Muss man für dieses Stück Pedale verwenden?

Was für ein Sakrileg? Kunstreligion ist so 19. Jhd.

Endlich BTHVN angstfrei, zum Anfassen und niedrigschwellig. :chr03:
 

@Alter Tastendrücker : Deine Bearbeitung von op. 111 finde ich genial. Gibt es so etwas auch für op. 106, Liszt h-moll-Sonate, Gaspard und Petrouschka?
 
So etwas gab es schon in meiner Kindheit in den 80ern: Gluck, gluck, weg war er. (Schiller: Der Taucher)

Den Kulturverfall gibt es also nicht erst seit Heumann :001:

Generell bin ich der Meinung, dass vereinfachte Arrangements nicht per se schlecht sind, sondern auch die Funktion haben können, Neugier auf das Originalwerk neugierig zu wecken. Es gibt allerdings zwei Situationen, in denen sie nur Negatives bewirken:

1. Wenn wehrlose Kinder damit abgespeist werden, ohne selbst den Wunsch zu haben das Stück spielen zu wollen (mein Klavierunterricht als Kind mit „It‘s easy to play classic“ - viele Stücke, z.B. Dvoraks Largo aus der 9. Sinfonie sind für mich verbrannt, weil das primitive Arrangement mein Erstkontakt mit der Musik war.)

2. Wenn mit vereinfachten Arrangements Kindern und Jugendlichen falscher Stolz eingeredet wird: Ein Musik-Didaktiker hat z.B. das Hauptthema von Beethovens 5. Sinfonie so arrangiert, dass es Fünftklässler in kurzer Zeit an Glockenspielen spielen können. Ein „didaktisches“ Argument dafür war: Dann können die Kinder sagen: „Ich spiele schon Beethovens 5. Sinfonie“. Mit solch einer Pädagogik geht der Respekt vor der Leistung wirklicher Meister verloren.
 
Ich denke, viele der vereinfachten Werke fußen auf dem Wunsch vieler Klavieranfänger, Stück XY spielen zu können ... wenn schon nicht im Orginal, dann wenigstens so, dass es andere erkennen.
Ihr wisst genau welche Stücke ich meine ... ein Paradebeispiel ist die Elise ... das Hauptthema ist recht einfach gehalten ... aber dann ist es eben wie mit den kreuzberger Nächten (erst fangse janz langsam an ... aber dann ... aber dann).
Viele dieser "will ich können"-Stücke haben knifflige Stellen (bei der Elise ist alles ausser dem Haupthema alles andere als einfach) und oft hat der Schüler eben nur eine Melodie im Kopf/Ohr (und bei der Elise ist das sicherlich das Hauptthema).

Ich biete ein konkretes Beispiel einer so entstandenen vereinfachten Fassung ... der Titel ist mir im Original zu lang, also vereinfache ich sogar den. Es geht um ein beliebtes Klavierstück aus dem Film "fabelhafte Welt der Amelie" (natürlich ist es "comptine").
Die rH ist zunächst nicht so das Problem (das kommt erst mit den 3er -Verschiebungen).
Aber in der linken Hand müssen ständig Oktaven, Quinten und Sexten gegriffen werden (in Viertelabständen). Die selbe Viertaktike Figur wird das ganze Stück lang wiederholt ... massig Zeit für die linke Hand, sich so riochtig schön zu verkrampfen.

Also habe ich einem Freund eine Version ohne die Oberstimme der linken Hand gegeben, ihn aber gleichzeitig drauf hingewiesen, dass diese Töne "eigentlich" dazugehören und er zwischendurch ruhig mal ausprobieren soll, ob er die spielen kann, ohne dass seine lH verkrampft. Natürlich habe ich ihm vorgespielt, wie unterschiedlich die beiden Versionen klingen, und dass es mit der vereinfachten lH auch etwas anders klingt, als im Film (natürlich habe ich gemogelt, und die in der Vereinfachung weggelassenen Töne im Original ordentlich betont).

Ich habe die Noten im Text nicht weggelassen, sondern sie lediglich eingeklammert, weil ich wollte, dass er vor den Originlnoten sitzt.
Natürlich wollte ich, dass er am Ende das Original spielt ... die leicht vereinfachte Version sollte ihn nur in die Lage versetzen, dieses Stück überhaupt spielen zu können.
Mittlerweile spielt er das Original ... und dankt mir für die Vereinfachung, weil es von da aus echt nicht mehr weit zum Original war.

Einfach nur Noten oder ganze Stimmen wegzulassen, ist zwar eine Vereinfachung ... aber eine didaktisch sinnvolle Vereinfachung anzufertigen, ist eine überaus anspruchsvolle Arbeit.
Wahrscheinlich sind die meisten KLs dafür einfach nur zu faul und setzen deswegen auf Originale.
Ja das war ein Scherz ... ha ... ha.
Natürlich ist das Ziel das Original ... die Vereinfachung bietet aber die Möglichkeit, dieses Stück auch auf einem niedrigeren Niveau schon zu spielen. Der didaktische Moment ist der, wenn ein Zuhörer die Rückmeldung gibt, dass da aber noch irgendwie was fehlt.
Angenehm ist diese Situation für den Anfänger zwar nicht, aber da muss er halt durch.
 
Wunsch vieler Klavieranfänger, Stück XY spielen zu können
Völlig nachvollziehbar. Dieser Wunsch ist auch fortgeschritten Spielern nicht fremd.
wenn schon nicht im Orginal, dann wenigstens so, dass es andere erkennen.
Und genau darin seh ich keinen Sinn. Was bringt eine Elise Bearbeitung? Nicht dass man das Original unbedingt spielen müsste, aber das ist ein anderes Thema. Kann man dann sagen "ich spiele Beethoven"? Ja wohl eher nicht! Weil man das Thema soooo schön findet? Keine Ahnung.
Ich finde es einfach besser und zielführender, wenn man dem Schüler klar macht, wie schwierig das angepeilte Herzensstück ist. Meinetwegen sogar auffordern, sich daran zu probieren. Es ist doch wichtig, dass der Schüler erkennt: Klavierspielen lernen ist kein Sprint, das erfordert nunmal Durchhaltevermögen und Arbeit. Wenn man das nicht bereit ist zu investieren, ist es eh umsonst. Natürlich möchte jeder irgend ein bestimmtes Stück mal spielen. Die Freude/Motivation kommt aber durch das spielen an sich. Stück egal!
 

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