"musikalität" trainieren?

  • Ersteller des Themas Gsus eaten
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Ich kann also jede Stimme innerlich abrufen, aber die jeweils "zweite" nur als schemenhaften Geist.

zunächst mal: wie so vieles dauert es eine Weile, bis man mehrere Stimmen simultan wahrnehmen und denken kann. Zusätzlich zu Mindenblues´ Ratschlag, viele farbig intrumentierte polyphone Sachen zu hören (auch die großen Chorfugen mit Orchester (Wagner, Meistersinger Ende 2. Akt; Verdi, Falstaf Finale) könntest du versuchen, abschnittweise mehr Stimmen einzubauen! Klingt widersinnig, aber: probier mal, die beiden Stimmen als den Rahmen von Harmonien wahrzunehmen. Dazu kannst du harmonisch passende Töne zwischen beide Stimmen legen - denn sowie beim Hören das harmonische Geschehen implizit ist, klappt es auch mit der Wahrnehmung er simultanen Stimmverläufe viel besser.
 
Ich glaube, deine Antwort enthält schon etwas, was auf das Problem hindeutet: nämlich die Fokussierung auf eine Stimme. Versuche stattdessen lieber, dich von dieser Fokussierung zu lösen, eher eine Haltung, durch die Musik durchzusehen, um mit einem breiten Blick alle Stimmen zu erfassen, ohne das etwas hervorgehoben, aber auch - und das ist das wichtige, ohne dass etwas ausgeblendet wird.

So wie man beim Sehen sich auf ein bestimmtes Ziel fokussieren kann und alles herum verschwimmt, kann man stattdessen auch versuchen, den Blick in die Breite gehen zu lassen, um mehrere Objekte gleichzeitig in ihrer Bewegung zu erfassen. Ich denke, es ist beim Hören polyphoner Musik genau dasselbe. Auch bei solchen Dingen wie Crossrhythmen, etwa 16-tel in rechter Hand kombiniert mit Triolen in linker Hand wie bei Chopin FI, ist es zielführender, beim Spielen quasi "in der Mitte durchzuhören" statt sich auf die eine oder andere Hand zu fokussieren. Sondern nur rechts und links registrieren, wie die Hände den Job erledigen.

Hallo Mindenblues,

Ich denke, du hast es auf den Punkt gebracht. Am besten funktioniert das innere Hören bei mir, wenn ich mich nicht konzentriere und es einfach passiert, sobald ich zum denken anfange, ist es aus mit der schönen Musik. Vielleicht gelingt es mir ja irgendwann beide Modi miteinander zu kombinieren. :roll:

Die Adaptierung der Sehschärfe ist ein schöner Vergleich - nur schade, daß das mit den Ohren nicht so schnell funktioniert, aber ich werde dran bleiben.

Herzlichen Dank auch für deine Therapievorschläge. Ich werde mir die Triosonate von Bach zu Gemüte führen, besonders die für Orgel, da kann ich mich auch gleich mit Orgelmusik etwas vertrauter machen - die höre ich eigentlich sonst sehr selten. Ansonst spiele ich derzeit sehr viele 2stimmige Sachen, größtenteils Bach und Bartók, das sollte sich ja irgendwann auch positiv auswirken.

LG, PP
 
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Ich werde mir die Triosonate von Bach zu Gemüte führen, besonders die für Orgel, da kann ich mich auch gleich mit Orgelmusik etwas vertrauter machen - die höre ich eigentlich sonst sehr selten.

Vielleicht lieber zuerst mit den Instrumental-Triosonaten anfangen, BWV1036-BWV1040, in einer Besetzung mit Flöte und Geige statt 2 Flöten oder 2 Geigen, weil es das gleichzeitige Verfolgen der Stimmen stark erleichtert, z.B.
Triosonate BWV1038 G-Dur

Die Trio-Orgelsonaten würde ich erst danach anhören, wenn man sich an das Hören und gleichzeitige Stimmverfolgung obiger Triosonaten (vielleicht auch in Besetzung 2er Geigen ode Flöten) gewöhnt hat. Sie sind etwas schwieriger zu verfolgen (hängt auch von der gewählten Registrierung ab), und zählen übrigens, was das Spielen angeht, zum Schwersten, was Bach für Orgel geschrieben hat (auch wenn es vielleicht nicht so klingen mag). Ich habe irgendwo gelesen, dass sie für ca. 100 Jahre nach Bachs Tod als unspielbar galten wegen ihres Schwierigkeitsgrads - und Bach hat sie als Übungsstücke für seine Söhne geschrieben, die diese Stücke im Teenageralter spielen "durften"...
 
...und wenn man sich dann noch ein paar Gedanken über Generalbass (Harmonik) macht, (...)

Steht fix auf meinem "Lernplan" und soll innerhalb dieser ganzen Passagenübung/Sätzchenspiel Zauberei ablaufen - Sinn davon soll ja sein, die Theorie auch gleich praktisch anzuwenden. :kuss:

Damit bleibt wohl nix mehr zu sagen, als rein in die Materie, und hoffen, daß ich auf den richtigen Dampfer gesetzt habe. :p
 
Das verlinkte Beispiel ist ein schönes Lied.
Danke für die Tipps.

Anscheinend geht es mir genauso, das Denken blockiert die Wahrnehmungen. Die Idee, das Erfassen eines akustistschen Gesamtbildes zuzulassen, finde ich super. Dabei habe ich jedoch meistens den Eindruck, eine Stimme würde sich in den Vordergrund drängen. Andererseits bilde ich mir ein, teilweise eine vierte Stimme zu hören. :confused:

Was solls, es gefällt mir trotzdem und die Hoffnung, es werde im Laufe der Zeit besser, bleibt immer noch.

