Musikalität entwickeln - wie macht man / ihr das?

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Ich würde mich nicht zu sehr auf diese Regel verlassen. Auf dem Markt setzt sich nicht immer das Bessere durch. Marketing hat einen erheblichen Anteil. Und wenn man sich so anschaut, was derzeit in der U-Musik an der Weltspitze ist...

Bach wurde auch eine Zeit lang vergessen und dann wiederentdeckt. Wer weiß, was für großartige Werke noch in Archiven herumliegen oder komplett verschwunden sind?
 
Und Klassikkonzerte, die über die Jahrzehnte zwanzigmal so oft aufgenommen wurden als andere, werden doch in der Regel kompositorisch besonders gelungen sein.

Nein, nicht notwendigerweise. Es mag erstaunlich und vollkommen überrschand sein, aber Labels wollen Geld verdienen. Es wird eher etwas aufgenmmen, was Leute auch kaufen. Also eher die gefühlte 1923te Aufnahme von Mozart-Sonaten als Kagel oder Xenakis.

Was meinst Du, wie mein Klavierlehrer - seines Zeichens Opernsänger - von Operetten dachte? Damit hält man Abbonementen bei Stange und holt genug Leute ins Theater, um die Opern damit quer zu finanzieren. Für die 'hohe Kunst' interessierte sich halt nur eine Minderheit.

Grüße
Häretiker
 
Ich würde mich nicht zu sehr auf diese Regel verlassen. Auf dem Markt setzt sich nicht immer das Bessere durch. Marketing hat einen erheblichen Anteil.
Auf jeden Fall ist es so, dass irgendwas erstmal "bekannt" werden muss, damit es sich beim breiten Publikum überhaupt durchsetzen kann. Wie das geschieht (z.B. durch Marketing, oder durch Radiosender, die irgendwas in Endless-Loop spielen) ist aber letztlich zweitrangig.

Und wenn man sich so anschaut, was derzeit in der U-Musik an der Weltspitze ist...
Ich stimme da schon zu. Aber - wieviele der Dinge, die sich tages- oder wochenaktuell an die Spitze setzen, haben auch das Zeug zum "Evergreen" (= werden auch nach Jahrzehnten noch im Radio gespielt werden?). Nur sehr sehr wenige. Das war aber schon immer so.
Bach wurde auch eine Zeit lang vergessen und dann wiederentdeckt. Wer weiß, was für großartige Werke noch in Archiven herumliegen oder komplett verschwunden sind?
Eine gewisse Dynamik hast Du in solchen Dingen natürlich immer. Was aber z.B. kaum einer weiß: in der Zeit der Klassik/Romantik wurde zigmal mehr komponiert, als heute überhaupt bekannt ist. Aber auf lange Sicht - bis heute - durchgesetzt haben sich die Komponisten, die besondere Qualität zu liefern imstande waren.
Ich persönlich glaube eher nicht, dass es noch viele "unentdeckte Edelsteine" in irgendwelchen Archiven auszugraben gibt. Es gibt und gab ja auch immer wieder Leute, die nach solchen Dingen auch suchten.
 
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Nein, nicht notwendigerweise. Es mag erstaunlich und vollkommen überrschand sein, aber Labels wollen Geld verdienen. Es wird eher etwas aufgenmmen, was Leute auch kaufen. Also eher die gefühlte 1923te Aufnahme von Mozart-Sonaten als Kagel oder Xenakis.
Klar - der wirtschaftliche Aspekt ist immer mit dabei. Bei allen, die Musik (und Kunst) machen. Geht nicht anders...

Aber vielleicht hat Mozart mit seinen Sonaten halt einfach den "musikalischen Nerv" der Leute besser getroffen, als Kagel oder Xenakis...?

Und wenn dem so wäre: dann muss man das wohl neidlos anerkennen.
 
