Probleme im Sikora

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Wu Wei

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Ich habe mir wieder den Sikora vorgeknöpft und bleibe schon auf S. 77 an einem ersten Problem hängen:

Hat er mich noch auf der vorhergehenden Seite mit der Übersetzung einer Vollkadenz in zwei erweiterte Kadenzen überzeugen können, ist mir das folgende Schema nebst Erklärung ("Wir sehen, dass sich die Akkordfolge in 4-taktigen harmonischen Schleifen bewegt, die dem Spannungsverlauf der erweiterten Kadenz (I-IV-V-I) folgen.") völlig schleierhaft.

Ich sehe weder die Übereinstimmungen mit der Vollkadenz noch die "viertaktigen harmonischen Schleifen". Kann mir jemand vom Schlauch runter helfen?
 

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Mindestens eine Schleife solltest du sehen, da die Folge wiederholt wird ;)

Du brauchst die Akkorden nur einordnen nach Tonika-, Subdominant- oder Dominantfunktion, dann siehst du, was gemeint ist.

Gruß
 
Ja aber das funktioniert doch eben nicht: An zweiter Stelle steht D-7, und dort müsste aber gemäß Vollkadenz ein Akkord der Subdominantfunktionen erscheinen.
 
Ich habe mir wieder den Sikora vorgeknöpft und bleibe schon auf S. 77 an einem ersten Problem hängen:

Hat er mich noch auf der vorhergehenden Seite mit der Übersetzung einer Vollkadenz in zwei erweiterte Kadenzen überzeugen können, ist mir das folgende Schema nebst Erklärung ("Wir sehen, dass sich die Akkordfolge in 4-taktigen harmonischen Schleifen bewegt, die dem Spannungsverlauf der erweiterten Kadenz (I-IV-V-I) folgen.") völlig schleierhaft.

Ich sehe weder die Übereinstimmungen mit der Vollkadenz noch die "viertaktigen harmonischen Schleifen". Kann mir jemand vom Schlauch runter helfen?

Hallo Wu Wei,

In dem von Dir angeführten Beispiel handelt es sich um 2 hintereinandergeschaltete erweiterte Kadenzen.
Die 1. Kadenz wäre:

|| Fma7 | D-7 | G-7 | C7 |

Die ersten beiden Takte haben Tonikafunktion. D-7 ist sozusagen Tonikastellvertreter.
Dann folgt G-7. G-7 gilt als Subdominantstellvertreter.
C7 ist die Dominante.
Funktionsablauf ist somit T T SD D.
Einzig fehlt die Auflösung in die Tonika, aber die folgt ja mit dem 2. Viertakter.

| D-7 | A-7 | Bbma7 | C7 ||

Hier haben die ersten beiden Takte ebenfalls wieder Tonikafunktion. Beide Akkorde, D-7 und A-7 sind diatonische Tonikastellvertreter.
Es folgt Bbma7, was natürlich Subdominantfunktion hat.
C7 ist die Dominante.
Funktionsablauf ist somit wiederum T T SD D.

Es handelt sich also um 2 hintereinandergeschaltete erweiterte Kadenzen.

P.S.:

UUps, Ihr habt ja schon geschrieben.
 
Die Kadenz ist nur verschoben.

Die 8 Akkorde sind: T T S D T T S D (T)

Beenden würde man diese Schleife auch mit der 1 vom ersten Takt.

Durch die Verschiebung ist die Tonika immer auf einem schwereren Takt (Takte 1 und 3) und es klingt besser.

Gruß
 
Aah, mein Fehler scheint darauf zu beruhen, dass ich I-IV-V-I zu starr Takt für Takt übertragen wollte. (So wie es Sikora auf S. 76 gezeigt hat.) Muss ich mir nachher noch mal in Ruhe anschauen.

Danke schon mal. Das wird wohl erst der Anfang einer zermürbenden Reise sein.:rolleyes:
 
Ich habe nicht richtig hingesehen. Ich dachte, es wären immer 2 Akkorde pro Takt, also insgesamt 4 Takte.

Da es 8 Takte sind, sind die schwereren Takte natürlich der 1. und 2. Takt und der 5. und 6. Takt.

Gruß
 
Hm, und jetzt musst du mir nur noch erklären, was schwere Takte überhaupt sind. (Anfangs hatte ich nämlich gedacht, du meintest Taktzeiten.) Sie werden ja wohl nicht erst qua Tonika dazu, oder?
 
Hm, und jetzt musst du mir nur noch erklären, was schwere Takte überhaupt sind. (Anfangs hatte ich nämlich gedacht, du meintest Taktzeiten.) Sie werden ja wohl nicht erst qua Tonika dazu, oder?

@ Wu,

dieses Thema kann man auch als "Harmonischer Rhythmus" bezeichnen.
Das zugrundeliegende Prinzip ist Folgendes:
Es gibt 3 Qualitäten: stabil, weniger stabil und instabil.

