Noch ein schwieriger Fall

sorell

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20. Sep. 2007
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Ich habe seit 2 Jahre eine Schulerin. Damals habe ich mich gefreut, weil sie schon 11 J.a. war. Da habe ich gedacht, dass ich sehr schnell mit ihr vorweg gehen würde, als mit den 5- und 6-jährigen. Mindestens, die Noten lesen, Rhytmus usw könnte sie schnell ergreifen. Das ist aber anders als ich mit vorgestellt habe. Am Anfang habe ich festgestellt, dass sie nicht sofort begreifen kann, ob die Notenlinie nach oben geht oder nach unten, was ich überhaupt nicht verstehen konnte. Für alle andere ist das klar - nach oben heißt nach rechts, nach unten - nach links. Nach langer Arbeit haben wir das einigermaßen geschafft. Aber es geht eigentlich nicht weiter. Ich verstehe, natürlich, dass einige nich für Klavier und Musik geschaffen sind, aber sie will sehr gern und die Eltern wollen es auch. Ich vermute, dass sie irgendwelche Wahrnehmungsproblemen hat, und die Eltern wollen, dass sie mit Klavierhilfe sich besser entwickelt. Das Mädchen ist sehr nett, absolut normal, clever, aber vor kurzem hat sie mir verzweifelt gesagt: "Ich weiß nicht, wieso ich alles vergesse, bei vielen anderen Fächern habe ich auch Probleme". Immerhin ist sie im Gymnasium...
Ich habe auch festgestellt, dass sie manchmal ein neues Stück besser vom Blatt liest, als nach 3-4 Wochen üben.... Was ist das? Ich weiß nicht, was ich tun sollte.... Sie spielt ein bißchen besser, wenn sie es schafft, das Stück auswendig zu lernen. Wir spielen aus der Russischen Klavierschule.
Vielleicht, gibt es irgendwelche Tricks oder Übungen? Ich habe schon versucht, dass sie nur von meinen Händen abliest.... wir haben auch Dreiklänge, intervale usw gespielt, damit sie sich besser in der Tastatur orientiert. Auch wollte ich, dass sie irgendwelche Erfolgerlebnis hat. Ich will sie nicht verlieren. Natürlich, wird sie nie gut spielen können, aber ich will, dass sie Erfolgserlebnise hat und Freude am Spielen, nicht immer Verzweiflung und Bestätigung, dass sie es nicht kann.

danke
 
Hallo sorell,

Dein Beitrag berührt mich sehr und ich kann Deine Sorgen um das Mädchen gut nachvollziehen. Mein spontaner Eindruck ist, daß das Mädchen unbedingt in ärztliche Behandlung muß. Ich bin weder Arzt noch Pädagoge, aber ein pädagogisches Problem scheint mir hier nicht vorzuliegen, eventuell ein psychologisches, es kann aber auch organische Ursachen haben.

Konntest Du schon mal ein Gespräch mit den Eltern führen? Vielleicht ist das Mädchen ja schon in Behandlung. Eventuell ergeben sich für Dich dann auch Anhaltspunkte, wie Du den Unterricht mit ihr gestalten kannst.

Manchmal wollen Eltern auch nicht wahrhaben, daß ihr Kind nicht in dem Sinne und Umfang perfekt ist, wie sie sich das vorgestellt haben. Das kann dann leicht zur Überforderung des Kindes führen, was die "Symptome" meist noch verstärkt. Auch das könntest Du sicher durch ein Gespräch mit den Eltern besser einschätzen.

Mir ist klar, daß so ein Gespräch mit den Eltern auch ganz leicht kippen kann. Du kannst Dich nur sehr vorsichtig herantasten. Ansonsten bleibt Dir nur, mit Behutsamkeit dafür zu sorgen, daß das Mädchen trotz aller Schwierigkeiten gern zur Klavierstunde kommt.

Mit Tricks und Übungen kann ich leider nicht helfen, wollte Dich aber nicht so lange ohne Antwort lassen.

LG Klavieroma
 
Liebe Sorell,

mh, "Klavieroma" kann ich mich nicht ganz anschließen. So ungewöhnlich finde ich das nicht, solche "Phänomene" begegnen mir hin und wieder.
Vielleicht braucht sie einfach mehr Zeit... Könntest du ihr parallel zur Russischen Klavierschule jeweils noch ein/zwei kurze Stücke in der gleichen Art/auf dem gleichen Niveau raussuchen? Sodass sie länger an einer Sache üben kann und nicht gleich die nächste Hürde überwinden muss, kaum sie eine mal geschafft.