Aber - wieviele der Dinge, die sich tages- oder wochenaktuell an die Spitze setzen, haben auch das Zeug zum "Evergreen" (= werden auch nach Jahrzehnten noch im Radio gespielt werden?).
Du meinst sowas wie "Griechischer Wein" (die Liste ist endlos)? Wird seit knapp 40 Jahren gespielt und wird es in 20 Jahren immer noch. Wurde in 20 Minuten "komponiert", um nicht zu sagen, hingeschissen. Einen Zusammenhang mit irgendeiner musikalischen Qualität kann ich nicht erkennen. Lediglich der Text ist ganz gut gelungen. Für den hat es allerdings 2 Jahre gebraucht und kaum einer kennt den Inhalt.
 
Aber vielleicht hat Mozart mit seinen Sonaten halt einfach den "musikalischen Nerv" der Leute besser getroffen, als Kagel oder Xenakis...?

Ja, aber Du sprachst doch von 'kompositistorisch besonders gelungen', oder!? Was den musiklaischen Nerv der Luete anscheinend besser trifft, kannst Du ja in den Charts hören. :-)

Und wenn dem so wäre: dann muss man das wohl neidlos anerkennen.

Fällt mir das Schlumpflied ein. ist das auch kompositorisch besonders gelungen!? :-)
(Oder auch "Respiratorische Unterversorgung bei hinterm Horizont positionertem Primärgestirn".)

Mit genügend Interpretation meine ich näherungsweise verstehen zu können, was Du gemeint haben könntest, aber ich kann die hehren Ideale zumindest in der Realität nicht nachvollziehen. Sehr, sehr oft setzt sich eben nicht das Bessere durch. Wie auch immer man 'besser' definieren mag.

Grüße
Häretiker
 
Du meinst sowas wie "Griechischer Wein" (die Liste ist endlos)? Wird seit knapp 40 Jahren gespielt und wird es in 20 Jahren immer noch. Wurde in 20 Minuten "komponiert", um nicht zu sagen, hingeschissen. Einen Zusammenhang mit irgendeiner musikalischen Qualität kann ich nicht erkennen.
Du kannst diesen Schlager natürlich nicht mit z.B. Smetana's Moldau vergleichen. Die "Moldau" ist ungleich komplexer und vielschichtiger. Ganz davon abgesehen, dass sie sicher zu den genialsten klassischen Kompositionen überhaupt gehört.

Aber für meinen Geschmack ist "Griechischer Wein" ein wirklich verdammt guter Schlager (und darin liegt dessen spezielle Qualität dann).

Es kommt auch gar nicht darauf an, wielange irgendjemand für irgendwas gebraucht hat. Es gibt Beispiele für klassische Konzerte, die in sehr kurzer Zeit enstanden sind, und trotzdem hohe Genialität und Originalität erreichten (eine besondere "kreative Schaffensphase" des Komponisten - das gibt es auch in anderen Bereichen der Kunst).

Also wenn es Dir gelingen sollte, in 20 Minuten - oder 20 Jahren - einen Schlager auf die Beine zu stellen, der es mit "griechischer Wein" aufnehmen kann, dann ziehe ich den Hut bis zum Boden vor Dir ;-)
 
Was den musiklaischen Nerv der Luete anscheinend besser trifft, kannst Du ja in den Charts hören. :-)
Ich halte von diesen Tages- oder Wochencharts ebenfalls nur wenig (egal ob Klassik-Charts, Popmusik-Charts oder sonstige). Ich finde, da wird bestenfalls eine "Vorauswahl" getroffen, was Qualität angeht. Nicht alles, was mal in den Charts war, wird zum "Evergreen" oder zur zeitlos und über Jahrzehnte hinweg verkauften Klassik-Aufnahme. Das meiste Zeug verschwindet doch schon bald wieder in der Versenkung. Das ist zumindest mein persönlicher Eindruck.

Und, Du darfst auch nicht munter Klassik mit Popmusik in einen Topf werfen. Das sind in der Regel verschiedene Publikums. Die einen wollen das eine, die anderen das andere. Und alle haben dann ihre speziellen "Erwartungen".

Der Klassik-Hörer hat aber insgesamt komplexere Erwartungen. Weil die klassische Musik meist eben auch viel komplexer und vielschichtiger ist.
Das ist auch ihr spezieller Reiz, wenn Du mich fragst.