Diese Qualitäten verteilen sich nun wie folgt innerhalb eines Taktes:

|| s i ws i ||

Diese Qualitäten verteilen sich nun wie folgt innerhalb zweier Takte:

|| s i | ws i ||

Diese Qualitäten verteilen sich nun wie folgt innerhalb von 4 Takten:

|| s | i | ws | i ||

Das ist das ganze Prinzip. Natürlich kommen auch Mischformen vor.

Hier noch die 2 wichtigsten Regeln bezüglich der Harmonieverteilung in diesem System.

1.) die Subdominante fällt auf einen relativ stabileren Taktteil als die darauffolgende Dominante.

2.) Die Dominante fällt auf einen relativ instabileren Taktteil als die darauffolgende Tonika.
 
@Fred
Handelt es sich bei diesen verschiedene Stabilitätsgraden um eine andere Art von "Stabilität" als die von Tonika, Subdominante und Dominante im Sinne ihres Auflösungsbedürfnisses? Oder entsteht dieser "Harmonische Rhythmus" gleichzeitig mit der immer gleichen Verteilung dieser drei Funktionen?

PS: Nee, ist ja Quatsch: Schon bei I-IV-V-I wäre ja die Verteilung "stabil - weniger stabil - instabil - stabil".
 
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@Fred
Handelt es sich bei diesen verschiedene Stabilitätsgraden um eine andere Art von "Stabilität" als die von Tonika, Subdominante und Dominante im Sinne ihres Auflösungsbedürfnisses?

Gute Frage. Note 1. Setzen! :D:D:D

Sind die Stabilitätseigenschaften von Takt und Harmonie kongruent, erhöht sich ihr Wirkungsgrad, denke ich.

Natürlich gibt es auch eine weibliche Form, in der die Bewegungen S -> D und D -> T genau anders rum gelagert sind.
 
Jetzt habe ich mir den Kram nochmal angeschaut und bin immer noch nicht restlos glücklich damit:

1. Ich verstehe den Mechanismus FU nicht. Kann man im ersten Fall sagen, dass D-7 aufgrund TV mit Fma7 in die Tonika umgedeutet wird? (Es könnte also ebenso gut mit A-7 weitergehen?)

2. Die zweite FU würde dann bedeuten, dass A-7 die Tonikafunktion von D-7 aufgrund Quintfalls übernimmt. Ist damit der Quintfall in die andere Richtung gemeint?

3. TS: Die Verwendung dieses "Prinzips" versetzt mich in völliges Erstaunen. Lt. Definition Sikoras würde es ja nichts anderes bedeuten als "Mach was du willst, Hauptsache regelwidrig" ...;) Aber ich hatte erwartet, hier erst die Regelhaftigkeit der harmonischen Zusammenhänge dargestellt zu bekommen. Andererseits: Wenn nach C7 mit D-7 ein Akkord der Tonikagruppe folgt, ist der Erwartung D-->T doch Genüge getan, und es ist gar kein Trugschluss.

Ein Elend ...

Wu Wei
 
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Jetzt habe ich mir den Kram nochmal angeschaut und bin immer noch nicht restlos glücklich damit:

1. Ich verstehe den Mechanismus FU nicht. Kann man im ersten Fall sagen, dass D-7 aufgrund TV mit Fma7 in die Tonika umgedeutet wird? (Es könnte also ebenso gut mit A-7 weitergehen?)

2. Die zweite FU würde dann bedeuten, dass A-7 die Tonikafunktion von D-7 aufgrund Quintfalls übernimmt. Ist damit der Quintfall in die andere Richtung gemeint?

3. TS: Die Verwendung dieses "Prinzips" versetzt mich in völliges Erstaunen. Lt. Definition Sikoras würde es ja nichts anderes bedeuten als "Mach was du willst, Hauptsache regelwidrig" ...;) Aber ich hatte erwartet, hier erst die Regelhaftigkeit der harmonischen Zusammenhänge dargestellt zu bekommen. Andererseits: Wenn nach C7 mit D-7 ein Akkord der Tonikagruppe folgt, ist der Erwartung D-->T doch Genüge getan, und es ist gar kein Trugschluss.

Ein Elend ...

Wu Wei
Die Anwendung von Abkürzungen scheint Dir zu liegen.
Was bedeutet denn TV, FU und TS? Meines Wissens sind das keine in der Musiktheorie standardmäßig angewandten Abkürzungen.
 
Nein, sie liegt mir eher nicht. Ich gebrauche diese Abkürzungen so, wie es Sikora in seinem Buch und auch im von mir oben eingefügten Beispiel tut.
 