Ansonsten... ich zähle einfach mal ein paar Dinge auf, die bei manchen Schülern von mir schon einen großen Schritt nach vorne hervorriefen, vielleicht ist ja was für dich dabei, was ihr ausprobieren könnt...

- einfache Melodien nach Gehör finden lassen (nicht gleich ganze Lieder und in dem Alter vielleicht auch nicht "Hänschen klein" und co, sondern nur die Anfänge von irgendwelchen Popsongs oder auch sowas wie die Eurovisionsmelodie oder sowas)

- Rollentausch: Du spielst (irgendwas was sie gut kann) und machst absichtlich ein paar grobe Fehler, die sie dann erkennen und korrigieren soll. Oder du spielst und sie soll die Noten mitlesen. An einer beliebigen Stelle stoppen und sie zeigt wo du bist.

- Überkreuzen der Mittellinie (gerade wenn es Koordinationsprobleme gibt mit oben/unten, rechts/links): Am Klavier mit überkreuzten Händen spielen (z.B. alle C's von unten nach oben abwechslend mit rechts und links spielen lassen), ohne Klavier im Stehen mit der rechten Hand das linke Knie berühren und andersrum... Im Prinzip egal was, hauptsache die Hände bewegen sich auf der anderen Körperseite. Hat den Effekt, dass die Zusammenarbeit der beiden Hirnhälften angeregt wird, was zum Klavierspielen ja absolut von Nöten ist.

- Noten größer kopieren wirkt manchmal schon Wunder. Dann ist es nicht gar so anstrengend zum lesen.

- sich wiederholende Teile/Takte farblich markieren (selber machen lassen!)

- Frage/Antwort-Spiele im Fünftonraum (erstmal): Du "fragst" mit einem kleinen Melodiebaustein der offen ("oben") endet, sie antwortet mit einem geschlossenen Motiv nach "unten". Ganz einfach anfangen, z.B. Frage: C D E F G G G? Antwort: G F E D C C. Dann langsam steigern. Und auch mal sie "fragen" lassen. Das schult total die Vorstellung und vor allem das Gehör bezüglich "hoch" und "tief".

Joa, soviel erstmal ;) ...

Liebe Grüße und viel Spaß beim Ausprobieren :cool:
Pünktchen
 
Hi sorell,
wie klavieroma schon schrieb, kann das "Vergessen" verschiedene Ursachen haben, aber auch Unterschiedliches bedeuten.

Was meint sie mit "vergessen"? Kannst Du denn mit ihr darüber sprechen? Oder vielleicht ein Gespräch anbieten?
Vielleicht hat sie Stress, oder aber auch ein körperliches Problem.

Das würde ich als Erstes versuchen, sie fragen, ob sie drüber sprechen möchte.

LG
violapiano
 
Man bedenke nur: Das Mädel ist 13 Jahre alt. Ob die den "Mann im Brunnen" motivierend findet :p ? Aber die Idee ist auf jeden Fall gut. Vielleicht die Melodie leicht verändern? Oder einen neuen Text dichten lassen :) ?
 
Liebe Puenktchen!

Vielen, vielen Dank für so viele Vorschläge. Ich versuche schon morgen einige zu verwenden. Hier wurde schon so viel angeboten, ich habe das Ganze verflogen, Mann in Brunnen gefallen, hat mir auch sehr gefallen :-)
Ich werde morgen noch mal alles durchstudieren.

Wegen Gespräch... ich habe schon mit dem Mädchen ein bißchen gesprochen, ich wollte nicht eindringlich sein, nur von der schule fragte, sie geht auch tanzen (ballet). Dann habe ich auch gesagt, dass ich etwas suchen würde, was für sie persönlich besser wäre, damit unsere Klavierstunden interessanter werden. Auch habe ich ihr erzählt, dass ich ein Mädchen kenne, die Schwierigkeiten hat, etwas zu lernen (z.B. Englisch Wörte). Die sollte jetzt Ergotherapie machen. (diese Geschichte ist wahr). Dann antwortete sie mir, dass sie auch lang Ergotherapie hatte....
Was mir klar ist, dass es so viele Kinder gibt, die neues Stoff nicht so nehmen können, wie die anderen. Die sind nicht die dummen, sonst die anderen... es wäre sehr schade, die sofort abschreiben.