Die Popmusik hat mehr so den Reiz "5 Minuten lang mal eben ein eher einfach gestricktes Stück hören können, nach dem mir gerade ist". So eine Art "Instant-5-Minuten-Vergnügen". Für den, der's mag.
 
Du meinst sowas wie "Griechischer Wein" (die Liste ist endlos)? ....
Eine Bekannte von mir aus dem Osten hörte "Kriech nicht da rein"... (Griech nisch da rein)
Ich finde den Song nicht soooo schlecht, man kann schön mitgrölen, auch wenn man nicht alkoholisiert ist! :002:

Es gibt viele berühmte Songs, die in (weniger als) einer halben Stunde "hingeschissen" wurden.
Black Sabbath - Paranoid
REM - Losing my religion (einer meiner Lieblingssongs)
The Beatles - Yesterday
The Beastie Boys - You gotta fight... (mein erster Kontakt mit HipHop damals. Der wurde sogar in nur 5 Minuten geschrieben, angeblich mit Hilfe von viel Alkohol)

@Häretiker - ja, Musikgeschmack... Ich habe damals mit 9 (?) Jahren meine Mutter so lange angebettelt, bis sie mir die Kassette mit dem "Ententanz" darauf gekauft hat.

Der Klassik-Hörer hat aber insgesamt komplexere Erwartungen. Weil die klassische Musik meist eben auch viel komplexer und vielschichtiger ist.
Das ist auch ihr spezieller Reiz, wenn Du mich fragst.
Da sehe ich meinen Schwiegervater, wie er sagt, dass sich das moderne Gedudel alles gleich anhört. So eine Aussage finde ich schon gehörig arrogant.
Sting ist nicht gleich Modern Talking ist nicht gleich Jamie Cullum ist nicht gleich Heino ist nicht gleich Public Enemy.
 
Zuletzt bearbeitet:

Und, Du darfst auch nicht munter Klassik mit Popmusik in einen Topf werfen. Das sind in der Regel verschiedene Publikums. Die einen wollen das eine, die anderen das andere. Und alle haben dann ihre speziellen "Erwartungen".

Och, ich darf schon. Und ... Du hast doch mit 'den musikalischen Nerv besser getroffen' angefangen. :-)

Wenn die Leute Mozart hören, dann verstehen die das nicht unbedingt, finden das aber irgendwie angenehm.
Späten Coltrane verstehen die hingegen nicht.

Und ich kenne Leute, die konsumieren 'leichte' Klassik (Mozart!) wie Popmusik. Können Dur von Moll nicht unterscheiden. Können einen Trugschluss nicht von einem Teller Reis unterschieden in zwei von drei Fällen. Hören das aber trotzdem gerne.

Wie gesagt, ich ahne, was Du meinst. Ich denke aber, die Realität des 08/15-Klassikhöreres sieht nicht so erhaben aus, wie Du denkst. Ich kann natürlich falsch liegen und habe immer nur die falschen leute kennen gelenrt. Du kennst das ja. Einmal nicht aufgepasst, und Du kommst in komische Kreise. In meinem Falle waren das Physik-, Informatik- und Maschinenbaustudenten.

Grüße
Häretiker
 
Danke @Flieger - den habe ich mir auf mein Abo-Liste gesetzt. Sehr interessant, und er ist jemand, der Ahnung hat. Schön, dass er nicht nur lästert, sondern auch versucht, das Positive in den Songs zu sehen - zumindest großteils.
(I would call it a static melody.... or some might say it's incredibly boring :lol:)
 
Was meinst Du, wie mein Klavierlehrer - seines Zeichens Opernsänger - von Operetten dachte? Damit hält man Abbonementen bei Stange und holt genug Leute ins Theater, um die Opern damit quer zu finanzieren. Für die 'hohe Kunst' interessierte sich halt nur eine Minderheit.
Das hast du schon öfter geschrieben, aber es wird auch durch Wiederholung nicht richtiger. Eine Operettenproduktion verursacht mindestens denselben Aufwand wie eine Opernproduktion, oft sogar mehr, weil häufiger als in der Oper ein Ballett involviert ist und die Ausstattung meist aufwändiger ist. Eine Operette ist deshalb genauso defizitär wie eine Oper - quer subventionieren lässt sich da gar nichts.

