er am Ende aussehen und klingen wird.

Bäh, die Bilder von den Filzen sind ja echt heftig.
 
Dieser filigrane Einblick erspart mir (fast) die Führung im Produktionswerk der Firma Bösendorfer. Jetzt schon einer der besten Threads in diesem Forum.
Respekt auch vor der Idee, diese Arbeit ins Forum zu stellen.

Dumpf klingt die Faust auf dem Holz; ein Urklang? So mag alles angefangen haben ...
 

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