Das Konzert habe ich nun besucht. Ich habe allerdings ziemlich gemischte Gefühle. Erstens hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie so eine Ar...geige rechts von mir erlebt. Ich bin ehrlich gesagt davon überzeugt, dass der Typ vor dem Konzert entweder Drogen genommen hat oder er war irgendwie gestört. Während der Sonate von Schubert hat er geschlafen (kein Witz) dann wurde er plötzlich wach und hat angefangen laut in seinem Programheft zu blättern, er konnte keine 35 Sekunden stillsitzen, hat geschwitzt ohne Ende, musste sich ständig kratzen, schaute alle 2 Minuten auf seine Uhr, atmete lauter als manche pp-Passagen und hat alle in seiner unmittelbaren Umgebung ziemlich agressiv gemacht. Eine Dame die vor unserer Reihe saß, warf ab und zu zerstörerische Blicke auf ihn, leider hat es aber nichts gebracht.
In der zweiten Chopin-Hälfte des Konzerts, habe ich dann mit meiner Begleitung die Plätze getauscht, weil ich halt übersensibel bin - dann war das schon viel besser.
Als Zugaben hat Herr Pollini irgendeine Prelude von Chopin gespielt (mein phänomenales musikalisches Gedächtnis erlaubt es mir leider nicht die exakte Opuszahl hier zu schreiben und wie sie geklungen hat weiß ich auch nicht mehr), dann die Revolutionsetüde und dann die erste Ballade noch!
Technisch fand ich Herrn Pollini phenomenal, sich selbst danach an DP zu setzen und Tasten zu drücken ist Qual und Sünde zugleich und hat mit Musik herzlichst wenig zu tun.
Ich möchte hier übrigens ein Thema ansprechen, ob es noch jemandem in Bezug auf reine Klavierabende ähnlich wie mir geht. Ich habe gemerkt, dass ich einfach keinen Kick bekomme. Egal wie nah ich zu dem Interpreten sitze kann ich mich einfach NICHT entspannen und Musik genießen: mich stören alle die um mich herum sind, mich stört UNGLAUBLICH das ständige Husten von allen Seiten, ich finde das Instrument auch zu leise, weil es zu weit ist (ich saß in der 5. Reihe, näher geht also nicht, es waren aber trotzdem geschätzt 20m zum
flügel - ich finde es echt zu weit, ich spüre einfach dass der Klang nicht voll bei mir ankommt), die Sitze stören mich auch, ich würde viel lieber liegen, kurzum es füllt mich alles irgendwie nicht aus.
Vielleicht bin ich komisch aber meine besten und tiefsten Musikerlebnisse hatte ich zu Hause alleine mit Youtube und entweder alleine am echten Instrument oder max. 2 Meter von ihm entfernt, wenn jemand anderer für mich persönlich gespielt hat. Kein Konzert in meinem Leben hatte auch nur annährend ähnliche Intensität in mir hervorgerufen. Mit Orchestermusik ist es schon besser, das füllt den Raum irgendwie besser aber der Flügel alleine: überhaupt nicht.
Ich denke ich verstehe nun langsam, was der geniale G. Gould gemeint hat, als er sagte, dass man die Musik viel intensiver erlebt, wenn man mit ihr nicht im Konzert in Berührung kommt.
Wie geht es euch in dieser Hinsicht?
Grüße