Grüße
Thomas
 
Vielleicht lieber zuerst mit den Instrumental-Triosonaten anfangen, BWV1036-BWV1040, in einer Besetzung mit Flöte und Geige statt 2 Flöten oder 2 Geigen, weil es das gleichzeitige Verfolgen der Stimmen stark erleichtert, z.B.
Triosonate BWV1038 G-Dur

Die Trio-Orgelsonaten würde ich erst danach anhören, (...)

Ich war jetzt neugierig auf die Trio-Orgelsonaten und habe da mal reingelauscht, Mindenblues, mir scheint, für Orgel braucht man spezielle Ohren. :p Da tue ich mich weitaus leichter, den Stimmen polyphoner Klaviermusik zu folgen.

Die Stücke mit Flöte und Geige gefallen mir sehr gut, Danke noch mal für die Empfehlung! Hättest du da vielleicht auch noch einen Tip für eine CD? Scheint irgendwie Mangelware zu sein. :confused:

LG, PP
 
Ich war jetzt neugierig auf die Trio-Orgelsonaten und habe da mal reingelauscht, Mindenblues, mir scheint, für Orgel braucht man spezielle Ohren. :p Da tue ich mich weitaus leichter, den Stimmen polyphoner Klaviermusik zu folgen.

Die Stücke mit Flöte und Geige gefallen mir sehr gut, Danke noch mal für die Empfehlung! Hättest du da vielleicht auch noch einen Tip für eine CD? Scheint irgendwie Mangelware zu sein.

Nein, tut mir leid, habe leider keine CD-Empfehlung für die Instrumental-Triosonaten von Bach, hatte auch nur bei Youtube gestöbert. Falls jemand anderes hier eine Empfehlung hat, wäre auch interessiert...

Was das Stimmenverfolgen von mehr als 2 Stimmen auf einem Instrument, z.B. die WTK-Fugen oder Orgelfugen angeht, tut man sich meist am leichtesten mit der Sopranstimme, gefolgt von der Baßstimme. Die Mittelstimmen zu verfolgen ist schwieriger, man sollte versuchen, die Wahrnehmung etwas stärker auf die Mittelstimmem zu legen, um sie gleichermaßen wie die Außenstimmen verfolgen zu können, ist jedenfalls meine "Strategie". Bach hatte es in den meisten Fällen geschafft, nicht nur die Außenstimmen, sondern auch die Innenstimmen mit schöner Stimmführung zu bedenken - ein Faktor von mehreren, was die besondere Größe dieser Kompositionen ausmacht.
 
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Liebe PP,

vielleicht ist auch so etwas gut?

Die Kunst der Fuge: Reinhard Goebel, Mak, Johann Sebastian Bach: Amazon.de: Musik

Ich kenne zwar die Aufnahme nicht, aber das Orchester und der Dirigent sind sehr gut.

Hier kannst du dir ein (anderes, gefällt mir leider nicht) Arrangement der 'Kunst der Fuge' mal probeweise anhören, um zu schauen, ob diese Richtung etwas für dich sein könnte:

Johann Sebastian Bach: Die Kunst der Fuge - YouTube


Oder:

Sonaten für Violine und Klavier: Frank Peter Zimmermann, Enrico Pace, Johann Sebastian Bach: Amazon.de: Musik

Die Aufnahme kenne ich auch nicht, aber bei dem Geiger..... .

Liebe Grüße

chiarina
 

Liebe Chiarina,

Besten Dank für die Empfehlungen! :kuss:

Habe mir die Sonaten jetzt schon mal auf YT angehört - sehr schön!

Ach es gibt so viel herrliche Musik - eigentlich bräuchte man 100 Leben! :p

Auch dir schönen Dank, Manha! :) Bei Amazon ist die CD leider vergriffen, aber vielleicht gibt es sie ja sonst noch, mal schauen.

Herzliche Grüße, PP
 
Ach es gibt so viel herrliche Musik - eigentlich bräuchte man 100 Leben! :p

Hallo PP,

das passt ja gut, ich habe mir gestern einmal die Haus und Lebensregeln von Schumann durchgelesen.

"Spiele, wenn du älter wirst, nichts Modisches. Die Zeit ist kostbar. Man müßte hundert Menschenleben haben, wenn man nur alles Gute, das da ist, kennen lernen wollte."

Die sind im übrigen alle sehr interessant und vieles was hier im Forum diskutiert wird war zu der Zeit auch schon aktuell.

"nichts Modisches" - gab es denn damals auch schon Tiersen?

Zur Musikalität führt S. aus:

"Was heißt denn aber musikalisch sein? Du bist es nicht, wenn du, die Augen ängstlich auf die Noten gerichtet, dein Stück mühsam zu Ende spielst; du bist es nicht, wenn du (es wendet dir Jemand etwa zwei Seiten auf einmal um) stecken bleibst und nicht fortkannst. Du bist es aber, wenn du bei einem neuen Stück das, was kommt, ohngefähr ahnest, bei einem dir bekannten auswendig weißt, – mit einem Worte, wenn du Musik nicht allein in den Fingern, sondern auch im Kopf und Herzen hast."

"Wie wird man aber musikalisch? Liebes Kind, die Hauptsache, ein scharfes Ohr, schnelle Auffassungskraft, kommt, wie in allen Dingen, von Oben. Aber es läßt sich die Anlage bilden und erhöhen. Du wirst es, nicht dadurch, daß du dich einsiedlerisch tagelang absperrst und mechanische Studien treibst, sondern dadurch, daß du dich in lebendigem, vielseitig-musikalischem Verkehr erhältst, namentlich dadurch, daß du viel mit Chor und Orchester verkehrst."

Gruß
Jörg

Haus und Lebensregeln von Schumann
 
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