FU = Funktionsumdeutung
TV = Terzverwandtschaft
TS = Trugschluß

1. Ich verstehe den Mechanismus FU nicht. Kann man im ersten Fall sagen, dass D-7 aufgrund TV mit Fma7 in die Tonika umgedeutet wird? (Es könnte also ebenso gut mit A-7 weitergehen?)

2. Die zweite FU würde dann bedeuten, dass A-7 die Tonikafunktion von D-7 aufgrund Quintfalls übernimmt. Ist damit der Quintfall in die andere Richtung gemeint?

Ich denke, mit Funktionsumdeutung meint Sikora nur den Austausch von Akkorden gleicher Funktion. Ich hatte mir nicht so viele Gedanken um die einzelnen Begriffe gemacht.
Der Begriff "Quintfall" ist an dieser Stelle falsch. Das ist einer der wenigen Fehler in dem Buch.

3. TS: Die Verwendung dieses "Prinzips" versetzt mich in völliges Erstaunen. Lt. Definition Sikoras würde es ja nichts anderes bedeuten als "Mach was du willst, Hauptsache regelwidrig" ...;) Aber ich hatte erwartet, hier erst die Regelhaftigkeit der harmonischen Zusammenhänge dargestellt zu bekommen. Andererseits: Wenn nach C7 mit D-7 ein Akkord der Tonikagruppe folgt, ist der Erwartung D-->T doch Genüge getan, und es ist gar kein Trugschluss.

Trugschluß meint, daß die Dominante nicht zur Tonika führt, eben keine echter Schluß.

Dm ist eben nicht die Tonika, auch wenn es zu Gruppe der Tonikafunktionen gehört, ein wirkliches Schlußgefühl hat man hier nicht.

Frank hat übrigens oft das Gewöhnliche an Ungewohnem erklärt.
Du siehst/hörst sozusagen gleich den Unterschied zwischen Regel und Regelbruch. Das Ungewöhnliche macht das Gewohnte greifbarer.

Gruß
 
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@ Maba

Ja, danke, die Bedeutung der Abkürzungen ist mir schon klar, steht ja im Sikora (oder war das an Fred gerichtet?). Und die Definition für Trugschluss ist bei Sikora ja noch eine weitergefasste: "Jede [Hervorhebung v. Sikora] unerwartete Auflösung (nicht nur von V7) oder überraschende Wendung ist ein Trugschluss." (Sikora, S. 77) Aber ist denn das nicht die totale Beliebigkeit, da könnte ich doch die Akkordfolge fast auswürfeln. Ich habe wahrscheinlich ein völlig falsches Verständnis von Ansatz der Harmonielehre.
 
Danke MaBa,
wäre jetzt so nicht direkt draufgekommen.

1. Ich verstehe den Mechanismus FU nicht. Kann man im ersten Fall sagen, dass D-7 aufgrund TV mit Fma7 in die Tonika umgedeutet wird? (Es könnte also ebenso gut mit A-7 weitergehen?)
2. Die zweite FU würde dann bedeuten, dass A-7 die Tonikafunktion von D-7 aufgrund Quintfalls übernimmt. Ist damit der Quintfall in die andere Richtung gemeint?
Besser wäre es bei solchen Fragen noch einmal das Beispiel 1:1 zu zitieren, aber ich gehe davon aus dass wir uns in F Dur befinden.
Was ich hier nicht verstehe ist, dass Du von Funktionsumdeutung sprichst.
Klar, D-7 kann in F Dur natürlich auch Subdominantfunktion haben, aber das ist äußerst selten. Normalfall wäre D-7 ist Tonikaparallele und hat somit Tonikafunktion. Dazu muss ja nichts umgedeutet werden. Ähnlich verhält es sich mit dem Tonikagegenklang. Er steht auf der III Stufe und heißt in F Dur A-7. Auch hier muss erwähnt werden dass dieser Akkord auch Dominantfunktion haben kann, nämlich als Dominantparallele = Dp. Der Normalfall ist allerdings, dass III-7 also Tonikastellvertreter eingesetzt wird und somit Tonikafunktion hat.
Also da ist nichts mit Funktionsumdeutung. I, III und VI Stufe haben normalerweise Tonikafunktion.

...Andererseits: Wenn nach C7 mit D-7 ein Akkord der Tonikagruppe folgt, ist der Erwartung D-->T doch Genüge getan, und es ist gar kein Trugschluss...
Stopp, halt die Kutsche an.
Trugschluss ist immer dann, wenn sich einer Dominante, und sei es eine Sekundär Dominante, nicht quintfallmäßig auflöst. Dieser Tatbestand trifft bei der Stufenfolge V7 -> VI-7 und V7 -> II-7 zu.
 
Die Abkürzungen sind nicht geläufig und könnten verschiedenes Bedeuten. Damit andere Forumteilnehmer (wie Fred) wissen, was gemeint ist, habe ich das noch mal rausgeschrieben.
 

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