Mit den Eltern habe ich darüber nicht gesprochen, aber ich habe es gefühlt, dass sie wissen, dass das Mädchen ein paar schwierigkeiten hat. Sie hat schon an Vorspielen teilgenommen hat (da mussten wir halbes Jahr 1-2 kleine Stücke üben, aber sie wollte vorspielen), aber man hört schon, dass sie sich sehr langsam entwickelt.
 
Liebe Sorell,

Ergotherapie ist ja nichts "schlimmes" ;) . Diese "Mittellinie-überkreuzen-Übung" z.B. hat mir auch mal eine Ergotherapeutin für eine bestimmte Schülerin nahegelegt, die Koordinationsprobleme hat...
Hat das Mädchen dir gesagt, warum sie Ergotherapie bekommen hat? Sonst frage sie doch nochmal danach. Wenn es tatsächlich eine "Diagnose" gibt, wäre das ja unter Umständen wichtig für dich zu wissen...

Ansonsten habe ich gemerkt, dass es in solchen "Fällen" ganz heilsam sein kann, sich auch selbst frei von Ansprüchen zu machen. Man muss sich ganz bewusst machen, dass dieses Mädchen (vielleicht) einfach langsamer vorwärts kommt. Und das ist ok so. Und wenn sie ein halbes Jahr braucht um ein Stück zu lernen - dann ist das ok. Lass sie viel ganz langsam spielen, um ihr selbst den Stress zu nehmen. Das ist ok. Wenn du ihr das signalisierst, kann sie vielleicht auch selbst ein bisschen zur Ruhe kommen und ohne Druck lernt man viel besser!
Da kann eine Klavierschule natürlich hinderlich sein, gerade bei älteren, cleveren Kindern. Denn dann hat man ja immer vor Augen, was man vielleicht eigentlich schon können sollte (auch wenn auf dem Buch drauf steht, wie lange man damit eigentlich zubringen sollte). Könntest du dir vorstellen, dich von der Schule zu "lösen"?

Was übrigens ein echter Motivationskick sein kann: Schreib dem Kind selbst ein Stück, nenne es "Für Sabine" (oder wie auch immer das Mädchen heißt) und sie wird stolz wie Oskar alles dran setzen, es zu lernen :cool: ...

Grüße
Pünktchen
 
Hallo Sorell, Du hast hier viele tolle Anregungen bekommen. Ich geb auch noch meinen Senf dazu:

Du hast da sicherlich ein Kind, dass in irgendeiner Form "Defizite"hat. Ob diese untersucht oder gar behandelt werden müssen, kann und darf ich nicht beurteilen. Stell Dich aber darauf ein, dass die "Probleme" nun erst mal zunehmen könnten, denn in diesem Alter findet eín gewaltiger Umbau im Gehirn statt. Daher ist es wichtig, diesem Kind, das anscheinend sehr gerne Klavier spielt, die Freude zu erhalten. Unter den vielen tollen Ratschlägen vermisse ich aber den "freien" Bereich. Töne anschlagen, lauschen, Zusammenklänge finden, sich daran erfreuen - im weitesten Sinne also freies Improvisieren. Hierzu gibt es auch ein Büchlein: "Meditatives Klavierspiel" oder so ähnlich - ich glaube, Kulimanauke hat das mal erwähnt.

Und noch einen kleinen Trost und Lichtblick. Ich nehme sehr großen Anteil am Spiel der jungen Klavierschüler in unserer Klavierschule. Daher teilt sich meine Klavierlehrerin mir auch recht offen mit und wir reden manchmal über "besondere" Fälle:

Da gibt es ein Mädchen, die scheinbar völlig unmusikalisch war. Spielte schon 7-8 Jahre - wie ein totes Stück Holz. Konnte keine Achtel von halben Noten unterscheiden. Konnte nicht den allereinfachsten Rhythmus nachklatschen. Saß mit hochrotem Kopf beim Vorspiel (die KL hatte Ihr eigentlich erlaubt, nicht zu spielen) und wusste nicht mehr weiter. Ihr Spiel war wirklich grauenhaft - fast schon "unmenschlich". Mehrmals hat die KL versucht, das Mädchen mit Engelszungen zum "aufhören" zu bewegen - nichts zu machen. Das Mädchen wollte spielen.