Und - kleiner Fun Fact am Rande: das Haus mit der höchsten Auslastung in Deutschland (über 95%) ist die bayerische Staatsoper. In deren Repertoire spielen Operetten gar keine Rolle - abgesehen von der Fledermaus, von der es immer um den Jahreswechsel herum 3 Vorstellungen gibt.
 
Das hast du schon öfter geschrieben, aber es wird auch durch Wiederholung nicht richtiger. Eine Operettenproduktion verursacht mindestens denselben Aufwand wie eine Opernproduktion, oft sogar mehr, weil häufiger als in der Oper ein Ballett involviert ist und die Ausstattung meist aufwändiger ist. Eine Operette ist deshalb genauso defizitär wie eine Oper - quer subventionieren lässt sich da gar nichts.

Du meinst also, eine Produktion von X Euro mit 3000 Besucher spielt so viel Geld ein wie eine Produktion von X Euro mit 100 Besuchern. Aha.

Und - kleiner Fun Fact am Rande: das Haus mit der höchsten Auslastung in Deutschland (über 95%) ist die bayerische Staatsoper. In deren Repertoire spielen Operetten gar keine Rolle - abgesehen von der Fledermaus, von der es immer um den Jahreswechsel herum 3 Vorstellungen gibt.

Wir waren leider in der Provinz.

Grüße
Häretiker
 
Du meinst also, eine Produktion von X Euro mit 3000 Besucher spielt so viel Geld ein wie eine Produktion von X Euro mit 100 Besuchern. Aha.
Nö. Aber ich weiß, dass sich eine Zauberflöte, eine Traviata, eine Carmen oder eine Tosca auch in der Provinz besser verkaufen lassen als eine Gräfin Mariza, ein Vetter aus Dingsda oder ein Wiener Blut. Und auch in der Provinz werden für Opernkarten höhere Preise erzielt als für Operettenkarten. Und was die Produktionskosten angeht, nehmen sich die Stücke gar nichts.

Der Unterschied zwischen einem Provinztheater und einem weltweit renommierten Haus wie der bayerischen Staatsoper liegt darin, dass Letztere auch bei Werken wie Lulu, Die Soldaten oder Die Teufel von Loudon ausverkauft ist. Solche Stücke sind in der Provinz (wenn überhaupt machbar), schwieriger zu vermitteln.
 
Und auch in der Provinz werden für Opernkarten höhere Preise erzielt als für Operettenkarten. Und was die Produktionskosten angeht, nehmen sich die Stücke gar nichts.

Das mit den Produktionskosten ist ja OK.
Wie schauts aus mit dem Produkt Zuschauer x Eintritspreis? Das war nämlich damals hier in unsere Stadt bedeutend schlechter.
Und: Die Leute mit Abos konnte man bei uns anschainend nur mit einer hinreichend Anzahl an leichter Kost halten, denn die 'ernsten' Aufführungen waren bei Abonennten weniger beliebt.
Aber, wie gesagt, ich kenne nur die Brille von Sänger,Theaterinspizient und den kollegen, mit denen er so zu tun hat. Vielleicht erzählen die einfach auch alle Scheiße, kann ich nicht überprüfen. Ich wüsste allerdings a priori nicht, warum ich Dir mehr glauben sollte als einer Vertrauensperson. Whatever.

Solche Stücke sind in der Provinz (wenn überhaupt machbar), schwieriger zu vermitteln.

Sag' ich ja.

Grüße
Häretiker
 
Zuletzt bearbeitet:
Da fällt mir der Film "Wilde Maus" ein, wo Josef Hader einen entlassenen Musikkritiker spielt, der sich darüber aufregt, wenn man die Zauberflöte als Oper bezeichnet, wo sie doch ein Singspiel sei. ;-)
 

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