Und gerade jetzt, vor wenigen Wochen ist "der Knoten geplatzt". Über Nacht spielt genau dieses Mädchen - es dürfte jetzt ca. 14 sein - richtig Klavier. Noch nicht so, wie man es nach 7,8 Jahren erwarten könnte, aber mindestens auf dem Level eines normalen Schülers mit 5 Jahren Unterricht. Für mich war das wie ein Wunder und ich war den Tränen nah.

Ich wünsche Dir und Deiner Problemschülerin ein ähnliches "kleines Wunder".

PS. Das Gehör von dem Kind ist ok?
PPS.
Natürlich, wird sie nie gut spielen können
Vorsicht! Kinder spüren Deine Gedanken. Sag DIR SELBST mal: Sie wird gut spielen können - irgenwann!
 
Hallo sorell,

vielleicht hilft es schon, den Druck ein bisschen rauszunehmen und die Stunde mit etwas Lustigem zu beginnen. So dass sich das Mädchen entspannen kann und nicht direkt wieder an Grenzen stößt.

Vielleicht ist für sie ja auch ein Problem, immer "problemzentriert" behandelt zu werden.
Was hat sie denn für Stärken, vllt kann man da anknüpfen?

LG
violapiano
 
Hallo sorell,

ich finde es einfach wunderbar, wie viele Gedanken du dir über deine Schülerin machst und mit welcher Anteilnahme du ihre Entwicklung begleitest! Ich denke, es ist hauptsächlich dir und deiner einfühlsamen Art zu verdanken, dass dieses Mädchen überhaupt noch Klavier spielt!

Was du beschreibst, ist auch gar nichts Ungewöhnliches! Ich selbst habe einen 10jährigen Schüler, der nach zwei Jahren immer noch, und mit Schwierigkeiten!, im 5-Ton-Raum spielt. Er hat z.B. extreme motorische Defizite, ist aber auf der anderen Seite hoch begabt und hat eine Klasse übersprungen :D . Z.B. konnte er es nie schaffen, im Musikunterricht in der Schule drei Töne auf der Blockflöte (c,h,a) zu spielen, weil er die entsprechenden Fingerbewegungen nicht hinbekommen hat, und dann auch noch die Koordination mit dem Atem... . Trotzdem kommt der Schüler sehr gern zum Klavierunterricht und es macht mir auch sehr viel Spaß, weil er ein ganz besonderer und sehr cleverer Junge ist. Wir lachen viel im Unterricht. Mach dir also erst einmal nicht zuviel Stress, sondern mache den Unterricht locker und lustig.

Neben den tollen Vorschlägen, die hier schon angesprochen wurden, fällt mir noch folgendes ein:

1) Improvisieren ist sicher sehr gut. Vielleicht wäre auch das Buch "Tastissimo, Ideen, Spiele, Anregungen für jeden Klavierunterricht" von S. Janett und Dieter Hool ( Verlag HBS Nepomuk, ISMN M-50009-236-0) etwas für deine Schülerin. Da sind sehr fantasievolle Spiele wie Bildimprovisationen, Improvisationen mit Ostinato, aber auch Orientierungsspiele am Klavier drin.
Kann ich wärmstens empfehlen!!!

2) Zu kinästhetischen Übungen wie Pünktchen sie schon angesprochen hat (Überkreuzbewegungen etc.) gibt es z.B. das Lehrerhandbuch "Brain-Gym" von Dennison, ISBN 3-924077-70-3. Diese Übungen können Lernblockaden lösen und motorische Defizite verbessern. Wahrscheinlich hat auch die Ergotherapeutin deiner Schülerin solche Übungen gemacht.

3) Ich würde unbedingt mit den Eltern reden. Bei meinem Schüler haben die Eltern mir von Anfang an gesagt, dass es die Probleme gibt und er auch in ergotherapeutischer Behandlung ist. Sie verstehen den Klavierunterricht hauptsächlich als Förderung. Bei einem solchen Gespräch könnte es klarer werden, was eigentlich das Problem deiner Schülerin ist und was schon im Vorfeld bei Ergotherapeuten etc. unternommen wurde, um diese zu beheben.

4) Es ist schwierig, aus der Ferne zu erkennen, was das Problem ist. Wichtig finde ich es, auf die Atmung zu achten. Manchmal halten Kinder unter Stress die Luft an und wundern sich dann, das nichts klappt.

Das Problem scheint mir die Orientierung am Klavier und die Wahrnehmung von Gestalten im Notentext zu sein (vielleicht?). Zur Orientierung auf dem Klavier könnte man Spiele wie "Mensch ärgere dich nicht" spielen (man fängt mit je einer Spielfigur am oberen (oder unteren) Ende der Tastatur an, dann geht's je nach Anzahl der Punkte auf dem Würfel nach unten (oben), mit oder ohne schwarze Tasten, wenn man den Namen der Taste richtig gesagt hat, darf man dort stehen bleiben, sonst zurück auf den alten Platz - wer zuerst unten angekommen ist, hat gewonnen), man kann Flugzeugspiele machen (landen auf verschiedenen Tasten und diese benennen) u.ä..

Zum Erkennen von Gestalt im Notentext könnte vielleicht helfen, das entsprechende Stück evtl etwas größer zu kopieren, so dass die Schülerin mit farbigem Stift Linien von einem Notenkopf zu anderen zieht, dies aber natürlich in den entsprechenden musikalischen Einheiten (Bögen, kleine Melodieabschnitte...). Manche Schüler lesen nämlich Note für Note und können nicht die Gestalt (Auf-,Abwärtsbewegungen, Richtungen...) mehrerer Noten als Einheit erkennen. Indem sie diese nachzeichnen und das immer wieder über längere Zeit, entwickeln sie ein Bewußtsein dafür. Komponieren kleiner Stücke ist dafür auch sehr gut.
Wenn du schreibst, dass sie ganz gut vom Blatt spielen kann, was eigentlich der Vermutung, sie könne schwer Gestalten erkennen, widerspricht, wäre vielleicht auch die Blattspielschule "Piano-Sight-Reading" von J Kember (Schott, ED 12736) etwas für sie. Die beginnt sehr leicht im 5-Ton-Raum.

5) Insgesamt würde ich mir auch überlegen, von der Klavierschule wegzukommen (haben ja auch schon andere gesagt). Man könnte auch sehr leicht gesetzte Popsongs dazu nehmen, vielleicht ist auch Kammermusik, vierhändiges Spiel etwas für sie.

Ich hoffe, dir helfen die leider ziemlich ins Blaue getroffenen Vorschläge ein wenig und du kannst dir darunter aussuchen, was du für richtig hälst.

Viele Grüße und viel Erfolg

chiarina
 
Hallo Sorell,

erst einmal will ich meiner Bewunderung für Deine Schülerin Ausdruck verleihen. Ein solches Durchhaltevermögen, bei so geringen Erfolgen, und das in den jungen Jahren. Einfach Klasse! Sie wird es weit bringen.

Grundsätzlich geh ich davon aus, dass man alles lernen kann was man will. Dabei ist es weniger die Frage, ob das Lernen leicht oder schwer fällt. Die Frage ist, welches ist der richtige Weg, um etwas zu lernen. Es gibt Standardwege, die von den meisten Schülern einfach begangen werden. Du hast es aber anscheinend eine Schülerin zu tun, für die der von Dir geführte Standardweg nicht passt. Wenn Du Glück hast findest Du den passenden Weg für sie durch ausprobieren. Ich halte es aber für wahrscheinlicher, dass sie selbst den Weg finden wird. Sie kennt ja ihr Ziel. Die wichtiges Hilfestellung dafür ist: Druck rausnehmen! Probier die Vorschläge die gemacht wurden aus, um den bisherigen Weg zu verlassen. Wenn einer passend ist. Prima. Aber stelle keine Erwartungen an eine Methode. Erwartungen erzeugen Druck. Vertrau aber darauf, dass sie es eigentlich kann. Die Tatsache, dass sie will beweisst das ausreichend.

Nimm das als Anregung von einem Menschen, für den den Standardwege selten passten. Der aber immer den passenden Weg gefunden hat. (Ausser das Ziel war nicht so erstrebenswert ;) )

Liebe Grüße

Babette
 

Danke Chiarina, für so vielen Empfehlungen von anderen Büchern.

Ich bin auch jetzt überzeugt, dass wir von der Rus.Kl. uns lösen müssen. Ich muss für dieses Mädchen ganz anderen Weg finden. Sie kommt heute, werde ich sofort mit paar Vorschlägen von hier anfangen.

Ich habe ihr letztens "an den Mai" von Mozart gegeben in G-dur, dachte, geht es leichter, leider, schon 3 Wochen können wir nicht weiter als 4 takten gehen. Die Alberti Akkorden in der linken Hand gehen durcheinander, wenn die Rechte kommt. Die Finger in der rechten Hand sollen eingentlich auf den G-dur Tonika liegen und einfach einschlagen (im Rhytmus :rolleyes:), aber ihre Finger suchen andere Noten.... :confused:, obwohl wir sehr lang rechte hand geübt haben.

OK, ich werde heute mit ihr improvisieren und "Man in Brunnen" spielen und überkreuzen....
 
Hallo Sorell,

die Linke spielt als Basslinie immer C-A-F-G die rechte setzt jeweils mit dem entsprechenden Stufendreiklang in C-Dur nach, mal gebrochen, mal im Ganzen, einmal, zweimal, dreimal, geswingt usw.... Dazu gibt es auch noch ein hübsches "Solo".
Rosenspieß.

Lieber Rosenspieß,

Kannst Du es noch mal erklären, was die rechte Hand dabei mit dem Bass C-A-F-G spielt. Ich habe es nicht richtig verstanden.

P.S. Ich habe heute "Mann in Brunnen" mit dem Mädchen gespielt. War toll! hat super geklappt und Spaß gemacht. Komischerweise hat das Mädchen mich heute gefragt, ob wir was anderes ausüben könnten, etwas aus Pop-, Rockmusik, was sie kennt, weil es ihr leichter wäre. Ich war total begeistert und sofort ihr angeboten "Yesterday", das ich selbst gleich für sie bearbeiten würde. Aber heute haben wir Jingle Bells-Boogie von Franz gespielt. Hat auch geklappt und super angekommen.

danke!
 
Entschuldigung, Rosenspieß, ich kann es mir nicht verkneifen: Wenn die Akkordfolge C a F G da capo senza fine, also eine I-VI-IV-V-Kadenz, einem Urheberschutz unterliegt, dann mache ich hiermit mein Urheberrecht geltend an der C-dur-Tonleiter.

Meine Devise in solchen Fällen ist übrigens ganz simpel: Man muß nicht jeden Schüler halten wollten, und sei er ein noch so netter Kerl. Das Ausweichen auf gar zu Billiges, das er auch von gleichaltrigen Freunden lernen kann, die mal irgendwo C a F G in Quintparallelen oder den Flohwalzer aufgeschnappt haben, ist Resignation.

Eine andere Devise allerdings ist, daß man nicht gleich nach dem Psychologen rufen muß. Denn hier las ich: "Vielleicht ist das Mädchen ja schon in Behandlung." Wegen mangelndem musikalischen Interesse oder wegen mangelnder musikalischer Eignungen muß niemand einen Therapeuten aufsuchen, das ist schrecklicher Unsinn. Wahrscheinlicher ist, daß das Mädchen kaum übt. Aber wie soll es auch etwas üben, das ihm nichts sagt? "Jedem Kind ein Instrument", ist eine nette Idee, aber mindestens so sinnlos wie "Jedem Kind einen Lötkolben". Denn wenn ein Kind zwar gerne lötet, aber für das, was da zusammengelötet werden soll, keinerlei Verständnis aufbringt, dann muß nicht gerade dieses Kind löten lernen. Hat je jemand jemanden, der ungeeignet war, etwas Sinnvolles zusammenzulöten, zum Psychologen geschickt?
 
Hallo

Als Mutter einer Tochter die eine *auditive* Wahrnehmungsstörung hat interessiert mich dieser Faden sehr.Es wurde ja schon mitgeteilt das sie eine Ergotherapie bekommt.Nur ist dies tatsächlich ein riesiges Feld ebenso wie es unglaublich viele verschiedene Wahrnehmungsstörungen gibt.
Rein aus den Infos die hier genannt wurden würde ich eher auf eine visuelle Wahrnehmungsstörung tippen.Gerade was das lesen der Noten und aber die erschwerte visuelle Wahrnehmung betrifft deutet dies eher auf eine Sehbeeinträchtigung hin.Ich würde die Eltern fragen aufgrund welcher Diagnose Ergotherapie erteilt wird.Was die visuelle Wahrnehmung betrifft gibt es ein großes Spektrum an Möglichkeiten taktil und visuell sicherer zu werden.

Ich finde es klasse das du dir soviele Gedanken um dieses Mädchen machst und ich denke ihre Eltern sehen es genauso.
Viel Erfolg wünsche ich dir und deiner Schülerin.

Rose

Edit:Nur noch kurz zur Erläuterung der visuellen Wahrnehmungsstörung

Es gibt eine Sehbeeinträchtigung bei der die Erkrankten schriftliche Dinge wie Zahlen oder Buchstaben nicht korrekt wahrnehmen.Das Gehirn sendet die aufgenommenen Signale als falsche Information.Das kann sein das alle Buchstaben verdeht sind wie z.b. ein queliegendes E.Es gibt auch leichte Formen bei der nur vereinzelte Buchstaben oder Zahlen falsch aufgenommen werden.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Sorell,

schön dass du deine Schülerin mit ihrem Wunsch Klavier spielen zu wollen, ernst nimmst.

Ich habe einen 9 jährigen Jungen in den Unterricht bekommen, der bereits 1 1/2 Jahre spielte aber kaum im 5 Tonraum zurecht kam. Alle spielerischen Versuche brachten wenig bis gar nichts, auch gewünschte und ersehnte Spielstücke brachten keinen nennenswerten Erfolg.

Geübt hat er wohl, das wurde mir von mehren Seiten bestätigt, trotzdem lief das Stück nach einer Woche üben weniger rund und oft auch ungenauer als unmittelbar nach der Stunde.

Durchgehen von "wie übe ich"- Strategien halfen auch nicht wirklich.
Ich habe dann begonnen kleinere Spielstücke mit vergrößerten Noten in Takte zu zerschneiden und diese im Rahmen eines Spiels einzeln zu erarbeiten.
Wenn es bekannte Lieder waren, ließ ich die Einzelteile nach Gehör an den richten Platz setzen, wenn es weniger bekannte waren, dann haben wir anhand der Originalnoten geschaut, wohin welches Taktfragment gehörte.

Damit hatte er schon mal die Erfahrung (und ich auch) dass er jeden einzelnen Abschnitt spielen konnte. Das war schon mal ein Erfolg für sich.
Wir konnten die Teile raussuchen, die besonders geübt werden mussten oder die Stücke anders zusammenbauen. Es ergaben sich viele kreative Möglichkeiten beim Spielen und erarbeiten.

Aber sobald wir die Stücke zusammengesetzt und aufgeklebt hatten, klappte das spielen oft wieder deutlich schlechter. Es hing also irgendwo mit dem Verfolgen der Noten zusammen.

Ich experimentierte eine Weile damit, wie viele Taktschnipsel ich in welchem Abstand nebeneinander stellen konnte, ehe es für ihn schwierig wurde zu erkennen, was er spielen sollte.

Auf einfarbiges Papier habe ich einen Zug mit einzelnen Waggons gemalt (so viele wie Takte) und die Takte hineingeklebt, so dass wir einen festen Verlauf hatten, die Takte aber deutlich voneinander getrennt waren (auch durch den Kontrast zum andersfarbigen Hintergrund) und das funktionierte ganz gut.

Schließlich habe ich eine Schablone gebastelt, die immer nur einen bestimmten Notenbereich sichtbar lässt (ähnliches gibt es für Legastheniker als Lesehilfe) und seitdem kleben wir Noten nicht mehr :p

Ich glaube es hat schon viel geholfen, dass der Schüler selber ein Gefühl dafür bekommen hat, dass es nicht seine "Unfähigkeit" oder sein "mangelndes Talent" ist, sondern dass er "nur" Schwierigkeiten mit der Wahrnehmung hat.

Inzwischen, 2 Jahre später, ist der Knoten geplatzt und der Junge spielt immer noch gerne Klavier und macht gute Fortschritte und ist fast soweit, wie "durchschnittliche" Schüler nach derselben Unterrichtszeit auch.

Auch gemeinsam ausgedachte Geschichten oder graphische Notierungen zu den einzelnen Liedabschnitten oder zu den Bewegungsabläufen der Hände helfen Kindern häufiger bewusst wahrzunehmen und zu verankern was gefordert ist.

Schön, das die letzte Stunde so positiv verlaufen ist. Ich wünsche dir und deiner Schülern noch viele solcher motivierenden Erlebnisse.


Viele Grüße
Tastenläufer
 
Geübt hat er wohl, das wurde mir von mehren Seiten bestätigt, trotzdem lief das Stück nach einer Woche üben weniger rund und oft auch ungenauer als unmittelbar nach der Stunde.

Durchgehen von "wie übe ich"- Strategien halfen auch nicht wirklich.

Tastenläufer

Genau diese Probleme haben wir auch.....


Liebe Tastenläufer,

Ein wahnsinn, wie viel Du experimentiert hast! Und so viel ausprobiert. Ich finde es einfach toll, dass Du nie aufgegeben hast! Ich werde auch das versuchen, weil ich denke, dass wir auch genauso gleiche Probleme haben. Ein Stück nach wochenlangem Üben ist manchmal schlechter, als am Anfang.

Vielen dank für diese lange Schilderung, das hilft mir unheimlich!
 
darf ich den KLs hier mal sagen, dass ich es ganz fantastisch finde, wie sehr Ihr Euch um Eure Problemkinder kümmert. Das ist mit dem Stundenlohn überhaupt nicht abzugelten. Ihr macht die Welt ein klein wenig besser!
 
Ich habe einen "ähnlichen" Fall und dachte schon, es sei eine Ausnahme... mein Klavierschüler ist 11 Jahre alt und hat seit etwa 2 Jahren Unterricht bei mir. Er hat LRS (Lese- und Rechtschreibschwäche) und das merkt man halt auch extremst beim Klavierspielen. Er spielt immer noch im 5-Ton-Raum und hat auch immer noch Schwierigkeiten beim Lesen der Noten. Hinzu kommt jedoch, dass er kaum übt. Ich weiß nicht, woran das liegt, aber immer wenn ich zum Schüler nach Hause komme, ist er am Lernen für die Schule. Ich glaube einfach, dass er sowieso schon viel mehr üben muss als andere Kinder und wenn dann noch das "Klavier-Üben" dazu kommt... er sagt, dass es ihm Spaß macht, aber dass er keine Zeit und Lust hatte zum Üben.

Mittlerweile weiß ich, wann ein Stück "gut" ist (und er dafür einen Aufkleber bekommt) und wann einfach doch noch etwas geübt werden muss. Ich muss diesen Schüler anders betrachten. Er hat eine Schwäche und mit dieser muss ICH versuchen klar zu kommen und diese auch als solche beachten. Ich finde die hier genannten Tips auch sehr gut und werde davon auch mal einige anwenden! Mal sehen, was ihm davon Spaß macht. Er ist leider generell ein sehr ruhiger Schüler. Er sagt nur etwas, wenn man ihn etwas fragt und dann auch nur das nötigste. Dabei versuche ich zu Beginn der Stunde und auch zwischendurch einfach mal über etwas anderes zu sprechen. Beispielsweise über eine Lego-Burg, die dort steht oder sonstiges, was ihn interessieren könnte. Leider komme ich einfach nicht so richtig an ihn ran. Aber trotzdem hoffe ich, dass da auch irgendwann der Knoten platzen wird. Und solange es ihm Spaß macht, werde ich ihn auch weiter unterrichten! Es ist mein Job (wenn auch nur Neben-Job) und ich finde, dass man sich nunmal nicht alles aussuchen kann! Natürlich habe ich auch andere Schüler, die fleissig sind und richtig Spaß an der Sache zeigen, aber es können nun mal nicht alle gleich sein. Und außerdem ist dieser Schüler auch eine gewisse Herausforderung für mich. Wenn ich merke, dass ihm die Stunde Spaß gemacht hat und er was gelernt hat, dann fühle auch ich mich richtig gut! :-)

Liebe Grüße
Anomar
 

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